Ver­fah­rens­in­for­ma­ti­on



Die Klä­ge­rin, ein in Schles­wig-Hol­stein an­säs­si­ges Bil­dungs­un­ter­neh­men, wen­det sich ge­gen ei­ne da­ten­schutz­recht­li­che An­ord­nung des be­klag­ten Lan­des­zen­trums für Da­ten­schutz (ULD), nach der sie ei­ne Face­book-Sei­te (Fan­page) zu de­ak­ti­vie­ren ha­be. Das ULD hat­te die An­ord­nung dar­auf ge­stützt, dass bei Auf­ruf der Fan­page Nut­zungs­da­ten nach § 15 Te­le­me­di­en­ge­setz (TMG) der Nut­zer er­ho­ben wür­den, oh­ne dass die Klä­ge­rin als die nach § 12 Abs. 2 TMG i.V.m. § 3 Abs. 7 Bun­des­da­ten­schutz­ge­setz (BDSG) für die Da­ten­ver­ar­bei­tung da­ten­schutz­recht­lich ver­ant­wort­li­che Stel­le den Nut­zer über ei­ne Wi­der­spruchs­mög­lich­keit un­ter­rich­te. Das Ver­wal­tungs­ge­richt hat der nach er­folg­lo­sem Wi­der­spruch er­ho­be­nen Kla­ge nach Bei­la­dung der Face­book Ire­land Ltd. statt­ge­ge­ben, weil die Klä­ge­rin da­ten­schutz­recht­lich nicht für die mit der Er­öff­nung ei­ner Fan­page aus­ge­lös­ten Vor­gän­ge der Er­he­bung, Ver­wen­dung und Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten von Nut­zern der Fan­page durch Face­book (mit-)ver­ant­wort­lich sei. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat die Be­ru­fung zu­rück­ge­wie­sen, weil das ULD das in § 38 Abs. 5 BDSG vor­ge­se­he­ne ge­stuf­te Ver­fah­ren nicht ein­ge­hal­ten ha­be, die von dem ULD be­haup­te­ten Ver­stö­ße oh­ne Wei­te­res von Face­book be­sei­tigt wer­den könn­ten, das Vor­ge­hen ge­gen Face­book auch deut­lich ef­fek­ti­ver wä­re und in­so­weit auch kei­ne da­ten­schutz­recht­li­chen Ver­stö­ße vor­kä­men, die der Klä­ge­rin zu­ge­rech­net wer­den könn­ten. Die Klä­ge­rin sei in­fol­ge des Be­triebs ih­rer Fan­page auch nicht i.S.v. § 3 Abs. 7 BDSG/Art. 2 d) RL 95/46/EG (sog. Da­ten­schutz-Richt­li­nie) ver­ant­wort­li­che Stel­le im Hin­blick auf die von Face­book er­ho­be­nen Da­ten.


Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat die - vom ULD ein­ge­leg­te - Re­vi­si­on zur Klä­rung der Fra­gen zu­ge­las­sen, „ob Aus­nah­men vom vor­ge­schrie­be­nen ab­ge­stuf­ten Ver­fah­ren des § 38 Abs. 5 BDSG mög­lich sind und ge­ge­be­nen­falls, in wel­chen Fäl­len aus­nahms­wei­se vom Wort­laut des § 38 Abs. 5 BDSG ab­ge­wi­chen wer­den kann, und ob ei­ne In­an­spruch­nah­me ei­nes nicht im Sin­ne des § 3 Abs. 7 BDSG Ver­ant­wort­li­chen durch die Kon­troll­stel­le als Stö­rer da­ten­schutz­recht­lich in Be­tracht kommt“.


Pres­se­mit­tei­lung Nr. 11/2016 vom 25.02.2016

Eu­GH soll da­ten­schutz­recht­li­che Ver­ant­wort­lich­keit für die beim Auf­ruf ei­ner Face­book-Fan­page er­ho­be­nen Nut­zer­da­ten klä­ren

Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt in Leip­zig hat in ei­nem Ver­fah­ren, in dem es um die Be­an­stan­dung des Be­triebs ei­ner Face­book-Fan­page sei­tens der pri­vat­recht­lich or­ga­ni­sier­ten Wirt­schafts­aka­de­mie Schles­wig-Hol­stein durch die Da­ten­schutz­auf­sichts­be­hör­de geht, den Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Uni­on (Eu­GH) an­ge­ru­fen. Die dem Eu­GH zur Vor­ab­ent­schei­dung vor­ge­leg­ten Fra­gen be­tref­fen die Aus­le­gung der Richt­li­nie 95/46/EG zum Schutz na­tür­li­cher Per­so­nen bei der Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten und zum frei­en Da­ten­ver­kehr (Da­ten­schutz­richt­li­nie). Die­se dient u.a. da­zu, im Be­reich der Eu­ro­päi­schen Uni­on ein gleich­wer­ti­ges Schutz­ni­veau hin­sicht­lich der Rech­te und Frei­hei­ten von Per­so­nen bei der Ver­ar­bei­tung ih­rer per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten zu ge­währ­leis­ten.


Die Klä­ge­rin des Aus­gangs­ver­fah­rens ist ei­ne Trä­ge­rin der be­ruf­li­chen Aus- und Wei­ter­bil­dung, die ne­ben ei­ner ei­ge­nen Home­page ei­ne sog. Fan­page bei Face­book un­ter­hält. Das be­klag­te Un­ab­hän­gi­ge Lan­des­zen­trum für Da­ten­schutz (ULD) hat im No­vem­ber 2011 ge­gen­über der Klä­ge­rin die De­ak­ti­vie­rung die­ser Fan­page an­ge­ord­net. Die Nut­zungs­da­ten der Be­su­cher wür­den von Face­book über ein „Coo­kie“ bei ei­nem Auf­ruf der Fan­page er­ho­ben. Sie wür­den von Face­book u.a. für Zwe­cke der Wer­bung so­wie für ei­ne auch der Klä­ge­rin be­reit­ge­stell­te Nut­zer­sta­tis­tik ge­nutzt, oh­ne dass die Nut­zer hier­über hin­rei­chend auf­ge­klärt wür­den und in die­se Nut­zung ein­ge­wil­ligt hät­ten. Das Ver­wal­tungs­ge­richt hat der Kla­ge statt­ge­ge­ben. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat die Be­ru­fung zu­rück­ge­wie­sen, weil es das in § 38 Abs. 5 BDSG vor­ge­se­he­ne ge­stuf­te Ver­fah­ren nicht ein­ge­hal­ten ha­be. Die Klä­ge­rin sei als Fan­page­be­trei­be­rin auch nicht i.S.v. § 3 Abs. 7 BDSG/Art. 2 d) RL 95/46/EG ver­ant­wort­li­che Stel­le im Hin­blick auf die von Face­book er­ho­be­nen Da­ten.


Der 1. Re­vi­si­ons­se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts hat ei­ne Vor­la­ge an den Eu­GH be­schlos­sen. Nach sei­ner Auf­fas­sung wer­fen u.a. die Reich­wei­te der Prüf- und Hand­lungs­be­fug­nis­se des ULD so­wie die Fra­ge, ob die Klä­ge­rin als Fan­page­be­trei­be­rin ei­ne da­ten­schutz­recht­li­che Ver­ant­wort­lich­keit für die Aus­wahl des Be­trei­bers ih­rer In­ter­ne­t­re­prä­sen­tanz und des­sen da­ten­schutz­rechts­kon­for­men Um­gang mit per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten trifft, uni­ons­recht­li­che Zwei­fels­fra­gen in Be­zug auf die Richt­li­nie 95/46/EG auf. Da­bei hat es - wie das OVG - kei­ne Be­ur­tei­lung der Recht­mä­ßig­keit der Da­ten­ver­ar­bei­tung durch Face­book vor­ge­nom­men.


Hier­zu hat der Se­nat dem Eu­GH fol­gen­de Fra­gen zur Vor­ab­ent­schei­dung ge­mäß Art. 267 AEUV vor­ge­legt:


1. Ist Art. 2 Buchst. d) RL 95/46/EG da­hin aus­zu­le­gen, dass er Haf­tung und Ver­ant­wort­lich­keit für Da­ten­schutz­ver­stö­ße ab­schlie­ßend und er­schöp­fend re­gelt oder ver­bleibt im Rah­men der „ge­eig­ne­ten Maß­nah­men“ nach Art. 24 RL 95/46/EG und der „wirk­sa­men Ein­griffs­be­fug­nis­se“ nach Art. 28 Abs. 3 Spie­gel­strich 2 RL 95/46/EG in mehr­stu­fi­gen In­for­ma­ti­ons­an­bie­ter­ver­hält­nis­s­en Raum für ei­ne Ver­ant­wort­lich­keit ei­ner Stel­le, die nicht i.S.d. Art. 2 Buchst. d) RL 95/46/EG für die Da­ten­ver­ar­bei­tung ver­ant­wort­lich ist, bei der Aus­wahl ei­nes Be­trei­bers für sein In­for­ma­ti­ons­an­ge­bot?


2. Folgt aus der Pflicht der Mit­glied­staa­ten nach Art. 17 Abs. 2 RL 95/46/EG, bei der Da­ten­ver­ar­bei­tung im Auf­trag vor­zu­schrei­ben, dass der für die Ver­ar­bei­tung Ver­ant­wort­li­che ei­nen ‚Auf­trags­ver­ar­bei­ter aus­zu­wäh­len hat, der hin­sicht­lich der für die Ver­ar­bei­tung zu tref­fen­den tech­ni­schen Si­cher­heits­maß­nah­men und or­ga­ni­sa­to­ri­schen Vor­keh­run­gen aus­rei­chend Ge­währ bie­tet‘, im Um­kehr­schluss, dass bei an­de­ren Nut­zungs­ver­hält­nis­sen, die nicht mit ei­ner Da­ten­ver­ar­bei­tung im Auf­trag i.S.d. Art. 2 Buchst. e) RL 95/46/EG ver­bun­den sind, kei­ne Pflicht zur sorg­fäl­ti­gen Aus­wahl be­steht und auch nach na­tio­na­lem Recht nicht be­grün­det wer­den kann?


3. Ist in Fäl­len, in de­nen ein au­ßer­halb der Eu­ro­päi­schen Uni­on an­säs­si­ger Mut­ter­kon­zern in ver­schie­de­nen Mit­glied­staa­ten recht­lich selb­stän­di­ge Nie­der­las­sun­gen (Toch­ter­ge­sell­schaf­ten) un­ter­hält, nach Art. 4, Art. 28 Abs. 6 RL 95/46/EG die Kon­troll­stel­le ei­nes Mit­glied­staa­tes (hier: Deutsch­land) zur Aus­übung der nach Art. 28 Abs. 3 RL 95/46/EG über­tra­ge­nen Be­fug­nis­se ge­gen die im ei­ge­nen Ho­heits­ge­biet ge­le­ge­ne Nie­der­las­sung auch dann be­fugt, wenn die­se Nie­der­las­sung al­lein für die För­de­rung des Ver­kaufs von Wer­bung und sons­ti­ge Mar­ke­ting­maß­nah­men mit Aus­rich­tung auf die Ein­woh­ner die­ses Mit­glied­staa­tes zu­stän­dig ist, wäh­rend der in ei­nem an­de­ren Mit­glied­staat (hier: Ir­land) ge­le­ge­nen selb­stän­di­gen Nie­der­las­sung (Toch­ter­ge­sell­schaft) nach der kon­zern­in­ter­nen Auf­ga­ben­ver­tei­lung die aus­schlie­ß­li­che Ver­ant­wor­tung für die Er­he­bung und Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten im ge­sam­ten Ge­biet der Eu­ro­päi­schen Uni­on und da­mit auch in dem an­de­ren Mit­glied­staat (hier: Deutsch­land) ob­liegt, wenn tat­säch­lich die Ent­schei­dung über die Da­ten­ver­ar­bei­tung durch den Mut­ter­kon­zern ge­trof­fen wird?


4. Sind Art. 4 Abs. 1 Buchst. a), Art. 28 Abs. 3 RL 95/46/EG da­hin aus­zu­le­gen, dass in Fäl­len, in de­nen der für die Ver­ar­bei­tung Ver­ant­wort­li­che ei­ne Nie­der­las­sung im Ho­heits­ge­biet ei­nes Mit­glied­staa­tes (hier: Ir­land) be­sitzt und ei­ne wei­te­re, recht­lich selb­stän­di­ge Nie­der­las­sung in dem Ho­heits­ge­biet ei­nes an­de­ren Mit­glied­staa­tes (hier: Deutsch­land) be­steht, die u.a. für den Ver­kauf von Wer­be­flä­chen zu­stän­dig ist und de­ren Tä­tig­keit auf die Ein­woh­ner die­ses Staa­tes aus­ge­rich­tet ist, die in die­sem an­de­ren Mit­glied­staat (hier: Deutsch­land) zu­stän­di­ge Kon­troll­stel­le Maß­nah­men und An­ord­nun­gen zur Durch­set­zung des Da­ten­schutz­rechts auch ge­gen die nach der kon­zern­in­ter­nen Auf­ga­ben- und Ver­ant­wor­tungs­ver­tei­lung für die Da­ten­ver­ar­bei­tung nicht ver­ant­wort­li­che wei­te­re Nie­der­las­sung (hier: in Deutsch­land) rich­ten kann oder sind Maß­nah­men und An­ord­nun­gen dann nur durch die Kon­troll­be­hör­de des Mit­glied­staa­tes (hier: Ir­land) mög­lich, in des­sen Ho­heits­ge­biet die kon­zern­in­tern ver­ant­wort­li­che Stel­le ih­ren Sitz hat?


5. Sind Art. 4 Abs. 1 Buchst. a), Art. 28 Abs. 3 und 6 RL 95/46/EG da­hin aus­zu­le­gen, dass in Fäl­len, in de­nen die Kon­troll­be­hör­de ei­nes Mit­glied­staa­tes (hier: Deutsch­land) ei­ne in ih­rem Ho­heits­ge­biet tä­ti­ge Per­son oder Stel­le nach Art. 28 Abs. 3 RL 95/46/EG we­gen der nicht sorg­fäl­ti­gen Aus­wahl ei­nes in den Da­ten­ver­ar­bei­tungs­pro­zess ein­ge­bun­de­nen Drit­ten (hier: Face­book) in An­spruch nimmt, weil die­ser Drit­te ge­gen Da­ten­schutz­recht ver­sto­ße, die tä­tig wer­den­de Kon­troll­be­hör­de (hier: Deutsch­land) an die da­ten­schutz­recht­li­che Be­ur­tei­lung der Kon­troll­be­hör­de des an­de­ren Mit­glied­staa­tes, in dem der für die Da­ten­ver­ar­bei­tung ver­ant­wort­li­che Drit­te sei­ne Nie­der­las­sung hat (hier: Ir­land), in dem Sin­ne ge­bun­den ist, dass sie kei­ne hier­von ab­wei­chen­de recht­li­che Be­ur­tei­lung vor­neh­men darf, oder darf die tä­tig wer­den­de Kon­troll­stel­le (hier: Deutsch­land) die Recht­mä­ßig­keit der Da­ten­ver­ar­bei­tung durch den in ei­nem an­de­ren Mit­glied­staat (hier: Ir­land) nie­der­ge­las­se­nen Drit­ten als Vor­fra­ge des ei­ge­nen Tä­tig­wer­dens selb­stän­dig auf sei­ne Recht­mä­ßig­keit prü­fen?


6. So­weit der tä­tig wer­den­den Kon­troll­stel­le (hier: Deutsch­land) ei­ne selb­stän­di­ge Über­prü­fung er­öff­net ist: Ist Art. 28 Abs. 6 Satz 2 RL 95/46/EG da­hin aus­zu­le­gen, dass die­se Kon­troll­stel­le die ihr nach Art. 28 Abs. 3 RL 95/46/EG über­tra­ge­nen wirk­sa­men Ein­wir­kungs­be­fug­nis­se ge­gen ei­ne in ih­rem Ho­heits­ge­biet nie­der­ge­las­se­ne Per­son oder Stel­le we­gen der Mit­ver­ant­wor­tung für die Da­ten­schutz­ver­stö­ße des in ei­nem an­de­ren Mit­glied­staat nie­der­ge­las­se­nen Drit­ten nur und erst dann aus­üben darf, wenn sie zu­vor die Kon­troll­stel­le die­ses an­de­ren Mit­glied­staa­tes (hier: Ir­land) um die Aus­übung ih­rer Be­fug­nis­se er­sucht hat?


Bis zur Ent­schei­dung des Ge­richts­hofs hat das BVer­wG das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren aus­ge­setzt.


BVer­wG 1 C 28.14 - Be­schluss vom 25. Fe­bru­ar 2016

Vor­in­stan­zen:

OVG Schles­wig, 4 LB 20/13 - Ur­teil vom 04. Sep­tem­ber 2014 -

VG Schles­wig, 8 A 14/12 - Ur­teil vom 09. Ok­to­ber 2013 -


Be­schluss vom 25.02.2016 -
BVer­wG 1 C 28.14ECLI:DE:BVer­wG:2016:250216B1C28.14.0

  • Zi­tier­vor­schlag

Be­schluss

BVer­wG 1 C 28.14

  • VG Schles­wig - 09.10.2013 - AZ: VG 8 A 14/12
  • OVG Schles­wig - 04.09.2014 - AZ: OVG 4 LB 20/13

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 1. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
am 25. Fe­bru­ar 2016
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Prof. Dr. Ber­lit,
die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Prof. Dr. Dö­rig und Prof. Dr. Kraft
so­wie die Rich­te­rin­nen am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Fri­cke und Dr. Ru­dolph
be­schlos­sen:

  1. Das Ver­fah­ren wird aus­ge­setzt.
  2. Es wird ge­mäß Art. 267 AEUV ei­ne Vor­ab­ent­schei­dung des Ge­richts­hofs der Eu­ro­päi­schen Uni­on zu fol­gen­den Fra­gen ein­ge­holt:
  3. 1. Ist Art. 2 Buchst. d) RL 95/46/EG da­hin aus­zu­le­gen, dass er Haf­tung und Ver­ant­wort­lich­keit für Da­ten­schutz­ver­stö­ße ab­schlie­ßend und er­schöp­fend re­gelt oder ver­bleibt im Rah­men der "ge­eig­ne­ten Maß­nah­men" nach Art. 24 RL 95/46/EG und der "wirk­sa­me[n] Ein­griffs­be­fug­nis­se" nach Art. 28 Abs. 3 Spie­gel­strich 2 RL 95/46/EG in mehr­stu­fi­gen In­for­ma­ti­ons­an­bie­ter­ver­hält­nis­s­en Raum für ei­ne Ver­ant­wort­lich­keit ei­ner Stel­le, die nicht im Sin­ne des Art. 2 Buchst. d) RL 95/46/EG für die Da­ten­ver­ar­bei­tung ver­ant­wort­lich ist, bei der Aus­wahl ei­nes Be­trei­bers für sein In­for­ma­ti­ons­an­ge­bot?
  4. 2. Folgt aus der Pflicht der Mit­glied­staa­ten nach Art. 17 Abs. 2 RL 95/46/EG, bei der Da­ten­ver­ar­bei­tung im Auf­trag vor­zu­schrei­ben, dass der für die Ver­ar­bei­tung Ver­ant­wort­li­che ei­nen "Auf­trags­ver­ar­bei­ter aus­zu­wäh­len hat, der hin­sicht­lich der für die Ver­ar­bei­tung zu tref­fen­den tech­ni­schen Si­cher­heits­maß­nah­men und or­ga­ni­sa­to­ri­schen Vor­keh­run­gen aus­rei­chend Ge­währ bie­tet", im Um­kehr­schluss, dass bei an­de­ren Nut­zungs­ver­hält­nis­sen, die nicht mit ei­ner Da­ten­ver­ar­bei­tung im Auf­trag im Sin­ne des Art. 2 Buchst. e) RL 95/46/EG ver­bun­den sind, kei­ne Pflicht zur sorg­fäl­ti­gen Aus­wahl be­steht und auch nach na­tio­na­lem Recht nicht be­grün­det wer­den kann?
  5. 3. Ist in Fäl­len, in de­nen ein au­ßer­halb der Eu­ro­päi­schen Uni­on an­säs­si­ger Mut­ter­kon­zern in ver­schie­de­nen Mit­glied­staa­ten recht­lich selb­stän­di­ge Nie­der­las­sun­gen (Toch­ter­ge­sell­schaf­ten) un­ter­hält, nach Art. 4, Art. 28 Abs. 6 RL 95/46/EG die Kon­troll­stel­le ei­nes Mit­glied­staa­tes (hier: Deutsch­land) zur Aus­übung der nach Art. 28 Abs. 3 RL 95/46/EG über­tra­ge­nen Be­fug­nis­se ge­gen die im ei­ge­nen Ho­heits­ge­biet ge­le­ge­ne Nie­der­las­sung auch dann be­fugt, wenn die­se Nie­der­las­sung al­lein für die För­de­rung des Ver­kaufs von Wer­bung und sons­ti­ge Mar­ke­ting­maß­nah­men mit Aus­rich­tung auf die Ein­woh­ner die­ses Mit­glied­staa­tes zu­stän­dig ist, wäh­rend der in ei­nem an­de­ren Mit­glied­staat (hier: Ir­land) ge­le­ge­nen selb­stän­di­gen Nie­der­las­sung (Toch­ter­ge­sell­schaft) nach der kon­zern­in­ter­nen Auf­ga­ben­ver­tei­lung die aus­schlie­ß­li­che Ver­ant­wor­tung für die Er­he­bung und Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten im ge­sam­ten Ge­biet der Eu­ro­päi­schen Uni­on und da­mit auch in dem an­de­ren Mit­glied­staat (hier: Deutsch­land) ob­liegt, wenn tat­säch­lich die Ent­schei­dung über die Da­ten­ver­ar­bei­tung durch den Mut­ter­kon­zern ge­trof­fen wird?
  6. 4. Sind Art. 4 Abs. 1 Buchst. a), Art. 28 Abs. 3 RL 95/46/EG da­hin aus­zu­le­gen, dass in Fäl­len, in de­nen der für die Ver­ar­bei­tung Ver­ant­wort­li­che ei­ne Nie­der­las­sung im Ho­heits­ge­biet ei­nes Mit­glied­staa­tes (hier: Ir­land) be­sitzt und ei­ne wei­te­re, recht­lich selb­stän­di­ge Nie­der­las­sung in dem Ho­heits­ge­biet ei­nes an­de­ren Mit­glied­staa­tes (hier: Deutsch­land) be­steht, die u.a. für den Ver­kauf von Wer­be­flä­chen zu­stän­dig ist und de­ren Tä­tig­keit auf die Ein­woh­ner die­ses Staa­tes aus­ge­rich­tet ist, die in die­sem an­de­ren Mit­glied­staat (hier: Deutsch­land) zu­stän­di­ge Kon­troll­stel­le Maß­nah­men und An­ord­nun­gen zur Durch­set­zung des Da­ten­schutz­rechts auch ge­gen die nach der kon­zern­in­ter­nen Auf­ga­ben- und Ver­ant­wor­tungs­ver­tei­lung für die Da­ten­ver­ar­bei­tung nicht ver­ant­wort­li­che wei­te­re Nie­der­las­sung (hier: in Deutsch­land) rich­ten kann oder sind Maß­nah­men und An­ord­nun­gen dann nur durch die Kon­troll­be­hör­de des Mit­glied­staa­tes (hier: Ir­land) mög­lich, in des­sen Ho­heits­ge­biet die kon­zern­in­tern ver­ant­wort­li­che Stel­le ih­ren Sitz hat?
  7. 5. Sind Art. 4 Abs. 1 Buchst. a), Art. 28 Abs. 3 und 6 RL 95/46/EG da­hin aus­zu­le­gen, dass in Fäl­len, in de­nen die Kon­troll­be­hör­de ei­nes Mit­glied­staa­tes (hier: Deutsch­land) ei­ne in ih­rem Ho­heits­ge­biet tä­ti­ge Per­son oder Stel­le nach Art. 28 Abs. 3 RL 95/46/EG we­gen der nicht sorg­fäl­ti­gen Aus­wahl ei­nes in den Da­ten­ver­ar­bei­tungs­pro­zess ein­ge­bun­de­nen Drit­ten (hier: Face­book) in An­spruch nimmt, weil die­ser Drit­te ge­gen Da­ten­schutz­recht ver­sto­ße, die tä­tig wer­den­de Kon­troll­be­hör­de (hier: Deutsch­land) an die da­ten­schutz­recht­li­che Be­ur­tei­lung der Kon­troll­be­hör­de des an­de­ren Mit­glied­staa­tes, in dem der für die Da­ten­ver­ar­bei­tung ver­ant­wort­li­che Drit­te sei­ne Nie­der­las­sung hat (hier: Ir­land), in dem Sin­ne ge­bun­den ist, dass sie kei­ne hier­von ab­wei­chen­de recht­li­che Be­ur­tei­lung vor­neh­men darf, oder darf die tä­tig wer­den­de Kon­troll­stel­le (hier: Deutsch­land) die Recht­mä­ßig­keit der Da­ten­ver­ar­bei­tung durch den in ei­nem an­de­ren Mit­glied­staat (hier: Ir­land) nie­der­ge­las­se­nen Drit­ten als Vor­fra­ge des ei­ge­nen Tä­tig­wer­dens selb­stän­dig auf sei­ne Recht­mä­ßig­keit prü­fen?
  8. 6. So­weit der tä­tig wer­den­den Kon­troll­stel­le (hier: Deutsch­land) ei­ne selb­stän­di­ge Über­prü­fung er­öff­net ist: Ist Art. 28 Abs. 6 Satz 2 RL 95/46/EG da­hin aus­zu­le­gen, dass die­se Kon­troll­stel­le die ihr nach Art. 28 Abs. 3 RL 95/46/EG über­tra­ge­nen wirk­sa­men Ein­wir­kungs­be­fug­nis­se ge­gen ei­ne in ih­rem Ho­heits­ge­biet nie­der­ge­las­se­ne Per­son oder Stel­le we­gen der Mit­ver­ant­wor­tung für die Da­ten­schutz­ver­stö­ße des in ei­nem an­de­ren Mit­glied­staat nie­der­ge­las­se­nen Drit­ten nur und erst dann aus­üben darf, wenn sie zu­vor die Kon­troll­stel­le die­ses an­de­ren Mit­glied­staa­tes (hier: Ir­land) um die Aus­übung ih­rer Be­fug­nis­se er­sucht hat?

Grün­de

I

1 Die Be­tei­lig­ten strei­ten um die Recht­mä­ßig­keit ei­ner da­ten­schutz­recht­li­chen An­ord­nung des Be­klag­ten an die Klä­ge­rin, ih­re bei der Bei­ge­la­de­nen un­ter­hal­te­ne Face­book-Sei­te (Fan­page) zu de­ak­ti­vie­ren.

2 Die Klä­ge­rin ist ein pri­vat­recht­lich or­ga­ni­sier­tes Bil­dungs­un­ter­neh­men, das un­ter an­de­rem den Wei­ter­bil­dungs­auf­trag ih­rer Ge­sell­schaf­te­rin - der von den drei In­dus­trie- und Han­dels­kam­mern in Schles­wig-Hol­stein ge­tra­ge­nen "För­de­rerstif­tung Wirt­schafts­aka­de­mie Schles­wig-Hol­stein" - wahr­nimmt. Die Klä­ge­rin be­wirbt ih­re Bil­dungs­an­ge­bo­te u.a. durch ei­ne so­ge­nann­te Fan­page bei der Bei­ge­la­de­nen.

3 Fan­pages sind spe­zi­el­le Be­nut­zer­ac­counts, die bei Face­book von Un­ter­neh­men, ge­mein­nüt­zi­gen Ein­rich­tun­gen, Künst­lern oder Pro­mi­nen­ten ein­ge­rich­tet wer­den kön­nen. Der Fan­page-An­bie­ter muss sich hier­zu bei Face­book re­gis­trie­ren und kann dann die von Face­book un­ter­hal­te­ne Platt­form da­zu be­nut­zen, sich den Nut­zern die­ser Platt­form zu prä­sen­tie­ren und Äu­ße­run­gen al­ler Art in den Me­di­en- und Mei­nungs­markt ein­zu­brin­gen. Be­trei­ber von Fan­pages bei Face­book kön­nen mit Hil­fe des von Face­book als nicht ab­ding­ba­ren Teil des Be­nut­zungs­ver­hält­nis­ses kos­ten­frei zur Ver­fü­gung ge­stell­ten Werk­zeu­ges "Face­book-In­sights" an­ony­mi­sier­te Sta­tis­tik-In­for­ma­tio­nen über Nut­zer er­hal­ten. Die durch Face­book er­stell­ten Sta­tis­ti­ken ent­hal­ten (agg­re­gier­te, an­ony­mi­sier­te) An­ga­ben über die Nut­zung der Fan­page. Hier­für wird bei Auf­ruf der Fan­page durch Face­book zu­min­dest ein so­ge­nann­ter Coo­kie auf dem Rech­ner des Nut­zers ge­spei­chert, der ei­ne ein­deu­ti­ge ID-Num­mer ent­hält und für zwei Jah­re wirk­sam ist; die ID-Num­mer, die mit den An­mel­dungs­da­ten sol­cher Nut­zer, die bei Face­book re­gis­triert sind, ver­knüpft wer­den kann, wird bei Auf­ruf von Face­book-Sei­ten er­ho­ben und ver­ar­bei­tet. Ein Hin­weis auf die Tat­sa­che der Spei­che­rung und die Funk­ti­ons­wei­se die­ses Coo­kies so­wie die nach­fol­gen­de Da­ten­ver­ar­bei­tung er­folg­te durch die Klä­ge­rin oder die Bei­ge­la­de­ne - je­den­falls in dem hier re­le­van­ten Zeit­raum bis zum Er­lass der Wi­der­spruchs­ent­schei­dung - nicht.

4 Mit Be­scheid vom 3. No­vem­ber 2011 ord­ne­te der Be­klag­te - nach An­hö­rung der Klä­ge­rin - ge­mäß § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG ge­gen­über der Klä­ge­rin an, da­für Sor­ge zu tra­gen, dass die von ihr un­ter www.​fac​eboo​k.​com/​wir​tsch​afts​akad​emie bei Face­book be­trie­be­ne Fan­page de­ak­ti­viert wird, und droh­te für den Fall der nicht frist­ge­rech­ten Um­set­zung ein Zwangs­geld an. Die Klä­ge­rin leg­te frist­ge­recht Wi­der­spruch ein, mit dem sie im Kern gel­tend mach­te, sie sei da­ten­schutz­recht­lich für die Da­ten­ver­ar­bei­tung durch Face­book und die durch Face­book ge­setz­ten Coo­kies nicht ver­ant­wort­lich.

5 In ih­rem Wi­der­spruchs­be­scheid vom 16. De­zem­ber 2011 sieht der Be­klag­te die da­ten­schutz­recht­li­che Ver­ant­wort­lich­keit der Wirt­schafts­aka­de­mie Schles­wig-Hol­stein GmbH als Diens­te­an­bie­ter durch § 3 Abs. 3 Nr. 4, § 12 Abs. 1 TMG i.V.m. § 3 Abs. 7 BDSG be­grün­det. Durch das Ein­rich­ten der Fan­page leis­te die Klä­ge­rin auch ei­nen ak­ti­ven und wil­lent­li­chen Bei­trag zur Er­he­bung von per­so­nen­be­zo­ge­nen Nut­zer­da­ten durch Face­book, von der sie durch die von Face­book be­reit­ge­stell­te Nut­zer­sta­tis­tik pro­fi­tie­re.

6 Mit ih­rer Kla­ge hat die Klä­ge­rin gel­tend ge­macht, dass es be­reits an der Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten durch sie feh­le. Ihr sei­en Da­ten­ver­ar­bei­tungs­vor­gän­ge durch Face­book nicht zu­zu­rech­nen. Sie ha­be in­so­weit Face­book auch nicht im Sin­ne des § 11 BDSG mit ei­ner von ihr kon­trol­lier­ten oder be­ein­fluss­ba­ren Da­ten­ver­ar­bei­tung be­auf­tragt. Schlie­ß­lich ha­be der Be­klag­te das ihm ein­ge­räum­te Er­mes­sen feh­ler­haft be­tä­tigt, in­dem er sich an die Klä­ge­rin und nicht di­rekt an Face­book ge­wandt ha­be.

7 Der Be­klag­te hat die An­ord­nung als for­mell und ma­te­ri­ell recht­mä­ßig ver­tei­digt.

8 Die vom Ver­wal­tungs­ge­richt bei­ge­la­de­ne Face­book Ire­land Ltd. (Dub­lin) un­ter­stützt das Vor­brin­gen der Klä­ge­rin und macht gel­tend, der Be­scheid sei schon des­we­gen rechts­wid­rig, weil der Be­klag­te nicht das in der Er­mäch­ti­gungs­grund­la­ge des § 38 Abs. 5 BDSG vor­ge­se­he­ne ge­stuf­te Ver­fah­ren ein­ge­hal­ten ha­be. Die An­ord­nung sei auch des­we­gen rechts­wid­rig, weil die Klä­ge­rin man­gels Ge­stal­tungs-, Ein­wir­kungs- oder Kon­troll­mög­lich­kei­ten im Hin­blick auf die Fan­page kei­ne da­ten­schutz­recht­lich ver­ant­wort­li­che Stel­le sei und sie in­so­weit auch kei­ne te­le­me­di­en­recht­li­che Da­ten­schutz­ver­ant­wor­tung tref­fe. Es be­stehe auch kein Zu­sam­men­wir­ken im Sin­ne ei­ner "ge­mein­sa­men Zweck­set­zung" (das zu­dem für ei­ne da­ten­schutz­recht­li­che Mit­ver­ant­wor­tung nicht aus­rei­che). Da­ten­schutz­recht­li­che Ver­ant­wort­lich­keit be­zie­he sich auf die Ent­schei­dung über "Zwe­cke und Mit­tel" der Ver­ar­bei­tung, nicht auf die Ent­schei­dung über das "Ob" der Da­ten­ver­ar­bei­tung selbst. Auch das Uni­ons­recht se­he kei­ne Ge­samt­ver­ant­wor­tung qua Zu­rech­nung vor. Man­gels Ge­stal­tungs-, Wei­sungs- und Kon­troll­mög­lich­kei­ten be­stehe auch kein Auf­trags­ver­hält­nis im Sin­ne des § 11 BDSG. Die da­ten­schutz­recht­li­che Ver­ant­wort­lich­keit sei im Uni­ons­recht (Art. 2 Buchst. d) RL 95/46/EG) und im na­tio­na­len Recht (§ 3 Abs. 7 BDSG) ab­schlie­ßend ge­re­gelt und durch die Ent­schei­dungs­ge­walt über die Zwe­cke und Mit­tel der Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten ge­prägt; ei­ne na­tio­nal-au­to­no­me Er­wei­te­rung der Ver­ant­wort­lich­keit sei uni­ons­recht­lich un­zu­läs­sig. Die von Face­book vor­ge­nom­me­ne Da­ten­ver­ar­bei­tung sei zu­dem nach dem hier al­lein ma­ß­geb­li­chen iri­schen Da­ten­schutz­recht ma­te­ri­ell recht­mä­ßig. Schlie­ß­lich sei die An­ord­nung er­mes­sens­feh­ler­haft.

9 Das Ver­wal­tungs­ge­richt hob durch Ur­teil vom 9. Ok­to­ber 2013 den an­ge­foch­te­nen Be­scheid im Kern mit der Be­grün­dung auf, dass der Be­trei­ber ei­ner Fan­page bei Face­book nicht "ver­ant­wort­li­che Stel­le" im Sin­ne des § 3 Abs. 7 BDSG sei und da­her auch nicht Adres­sat ei­ner Ver­fü­gung nach § 38 Abs. 5 BDSG sein kön­ne.

10 Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat die Be­ru­fung als un­be­grün­det zu­rück­ge­wie­sen und zur Be­grün­dung im Kern aus­ge­führt: Die an­ge­ord­ne­te De­ak­ti­vie­rung kom­me un­ge­ach­tet der wei­ter­hin mög­li­chen in­ter­nen Nut­zung der Un­ter­sa­gung der Da­ten­ver­ar­bei­tung nach § 38 Abs. 5 Satz 2 BDSG als sol­cher gleich. Dies las­se § 38 Abs. 5 BDSG in­des nicht zu, weil er ein ab­ge­stuf­tes Vor­ge­hen vor­se­he, in des­sen ers­ter Stu­fe nur Maß­nah­men zur Be­sei­ti­gung fest­ge­stell­ter Ver­stö­ße bei der Er­he­bung, Ver­ar­bei­tung oder Nut­zung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten an­ge­ord­net wer­den dürf­ten. Ei­ne Aus­nah­me kom­me nur in Be­tracht, wenn ein Da­ten­ver­ar­bei­tungs­ver­fah­ren in sei­ner Ge­samt­heit un­zu­läs­sig ist und die­ser Man­gel nur durch die Ein­stel­lung des Ver­ar­bei­tungs­ver­fah­rens be­sei­tigt wer­den kann, wenn al­so die Ein­hal­tung des ab­ge­stuf­ten Ver­fah­rens ob­jek­tiv sinn- und zweck­los er­schei­ne. Dies sei vor­lie­gend nicht der Fall. Denn die vom Be­klag­ten be­haup­te­ten Ver­stö­ße könn­ten von Face­book oh­ne Wei­te­res be­sei­tigt wer­den. So­weit der Be­klag­te nicht die für Face­book zu­stän­di­ge Kon­troll­stel­le sei (was kei­ner ab­schlie­ßen­den Ent­schei­dung be­dür­fe), dür­fe er des­halb nicht an­stel­le von Face­book und ab­wei­chend vom vor­ge­schrie­be­nen Ver­fah­ren ei­nen Drit­ten im Sin­ne des Art. 2 Buchst. f) RL 95/46/EG be­lan­gen.

11 Die An­ord­nung sei auch des­we­gen rechts­wid­rig, weil die Klä­ge­rin im Sin­ne des § 3 Abs. 7 BDSG kei­ne ver­ant­wort­li­che Stel­le im Hin­blick auf die von Face­book aus An­lass des Fan­page-Be­trie­bes er­ho­be­nen Da­ten sei und ei­ne An­ord­nung nach § 38 Abs. 5 BDSG nur ge­gen­über der ver­ant­wort­li­chen Stel­le er­ge­hen kön­ne. Über den Zweck und die Mit­tel der Er­he­bung und Ver­ar­bei­tung der für "In­sights" ge­nutz­ten per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten ent­schei­de al­lein Face­book; die Klä­ge­rin er­hal­te al­lein an­ony­mi­sier­te, sta­tis­ti­sche In­for­ma­tio­nen.

12 § 38 Abs. 5 BDSG er­lau­be kei­ne An­ord­nung ge­gen­über Drit­ten (al­so Per­so­nen oder Stel­len au­ßer­halb der ver­ant­wort­li­chen Stel­le). Die von der zi­vil­ge­richt­li­chen Recht­spre­chung ent­wi­ckel­te Stö­rer­haf­tung im In­ter­net sei auf die Ein­griffs­ver­wal­tung nicht über­trag­bar. Auch wenn § 38 Abs. 5 BDSG den Adres­sa­ten der Un­ter­sa­gungs­an­ord­nung nicht aus­drück­lich nen­ne, er­ge­be sich - über An­halts­punk­te be­reits im Wort­laut der Re­ge­lung selbst - aus dem sys­te­ma­ti­schen Zu­sam­men­hang, dem Sinn und Zweck der Re­ge­lung so­wie ih­rer Ent­ste­hungs­ge­schich­te, dass Adres­sat al­lein die ver­ant­wort­li­che Stel­le sein kön­ne. Das Be­ru­fungs­ge­richt lässt da­her of­fen, ob die Bei­ge­la­de­ne (bzw. ih­re Kon­zern­mut­ter) per­so­nen­be­zo­ge­ne Da­ten ver­ar­bei­tet und ob die­se Da­ten­ver­ar­bei­tung ge­gen deut­sches bzw. iri­sches Da­ten­schutz­recht ver­stö­ßt.

13 Mit sei­ner Re­vi­si­on rügt der Be­klag­te u.a. ei­ne Ver­let­zung des § 38 Abs. 5 BDSG und macht ver­schie­de­ne Ver­fah­rens­feh­ler des Be­ru­fungs­ge­richts gel­tend. Der Be­klag­te sieht nun­mehr den Ver­stoß der Klä­ge­rin in der Be­auf­tra­gung ei­nes un­ge­eig­ne­ten, weil Da­ten­schutz­recht nicht be­ach­ten­den An­bie­ters - hier: die Bei­ge­la­de­ne - mit der Er­stel­lung, Be­reit­hal­tung und War­tung ei­nes In­ter­net­auf­tritts; die De­ak­ti­vie­rungs­an­ord­nung zie­le auf die Be­sei­ti­gung die­ses Ver­sto­ßes der Klä­ge­rin, in­dem ihr die wei­te­re Nut­zung der Face­book-In­fra­struk­tur als tech­ni­scher Grund­la­ge ih­res Web­auf­tritts un­ter­sagt wer­de.

14 Die Klä­ge­rin und die Bei­ge­la­de­ne ver­tei­di­gen das an­ge­foch­te­ne Be­ru­fungs­ur­teil.

15 Der Ver­tre­ter des Bun­des­in­ter­es­ses bei dem Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt ver­weist dar­auf, dass die im Re­vi­si­ons­ver­fah­ren an­ge­spro­che­nen Rechts­fra­gen auch den Ge­gen­stand der Ver­hand­lun­gen über die Da­ten­schutz-Grund­ver­ord­nung bil­de­ten. Die Klä­ge­rin sei da­ten­schutz­recht­lich nicht ver­ant­wort­lich, weil der Be­trei­ber ei­ner Fan­page als Face­book-Nut­zer kei­nen Ein­fluss auf die Er­he­bung, Ver­ar­bei­tung oder Aus­wer­tung der per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten, die durch Face­book er­fol­ge, ha­be.

II

16 Der Rechts­streit ist aus­zu­set­zen. Es ist ei­ne Vor­ab­ent­schei­dung des Ge­richts­hofs der Eu­ro­päi­schen Uni­on (im Fol­gen­den: Ge­richts­hof) zu den im Be­schluss­te­nor for­mu­lier­ten Fra­gen ein­zu­ho­len (Art. 267 AEUV). Die Fra­gen be­tref­fen die Aus­le­gung der Art. 2 Buchst. d), Art. 4 Abs. 1, Art. 17 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 3 und 6 der Richt­li­nie 95/46/EG des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 24. Ok­to­ber 1995 zum Schutz na­tür­li­cher Per­so­nen bei der Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten und zum frei­en Da­ten­ver­kehr (ABl. L 281 S. 31). Da es um die Aus­le­gung von Uni­ons­recht geht, ist der Ge­richts­hof zu­stän­dig.

17 1. Für die recht­li­che Be­ur­tei­lung der An­fech­tungs­kla­ge ge­gen die von dem Be­klag­ten er­las­se­ne da­ten­schutz­auf­sichts­be­hörd­li­che An­ord­nung ist hier auf die Sach- und Rechts­la­ge im Zeit­punkt der letz­ten Ver­wal­tungs­ent­schei­dung, al­so der Wi­der­spruchs­ent­schei­dung, ab­zu­stel­len (De­zem­ber 2011). Zu die­sem Zeit­punkt wa­ren die hier ma­ß­geb­li­chen Art. 2 Buchst. d), Art. 4 Abs. 1, Art. 17 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 3 und 6 der Richt­li­nie 95/46/EG in Kraft ge­tre­ten, und die Um­set­zungs­frist für sie war ge­mäß Art. 32 der Richt­li­nie 95/46/EG ab­ge­lau­fen. Die­se Richt­li­nie so­wie nach­fol­gen­de Än­de­run­gen wur­den u.a. durch das Ge­setz zur Än­de­rung des Bun­des­da­ten­schutz­ge­set­zes und an­de­rer Ge­set­ze vom 18. Mai 2001 (BGBl. I S. 904) in das na­tio­na­le Recht um­ge­setzt. Den recht­li­chen Rah­men die­ses Rechts­streits bil­den fol­gen­de na­tio­na­le Vor­schrif­ten, die - so­weit hier ein­schlä­gig - auch der­zeit noch un­ver­än­dert gel­ten:

18 § 3 Abs. 1 und 7, § 11 Abs. 1 und 2, § 38 Abs. 5 des Bun­des­da­ten­schutz­ge­set­zes (BDSG) vom 20. De­zem­ber 1990 (BGBl. I S. 2954) in der Fas­sung der Be­kannt­ma­chung vom 14. Ja­nu­ar 2003 (BGBl. I S. 66), für den hier ma­ß­geb­li­chen Zeit­raum zu­letzt ge­än­dert durch das Ge­setz zur Än­de­rung da­ten­schutz­recht­li­cher Vor­schrif­ten (DS­RÄndG) vom 14. Au­gust 2009 (BGBl. I S. 2814).
§ 3 Abs. 1 und 7 BDSG
(1) Per­so­nen­be­zo­ge­ne Da­ten sind Ein­zel­an­ga­ben über per­sön­li­che oder sach­li­che Ver­hält­nis­se ei­ner be­stimm­ten oder be­stimm­ba­ren na­tür­li­chen Per­son (Be­trof­fe­ner). (...)
(7) Ver­ant­wort­li­che Stel­le ist je­de Per­son oder Stel­le, die per­so­nen­be­zo­ge­ne Da­ten für sich selbst er­hebt, ver­ar­bei­tet oder nutzt oder dies durch an­de­re im Auf­trag vor­neh­men lässt.
§ 11 Abs. 1 und 2 BDSG
(1) Wer­den per­so­nen­be­zo­ge­ne Da­ten im Auf­trag durch an­de­re Stel­len er­ho­ben, ver­ar­bei­tet oder ge­nutzt, ist der Auf­trag­ge­ber für die Ein­hal­tung der Vor­schrif­ten die­ses Ge­set­zes und an­de­rer Vor­schrif­ten über den Da­ten­schutz ver­ant­wort­lich. Die in den §§ 6, 7 und 8 ge­nann­ten Rech­te sind ihm ge­gen­über gel­tend zu ma­chen.
(2) Der Auf­trag­neh­mer ist un­ter be­son­de­rer Be­rück­sich­ti­gung der Eig­nung der von ihm ge­trof­fe­nen tech­ni­schen und or­ga­ni­sa­to­ri­schen Maß­nah­men sorg­fäl­tig aus­zu­wäh­len. Der Auf­trag ist schrift­lich zu er­tei­len, wo­bei ins­be­son­de­re im Ein­zel­nen fest­zu­le­gen sind: (...)
Der Auf­trag­ge­ber hat sich vor Be­ginn der Da­ten­ver­ar­bei­tung und so­dann re­gel­mä­ßig von der Ein­hal­tung der beim Auf­trag­neh­mer ge­trof­fe­nen tech­ni­schen und or­ga­ni­sa­to­ri­schen Maß­nah­men zu über­zeu­gen. Das Er­geb­nis ist zu do­ku­men­tie­ren.
§ 38 Abs. 5 BDSG
(5) Zur Ge­währ­leis­tung der Ein­hal­tung die­ses Ge­set­zes und an­de­rer Vor­schrif­ten über den Da­ten­schutz kann die Auf­sichts­be­hör­de Maß­nah­men zur Be­sei­ti­gung fest­ge­stell­ter Ver­stö­ße bei der Er­he­bung, Ver­ar­bei­tung oder Nut­zung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten oder tech­ni­scher oder or­ga­ni­sa­to­ri­scher Män­gel an­ord­nen. Bei schwer­wie­gen­den Ver­stö­ßen oder Män­geln, ins­be­son­de­re sol­chen, die mit ei­ner be­son­de­ren Ge­fähr­dung des Per­sön­lich­keits­rechts ver­bun­den sind, kann sie die Er­he­bung, Ver­ar­bei­tung oder Nut­zung oder den Ein­satz ein­zel­ner Ver­fah­ren un­ter­sa­gen, wenn die Ver­stö­ße oder Män­gel ent­ge­gen der An­ord­nung nach Satz 1 und trotz der Ver­hän­gung ei­nes Zwangs­gel­des nicht in an­ge­mes­se­ner Zeit be­sei­tigt wer­den. Sie kann die Ab­be­ru­fung des Be­auf­trag­ten für den Da­ten­schutz ver­lan­gen, wenn er die zur Er­fül­lung sei­ner Auf­ga­ben er­for­der­li­che Fach­kun­de und Zu­ver­läs­sig­keit nicht be­sitzt.

19 Als Hin­ter­grund des Rechts­strei­tes ist auf § 12 Abs. 1 und 3 des Te­le­me­di­en­ge­set­zes (TMG) vom 26. Fe­bru­ar 2007 (BGBl. I S. 179), für den hier ma­ß­geb­li­chen Zeit­raum zu­letzt ge­än­dert durch das Ers­te Ge­setz zur Än­de­rung des Te­le­me­di­en­ge­set­zes (1. Te­le­me­di­en­än­de­rungs­ge­setz) vom 31. Mai 2010 (BGBl I. S. 692) hin­zu­wei­sen, das in Tei­len auch der Um­set­zung der Richt­li­nie 2002/58/EG des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 12. Ju­li 2002 über die Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten und den Schutz der Pri­vat­sphä­re in der elek­tro­ni­schen Kom­mu­ni­ka­ti­on (Da­ten­schutz­richt­li­nie für elek­tro­ni­sche Kom­mu­ni­ka­ti­on) (ABl. L 201 S. 37) dient.
§ 12 Abs. 1 und 3 TMG
(1) Der Diens­te­an­bie­ter darf per­so­nen­be­zo­ge­ne Da­ten zur Be­reit­stel­lung von Te­le­me­di­en nur er­he­ben und ver­wen­den, so­weit die­ses Ge­setz oder ei­ne an­de­re Rechts­vor­schrift, die sich aus­drück­lich auf Te­le­me­di­en be­zieht, es er­laubt oder der Nut­zer ein­ge­wil­ligt hat.
(2) (...)
(3) So­weit nichts an­de­res be­stimmt ist, sind die je­weils gel­ten­den Vor­schrif­ten für den Schutz per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten an­zu­wen­den, auch wenn die Da­ten nicht au­to­ma­ti­siert ver­ar­bei­tet wer­den.

20 2. Die Vor­la­ge­fra­gen sind ent­schei­dungs­er­heb­lich und be­dür­fen ei­ner Klä­rung durch den Ge­richts­hof; von ih­rer Be­ant­wor­tung hängt ab, ob die Re­vi­si­on zu­min­dest im Sin­ne ei­ner Zu­rück­ver­wei­sung Er­folg hat.

21 a) Nach § 38 Abs. 5 BDSG kann die Auf­sichts­be­hör­de Maß­nah­men und An­ord­nun­gen nur zur Ge­währ­leis­tung der Ein­hal­tung des Bun­des­da­ten­schutz­ge­set­zes und an­de­rer Vor­schrif­ten über den Da­ten­schutz tref­fen.

22 aa) Die an­ge­foch­te­ne An­ord­nung zur De­ak­ti­vie­rung der bei Face­book un­ter­hal­te­nen Fan­page ist nach dem Ein­griffs­ge­wicht als Maß­nah­me nach § 38 Abs. 5 Satz 2 BDSG zur Un­ter­sa­gung des Ein­sat­zes ei­nes ein­zel­nen Ver­fah­rens zu wer­ten, die bei schwer­wie­gen­den Ver­stö­ßen oder Män­geln statt­haft ist. Die­se An­ord­nung ist nicht schon des­we­gen rechts­wid­rig und auf­zu­he­ben, weil ihr kei­ne Auf­for­de­rung zur Be­sei­ti­gung fest­ge­stell­ter Ver­stö­ße nach § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG vor­an­ge­gan­gen ist. Von der im Ge­setz aus Grün­den der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit vor­ge­ge­be­nen Stu­fen­fol­ge beim Ein­schrei­ten der Da­ten­schutz­auf­sichts­be­hör­de ist dann ei­ne Aus­nah­me zu ma­chen, wenn der Adres­sat der An­ord­nung die­se Män­gel nicht be­sei­ti­gen kann, weil er kei­nen di­rek­ten, steu­ern­den oder ge­stal­ten­den Ein­fluss auf die als rechts­wid­rig be­an­stan­de­te Da­ten­ver­ar­bei­tung hat. Nach den für den Se­nat bin­den­den (§ 137 Vw­GO) tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts ist dies der Fall. Auch die Klä­ge­rin und die bei­ge­la­de­ne Face­book Ire­land Ltd. ma­chen über­ein­stim­mend gel­tend, dass die Er­he­bung und Ver­ar­bei­tung der Da­ten der Be­su­cher der Fan­page aus­schlie­ß­lich durch die Bei­ge­la­de­ne er­folgt und die Klä­ge­rin we­der im Rah­men des Be­nut­zungs­ver­hält­nis­ses über die Fan­page recht­lich noch sonst tat­säch­lich Art und Um­fang der Da­ten­er­he­bung und -ver­ar­bei­tung ge­stal­ten oder be­ein­flus­sen kann. Die feh­len­de un­mit­tel­ba­re Ein­wir­kungs- und Ent­schei­dungs­macht der Klä­ge­rin über Art und Um­fang der Ver­ar­bei­tung der Nut­zer­da­ten schlie­ßt bei un­ter­stell­ter da­ten­schutz­recht­li­cher Pflich­ten­stel­lung ei­ne An­wen­dung des § 38 Abs. 5 BDSG eben­falls nicht aus; zur wirk­sa­men Durch­set­zung des Da­ten­schutz­rechts (s.a. Art. 28 Abs. 3 RL 95/46/EG) ist die adres­sa­tof­fen ge­fass­te Ein­griffs­er­mäch­ti­gung nicht auf ein Vor­ge­hen ge­gen die "für die Ver­ar­bei­tung Ver­ant­wort­li­che" im Sin­ne des Art. 2 Buchst. d) RL 95/46/EG be­schränkt, wenn und so­weit an­der­wei­ti­ge da­ten­schutz­recht­li­che Pflich­ten be­stehen. Die per­so­na­le Reich­wei­te der Ein­griffs­be­fug­nis folgt hier der ma­te­ri­ell­recht­li­chen Pflich­tig­keit.

23 Bei als ge­ge­ben un­ter­stell­ter Ver­ant­wort­lich­keit der Klä­ge­rin, die nach na­tio­na­lem Recht nicht nach den Vor­schrif­ten des Te­le­me­di­en­ge­set­zes, son­dern nur nach de­nen des Bun­des­da­ten­schutz­ge­set­zes be­grün­det wer­den kann, sind im Er­geb­nis auch die wei­te­ren, zwi­schen den Be­tei­lig­ten eben­falls um­strit­te­nen Vor­aus­set­zun­gen der An­ord­nung er­füllt.

24 bb) Die Klä­ge­rin ist al­ler­dings für die Er­he­bung und Ver­ar­bei­tung der Nut­zer­da­ten ih­rer Fan­page durch die Bei­ge­la­de­ne nicht die "Stel­le, die per­so­nen­be­zo­ge­ne Da­ten für sich selbst er­hebt, ver­ar­bei­tet oder nutzt oder dies durch an­de­re im Auf­trag vor­neh­men lässt" (§ 3 Abs. 7 BDSG) bzw. die "Stel­le, die al­lein oder ge­mein­sam mit an­de­ren über die Zwe­cke, Be­din­gun­gen und Mit­tel der Ver­ar­bei­tung von per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten ent­schei­det" (Art. 2 Buchst. d) RL 95/46/EG).

25 Zwar ver­schafft die Klä­ge­rin durch ih­re Ent­schei­dung, ei­ne Fan­page auf der von der Bei­ge­la­de­nen bzw. ih­rer Mut­ter­ge­sell­schaft be­trie­be­nen Platt­form ein­zu­rich­ten, der Bei­ge­la­de­nen ob­jek­tiv die Mög­lich­keit, bei Auf­ruf die­ser Fan­page Coo­kies zu set­zen und über die­se Da­ten zu er­he­ben. Je­den­falls bei Fan­page-Nut­zern, die bei Face­book re­gis­triert sind, han­delt es sich um auch per­so­nen­be­zo­ge­ne Da­ten im Sin­ne des Art. 2 Buchst. a) RL 95/46/EG, und zwar selbst dann, wenn sie sich bei Fan­page­auf­ruf nicht bei Face­book an­ge­mel­det hat­ten. Bei nicht­re­gis­trier­ten Nut­zern hängt die Zu­ord­nung der über ei­nen Coo­kie zu­ge­wie­se­nen ID-Num­mer als per­so­nen­be­zo­ge­nes Da­tum u.a. von den An­for­de­run­gen ab, die an das zur Iden­ti­fi­zie­rung der be­trof­fe­nen Per­son er­for­der­li­che Zu­satz­wis­sen zu stel­len sind (s. da­zu BGH, Vor­ab­ent­schei­dungs­er­su­chen vom 28. Ok­to­ber 2014 - VI ZR 135/13 - ju­ris).

26 Nach den bin­den­den tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts folgt aus die­ser Ent­schei­dung al­ler­dings nicht, dass die Klä­ge­rin Art und Um­fang der Ver­ar­bei­tung von Da­ten der Nut­zer ih­rer Home­page durch die Bei­ge­la­de­ne be­ein­flus­sen, steu­ern, ge­stal­ten oder sonst kon­trol­lie­ren könn­te. Auch die Nut­zungs­be­din­gun­gen für die Fan­page er­öff­nen der Klä­ge­rin in­so­weit kei­ne Ein­wir­kungs- oder Kon­troll­rech­te; die ein­sei­tig ge­setz­ten Nut­zungs­be­din­gun­gen der Bei­ge­la­de­nen sind nicht Er­geb­nis ei­nes Aus­hand­lungs­pro­zes­ses im Ein­zel­fall und ver­schaf­fen der Klä­ge­rin auch nicht das Recht, der Bei­ge­la­de­nen die Er­he­bung und Ver­ar­bei­tung der Da­ten von Nut­zern der Fan­page zu un­ter­sa­gen. Die Bei­ge­la­de­ne lässt auch sonst nicht die Ein­rich­tung ei­ner Fan­page zu, bei der sie sich nicht die Be­fug­nis zur Er­he­bung und Ver­ar­bei­tung von Nut­zer­da­ten vor­be­hält. Auch tat­säch­lich hat die Klä­ge­rin kei­ne Ent­schei­dungs-, Ge­stal­tungs- oder Kon­troll­be­fug­nis­se.

27 Ih­re Ent­schei­dung, für ihr In­for­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­an­ge­bot auch die Face­book-In­fra­struk­tur zu nut­zen, macht die Klä­ge­rin nicht zu ei­ner Stel­le, die - al­lein oder ge­mein­sam mit der Bei­ge­la­de­nen - über die Zwe­cke, Be­din­gun­gen und Mit­tel der Ver­ar­bei­tung von per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten ent­schei­det (Art. 2 Buchst. d) RL 95/46/EG) bzw. zur ver­ant­wort­li­chen Stel­le im Sin­ne des § 3 Abs. 7 BDSG. Al­ler­dings ist die Le­gal­de­fi­ni­ti­on des "für die Ver­ar­bei­tung Ver­ant­wort­li­chen" in Art. 2 Buchst. d) RL 95/46/EG, die ma­ß­geb­lich auch die Aus­le­gung des § 3 Abs. 7 BDSG steu­ert, im In­ter­es­se ei­nes wirk­sa­men Per­sön­lich­keits­schut­zes grund­sätz­lich weit aus­zu­le­gen (s.a. Ar­ti­kel-29-Da­ten­schutz­grup­pe, Stel­lung­nah­me 1/2010 zu den Be­grif­fen "für die Ver­ar­bei­tung Ver­ant­wort­li­cher" und "Auf­trags­ver­ar­bei­ter" vom 16. Fe­bru­ar 2010, Working Pa­per 169 [00264/10/DE WP 169]). Das funk­tio­na­le Ver­ständ­nis lässt auch Raum für die Mög­lich­keit ei­ner plu­ra­lis­ti­schen Kon­trol­le, die ver­schie­de­ne Gra­de der Ver­ant­wor­tung bis hin zu ei­ner "ge­samt­schuld­ne­ri­schen" Haf­tung (Ar­ti­kel-29-Da­ten­schutz­grup­pe, a.a.O., Working Pa­per 169 [00264/10/DE WP 169], 39) zu­lässt. Die Fä­hig­keit, über die Zwe­cke und Mit­tel der je­wei­li­gen Da­ten­ver­ar­bei­tung auch ent­schei­den zu kön­nen, ist aber ein prä­gen­des, un­ver­zicht­ba­res Ele­ment des Art. 2 Buchst. d) der Richt­li­nie 95/46/EG. Ei­ne Stel­le, die we­der ei­nen recht­li­chen noch ei­nen tat­säch­li­chen Ein­fluss auf die Ent­schei­dung hat, wie per­so­nen­be­zo­ge­ne Da­ten ver­ar­bei­tet wer­den, kann nicht als für die Ver­ar­bei­tung Ver­ant­wort­li­cher an­ge­se­hen wer­den.

28 Die Klä­ge­rin kann al­lein durch den Ver­zicht auf die wei­te­re Nut­zung ih­rer Fan­page ei­ne wei­te­re Ver­ar­bei­tung der Da­ten von Nut­zern die­ser Fan­page durch die Bei­ge­la­de­ne ver­hin­dern. Dies ver­schafft ihr aber kei­nen recht­li­chen oder tat­säch­li­chen Ein­fluss auf Ob, Art und Um­fang der Nut­zung der Da­ten­ver­ar­bei­tung durch die Bei­ge­la­de­ne in ei­ge­ner Ver­ant­wor­tungs- und Ge­stal­tungs­macht. Ei­ne hin­rei­chen­de Ein­fluss­mög­lich­keit oder gar ei­ne (Mit-)Ent­schei­dungs­macht folgt auch nicht dar­aus, dass in­for­ma­ti­ons­hal­ti­ge Fan­pages die At­trak­ti­vi­tät der von der Bei­ge­la­de­nen be­trie­be­nen Platt­form selbst - für die Nut­zer und die ge­schäft­li­chen Ak­ti­vi­tä­ten der Bei­ge­la­de­nen - stei­gern mö­gen oder die Klä­ge­rin ob­jek­tiv aus der von der Bei­ge­la­de­nen be­trie­be­nen Funk­ti­on "Face­book In­sights" Nut­zen zie­hen kann, in­dem ihr in an­ony­mi­sier­ter Form Da­ten zur Nut­zung ih­rer Fan­page über­mit­telt wer­den.

29 cc) Die Klä­ge­rin ist für die Ver­ar­bei­tung von Da­ten der Nut­zer ih­rer Fan­page durch die Bei­ge­la­de­ne auch nicht Auf­trag­ge­ber ei­ner Da­ten­ver­ar­bei­tung im Auf­trag (§ 11 BDSG; Art. 2 Buchst. e), Art. 17 Abs. 2 und 3 RL 95/46/EG).

30 Zwi­schen der Klä­ge­rin und der Bei­ge­la­de­nen be­steht zwar ein Rechts­ver­hält­nis in Be­zug auf die Be­reit­stel­lung ei­ner Fan­page; die Klä­ge­rin ist in­so­weit Nut­ze­rin der Platt­form, die von der Bei­ge­la­de­nen be­trie­ben wird. Mit dem Nut­zungs­ver­hält­nis er­teilt die Klä­ge­rin der Bei­ge­la­de­nen aber nicht ei­nen Auf­trag zur Er­he­bung und Ver­ar­bei­tung von Da­ten der Nut­zer ih­rer Fan­page. Die­se Da­ten­nut­zung ist kei­ne Haupt- oder Ne­ben­pflicht aus dem Fan­page-Be­nut­zungs­ver­hält­nis. We­gen der tech­ni­schen Be­son­der­hei­ten der von der Bei­ge­la­de­nen be­trie­be­nen Platt­form hat die Klä­ge­rin zu kei­nem Zeit­punkt die Mög­lich­keit, auf die hier in Re­de ste­hen­den Da­ten ih­rer Nut­zer zu­zu­grei­fen. Die Da­ten­ver­ar­bei­tung durch Face­book ist auch sonst von den Be­tei­lig­ten des Fan­page-Nut­zungs­ver­hält­nis­ses we­der ob­jek­tiv als ge­mein­sam ver­ant­wor­te­te Da­ten­nut­zung aus­ge­stal­tet noch sub­jek­tiv von die­sen als ge­mein­sa­me ge­wollt. Dass der Klä­ge­rin bei der Ent­schei­dung für die Platt­form der Bei­ge­la­de­nen be­kannt sein konn­te, dass die­se Da­ten von Fan­page-Nut­zern er­hebt und ver­ar­bei­tet, ver­wan­delt das Ver­trags- oder Nut­zungs­ver­hält­nis be­tref­fend die Fan­page nicht in ein Auf­trags­da­ten­ver­ar­bei­tungs­ver­hä­l­t­n­is. Die Auf­trags­da­ten­ver­ar­bei­tung folgt der Ver­ant­wort­lich­keit, be­grün­det die­se aber nicht. Die ho­he Zahl von Nut­zern des so­zia­len Netz­wer­kes der Bei­ge­la­de­nen und der da­durch er­hoff­te Nut­zen für die Ver­brei­tung des ei­ge­nen In­for­ma­ti­ons­an­ge­bots schlie­ßen es aus, dass die Klä­ge­rin sich al­lein des­we­gen für die Platt­form der Bei­ge­la­de­nen ent­schie­den ha­ben könn­te, um sich ei­ner da­ten­schutz­recht­li­chen Ver­ant­wort­lich­keit zu ent­zie­hen.

31 b) Das vor­le­gen­de Ge­richt hält ei­ne Klä­rung für er­for­der­lich, ob bzw. un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen sich in mehr­stu­fi­gen An­bie­ter­ver­hält­nis­sen, wie sie für so­zia­le Netz­wer­ke kenn­zeich­nend sind, die Kon­troll- und Ein­griffs­be­fug­nis­se der Da­ten­schutz­auf­sichts­be­hör­de al­lein auf die "ver­ant­wort­li­che Stel­le" im Sin­ne des Art. 2 Buchst. d) RL 95/46/EG (§ 3 Abs. 7 BDSG) be­zie­hen kön­nen oder ob da­ne­ben Raum für ei­ne Ver­ant­wort­lich­keit ei­ner Stel­le, die nicht im Sin­ne des Art. 2 Buchst. d) RL 95/46/EG für die Da­ten­ver­ar­bei­tung ver­ant­wort­lich ist, bei der Aus­wahl ei­nes Be­trei­bers für sein In­for­ma­ti­ons­an­ge­bot bleibt. Hier­auf zielt die ers­te Vor­la­ge­fra­ge.

32 aa) Art. 28 Abs. 3 Spie­gel­strich 2 RL 95/46/EG sieht vor, dass je­de Kon­troll­stel­le über wirk­sa­me Kon­troll­be­fug­nis­se ein­schlie­ß­lich der Mög­lich­keit ver­fü­gen muss, das vor­läu­fi­ge oder end­gül­ti­ge Ver­bot ei­ner Ver­ar­bei­tung an­zu­ord­nen. Art. 24 RL 95/46/EG gibt den Mit­glied­staa­ten auf, ge­eig­ne­te Maß­nah­men zu er­grei­fen, um die vol­le An­wen­dung der Be­stim­mung der Richt­li­nie si­cher­zu­stel­len. Die Da­ten­schutz­richt­li­nie zielt auf ei­nen wirk­sa­men und um­fas­sen­den Schutz des Rechts auf die Pri­vat­sphä­re (Art. 8 Eu­ro­päi­sche Men­schen­rechts­kon­ven­ti­on) auf ei­nem ho­hen Schutz­ni­veau (Er­wä­gungs­grün­de 2 und 10 RL 95/46/EG). Der Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Uni­on (Eu­GH) be­tont in ge­fes­tig­ter Recht­spre­chung die Be­deu­tung so­wohl des auch durch Art. 7 GRC ge­währ­leis­te­ten Grund­rechts auf Ach­tung des Pri­vat­le­bens als auch des durch Art. 8 GRC ge­währ­leis­te­ten Grund­rechts auf Schutz per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten (vgl. Eu­GH, Ur­tei­le vom 7. Mai 2009 - C-553/07 [ECLI:​EU:​C:​2009:​293], Ri­jke­bo­er - Rn. 47; vom 8. April 2014 - C-293/12, C-594/12 [ECLI:​EU:​C:​2014:​238], Di­gi­tal Rights Ire­land u.a.- Rn. 53; vom 13. Mai 2014 - C-131/12 [ECLI:​EU:​C:​2014:​317], Goog­le Spain und Goog­le - Rn. 53, 66 und 74 und vom 6. Ok­to­ber 2015 - C-362/14 [ECLI:​EU:​C:​2015:​650], Schrems - Rn. 39).

33 bb) In In­for­ma­ti­ons­an­bie­ter­ver­hält­nis­s­en, in de­nen An­bie­ter von (auch) an ei­ne brei­te­re Öf­fent­lich­keit ge­rich­te­ten In­for­ma­tio­nen ei­ne In­fra­struk­tur wie die von der Bei­ge­la­de­nen an­ge­bo­te­ne be­nut­zen, bei der sie auf­grund der Nut­zungs­be­din­gun­gen die Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten durch den In­fra­struk­tur­an­bie­ter selbst nicht be­herr­schen kön­nen (ge­stuf­te oder mehr­stu­fi­ge In­for­ma­ti­ons­an­bie­ter­ver­hält­nis­se), wird es im In­ter­es­se ei­nes wirk­sa­men Schut­zes der Grund­rech­te und -frei­hei­ten der Nut­zer des In­for­ma­ti­ons­an­ge­bo­tes für er­for­der­lich ge­hal­ten, auch den In­for­ma­ti­ons­an­bie­ter selbst in die Ver­ant­wor­tung zu neh­men (ein­ge­hend Mar­ti­ni/Fritz­sche, Mit­ver­ant­wor­tung in so­zia­len Netz­wer­ken. Face­book-Fan­page-Be­trei­ber in der da­ten­schutz­recht­li­chen Grau­zo­ne, NVwZ-Ex­tra 21/2015, 11 ff.). Die­se da­ten­schutz­recht­li­che Ver­ant­wor­tung be­zieht sich zwar nicht auf die Er­he­bung und Ver­ar­bei­tung der Da­ten durch den In­fra­struk­tur­an­bie­ter selbst, die in ei­ner In­fra­struk­tur wie der von der Bei­ge­la­de­nen an­ge­bo­te­nen recht­lich und tat­säch­lich durch den In­for­ma­ti­ons­an­bie­ter nicht ge­steu­ert wer­den kann. Sie be­zieht sich aber auf die sorg­fäl­ti­ge Aus­wahl des Be­trei­bers der In­fra­struk­tur, die für das ei­ge­ne In­for­ma­ti­ons­an­ge­bot ge­nutzt wird. Für den Nut­zer des In­for­ma­ti­ons­an­ge­bo­tes ist re­gel­mä­ßig nicht er­kenn­bar, dass für ei­ne an die blo­ße Nut­zung an­knüp­fen­de Da­ten­ver­ar­bei­tung nicht der In­for­ma­ti­ons­an­bie­ter, son­dern der In­fra­struk­tur­be­trei­ber "ver­ant­wort­li­che Stel­le" ist; auch so­weit aus dem Sei­ten­de­sign des In­for­ma­ti­ons­an­ge­bo­tes er­kannt wer­den kann, dass es sich um ein In­for­ma­ti­ons­an­ge­bot im Rah­men ei­ner be­stimm­ten In­fra­struk­tur han­delt, er­schlie­ßt sich dar­aus nicht die Ver­tei­lung der Ver­ant­wort­lich­kei­ten.

34 cc) Vor die­sem Hin­ter­grund er­strebt die ers­te Vor­la­ge­fra­ge die Klä­rung, ob mit dem Be­griff des "für die Ver­ar­bei­tung Ver­ant­wort­li­chen" (Art. 2 Buchst. d) RL 95/46/EG) auch die mög­li­chen Adres­sa­ten von Ein­griffs­maß­nah­men ab­schlie­ßend und er­schöp­fend um­schrie­ben sind oder ob im Rah­men der "ge­eig­ne­ten Maß­nah­men" nach Art. 24 und der "wirk­sa­men Ein­griffs­be­fug­nis­se" nach Art. 28 Abs. 3 Spie­gel­strich 2 RL 95/46/EG da­ne­ben Raum für ei­ne da­ten­schutz­recht­li­che Ver­ant­wort­lich­keit für die Aus­wahl des Be­trei­bers ei­nes In­for­ma­ti­ons­an­ge­bo­tes bleibt.

35 c) Die zwei­te Vor­la­ge­fra­ge zielt auf den recht­li­chen An­knüp­fungs­punkt für ei­ne der Ver­ant­wor­tung nach Art. 2 Buchst. d) RL 95/46/EG vor­ge­la­ger­te Aus­wahl­ver­ant­wort­lich­keit in mehr­stu­fi­gen An­bie­ter­ver­hält­nis­sen. Nach dem na­tio­na­len Recht kommt in­so­weit in Be­tracht, die Aus­wahl- und Über­prü­fungs­pflich­ten (§ 11 Abs. 2 Satz 1 und 4 BDSG), die der na­tio­na­le Ge­setz­ge­ber in Um­set­zung des Art. 17 Abs. 2 RL 95/46/EG bei ei­ner Da­ten­ver­ar­bei­tung im Auf­trag vor­ge­schrie­ben hat, ent­spre­chend her­an­zu­zie­hen (s. Mar­ti­ni/Fritz­sche, Mit­ver­ant­wor­tung in so­zia­len Netz­wer­ken. Face­book-Fan­page-Be­trei­ber in der da­ten­schutz­recht­li­chen Grau­zo­ne, NVwZ-Ex­tra 21/2015, 12). Der ge­mein­sa­me und im Er­geb­nis für ei­ne Ana­lo­gie mög­li­cher­wei­se hin­rei­chen­de Grund­ge­dan­ke ist, dass sich ein In­for­ma­ti­ons­an­bie­ter nicht durch die Wahl ei­nes be­stimm­ten In­fra­struk­tur­an­bie­ters von da­ten­schutz­schutz­recht­li­chen Pflich­ten im Ver­hält­nis zu den Nut­zern sei­nes In­for­ma­ti­ons­an­ge­bo­tes soll frei­zeich­nen dür­fen, die er bei ei­nem rei­nen Con­tent-Pro­vi­der zu er­fül­len hät­te. Dass ein In­for­ma­ti­ons­an­bie­ter in den so­zia­len Netz­wer­ken wie dem der Bei­ge­la­de­nen zu­gleich auch des­sen Nut­zer ist, schafft we­gen der für die Nut­zer des In­for­ma­ti­ons­an­ge­bo­tes nicht hin­rei­chend kla­ren Ver­ant­wor­tungs­tei­lung ei­ne spe­zi­fi­sche, von der Ver­ant­wor­tungs­ver­tei­lung nach Art. 2 Buchst. d) RL 95/46/EG nicht er­fass­te Ge­fähr­dungs­la­ge; dies gilt um­so mehr, als sich das In­for­ma­ti­ons­an­ge­bot nicht al­lein an in dem Netz­werk an­ge­mel­de­te, re­gis­trier­te Nut­zer rich­tet.

36 Bei uni­ons­rechts­kon­for­mer Aus­le­gung kommt ei­ne ent­spre­chen­de An­wen­dung der Aus­wahl- und Kon­troll­pflich­ten des § 11 Abs. 2 Satz 1 und 4 BDSG al­ler­dings dann nicht in Be­tracht, wenn aus Art. 17 Abs. 2 RL 95/46/EG im Um­kehr­schluss folgt, dass ei­nem In­for­ma­ti­ons­an­bie­ter da­ten­schutz­recht­li­che Aus­wahl- und Kon­troll­pflich­ten nur und aus­schlie­ß­lich bei ei­ner Da­ten­ver­ar­bei­tung im Auf­trag auf­er­legt wer­den kön­nen. Die Auf­er­le­gung wei­ter­ge­hen­der Pflich­ten ist nach dem Wort­laut al­ler­dings nicht aus­ge­schlos­sen; sie be­wirkt auch kei­ne neu­en oder zu­sätz­li­chen ma­te­ri­ell­recht­li­chen Be­din­gun­gen in Be­zug auf die Zu­läs­sig­keit der Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten (da­zu Eu­GH, Ur­teil vom 24. No­vem­ber 2011 - C-468/10, C-469/10 [ECLI:​EU:​C:​2011:​777], AS­NEF/FECEMD -). Für ei­nen Um­kehr­schluss mag in­des ei­ne kla­re und ein­deu­ti­ge Ver­ant­wor­tungs­zu­wei­sung al­lein an den In­fra­struk­tur­an­bie­ter spre­chen; die Nut­zer von In­fra­struk­tur­an­ge­bo­ten und Platt­for­men blei­ben zu­dem von der Not­wen­dig­keit be­freit, die Recht­mä­ßig­keit der Da­ten­ver­ar­bei­tung durch den aus­ge­wähl­ten An­bie­ter (in­zi­dent) über­prü­fen zu müs­sen.

37 d) Für den Fall, dass ei­nen In­for­ma­ti­ons­an­bie­ter in mehr­stu­fi­gen An­bie­ter­ver­hält­nis­sen ei­ne Ver­ant­wort­lich­keit bei der Aus­wahl sei­nes In­fra­struk­tur­an­bie­ters trifft, setzt die Recht­mä­ßig­keit der hier ge­trof­fe­nen An­ord­nung wei­ter­hin je­den­falls vor­aus, dass die­se Aus­wahl­ver­ant­wort­lich­keit ver­letzt wor­den ist, weil es bei dem aus­ge­wähl­ten An­bie­ter - hier der Bei­ge­la­de­nen - bei der Er­he­bung und Ver­ar­bei­tung von Da­ten der Nut­zer des In­for­ma­ti­ons­an­ge­bo­tes der Klä­ge­rin zu hin­rei­chend ge­wich­ti­gen Ver­stö­ßen ge­gen das Da­ten­schutz­recht kommt. Die­se Fra­ge ist zwi­schen den Be­tei­lig­ten um­strit­ten und vom Be­ru­fungs­ge­richt nicht ab­schlie­ßend ge­klärt wor­den. Auf der Grund­la­ge der ge­trof­fe­nen tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen kann das vor­le­gen­de Ge­richt sie nicht ab­schlie­ßend be­ant­wor­ten. Zu ih­rer Be­ant­wor­tung be­darf es auch der Klä­rung der zu 3. bis 6. ge­stell­ten Fra­gen zur Zu­stän­dig­keit der hier han­deln­den Da­ten­schutz­kon­troll­be­hör­de und der Reich­wei­te ih­rer Prü­fungs­be­fug­nis.

38 aa) Zwi­schen den Be­tei­lig­ten steht zu Recht nicht im Streit, dass die Er­he­bung und Ver­ar­bei­tung von Da­ten der Nut­zer der von der Klä­ge­rin be­trie­be­nen Fan­page durch Face­book als In­fra­struk­tur­an­bie­ter in den räum­li­chen An­wen­dungs­be­reich der RL 95/46/EG fällt, so­weit es sich um per­so­nen­be­zo­ge­ne Da­ten im Sin­ne des Art. 2 Buchst. a) RL 95/46/EG han­delt. Denn die in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten von Ame­ri­ka an­säs­si­ge Mut­ter­ge­sell­schaft, die Face­book Inc., un­ter­hält ne­ben der für die För­de­rung des Ver­kaufs von Wer­bung und sons­ti­ge Mar­ke­ting­maß­nah­men mit Aus­rich­tung auf die Ein­woh­ner der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land be­trau­ten Toch­ter­ge­sell­schaft Face­book Ger­many GmbH (mit Sitz in Ham­burg) die in der Iri­schen Re­pu­blik an­säs­si­ge Toch­ter­ge­sell­schaft Face­book Ire­land Ltd. - die Bei­ge­la­de­ne -, die nach ei­ge­nem Be­kun­den kon­zern­in­tern die aus­schlie­ß­li­che Ver­ant­wor­tung für die Er­he­bung und Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten (u.a.) im ge­sam­ten Ge­biet der Eu­ro­päi­schen Uni­on trägt. Je­den­falls müs­sen al­le im Uni­ons­ge­biet wohn­haf­ten Per­so­nen, die Face­book nut­zen wol­len, bei ih­rer An­mel­dung ei­nen Ver­trag mit Face­book Ire­land Ltd. ab­schlie­ßen (s.a. Eu­GH, Ur­teil vom 6. Ok­to­ber 2015 - C-362/14 - Rn. 27). Der Be­klag­te hat al­ler­dings gel­tend ge­macht, dass tat­säch­lich die Ent­schei­dung über Art und Um­fang der Da­ten­ver­ar­bei­tung und die Da­ten­ver­ar­bei­tung selbst nicht durch die Bei­ge­la­de­ne er­fol­ge, weil die per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten der im Uni­ons­ge­biet wohn­haf­ten Nut­zer von Face­book ganz oder teil­wei­se an Ser­ver der Face­book Inc., die sich in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten be­fin­den, über­mit­telt und dort ver­ar­bei­tet wer­den (s.a. Eu­GH, Ur­teil vom 6. Ok­to­ber 2015 - C-362/14 - Rn. 27).

39 Im Rah­men der Be­stim­mung der für et­wai­ge Auf­sichts- und Kon­troll­maß­nah­men zu­stän­di­gen Kon­troll­stel­le be­darf es dann aber der Klä­rung der mit Vor­la­ge­fra­ge zu 3. auf­ge­wor­fe­nen Fra­ge. Es sind die Vor­aus­set­zun­gen zu be­stim­men, un­ter de­nen ei­ne (von meh­re­ren) Nie­der­las­sun­gen ei­nes au­ßer­halb der Eu­ro­päi­schen Uni­on an­säs­si­gen Mut­ter­kon­zerns als "für die Ver­ar­bei­tung Ver­ant­wort­li­che" im Sin­ne der Art. 4 und Art. 2 Buchst. d) RL 95/46/EG an­ge­se­hen wer­den kann. Ins­be­son­de­re ist zu klä­ren, ob es da­für aus­reicht, dass sich ei­ne der Nie­der­las­sun­gen in der Eu­ro­päi­schen Uni­on (hier: die bei­ge­la­de­ne Face­book Ire­land Ltd.) selbst als die für die Da­ten­ver­ar­bei­tung im ge­sam­ten Uni­ons­ge­biet in­so­weit Ver­ant­wort­li­che be­zeich­net, auch wenn phy­si­ka­lisch die Da­ten­ver­ar­bei­tung ganz oder teil­wei­se von dem Mut­ter­kon­zern au­ßer­halb des Uni­ons­ge­biets durch­ge­führt und ma­ß­geb­lich von die­sem ge­steu­ert wird. Wird dies be­jaht, kommt es auf die Ein­zel­hei­ten der kon­zern­in­ter­nen Ent­schei­dungs- und Da­ten­ver­ar­bei­tungs­struk­tu­ren nicht an. Wird dies ver­neint, kann hin­ge­gen auch ei­ne an­de­re Nie­der­las­sung (hier: Deutsch­land) als Ver­ant­wort­li­che an­ge­se­hen wer­den, die der Auf­sicht und Kon­trol­le nach Art. 28 Abs. 6 RL 95/46/EG un­ter­liegt, wenn die Da­ten­ver­ar­bei­tung tat­säch­lich nicht im Ge­biet der Ge­mein­schaft er­folgt. Dann sind vom na­tio­na­len Ge­richt für die Be­stim­mung der ver­ant­wort­li­chen Nie­der­las­sung zu­nächst die Ein­zel­hei­ten der kon­zern­in­ter­nen Ent­schei­dungs- und Da­ten­ver­ar­bei­tungs­struk­tu­ren auf­zu­klä­ren.

40 bb) Die Vor­la­ge­fra­ge zu 4. rich­tet sich auf die Zu­stän­dig­keits­ver­tei­lung zwi­schen den Da­ten­schutz­kon­troll­be­hör­den in Fäl­len, in de­nen ein Mut­ter­kon­zern (hier: Face­book Inc., USA) im Uni­ons­ge­biet meh­re­re Nie­der­las­sun­gen un­ter­hält, die aber un­ter­schied­li­che Auf­ga­ben ha­ben. In sei­nem Ur­teil vom 13. Mai 2014 (Eu­GH, Ur­teil vom 13. Mai 2014 - C-131/12 -) hat der Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Uni­on Art. 4 Abs. 1 Buchst. a) RL 95/46/EG da­hin aus­ge­legt, dass im Sin­ne die­ser Be­stim­mung ei­ne Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten im Rah­men der Tä­tig­kei­ten ei­ner Nie­der­las­sung aus­ge­führt wird, die der für die Ver­ar­bei­tung Ver­ant­wort­li­che im Ho­heits­ge­biet ei­nes Mit­glied­staa­tes be­sitzt, wenn der die Ver­ar­bei­tung Durch­füh­ren­de in ei­nem Mit­glied­staat für die För­de­rung des Ver­kaufs der Wer­be­flä­chen für sein Da­ten­ver­ar­bei­tungs­an­ge­bot und die­sen Ver­kauf selbst ei­ne Zweig­nie­der­las­sung oder Toch­ter­ge­sell­schaft grün­det, de­ren Tä­tig­keit auf die Ein­woh­ner die­ses Staa­tes aus­ge­rich­tet ist. Klä­rungs­be­dürf­tig ist, ob die­se An­knüp­fung an ei­ne (al­lein) für Mar­ke­ting und Ver­trieb zu­stän­di­ge Nie­der­las­sung in ei­nem Mit­glied­staat (hier: Deutsch­land) für die An­wend­bar­keit der Da­ten­schutz­richt­li­nie und die Zu­stän­dig­keit der Kon­troll­be­hör­de auch auf ei­ne Kon­stel­la­ti­on über­trag­bar ist, bei der ei­ne in ei­nem an­de­ren Mit­glied­staat (hier: Ir­land) nie­der­ge­las­se­nen Toch­ter­ge­sell­schaft nach der kon­zern­in­ter­nen Auf­ga­ben- und Ver­ant­wor­tungs­tei­lung auch im Au­ßen­ver­hält­nis als im ge­sam­ten Uni­ons­ge­biet "für die Ver­ar­bei­tung Ver­ant­wort­li­cher" auf­tritt. In­so­weit kei­ne Klä­rung be­wirkt aus Sicht des vor­le­gen­den Ge­richts das Ur­teil des Ge­richts­hofs vom 1. Ok­to­ber 2015 (Eu­GH, Ur­teil vom 1. Ok­to­ber 2015 - C-230/14 [ECLI:​EU:​C:​2015:​639], Welt­im­mo -); dort war nicht die Kon­stel­la­ti­on zwei­er recht­lich selb­stän­di­ger Toch­ter­ge­sell­schaf­ten, de­nen kon­zern­in­tern un­ter­schied­li­che sach­li­che und re­gio­na­le Auf­ga­ben zu­ge­wie­sen wa­ren, ei­ner au­ßer­halb des Uni­ons­ge­biets an­säs­si­gen Mut­ter­ge­sell­schaft zu be­ur­tei­len. Bei der vor­lie­gend in Re­de ste­hen­den Kon­stel­la­ti­on kommt es auf die Reich­wei­te der Kon­troll- und Auf­sichts­be­fug­nis­se in Deutsch­land ge­le­ge­ner Kon­troll­stel­len, die an die für Wer­bung und Mar­ke­ting zu­stän­di­ge Nie­der­las­sung Face­book Ger­many GmbH an­knüp­fen, nicht zu­letzt we­gen der Aus­wahl des Adres­sa­ten ei­ner Maß­nah­me nach Art. 28 Abs. 3 RL 95/46/EG (bzw. § 38 Abs. 5 BDSG) an. Ein Vor­ge­hen ge­gen die Klä­ge­rin könn­te dann - un­ab­hän­gig von der Be­ur­tei­lung der Recht­mä­ßig­keit der Da­ten­ver­ar­bei­tung durch Face­book - er­mes­sens- und da­her rechts­wid­rig sein, wenn die von der Kon­troll­be­hör­de an­ge­nom­me­nen Ver­stö­ße ge­gen das Da­ten­schutz­recht durch ein Vor­ge­hen di­rekt ge­gen die in Deutsch­land ge­le­ge­ne Nie­der­las­sung Face­book Ger­many be­sei­tigt wer­den könn­ten.

41 cc) Zwi­schen den Be­tei­lig­ten steht im Streit, ob bzw. in wel­chem Um­fang die Ver­ar­bei­tung von Da­ten der Nut­zer der Fan­page der Klä­ge­rin durch Face­book ge­gen (deut­sches oder iri­sches) Da­ten­schutz­recht ver­stö­ßt. Die Klä­ge­rin und die Bei­ge­la­de­ne ma­chen gel­tend, dass die für die Bei­ge­la­de­ne zu­stän­di­ge Da­ten­schutz­kon­troll­be­hör­de, der iri­sche Da­ta Pro­tec­tion Com­mis­sio­ner, die Da­ten­ver­ar­bei­tung durch die Bei­ge­la­de­ne ins­ge­samt und ins­be­son­de­re auch die von dem Be­klag­ten be­an­stan­de­ten Funk­tio­nen bei der Er­he­bung und Ver­ar­bei­tung der Da­ten von Fan­page-Nut­zern in­ten­siv ge­prüft und nicht be­an­stan­det ha­be. Der Be­klag­te ver­tritt ei­ne hier­von ab­wei­chen­de recht­li­che Be­ur­tei­lung und sieht sich an die Fest­stel­lun­gen und Be­wer­tun­gen des Da­ta Pro­tec­tion Com­mis­sio­ner nicht ge­bun­den. Die Vor­la­ge­fra­ge zu 5. zielt auf die Klä­rung, ob/in wel­chem Um­fan­ge ei­ne sol­che ei­gen­stän­di­ge recht­li­che Be­ur­tei­lung als Vor­fra­ge vor­ge­nom­men wer­den darf.

42 Die Aus­füh­run­gen im Ur­teil des Ge­richts­hofs vom 1. Ok­to­ber 2015 (Eu­GH, Ur­teil vom 1. Ok­to­ber 2015 - C-230/14 - Rn. 51 ff.) zur Be­stim­mung des an­zu­wen­den­den Rechts und der zu­stän­di­gen Kon­troll­stel­le klä­ren die­se Fra­ge nicht. Aus Art. 28 Abs. 1 und 3 RL 95/46/EG er­gibt sich, dass je­de Kon­troll­stel­le sämt­li­che Be­fug­nis­se aus­übt, die ihr im Ho­heits­ge­biet ih­res Mit­glied­staa­tes über­tra­gen wur­den, um in die­sem Ho­heits­ge­biet die Ein­hal­tung der Da­ten­schutz­vor­schrif­ten si­cher­zu­stel­len; ei­ne Kon­troll­stel­le darf kei­ne Sank­tio­nen au­ßer­halb des Ho­heits­ge­biets ih­res Mit­glied­staa­tes ver­hän­gen und auch sonst nicht ho­heit­li­che Maß­nah­men jen­seits ih­rer ter­ri­to­ria­len Zu­stän­dig­keit er­grei­fen. Ge­gen­stand des Aus­gangs­ver­fah­rens ist in­des ei­ne An­ord­nung ge­gen­über ei­ner im ei­ge­nen Ho­heits­ge­biet ge­le­ge­nen Stel­le, bei der die Recht­mä­ßig­keit der Da­ten­ver­ar­bei­tung durch die Bei­ge­la­de­ne nur ei­ne Vor­fra­ge bil­det. Ein ho­heit­li­ches Vor­ge­hen ge­gen die Bei­ge­la­de­ne ist hier­mit ge­ra­de nicht ver­bun­den.

43 Nach Art. 28 Abs. 6 RL 95/46/EG ist je­de Kon­troll­stel­le im Ho­heits­ge­biet ih­res Mit­glied­staa­tes für die Aus­übung der ihr ge­mäß Art. 28 Abs. 3 die­ser Richt­li­nie über­tra­ge­nen Be­fug­nis­se zu­stän­dig, un­ab­hän­gig vom an­wend­ba­ren ein­zel­staat­li­chen Recht. Dies stellt in­des nicht zwei­fels­frei klar, dass die je­weils zu­stän­di­ge Kon­troll­be­hör­de zur um­fas­sen­den selb­stän­di­gen Prü­fung und Be­ur­tei­lung der Da­ten­schutz­kon­for­mi­tät der Da­ten­ver­ar­bei­tung durch ei­ne in ei­nem Mit­glied­staat nie­der­ge­las­se­ne Stel­le be­fugt ist. Al­ler­dings ord­nen die Art. 28 ff. RL 95/46/EG ei­ne vor­ran­gi­ge oder gar aus­schlie­ß­li­che Prü­fungs- und Be­wer­tungs­kom­pe­tenz al­lein der für den Sitz der ver­ant­wort­li­chen Nie­der­las­sung nicht aus­drück­lich an; auch ist ei­ne recht­li­che Bin­dung an die recht­li­che Be­wer­tung der für die Nie­der­las­sung zu­stän­di­gen Kon­troll­be­hör­de ei­nes an­de­ren Mit­glied­staa­tes nicht vor­ge­schrie­ben und be­wirk­te ei­ne pro­ble­ma­ti­sche Wir­kung ih­rer Tä­tig­keit über ih­ren ter­ri­to­ria­len Zu­stän­dig­keits­be­reich hin­aus. Die so­ge­nann­te Ar­ti­kel-29-Da­ten­schutz­grup­pe hat zwar u.a. zur Auf­ga­be, zu ei­ner ein­heit­li­chen An­wen­dung der Da­ten­schutz­richt­li­nie bei­zu­tra­gen (Art. 30 Abs. 1 Buchst. a) RL 95/46/EG); sie hat aber kei­ne Kom­pe­tenz zur ver­bind­li­chen Ent­schei­dung di­ver­gie­ren­der recht­li­cher Be­wer­tun­gen ver­schie­de­ner na­tio­na­ler Kon­troll­be­hör­den. All dies kann da­für spre­chen, dass je­de Kon­troll­stel­le oh­ne Bin­dung an die Be­wer­tun­gen der für die je­wei­li­ge Nie­der­las­sung zu­stän­di­gen Kon­troll­be­hör­de ei­nes an­de­ren Mit­glied­staa­tes die Ver­ein­bar­keit ei­ner Da­ten­ver­ar­bei­tung mit dem Da­ten­schutz­recht prü­fen und be­wer­ten kann, so­weit dies als Vor­fra­ge für ein Han­deln in ei­ge­ner Zu­stän­dig­keit er­heb­lich ist.

44 dd) Für den Fall, dass der Kon­troll­stel­le, die im Rah­men ih­rer Zu­stän­dig­keit tä­tig wird, ei­ne selb­stän­di­ge Über­prü­fung der Da­ten­ver­ar­bei­tung ei­ner in ei­nem an­de­ren Mit­glied­staat ge­le­ge­nen Nie­der­las­sung er­öff­net ist, ist zu Art. 28 Abs. 6 Satz 2 RL 95/46/EG zu klä­ren, ob die dort je­der Kon­troll­stel­le er­öff­ne­te Mög­lich­keit, die Kon­troll­stel­le ei­nes an­de­ren Mit­glied­staa­tes um die Aus­übung ih­rer Be­fug­nis­se zu er­su­chen, ei­ne Pflicht um­fas­sen kann, von die­ser Mög­lich­keit auch Ge­brauch zu ma­chen. Die Vor­la­ge­fra­ge zu 6. wirft die­se Fra­ge des­we­gen auf, weil der Be­klag­te zwar im Rah­men sei­ner An­ord­nung ge­gen die Klä­ge­rin mit sei­ner ei­gen­stän­di­gen Be­wer­tung der Vor­fra­ge der Da­ten­schutz­kon­for­mi­tät der Ver­ar­bei­tung durch die Bei­ge­la­de­ne von der Be­ur­tei­lung des iri­schen Da­ta Pro­tec­tion Com­mis­sio­ner ab­weicht, die­sen aber nicht förm­lich um die Aus­übung sei­ner Be­fug­nis­se ge­gen­über der Bei­ge­la­de­nen er­sucht hat. Ei­ne An­ord­nung ge­gen die Klä­ge­rin we­gen Nicht­be­ach­tung ih­rer Aus­wahl­ver­ant­wort­lich­keit, die an Da­ten­schutz­ver­stö­ße der Bei­ge­la­de­nen an­knüpft, wä­re je­den­falls dann er­mes­sens­wid­rig, wenn aus Art. 28 Abs. 6 Satz 2 RL 95/46/EG ei­ne un­be­ding­te, um­fas­sen­de Pflicht, den iri­schen Da­ta Pro­tec­tion Com­mis­sio­ner um die Aus­übung sei­ner Be­fug­nis­se zu er­su­chen, je­den­falls dann folg­te, wenn von des­sen Be­wer­tung der Da­ten­schutz­kon­for­mi­tät der Da­ten­ver­ar­bei­tung durch die Bei­ge­la­de­nen ab­ge­wi­chen wer­den soll.

Ur­teil vom 11.09.2019 -
BVer­wG 6 C 15.18ECLI:DE:BVer­wG:2019:110919U6C15.18.0

da­ten­schutz­recht­li­che De­ak­ti­vie­rungs­an­ord­nung ge­gen Face­book-Fan­page­be­trei­ber

Leit­sät­ze:

1. Der Be­trei­ber ei­ner Fan­page im so­zia­len Netz­werk Face­book ist für die bei Auf­ruf die­ser Sei­te ab­lau­fen­den Da­ten­ver­ar­bei­tungs­vor­gän­ge ver­ant­wort­li­che Stel­le im Sin­ne des § 3 Abs. 7 BDSG a.F. und da­mit po­ten­ti­el­ler Adres­sat ei­ner An­ord­nung nach § 38 Abs. 5 BDSG a.F.

2. Für die Aus­übung der Ein­griffs­be­fug­nis­se des § 38 Abs. 5 BDSG a.F. be­darf es im Fal­le meh­re­rer ge­mein­sam für die Da­ten­ver­ar­bei­tung Ver­ant­wort­li­cher ei­ner Er­mes­sens­aus­übung im Hin­blick auf die Aus­wahl des Adres­sa­ten.

3. Auch im Be­reich des Da­ten­schut­zes kann es das Ge­bot ei­ner ef­fek­ti­ven und wir­kungs­vol­len Ge­fah­ren­ab­wehr recht­fer­ti­gen, den­je­ni­gen Ver­ant­wort­li­chen her­an­zu­zie­hen, des­sen Pflich­tig­keit sich oh­ne wei­te­res be­ja­hen lässt und dem ef­fek­ti­ve Mit­tel zum Ab­stel­len des Ver­sto­ßes zur Ver­fü­gung ste­hen.

  • Rechts­quel­len
  • Zi­tier­vor­schlag

Ur­teil

BVer­wG 6 C 15.18

  • VG Schles­wig - 09.10.2013 - AZ: VG 8 A 14/12
  • OVG Schles­wig - 04.09.2014 - AZ: OVG 4 LB 20/13

In der Ver­wal­tungs­streit­sa­che hat der 6. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 11. Sep­tem­ber 2019
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Prof. Dr. Kraft, die Rich­ter am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Dr. Heitz, Hahn, Dr. Te­get­hoff und die Rich­te­rin am Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt Stei­ner
für Recht er­kannt:

  1. Auf die Re­vi­si­on des Be­klag­ten wird das Ur­teil des Schles­wig-Hol­stei­ni­schen Ober­ver­wal­tungs­ge­richts vom 4. Sep­tem­ber 2014 auf­ge­ho­ben.
  2. Die Sa­che wird zur an­der­wei­ti­gen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt zu­rück­ver­wie­sen.
  3. Die Ent­schei­dung über die Kos­ten bleibt der Schluss­ent­schei­dung vor­be­hal­ten.

Grün­de

I

1 Die Klä­ge­rin ist ei­ne in der Form ei­ner GmbH be­trie­be­ne ge­mein­nüt­zi­ge Bil­dungs­ein­rich­tung, die von den In­dus­trie- und Han­dels­kam­mern in Schles­wig-Hol­stein ge­tra­gen wird. Sie wen­det sich ge­gen ei­ne da­ten­schutz­recht­li­che An­ord­nung, mit der sie ver­pflich­tet wird, ih­re un­ter der Adres­se "https://​www.​fac​eboo​k.​com/​wir​tsch​afts​akad​emie" un­ter­hal­te­ne Face­book-Sei­te (sog. Fan­page) zu de­ak­ti­vie­ren.

2 Die Klä­ge­rin be­treibt im So­zia­len Netz­werk Face­book ei­nen spe­zi­el­len Nut­zer­ac­count in Form ei­ner Fan­page, auf dem sie sich als Bil­dungs­ein­rich­tung prä­sen­tiert und ihr Bil­dungs­an­ge­bot be­wirbt. Nach An­hö­rung der Klä­ge­rin ord­ne­te der Be­klag­te mit Be­scheid vom 3. No­vem­ber 2011 die De­ak­ti­vie­rung die­ser Fan­page an und droh­te wid­ri­gen­falls ein Zwangs­geld an. Er be­an­stan­de­te, dass Face­book bei Auf­ruf der Fan­page Coo­kies set­ze, die zu ei­ner Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten der Nut­zer und zur Er­stel­lung von Nut­zungs­pro­fi­len für Zwe­cke der Wer­bung oder Markt­for­schung führ­ten. Die Klä­ge­rin un­ter­rich­te die Nut­zer nicht über Art, Um­fang und Zwe­cke der Da­ten­er­he­bung so­wie das Be­stehen ei­nes Wi­der­spruchs­rechts ge­gen die Er­stel­lung ei­nes Nut­zungs­pro­fils. Zu­dem bie­te sie kei­ne Mög­lich­keit, die­ses Wi­der­spruchs­recht aus­zu­üben. Face­book ge­ne­rie­re aus den Nut­zer­da­ten ei­ne an­ony­mi­sier­te sta­tis­ti­sche Zu­sam­men­stel­lung, die über die Funk­ti­on "Face­book In­sights" vom Fan­page­be­trei­ber zur Ana­ly­se des Nut­zer­ver­hal­tens ab­ge­ru­fen wer­den kön­ne. Die Klä­ge­rin sei für die von Face­book ver­an­lass­ten Da­ten­ver­ar­bei­tungs­vor­gän­ge da­ten­schutz­recht­lich ver­ant­wort­lich, weil sie mit dem Be­trieb der Fan­page Face­book den Zu­griff auf die Da­ten der Nut­zer er­öff­ne und ih­rer­seits von den Vor­tei­len der un­ent­gelt­li­chen zur Ver­fü­gung ge­stell­ten In­fra­struk­tur pro­fi­tie­re. Da Face­book in den bis­he­ri­gen Ge­sprä­chen kei­ne Lö­sung an­ge­bo­ten ha­be und die Klä­ge­rin selbst man­gels Ein­wir­kungs­mög­lich­kei­ten auf die di­gi­ta­le In­fra­struk­tur von Face­book kei­ne rechts­kon­for­me Nut­zung an­bie­ten kön­ne, kom­me nur die An­ord­nung der De­ak­ti­vie­rung der Fan­page in Be­tracht.

3 Nach er­folg­lo­ser Durch­füh­rung ei­nes Wi­der­spruchs­ver­fah­rens er­hob die Klä­ge­rin Kla­ge ge­gen den Be­scheid in Form des Wi­der­spruchs­be­scheids vom 16. De­zem­ber 2011. Sie mach­te im We­sent­li­chen gel­tend, sie sei le­dig­lich Nut­ze­rin des so­zia­len Netz­werks und an des­sen In­fra­struk­tur ge­bun­den. Sie tra­ge kei­ne Ver­ant­wor­tung für die von Face­book durch­ge­führ­ten Da­ten­ver­ar­bei­tun­gen. Im Üb­ri­gen hät­ten Face­book­nut­zer im Rah­men ih­rer Re­gis­trie­rung und der An­nah­me der Face­book-Nut­zungs­be­din­gun­gen in die Da­ten­ver­ar­bei­tun­gen ein­ge­wil­ligt. Nut­zer, die kei­ne Face­book­mit­glie­der sei­en, könn­ten sich über ei­nen Link am En­de der Fan­page über die Nut­zungs­be­din­gun­gen in­for­mie­ren. Die blo­ße Über­tra­gung der In­ter­net­pro­to­koll­adres­se stel­le kein per­so­nen­be­zo­ge­nes Da­tum dar.

4 Das Ver­wal­tungs­ge­richt lud die Face­book Ire­land Ltd. mit Sitz in Dub­lin, Ir­land, zum Ver­fah­ren bei.

5 Mit Ur­teil vom 9. Ok­to­ber 2013 hob das Ver­wal­tungs­ge­richt den an­ge­foch­te­nen Be­scheid in Ge­stalt des Wi­der­spruchs­be­scheids auf. Die Klä­ge­rin sei kei­ne ver­ant­wort­li­che Stel­le im Sin­ne des § 3 Abs. 7 BDSG a.F., weil sie die Nut­zer­da­ten we­der selbst ver­ar­bei­te noch die Bei­ge­la­de­ne als Auf­trags­da­ten­ver­ar­bei­te­rin ein­set­ze. Sie ent­schei­de auch nicht ge­mein­sam mit Face­book über die Zwe­cke und Mit­tel der Da­ten­ver­ar­bei­tung. Die für ei­ne An­wen­dung des § 38 Abs. 5 BDSG a.F. er­for­der­li­che da­ten­schutz­recht­li­che Ver­ant­wort­lich­keit kön­ne nicht durch ei­nen Rück­griff auf die Zu­rech­nungs­nor­men des Pri­vat­rechts oder des all­ge­mei­nen Po­li­zei- und Ord­nungs­rechts aus­ge­wei­tet wer­den.

6 Die da­ge­gen er­ho­be­ne Be­ru­fung des Be­klag­ten hat das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt mit Ur­teil vom 4. Sep­tem­ber 2014 zu­rück­ge­wie­sen. Es hat die Rechts­auf­fas­sung des Ver­wal­tungs­ge­richts be­stä­tigt, dass man­gels Kon­troll- und Ein­fluss­mög­lich­keit kei­ne da­ten­schutz­recht­li­che (Mit-)Ver­ant­wort­lich­keit der Klä­ge­rin aus § 3 Abs. 7 BDSG a.F., Art. 2 Buchst. d der Richt­li­nie 95/46/EG (Da­ten­schutz­richt­li­nie) für die vor­lie­gend be­an­stan­de­ten Da­ten­ver­ar­bei­tungs­vor­gän­ge be­grün­det wer­den kön­ne. Die Klä­ge­rin kön­ne da­her nicht Adres­sa­tin ei­ner Ver­fü­gung nach § 38 Abs. 5 BDSG a.F. sein. Das Be­ru­fungs­ur­teil hat zu­dem dar­auf ab­ge­stellt, dass die De­ak­ti­vie­rungs­an­ord­nung ei­ner Un­ter­sa­gung der Da­ten­ver­ar­bei­tung nach § 38 Abs. 5 Satz 2 BDSG a.F. gleich­kom­me. Ei­ne voll­stän­di­ge Un­ter­sa­gung set­ze vor­aus, dass zu­nächst im Rah­men ei­nes ab­ge­stuf­ten Ver­fah­rens Maß­nah­men zur Be­sei­ti­gung fest­ge­stell­ter Ver­stö­ße nach § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG a.F. ge­for­dert wor­den sei­en. Ei­ne Aus­nah­me kom­me nur in Be­tracht, wenn ein Da­ten­ver­ar­bei­tungs­ver­fah­ren in sei­ner Ge­samt­heit un­zu­läs­sig und nur durch Ein­stel­lung be­sei­tigt wer­den kön­ne, al­so die Ein­hal­tung des ab­ge­stuf­ten Ver­fah­rens ob­jek­tiv sinn- und zweck­los er­schei­ne. Dies sei vor­lie­gend nicht der Fall. Denn die vom Be­klag­ten be­haup­te­ten Ver­stö­ße könn­ten von Face­book oh­ne wei­te­res und we­sent­lich ef­fek­ti­ver be­sei­tigt wer­den. Auch für den Fall, dass der Be­klag­te nicht die für Face­book zu­stän­di­ge Kon­troll­stel­le sei, dür­fe er nicht an­stel­le von Face­book und ab­wei­chend vom vor­ge­schrie­be­nen Ver­fah­ren ei­nen Drit­ten im Sin­ne des Art. 2 Buchst. f der Da­ten­schutz­richt­li­nie be­lan­gen. Vor die­sem Hin­ter­grund hat das Be­ru­fungs­ur­teil of­fen­ge­las­sen, ob die be­an­stan­de­ten Vor­gän­ge ge­gen deut­sches oder iri­sches Da­ten­schutz­recht ver­stie­ßen.

7 Mit sei­ner vom Ober­ver­wal­tungs­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on be­gehrt der Be­klag­te die Auf­he­bung der Ur­tei­le der Vor­in­stan­zen und die Ab­wei­sung der Kla­ge. Er rügt im We­sent­li­chen ei­ne Ver­let­zung der § 3 Abs. 7, § 38 Abs. 5 BDSG a.F. so­wie von Art. 2 Buchst. d der Da­ten­schutz­richt­li­nie. Das im Be­ru­fungs­ur­teil zum Aus­druck kom­men­de Ver­ständ­nis der da­ten­schutz­recht­li­chen Ver­ant­wort­lich­keit er­wei­se sich als zu eng und be­ru­he auf ei­nem un­zu­rei­chen­den Ver­ständ­nis des Ge­schäfts­mo­dells des So­zia­len Netz­werks Face­book und der wech­sel­sei­ti­gen ge­schäft­li­chen In­ter­es­sen der Klä­ge­rin und der Bei­ge­la­de­nen. Als Adres­sat ei­ner da­ten­schutz­recht­li­chen An­ord­nung kom­me auch in Be­tracht, wer sich aus Ei­gen­in­ter­es­se die di­gi­ta­le In­fra­struk­tur ei­nes An­bie­ters zu­nut­ze ma­che, ob­wohl die­se den An­for­de­run­gen des Da­ten­schutz­rechts nicht ge­nü­ge. Das Be­ru­fungs­ur­teil ver­ken­ne, dass die Klä­ge­rin als Trä­ge­rin ei­nes öf­fent­lich-recht­li­chen Bil­dungs­auf­trags in be­son­de­rem Ma­ße zur Wah­rung der da­ten­schutz­recht­li­chen Be­lan­ge ih­rer Nut­zer ver­pflich­tet sei.

8 Die Klä­ge­rin ver­tei­digt die an­ge­grif­fe­nen Ur­tei­le und be­an­tragt, die Re­vi­si­on zu­rück­zu­wei­sen. Der Cha­rak­ter der von ihr wahr­ge­nom­me­nen Bil­dungs­auf­ga­ben füh­re nicht zu ei­ner ab­wei­chen­den Be­wer­tung ih­rer da­ten­schutz­recht­li­chen Ver­ant­wort­lich­keit. Die­se schei­te­re be­reits an den feh­len­den Ein­wir­kungs­mög­lich­kei­ten auf die von Face­book vor­ge­ge­be­ne und im Üb­ri­gen da­ten­schutz­recht­lich un­be­denk­li­che In­fra­struk­tur. Die von Face­book durch­ge­führ­ten Ver­ar­bei­tungs­vor­gän­ge könn­ten der Klä­ge­rin auch sonst un­ter kei­nem recht­li­chen Ge­sichts­punkt zu­ge­rech­net wer­den. Der Be­klag­te ha­be er­mes­sens­feh­ler­frei nur ge­gen Face­book vor­ge­hen kön­nen.

9 Auch die Bei­ge­la­de­ne be­an­tragt, die Re­vi­si­on zu­rück­zu­wei­sen und macht gel­tend, die De­ak­ti­vie­rungs­an­ord­nung er­wei­se sich aus den im Be­ru­fungs­ur­teil dar­ge­leg­ten Grün­den als rechts­wid­rig. Sie selbst sei die da­ten­schutz­recht­lich Ver­ant­wort­li­che für das So­zia­le Netz­werk Face­book au­ßer­halb Nord­ame­ri­kas und be­trei­be es un­ter der Auf­sicht der iri­schen Da­ten­schutz­be­hör­den im Ein­klang mit da­ten­schutz­recht­li­chen Vor­ga­ben. Nut­zer, die mit ei­ner Fan­page in­ter­agier­ten, sei­en durch die Da­ten­ver­wen­dungs­richt­li­ni­en von Face­book um­fas­send un­ter­rich­tet und hät­ten in die­se ein­ge­wil­ligt. Ein Fan­page­be­trei­ber kön­ne we­der die Da­ten­er­he­bun­gen noch de­ren Ver­ar­bei­tung im Rah­men der "Face­book In­sights"-Funk­ti­on be­ein­flus­sen. Die Klä­ge­rin sei da­her nicht ver­ant­wort­li­che Stel­le im Sin­ne des § 3 Abs. 7 BDSG a.F., Art. 2 Buchst. d der Da­ten­schutz­richt­li­nie. Ei­ne In­an­spruch­nah­me un­ter Rück­griff auf ei­ne Stö­rer­haf­tung kom­me nicht in Be­tracht. Dem Be­klag­ten ste­he mit der Bei­ge­la­de­nen ei­ne ge­eig­ne­te­re Stel­le zur Be­sei­ti­gung et­wai­ger Da­ten­schutz­rechts­ver­stö­ße zur Ver­fü­gung. Dies ha­be so­wohl im Rah­men der Stu­fen­fol­ge des § 38 Abs. 5 BDSG a.F. wie auch im Rah­men des Aus­wah­ler­mes­sens Be­rück­sich­ti­gung fin­den müs­sen.

10 Der da­mals be­fass­te 1. Se­nat des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts hat das Re­vi­si­ons­ver­fah­ren mit Be­schluss vom 25. Fe­bru­ar 2016 aus­ge­setzt und in ei­nem Vor­ab­ent­schei­dungs­ver­fah­ren den Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Uni­on um Aus­le­gung meh­re­rer Be­stim­mun­gen der Da­ten­schutz­richt­li­nie ge­be­ten. Mit Ur­teil vom 5. Ju­ni 2018 - C-210/16 - hat der Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Uni­on fest­ge­stellt, dass der Be­trei­ber ei­ner bei ei­nem so­zia­len Netz­werk un­ter­hal­te­nen Fan­page ein für die Ver­ar­bei­tung Ver­ant­wort­li­cher im Sin­ne des Art. 2 Buchst. d der Da­ten­schutz­richt­li­nie ist. Weil die ame­ri­ka­ni­sche Mut­ter­ge­sell­schaft Face­book Inc. mit Face­book Ger­many GmbH in Deutsch­land über ei­ne dau­er­haf­te Nie­der­las­sung ver­fü­ge und die be­an­stan­de­ten Ver­ar­bei­tun­gen in den Rah­men der Tä­tig­kei­ten die­ser Nie­der­las­sung fie­len, sei deut­sches Da­ten­schutz­recht an­wend­bar. Die na­tio­na­le Kon­troll­stel­le sei zur Aus­übung ih­rer Ho­heits­be­fug­nis­se ge­gen­über ei­ner in ih­rem Ho­heits­ge­biet ge­le­ge­nen Nie­der­las­sung ei­nes au­ßer­halb der eu­ro­päi­schen Uni­on sit­zen­den Un­ter­neh­mens auch dann be­fugt, wenn die Ver­ant­wor­tung für die Er­he­bung und Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten für das ge­sam­te Ge­biet der Uni­on ei­ner in ei­nem an­de­ren Mit­glied­staat ge­le­ge­nen Nie­der­las­sung ob­lie­ge. Die na­tio­na­le Da­ten­schutz­be­hör­de sei für ein Tä­tig­wer­den im Rah­men ih­rer Zu­stän­dig­keit nicht an die recht­li­che Be­wer­tung ei­ner Da­ten­ver­ar­bei­tung durch die Kon­troll­stel­le ei­nes an­de­ren Mit­glied­staats ge­bun­den.

11 Im An­schluss an das Ur­teil des Ge­richts­hofs der Eu­ro­päi­schen Uni­on ha­ben die Be­tei­lig­ten er­gän­zend vor­ge­tra­gen. Der Be­klag­te er­ach­tet die Fra­ge der da­ten­schutz­recht­li­chen Ver­ant­wort­lich­keit der Klä­ge­rin für ver­bind­lich ge­klärt. Lei­tend für die Ein­stu­fung der Klä­ge­rin als für die Ver­ar­bei­tung Ver­ant­wort­li­che sei, dass sich der Be­trei­ber ei­ner In­ter­net­sei­te nicht sei­nen da­ten­schutz­recht­li­chen Pflich­ten ent­zie­hen kön­ne, in­dem er ei­ne von Face­book vor­ge­fer­tig­te Platt­form nut­ze und sich de­ren All­ge­mei­nen Ge­schäfts­be­din­gun­gen un­ter­wer­fe. Das Be­ru­fungs­ur­teil er­wei­se sich auch nicht aus an­de­ren Grün­den als rich­tig. Der Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Uni­on ha­be be­stä­tigt, dass kei­ne Prio­ri­tät der iri­schen Da­ten­schutz­auf­sicht be­stehe. We­der sei der Be­klag­te an de­ren Ein­schät­zung der Recht­mä­ßig­keit der Da­ten­ver­ar­bei­tung durch die Bei­ge­la­de­ne ge­bun­den, noch müs­se er zu­nächst um ein Ein­schrei­ten ge­gen die Bei­ge­la­de­ne er­su­chen. Er sei auch we­der nach deut­schem noch nach eu­ro­päi­schem Recht ge­hal­ten ge­we­sen, vor­ran­gig ge­gen Face­book Ger­many GmbH ein­zu­schrei­ten. Ein Rück­griff auf die all­ge­mei­nen ord­nungs­recht­li­chen Grund­sät­ze der Stö­rer­aus­wahl kom­me in­fol­ge der um­fas­sen­den Har­mo­ni­sie­rung des Da­ten­schutz­rechts durch die Da­ten­schutz­richt­li­nie nicht in Be­tracht. Ein Ver­ständ­nis, nach dem der Be­klag­te sei­ne Be­fug­nis­se nur aus­üben dür­fe, wenn sich zu­vor al­le auch nur ent­fernt in Be­tracht kom­men­den Al­ter­na­ti­ven als voll­stän­dig nutz­los er­wie­sen hät­ten, wä­re mit dem Ziel ei­ner ef­fek­ti­ven Durch­set­zung des eu­ro­päi­schen Rechts nicht ver­ein­bar. Das eu­ro­päi­sche Recht for­de­re kein vor­ran­gi­ges Vor­ge­hen ge­gen ei­nen in ei­nem hö­he­ren Grad Ver­ant­wort­li­chen. Viel­mehr be­le­ge das Ur­teil des Ge­richts­hofs der Eu­ro­päi­schen Uni­on vom 29. Ju­li 2019 - C-40/17, Fa­shion-ID -, dass die Klä­ge­rin im Hin­blick auf die bei Auf­ruf der Sei­te ein­tre­ten­den Rechts­ver­stö­ße ori­gi­nä­re und al­lei­ni­ge Stö­re­rin sei. Oh­ne­hin feh­le dem Be­klag­ten ei­ne Ver­bands­kom­pe­tenz für ein Ein­schrei­ten ge­gen Face­book Ger­many GmbH mit Sitz in Ham­burg. Das Vor­ge­hen er­wei­se sich auch als ver­hält­nis­mä­ßig. Dem Be­klag­ten ste­he kein mil­de­res und zu­gleich ef­fek­ti­ves Mit­tel zur Ver­fü­gung. Ins­be­son­de­re sei er nicht dar­auf ver­wie­sen, ein Vor­ge­hen des ham­bur­gi­schen Da­ten­schutz­be­auf­trag­ten ab­zu­war­ten.

12 Die Klä­ge­rin macht gel­tend, die De­ak­ti­vie­rungs­an­ord­nung er­wei­se sich je­den­falls aus an­de­ren Grün­den als rechts­wid­rig. Un­ge­ach­tet der noch un­ge­klär­ten Fra­ge, ob beim Be­trieb der Fan­page über­haupt Ver­stö­ße ge­gen da­ten­schutz­recht­li­che Be­stim­mun­gen vor­lä­gen, ha­be der Be­klag­te sein Er­mes­sen in per­so­nel­ler Hin­sicht und un­ter Ver­stoß ge­gen den Grund­satz der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit feh­ler­haft aus­ge­übt. Nach dem Grund­satz der ef­fek­ti­ven Ge­fah­ren­ab­wehr ha­be vor­ran­gig Face­book als Haupt­ver­ant­wort­li­che zur Un­ter­bin­dung der ver­meint­li­chen Da­ten­schutz­rechts­ver­stö­ße ver­pflich­tet wer­den müs­sen. Zu­dem lie­ge ei­ne Er­mes­sens­über­schrei­tung vor, weil der Be­klag­te die Klä­ge­rin sys­tem­los und will­kür­lich aus der Viel­zahl der Fan­page­be­trei­ber her­aus­ge­grif­fen ha­be und ihr da­mit ei­nen er­heb­li­chen Wett­be­werbs­nach­teil zu­fü­ge. Je­den­falls aber sei die ge­for­der­te De­ak­ti­vie­rung un­ver­hält­nis­mä­ßig, weil der Be­klag­te mit ei­nem Vor­ge­hen ge­gen die Face­book Ger­many GmbH da­ten­schutz­kon­for­me Zu­stän­de scho­nen­der und ef­fek­ti­ver her­stel­len kön­ne. Die ge­mein­sa­me Ver­ant­wort­lich­keit zwi­schen der Bei­ge­la­de­nen und der Klä­ge­rin füh­re auch zu ei­ner ge­mein­sa­men Zu­stän­dig­keit der je­weils ori­gi­när zu­stän­di­gen Da­ten­schutz­be­hör­den, so dass der Be­klag­te in­ner­staat­lich zu ei­nem Vor­ge­hen ge­gen die in Ham­burg an­säs­si­ge Face­book Ger­many GmbH zu­stän­dig ge­we­sen sei. Je­den­falls sei er im Rah­men des Aus­wah­ler­mes­sens zur In­an­spruch­nah­me von Amts­hil­fe ver­pflich­tet ge­we­sen. Da es für die Recht­mä­ßig­keit des Be­scheids ma­ß­geb­lich auf den Zeit­punkt der letz­ten Be­hör­den­ent­schei­dung an­kom­me, könn­te der Be­klag­te die da­mals ge­trof­fe­ne Er­mes­sens­ent­schei­dung nicht durch nach­träg­lich ge­won­ne­ne Er­kennt­nis­se un­ter­füt­tern. Der Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Uni­on ha­be in sei­ner zu­letzt er­gan­ge­nen Ent­schei­dung vom 29. Ju­li 2019 auf­ge­zeigt, dass das Vor­lie­gen ei­ner ge­mein­sa­men Ver­ant­wort­lich­keit in ei­ner Ver­ar­bei­tungs­ket­te ab­schnitts­wei­se zu be­trach­ten sei.

13 Die Bei­ge­la­de­ne trägt vor, die im bis­he­ri­gen Ver­fah­ren ge­trof­fe­nen tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen bö­ten kei­ne ge­eig­ne­te Grund­la­ge für die Be­ja­hung ei­ner Mit­ver­ant­wort­lich­keit der Klä­ge­rin nach Art. 2 Buchst. d der Da­ten­schutz­richt­li­nie. Der Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Uni­on ha­be sei­ner Ent­schei­dung fälsch­li­cher­wei­se zu­grun­de ge­legt, dass die bei Ein­rich­tung ei­ner Fan­page er­fol­gen­de Pa­ra­me­trie­rung durch den Fan­page­be­trei­ber ei­nen Ein­fluss auf die Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten durch sie ha­be, was tat­säch­lich nicht der Fall sei. Es fehl­ten im Üb­ri­gen auch Fest­stel­lun­gen da­zu, ob die Klä­ge­rin von die­sen Funk­tio­na­li­tä­ten Ge­brauch ge­macht ha­be. An­ge­sichts die­ser gra­vie­ren­den Dis­kre­panz kön­ne die Fra­ge ei­ner da­ten­schutz­recht­li­chen Ver­ant­wort­lich­keit der Klä­ge­rin nicht als ver­bind­lich ge­klärt be­han­delt wer­den. Im Üb­ri­gen er­ge­be sich die Rechts­wid­rig­keit des Be­scheids aus dem Um­stand, dass der Be­klag­te das in § 38 Abs. 5 BDSG a.F. vor­ge­se­he­ne zwei­stu­fi­ge Ver­fah­ren nicht ein­ge­hal­ten und sich fälsch­li­cher­wei­se auf Satz 1 der Er­mäch­ti­gungs­grund­la­ge ge­stützt ha­be. Auch lei­de die An­ord­nung un­ter Er­mes­sens­feh­lern. Der Be­klag­te ver­ken­ne die Be­deu­tung des un­ter­schied­li­chen Gra­des der Ver­ant­wort­lich­keit für das Aus­wah­ler­mes­sen und die Ver­hält­nis­mä­ßig­keit. Je­den­falls ha­be ein Vor­ge­hen ge­gen die Face­book Ger­many GmbH oder ge­gen sie selbst Vor­rang vor ei­ner In­an­spruch­nah­me der Klä­ge­rin. Die Un­ver­hält­nis­mä­ßig­keit des Vor­ge­hens wer­de noch da­durch ver­stärkt, dass die Nut­zer mit der Ein­füh­rung ei­nes "Coo­kie-Ban­ners" mitt­ler­wei­le über die Da­ten­er­he­bun­gen in­for­miert wür­den, so dass die Klä­ge­rin in ab­seh­ba­rer Zeit die Ein­zi­ge sei, die ih­re Fan­page de­ak­ti­vie­ren müs­se. Für den Be­klag­ten sei ei­ne In­an­spruch­nah­me der Face­book Ger­many GmbH auch recht­lich mög­lich, weil sei­ne Zu­stän­dig­keit an die Be­trof­fen­heit ei­ner in Schles­wig-Hol­stein woh­nen­den na­tür­li­chen Per­son an­knüp­fe. An­dern­falls ha­be der Be­klag­te vor­ran­gig die Amts­hil­fe an­de­rer Kon­troll­stel­len ein­for­dern müs­sen. Im Üb­ri­gen sei­en die be­an­stan­de­ten Da­ten­ver­ar­bei­tun­gen rechts­kon­form.

14 Der Ver­tre­ter des Bun­des­in­ter­es­ses beim Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt ver­weist auf die mitt­ler­wei­le in Kraft ge­tre­te­ne Da­ten­schutz­grund­ver­ord­nung und den dort un­ver­än­dert über­nom­me­nen Be­griff des für die Da­ten­ver­ar­bei­tung Ver­ant­wort­li­chen. Die für den Rechts­streit zen­tra­le Fra­ge ei­ner da­ten­schutz­recht­li­chen Ver­ant­wort­lich­keit der Klä­ge­rin sei durch den Ge­richts­hof der Eu­ro­päi­schen Uni­on ab­schlie­ßend ent­schie­den. Zu­gleich sei ge­klärt, dass es vor­lie­gend für die Zu­stän­dig­keit des Be­klag­ten un­schäd­lich sei, dass nach der kon­zern­in­ter­nen Auf­ga­ben­ver­tei­lung bei Face­book die Er­he­bung und Ver­ar­bei­tung der Da­ten au­ßer­halb des Zu­stän­dig­keits­be­reichs des Be­klag­ten er­fol­ge. Schlie­ß­lich be­le­ge das Ur­teil auch, dass der Be­klag­te vor Aus­übung sei­ner Kon­troll­be­fug­nis­se kei­ne Ab­stim­mung mit den iri­schen Da­ten­auf­sichts­be­hör­den ha­be vor­neh­men müs­sen.

II

15 Die zu­läs­si­ge Re­vi­si­on des Be­klag­ten ist mit der Ma­ß­ga­be be­grün­det, dass das Be­ru­fungs­ur­teil auf­zu­he­ben und die Sa­che an das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen ist. Das Be­ru­fungs­ur­teil be­ruht auf ei­ner Ver­let­zung re­vi­si­blen Rechts im Sin­ne des § 137 Abs. 1 Nr. 1 Vw­GO, so­weit es § 38 Abs. 5 Satz 1 und 2 des Bun­des­da­ten­schutz­ge­set­zes (BDSG) vom 20. De­zem­ber 1990 (BGBl. I S. 2954) i.d.F. der Be­kannt­ma­chung vom 14. Ja­nu­ar 2003 (BGBl. I S. 66), für den hier ma­ß­geb­li­chen Zeit­raum zu­letzt ge­än­dert durch Art. 1 des Ge­set­zes zur Än­de­rung da­ten­schutz­recht­li­cher Vor­schrif­ten vom 14. Au­gust 2009 (BGBl. I S. 2814) - BDSG a.F. - ent­nimmt, dass für das dort vor­ge­ge­be­ne ge­stuf­te Vor­ge­hen un­ter­schied­li­che Adres­sa­ten in die Be­trach­tung ein­zu­be­zie­hen sind (1). Mit Bun­des­recht un­ver­ein­bar ist nach den bin­den­den Vor­ga­ben des Ge­richts­hofs der Eu­ro­päi­schen Uni­on (Eu­GH) auch der Maß­stab, mit dem das Be­ru­fungs­ur­teil die da­ten­schutz­recht­li­che Ver­ant­wort­lich­keit der Klä­ge­rin nach § 3 Abs. 7 BDSG a.F., Art. 2 Buchst. d der Richt­li­nie 95/46/EG des Eu­ro­päi­schen Par­la­ments und des Ra­tes vom 24. Ok­to­ber 1995 zum Schutz na­tür­li­cher Per­so­nen bei der Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten und zum frei­en Da­ten­ver­kehr (ABl. L 281 S. 31, ber. 2017 L 40 S. 78) - Da­ten­schutz­richt­li­nie - be­ur­teilt hat (2). Das Be­ru­fungs­ur­teil er­weist sich auch nicht aus an­de­ren Grün­den im Er­geb­nis als rich­tig (§ 144 Abs. 4 Vw­GO). Der Be­klag­te hat auf die strei­ti­gen Da­ten­ver­ar­bei­tun­gen zu Recht deut­sches Da­ten­schutz­recht an­ge­wandt (3) und sein Er­mes­sen bei der Aus­wahl der Klä­ge­rin als Adres­sa­tin des Be­scheids und bei der An­ord­nung ei­ner De­ak­ti­vie­rung der Fan­page recht­mä­ßig aus­ge­übt (4). Da die Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ge­richts nicht aus­rei­chen, um die Recht­mä­ßig­keit der Da­ten­ver­ar­bei­tungs­vor­gän­ge zu be­ur­tei­len, war das Be­ru­fungs­ur­teil auf­zu­he­ben und die Sa­che zur an­der­wei­ti­gen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Be­ru­fungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Vw­GO) (5).

16 1. Das Be­ru­fungs­ge­richt hat sei­ner Be­ur­tei­lung zu­tref­fend die Sach- und Rechts­la­ge im Zeit­punkt der letz­ten Ver­wal­tungs­ent­schei­dung, hier des Wi­der­spruchs­be­scheids vom 16. De­zem­ber 2011, zu­grun­de ge­legt. Die Recht­mä­ßig­keit von An­ord­nun­gen zur Be­sei­ti­gung da­ten­schutz­recht­li­cher Ver­stö­ße nach § 38 Abs. 5 BDSG a.F. ist nach der Rechts­la­ge zu be­ur­tei­len, die zum Zeit­punkt der letz­ten be­hörd­li­chen Ent­schei­dung gilt. Nach­träg­li­che Rechts­än­de­run­gen sind nicht zu be­rück­sich­ti­gen (BVer­wG, Vor­la­ge­be­schluss vom 25. Fe­bru­ar 2016 - 1 C 28.14 [ECLI:​DE:​BVer­wG:​2016:​250216B1C28.14.0] - Buch­holz 403.1 Allg. Da­ten­schutzR Nr. 18 Rn. 17; vgl. da­zu auch Ur­teil vom 27. März 2019 - 6 C 2.18 [ECLI:​DE:​BVer­wG:​2019:​270319U6C2.18.0] - NJW 2019, 2556 Rn. 7).

17 Auch ist die an die Klä­ge­rin ge­rich­te­te An­ord­nung, ih­re Fan­page zu de­ak­ti­vie­ren, nach dem Ein­griffs­ge­wicht nicht als Män­gel­be­sei­ti­gung im Sin­ne des § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG a.F., son­dern als Un­ter­sa­gung des Ein­sat­zes ei­nes Ver­fah­rens nach § 38 Abs. 5 Satz 2 BDSG a.F. zu wer­ten. Des­halb ist sie zu­sätz­lich zu den Vor­aus­set­zun­gen des Sat­zes 1 den ge­stei­ger­ten An­for­de­run­gen des Sat­zes 2 der Vor­schrift zu un­ter­wer­fen (BVer­wG, Vor­la­ge­be­schluss vom 25. Fe­bru­ar 2016 - 1 C 28.14 - Buch­holz 403.1 Allg. Da­ten­schutzR Nr. 18 Rn. 22). Dem Um­stand, dass der an­ge­foch­te­ne Be­scheid in der Ti­tel­zei­le auf Satz 1 die­ser Be­stim­mung Be­zug nimmt, hat das Be­ru­fungs­ge­richt zu Recht kei­ne Be­deu­tung bei­ge­mes­sen. Der Be­scheid ist im ver­fü­gen­den Teil aus­drück­lich auf die Norm des § 38 Abs. 5 BDSG a.F. ge­stützt und re­kur­riert auf die Satz 1 und 2 um­fas­sen­de Be­fug­nis­norm. Der Be­scheid wählt da­her ent­ge­gen dem Vor­brin­gen der Bei­ge­la­de­nen we­der ei­ne un­zu­tref­fen­de Rechts­grund­la­ge noch be­darf es ei­nes Aus­tau­sches der Rechts­grund­la­ge oder ei­ner Um­deu­tung.

18 § 38 Abs. 5 Satz 1 und 2 BDSG a.F. ver­langt nach sei­nem Wort­laut ein ge­stuf­tes Vor­ge­hen der Auf­sichts­be­hör­den. Er ver­pflich­tet sie, zu­nächst die Be­sei­ti­gung da­ten­schutz­recht­li­cher Ver­stö­ße oder Män­gel an­zu­ord­nen und dies er­for­der­li­chen­falls durch die Ver­hän­gung ei­nes Zwangs­gelds durch­zu­set­zen. Erst wenn die­se In­stru­men­te nicht in an­ge­mes­se­ner Zeit zur Her­stel­lung da­ten­schutz­kon­for­mer Zu­stän­de füh­ren, kann die Auf­sichts­be­hör­de die Un­ter­sa­gung ei­ner Da­ten­ver­ar­bei­tung oder ei­nes Da­ten­ver­ar­bei­tungs­ver­fah­rens aus­spre­chen. Da­mit er­weist sich die Norm­struk­tur des § 38 Abs. 5 Satz 1 und 2 BDSG a.F. als ei­ne aus­drück­li­che Aus­prä­gung des Grund­sat­zes der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit. Eben die­ser Grund­satz ge­bie­tet aber dann ei­ne Aus­nah­me, wenn die feh­len­de Eig­nung ei­ner An­ord­nung nach Satz 1 zur Her­stel­lung da­ten­schutz­kon­for­mer Zu­stän­de be­reits fest­steht (BVer­wG, Vor­la­ge­be­schluss vom 25. Fe­bru­ar 2016 - 1 C 28.14 - Buch­holz 403.1 Allg. Da­ten­schutzR Nr. 18 Rn. 22). Das Da­ten­schutz­recht zwingt die Auf­sichts­be­hör­den nicht zu ei­nem ob­jek­tiv sinn- und zweck­lo­sen Vor­ge­hen.

19 Al­ler­dings er­weist sich die Rechts­auf­fas­sung des Be­ru­fungs­ge­richts in­so­weit als un­zu­tref­fend, als es auch die Fra­ge der Adres­sa­ten­aus­wahl in die Stu­fen­fol­ge des § 38 Abs. 5 Satz 1 und 2 BDSG a.F. ein­be­zieht. Die Er­mäch­ti­gungs­grund­la­ge des § 38 Abs. 5 BDSG a.F. ist zwar adres­sa­ten­of­fen aus­ge­stal­tet, sie steu­ert mit der Vor­ga­be ei­nes stu­fen­wei­sen Ein­schrei­tens aber nicht die Aus­wahl zwi­schen ver­schie­de­nen nach dem ma­te­ri­el­len Recht Pflich­ti­gen. We­der kann die Auf­sichts­be­hör­de bei ei­nem Vor­ge­hen nach § 38 Abs. 5 Satz 2 BDSG a.F. auf ein er­folg­lo­ses Ein­schrei­ten nach Satz 1 ge­gen­über ei­nem Drit­ten ver­wei­sen, noch muss sie, so­weit ein ge­stuf­tes Vor­ge­hen aus­nahms­wei­se ent­behr­lich ist, zu­nächst ge­gen­über an­de­ren oder gar sämt­li­chen Norm­adres­sa­ten Maß­nah­men nach § 38 Abs. 5 Satz 1 BDSG a.F. er­grei­fen. Die er­mes­sens­ge­rech­te Adres­sa­ten­aus­wahl ist viel­mehr der Fra­ge, wel­che Maß­nah­me nach der Stu­fen­fol­ge des § 38 Abs. 5 BDSG a.F. an­ge­ord­net wer­den kann, vor­ge­la­gert.

20 2. Mit dem re­vi­si­blen Recht im Sin­ne des § 137 Abs. 1 Nr. 1 Vw­GO nicht im Ein­klang steht die Aus­le­gung des Be­griffs der ver­ant­wort­li­chen Stel­le im Sin­ne von § 3 Abs. 7 BDSG a.F. durch das Be­ru­fungs­ge­richt. Er ist uni­ons­rechts­kon­form da­hin­ge­hend zu ver­ste­hen, dass er auch Stel­len er­fasst, die an­de­ren die Ge­le­gen­heit der Da­ten­ver­ar­bei­tung ein­räu­men, oh­ne selbst da­mit be­fasst zu sein.

21 a. Der Eu­GH hat in sei­nem in der vor­lie­gen­den Sa­che er­gan­ge­nen Ur­teil vom 5. Ju­ni 2018 - C-210/16 [ECLI:​EU:​C:​2018:​388] - JZ 2018, 1154 Rn. 44 rechts­kräf­tig fest­ge­stellt, dass der Be­griff des für die Ver­ar­bei­tung Ver­ant­wort­li­chen in Art. 2 Buchst. d der Da­ten­schutz­richt­li­nie den Be­trei­ber ei­ner bei ei­nem so­zia­len Netz­werk un­ter­hal­te­nen Fan­page um­fasst. Im Lich­te des Ziels der Da­ten­schutz­richt­li­nie, ein ho­hes Ni­veau des Schut­zes der Grund­frei­hei­ten und Grund­rech­te na­tür­li­cher Per­so­nen, ins­be­son­de­re ih­rer Pri­vat­sphä­re, bei der Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten zu ge­währ­leis­ten, ist der Be­griff des für die Ver­ar­bei­tung Ver­ant­wort­li­chen in Art. 2 Buchst. d der Da­ten­schutz­richt­li­nie weit de­fi­niert als na­tür­li­che oder ju­ris­ti­sche Per­son, Be­hör­de, Ein­rich­tung oder je­de an­de­re Stel­le, die al­lein oder ge­mein­sam mit an­de­ren über die Zwe­cke und Mit­tel der Ver­ar­bei­tung von per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten ent­schei­det (Eu­GH, Ur­teil vom 5. Ju­ni 2018 a.a.O. Rn. 27). Der Eu­GH stützt sich ma­ß­geb­lich auf die Er­wä­gung, dass der Be­trei­ber ei­ner auf Face­book un­ter­hal­te­nen Fan­page mit der Ein­rich­tung ei­ner sol­chen Sei­te Face­book die Mög­lich­keit gibt, auf dem Com­pu­ter oder je­dem an­de­ren Ge­rät der Per­son, die sei­ne Fan­page be­sucht hat, Coo­kies zu plat­zie­ren, un­ab­hän­gig da­von, ob die­se Per­son über ein Face­book-Kon­to ver­fügt (Eu­GH, Ur­teil vom 5. Ju­ni 2018 a.a.O. Rn. 35). Da­mit leis­tet der Be­trei­ber ei­nen ma­ß­geb­li­chen Bei­trag zur Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten der Be­su­cher der Fan­page (Eu­GH, Ur­teil vom 5. Ju­ni 2018 a.a.O. Rn. 36). Hin­zu kommt, dass die von Face­book aus den Da­ten er­stell­ten an­ony­men Be­su­cher­sta­tis­ti­ken dem Be­trei­ber ganz all­ge­mein er­mög­li­chen, sein In­for­ma­ti­ons­an­ge­bot so ziel­ge­rich­tet wie mög­lich zu ge­stal­ten (Eu­GH, Ur­teil vom 5. Ju­ni 2018 a.a.O. Rn. 37). Für die Be­ja­hung ei­ner da­ten­schutz­recht­li­chen Ver­ant­wort­lich­keit ist nicht er­for­der­lich, dass bei ei­ner ge­mein­sa­men Ver­ant­wort­lich­keit meh­re­rer Be­trei­ber für die­sel­be Ver­ar­bei­tung je­der Zu­gang zu den be­tref­fen­den per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten hat (Eu­GH, Ur­teil vom 5. Ju­ni 2018 a.a.O. Rn. 38). Da­her ist der Be­trei­ber ei­ner Fan­page an der Ent­schei­dung über die Zwe­cke und Mit­tel der Ver­ar­bei­tung der per­so­nen­be­zo­ge­nen Da­ten der Be­su­cher sei­ner Fan­page be­tei­ligt und ein für die­se Ver­ar­bei­tung Ver­ant­wort­li­cher im Sin­ne von Art. 2 Buchst. d der Da­ten­schutz­richt­li­nie (Eu­GH, Ur­teil vom 5. Ju­ni 2018 a.a.O. Rn. 39). Der Um­stand, dass ein Be­trei­ber ei­ner Fan­page die von Face­book ein­ge­rich­te­te Platt­form nutzt, um die da­zu­ge­hö­ri­gen Dienst­leis­tun­gen in An­spruch zu neh­men, kann die­sen nicht von der Be­ach­tung sei­ner Ver­pflich­tun­gen im Be­reich des Schut­zes per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten be­frei­en (Eu­GH, Ur­teil vom 5. Ju­ni 2018 a.a.O. Rn. 40).

22 Ei­ne er­neu­te Vor­la­ge an den Eu­GH we­gen der Reich­wei­te der da­ten­schutz­recht­li­chen Ver­ant­wort­lich­keit kommt nicht in Be­tracht. Denn das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt ist als vor­le­gen­des Ge­richt bei der Ent­schei­dung des Rechts­streits an die Aus­le­gung des Uni­ons­rechts durch den Eu­GH im Vor­ab­ent­schei­dungs­ver­fah­ren ge­bun­den (stRspr vgl. Eu­GH, Be­schluss vom 5. März 1986 - C-69/85 [ECLI:​EU:​C:​1986:​104], Wün­sche - Rn. 13). We­der das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt noch das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt als wei­te­re zur Ent­schei­dung be­ru­fe­ne Ge­rich­te des In­stan­zen­zugs sind be­fugt, von der Ant­wort der ent­schie­de­nen Fra­ge in ih­ren Ent­schei­dun­gen ab­zu­wei­chen (Ren­nert, in: Eyer­mann, Vw­GO, 15. Aufl. 2019, § 94 Rn. 27; Eh­ri­cke, in: Streinz, EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 267 AEUV Rn. 68). Das Vor­brin­gen der Bei­ge­la­de­nen, das Ur­teil des Eu­GH be­ru­he auf ei­nem un­zu­tref­fen­den Sach­ver­halt, ist schon aus die­sem Grund un­er­heb­lich. Auch das Vor­brin­gen der Klä­ge­rin im Nach­gang zum Ur­teil des Eu­GH vom 29. Ju­li 2019 - C-40/17 [ECLI:​EU:​C:​2019:​629], Fa­shion ID -, es müs­se ei­ne iso­lier­te Be­trach­tung der Ver­ant­wort­lich­keit für nach­ge­la­ger­te Ver­ar­bei­tungs­schrit­te statt­fin­den, ist mit der dar­ge­stell­ten Recht­spre­chung des Eu­GH nicht in Ein­klang zu brin­gen.

23 b. Auf­grund des An­wen­dungs­vor­rangs des Uni­ons­rechts ist der Be­griff der ver­ant­wort­li­chen Stel­le im Sin­ne von § 3 Abs. 7 BDSG a.F. uni­ons­rechts­kon­form ent­spre­chend der Vor­ga­be des Art. 2 Buchst. d der Da­ten­schutz­richt­li­nie aus­zu­le­gen (BVer­wG, Vor­la­ge­be­schluss vom 25. Fe­bru­ar 2016 - 1 C 28.14 - Buch­holz 403.1 Allg. Da­ten­schutzR Nr. 18 Rn. 27; vgl. zur Not­wen­dig­keit ei­ner eu­ro­pa­rechts­kon­for­men Aus­le­gung auch Pe­tri, in: Si­mi­tis/Hor­nung/Spiecker, Da­ten­schutz­recht, 1. Aufl. 2019, Art. 4 Nr. 7 Rn. 20; Har­tung, in: Küh­ling/Buch­ner, DS­G­VO/BSDG, 2. Aufl. 2018, DS­G­VO Art. 4 Nr. 7 Rn. 3). Die Klä­ge­rin ist da­her als Be­trei­be­rin ih­rer bei Face­book un­ter­hal­te­nen Fan­page ver­ant­wort­li­che Stel­le im Sin­ne des § 3 Abs. 7 BDSG a.F. und da­mit mög­li­che Adres­sa­tin ei­ner auf § 38 Abs. 5 BDSG a.F. ge­stütz­ten An­ord­nung. Die per­so­na­le Reich­wei­te der Ein­griffs­be­fug­nis folgt hier der ma­te­ri­ell­recht­li­chen Pflich­tig­keit (BVer­wG, Vor­la­ge­be­schluss vom 25. Fe­bru­ar 2016 - 1 C 28.14 - a.a.O. Rn. 22).

24 3. Das Be­ru­fungs­ur­teil kann auch nicht des­halb Be­stand ha­ben, weil es sich aus an­de­ren Grün­den als rich­tig er­weist (§ 144 Abs. 4 Vw­GO). Der Be­klag­te hat auf die be­an­stan­de­ten Da­ten­ver­ar­bei­tungs­vor­gän­ge durch Face­book zu Recht deut­sches Da­ten­schutz­recht, ins­be­son­de­re die § 13 Abs. 1 Satz 1, § 15 Abs. 3 Satz 1 und 2 des Te­le­me­di­en­ge­set­zes (TMG) in der Fas­sung des Art. 1 des Ge­set­zes zur Ver­ein­heit­li­chung von Vor­schrif­ten über be­stimm­te elek­tro­ni­sche In­for­ma­ti­ons- und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­diens­te vom 26. Fe­bru­ar 2007 (BGBl. I S. 179), für den hier ma­ß­geb­li­chen Zeit­raum zu­letzt ge­än­dert durch das Ers­te Ge­setz zur Än­de­rung des Te­le­me­di­en­ge­set­zes vom 31. Mai 2010 (BGBl. I S. 692) - TMG a.F. - an­ge­wandt.

25 a. Nach Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 Da­ten­schutz­richt­li­nie wen­det je­der Mit­glied­staat die zur Um­set­zung die­ser Richt­li­nie er­las­se­nen Vor­schrif­ten auf al­le Da­ten­ver­ar­bei­tun­gen an, die im Rah­men der Tä­tig­keit ei­ner Nie­der­las­sung aus­ge­führt wer­den, die der für die Ver­ar­bei­tung Ver­ant­wort­li­che im Ho­heits­ge­biet des Mit­glied­staats be­sitzt. Da­mit müs­sen zwei Vor­aus­set­zun­gen vor­lie­gen, da­mit das Da­ten­schutz­recht ei­nes Mit­glied­staats der Eu­ro­päi­schen Uni­on auf ei­ne Ver­ar­bei­tung (Er­he­bung und Nut­zung) per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten An­wen­dung fin­det: Ers­tens muss ein Ver­ant­wort­li­cher für die Da­ten­ver­ar­bei­tung ei­ne Nie­der­las­sung in die­sem Mit­glied­staat ha­ben. Zwei­tens muss die Tä­tig­keit die­ser Nie­der­las­sung in Ver­bin­dung mit der Da­ten­ver­ar­bei­tung ste­hen. Die­se Ver­bin­dung setzt nicht vor­aus, dass die Nie­der­las­sung selbst in den Vor­gang der Da­ten­ver­ar­bei­tung ein­be­zo­gen ist. Viel­mehr hält der Eu­GH un­ter Ver­weis auf die Ge­währ­leis­tung ei­nes mög­lichst ho­hen Ni­veaus des Da­ten­schut­zes je­den Be­zug ih­rer Tä­tig­keit zur Da­ten­ver­ar­bei­tung für aus­rei­chend (Eu­GH, Ur­teil vom 5. Ju­ni 2018 - C-210/16 - JZ 2018, 1154 Rn. 56 ff.). Der Eu­GH stellt dar­auf ab, ob die Tä­tig­keit der Nie­der­las­sung und die Da­ten­ver­ar­bei­tung Be­stand­tei­le ei­nes Vor­gangs sind, der wirt­schaft­lich ein­heit­lich zu be­trach­ten ist.

26 b. Für die vor­lie­gend strei­ti­gen Da­ten­ver­ar­bei­tun­gen sind nach den bin­den­den Vor­ga­ben des Eu­GH im Vor­ab­ent­schei­dungs­ver­fah­ren (Eu­GH, Ur­teil vom 5. Ju­ni 2018 - C-210/16 - JZ 2018, 1154 Rn. 54 - 62) bei­de Vor­aus­set­zun­gen des Art. 4 Abs. 1 Buchst. a der Da­ten­schutz­richt­li­nie er­füllt. Die ame­ri­ka­ni­sche Mut­ter­ge­sell­schaft Face­book Inc. als ge­mein­sam mit der Bei­ge­la­de­nen für die Ver­ar­bei­tung im Rah­men des So­zia­len Netz­werks Face­book Ver­ant­wort­li­che un­ter­hält in Ir­land mit der Bei­ge­la­de­nen und in Deutsch­land mit der Face­book Ger­many GmbH dau­er­haf­te Nie­der­las­sun­gen, die ef­fek­tiv und tat­säch­lich Tä­tig­kei­ten aus­üben (Eu­GH, Ur­teil vom 5. Ju­ni 2018 a.a.O. Rn. 55). Die be­an­stan­de­ten Da­ten­ver­ar­bei­tun­gen sind auch als im Rah­men der Tä­tig­keit der Face­book Ger­many GmbH aus­ge­führt an­zu­se­hen, weil die­se die Auf­ga­be hat, den Ver­kauf der Wer­be­flä­chen zu för­dern, mit de­nen die von Face­book an­ge­bo­te­nen Dienst­leis­tun­gen ren­ta­bel ge­macht wer­den sol­len (Eu­GH, Ur­teil vom 5. Ju­ni 2018 a.a.O. Rn. 60). Auf die bei Auf­ruf der Fan­page durch Face­book vor­ge­nom­me­nen Da­ten­ver­ar­bei­tun­gen ist da­her ma­te­ri­el­les deut­sches Da­ten­schutz­recht an­zu­wen­den (Eu­GH, Ur­teil vom 5. Ju­ni 2018 a.a.O. Rn. 61).

27 c. Zu dem da­nach an­wend­ba­ren Recht zäh­len auch die vom Be­klag­ten her­an­ge­zo­ge­nen Vor­schrif­ten des Te­le­me­di­en­ge­set­zes. Nach § 3 Abs. 3 Nr. 4 TMG a.F. be­stimmt sich die An­wend­bar­keit des für den Schutz per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten gel­ten­den Rechts nicht nach dem für Dienst­an­bie­ter in § 3 Abs. 1 und 2 TMG a.F. ge­re­gel­ten Her­kunfts­land­prin­zip, son­dern nach den all­ge­mei­nen Kol­li­si­ons­vor­schrif­ten der Da­ten­schutz­richt­li­nie und des Bun­des­da­ten­schutz­ge­set­zes a.F. (Moos, in: Tae­ger/Ga­bel, BDSG, 2. Aufl. 2013, Ein­füh­rung zum TMG Rn. 11; Jotzo, MMR 2009, 232 <234>). Da­her kom­men vor­lie­gend für die streit­ge­gen­ständ­li­chen Ver­ar­bei­tungs­vor­gän­ge ge­mäß § 1 Abs. 5 BDSG a.F., Art. 4 Abs. 1 Buchst. a Satz 2 Da­ten­schutz­richt­li­nie die §§ 11 ff. TMG a.F. zur An­wen­dung.

28 4. Für den Fall, dass ei­ne mit schwer­wie­gen­den Män­geln be­haf­te­te da­ten­schutz­rechts­wid­ri­ge Er­he­bung und Ver­ar­bei­tung der Nut­zer­da­ten vor­liegt, ist die Aus­übung des Er­mes­sens im Rah­men des § 38 Abs. 5 BDSG a.F. durch den Be­klag­ten nicht zu be­an­stan­den (§ 114 Satz 1 Vw­GO).

29 a. Für die Aus­übung auf­sicht­li­cher Ein­griffs­be­fug­nis­se nach § 38 Abs. 5 BDSG a.F. be­darf es im Fal­le meh­re­rer da­ten­schutz­recht­lich Ver­ant­wort­li­cher ei­ner Er­mes­sens­aus­übung im Hin­blick auf die Aus­wahl des Adres­sa­ten. Aus der Da­ten­schutz­richt­li­nie er­gibt sich nichts Ab­wei­chen­des: Die na­tio­na­len Kon­troll­stel­len ha­ben ih­re Be­fug­nis­se aus § 38 Abs. 5 BDSG a.F. un­ge­ach­tet der eu­ro­pa­recht­li­chen Ver­an­ke­rung in Art. 28 Abs. 3 der Da­ten­schutz­richt­li­nie un­ter Wah­rung der nach dem für sie ma­ß­geb­li­chen na­tio­na­len Ver­wal­tungs­ver­fah­rens­recht und der dor­ti­gen Vor­ga­ben zum Er­mes­sen aus­zu­üben. Da­bei ha­ben sie ihr na­tio­na­les Recht im Ein­klang mit der Da­ten­schutz­richt­li­nie aus­zu­le­gen und dar­auf zu ach­ten, dass sie sich nicht auf ei­ne Aus­le­gung die­ser Richt­li­nie stüt­zen, die mit den durch die Ge­mein­schafts­rechts­ord­nung ge­schütz­ten Grund­rech­ten oder den an­de­ren all­ge­mei­nen Grund­sät­zen des Ge­mein­schafts­rechts, wie dem Grund­satz der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit, kol­li­diert (Eu­GH, Ur­teil vom 6. No­vem­ber 2003 - C-101/01 [ECLI:​EU:​C:​2003:​596], Lind­qvist - Rn. 87). Ste­hen ei­ner na­tio­na­len Kon­troll­be­hör­de in­fol­ge ei­ner ge­mein­sa­men Ver­ant­wort­lich­keit meh­re­re po­ten­ti­el­le Adres­sa­ten für ei­ne Ab­hil­fe­maß­nah­me zur Ver­fü­gung, so ist un­ter Be­ach­tung des Grund­sat­zes der Ver­hält­nis­mä­ßig­keit ei­ne Er­mes­sens­ent­schei­dung er­for­der­lich, wenn be­reits die In­an­spruch­nah­me nur ei­nes Adres­sa­ten den An­lass für das Ein­schrei­ten be­sei­ti­gen könn­te (Schrei­ber, ZD 2019, 55 <59> m.w.N.). Auch § 38 Abs. 5 BDSG a.F. selbst bie­tet kei­nen An­satz da­für, dass die­se Be­fug­nis­norm im Rah­men der Er­mes­sens­aus­übung ei­nen Rück­griff auf die all­ge­mei­nen Grund­sät­ze der Stö­rer­aus­wahl aus­schlie­ßen wür­de.

30 b. Der Be­klag­te hat sein Er­mes­sen bei der Aus­wahl der Klä­ge­rin als Adres­sa­tin des Be­scheids un­ge­ach­tet der Fra­ge, ob auch ein Vor­ge­hen ge­gen Un­ter­neh­men des Face­book-Kon­zerns recht­lich mög­lich ge­we­sen wä­re, recht­mä­ßig aus­ge­übt. Er hat vor Er­lass des Be­scheids mit Face­book er­folg­los Ge­sprä­che dar­über ge­führt, wel­che tech­ni­schen Vor­keh­run­gen für ei­nen da­ten­schutz­kon­for­men Be­trieb ei­ner Fan­page in Be­tracht kä­men (vgl. S. 4 des an­ge­foch­te­nen Be­scheids). Da­her hat er ein Vor­ge­hen ge­gen Face­book tat­säch­lich in Er­wä­gung ge­zo­gen, dann aber ei­ner In­an­spruch­nah­me der Klä­ge­rin aus sach­li­chen Grün­den den Vor­zug ge­ge­ben. Für die Aus­wahl un­ter meh­re­ren da­ten­schutz­recht­lich Ver­ant­wort­li­chen er­weist sich der das Ge­fah­ren­ab­wehr­recht be­herr­schen­de Ge­dan­ke der Ef­fek­ti­vi­tät als le­gi­tim. Die Be­hör­de kann sich bei der Aus­wahl un­ter meh­re­ren in Be­tracht kom­men­den Adres­sa­ten von der Er­wä­gung lei­ten las­sen, dass ein rechts­wid­ri­ger Zu­stand durch die In­an­spruch­nah­me ei­nes be­stimm­ten Adres­sa­ten schnel­ler oder wirk­sa­mer be­sei­tigt wer­den kann (zum all­ge­mei­nen Po­li­zei­recht Den­nin­ger, in: Lis­ken/Den­nin­ger, Hand­buch des Po­li­zei­rechts, 6. Aufl. 2018, D. Po­li­zei­auf­ga­ben, Rn. 133; zur Adres­sa­ten­wahl im Ei­sen­bahn­recht: BVer­wG, Ur­teil vom 9. Sep­tem­ber 2015 - 6 C 28.14 [ECLI:​DE:​BVer­wG:​2015:​090915U6C28.14.0] - BVer­w­GE 153, 1 Rn. 32; im Um­welt­recht: Spar­was­ser/Heils­horn, in: Land­mann/Roh­mer, Um­welt­recht, Band III, Stand Fe­bru­ar 2019, § 14 BImSchG Rn. 45).

31 Auch im Be­reich des Da­ten­schut­zes kann es das Ge­bot ei­ner ef­fek­ti­ven und wir­kungs­vol­len Ge­fah­ren­ab­wehr recht­fer­ti­gen, den­je­ni­gen Ver­ant­wort­li­chen her­an­zu­zie­hen, des­sen Pflich­tig­keit sich oh­ne wei­te­res be­ja­hen lässt und dem ef­fek­ti­ve Mit­tel zum Ab­stel­len des Ver­sto­ßes zur Ver­fü­gung ste­hen. Da­her war der Be­klag­te vor dem Hin­ter­grund der im Zeit­punkt der Wi­der­spruchs­ent­schei­dung feh­len­den Ko­ope­ra­ti­ons­be­reit­schaft der Bei­ge­la­de­nen, den un­kla­ren Bin­nen­struk­tu­ren der Face­book-Un­ter­neh­mens­grup­pe, der da­mit ver­knüpf­ten Fra­ge, wel­ches na­tio­na­le Da­ten­schutz­recht für die Bei­ge­la­de­ne An­wen­dung fin­det und wel­che Mög­lich­kei­ten für die Durch­set­zung ei­nes sol­chen Be­scheids be­stehen, aus Grün­den der Ef­fek­ti­vi­tät nicht ge­hal­ten, vor ei­ner In­an­spruch­nah­me der Klä­ge­rin sei­ne recht­li­chen und tat­säch­li­chen Mög­lich­kei­ten ei­nes Vor­ge­hens ge­gen ein Un­ter­neh­men der Face­book-Un­ter­neh­mens­fa­mi­lie um­fas­send zu klä­ren. Viel­mehr war die De­ak­ti­vie­rungs­an­ord­nung ge­gen­über der Klä­ge­rin auch ge­eig­net, die Bei­ge­la­de­ne über den Ein­zel­fall der Klä­ge­rin hin­aus un­ter Zug­zwang zu set­zen. Hat die­se Maß­nah­me Be­stand, so wird sich Face­book um ei­ne da­ten­schutz­rechts­kon­for­me Lö­sung be­mü­hen müs­sen, um sein Ge­schäfts­mo­dell in Deutsch­land wei­ter­ver­fol­gen zu kön­nen. Da­her er­weist sich die An­ord­nung ge­gen die Klä­ge­rin als ef­fek­ti­ves Mit­tel, um das vom Eu­GH im Ur­teil vom 5. Ju­ni 2018 - C-210/16 - (JZ 2018, 1154 Rn. 26) her­aus­ge­stell­te Ziel, ein ho­hes Ni­veau des Schut­zes der Grund­frei­hei­ten und Grund­rech­te na­tür­li­cher Per­so­nen, ins­be­son­de­re ih­rer Pri­vat­sphä­re bei der Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten, zu ge­währ­leis­ten.

32 c. Die ge­gen­über der Klä­ge­rin an­ge­ord­ne­te De­ak­ti­vie­rung ih­rer Fan­page er­weist sich auch im Üb­ri­gen als er­mes­sens­feh­ler­frei. Da die Klä­ge­rin als da­ten­schutz­recht­lich Ver­ant­wort­li­che bei Vor­lie­gen der be­an­stan­de­ten Ver­stö­ße ei­nen rechts­kon­for­men Be­trieb ih­rer Fan­page nach den bin­den­den Fest­stel­lun­gen des Be­ru­fungs­ur­teils man­gels ver­trag­li­cher oder tech­ni­scher Ein­wir­kungs­mög­lich­kei­ten nicht be­wir­ken kann, war die An­ord­nung der De­ak­ti­vie­rung ein ge­eig­ne­tes Mit­tel zur Un­ter­bin­dung der po­ten­ti­el­len Da­ten­schutz­rechts­ver­stö­ße. Ein mil­de­res Mit­tel stand dem Be­klag­ten ge­gen­über der Klä­ge­rin nicht zur Ver­fü­gung. Auch der Um­stand, dass das De­ak­ti­vie­rungs­ge­bot der Klä­ge­rin der­zeit die Mög­lich­keit nimmt, sich in dem von ihr für ih­re ge­schäft­li­che Tä­tig­keit als be­son­ders wich­tig er­ach­te­ten so­zia­len Netz­werk Face­book zu prä­sen­tie­ren, zwang den Be­klag­ten nicht zu ei­nem Ver­zicht auf ein ef­fek­ti­ves Ein­schrei­ten, wenn die Klä­ge­rin die­ses An­ge­bot nur un­ter In­kauf­nah­me schwer­wie­gen­der da­ten­schutz­recht­li­cher Män­gel be­trei­ben kann.

33 d. Eben­so we­nig lässt sich ein Er­mes­sens­feh­ler aus dem Um­stand her­lei­ten, dass die Da­ten der Nut­zer auch auf ei­ner Viel­zahl wei­te­rer Face­book-Fan­pages in glei­cher Wei­se ver­ar­bei­tet wer­den und da­her die Ab­schal­tung der klä­ge­ri­schen Fan­page mas­sen­haf­te Da­ten­schutz­rechts­ver­stö­ße an an­de­rer Stel­le nicht ver­hin­dern kann. Ver­stö­ße Drit­ter ge­gen da­ten­schutz­recht­li­che Be­stim­mun­gen las­sen die Ver­ant­wort­lich­keit der Klä­ge­rin für ihr ei­ge­nes An­ge­bot un­be­rührt. Art. 3 Abs. 1 GG ge­währt kei­nen An­spruch auf Gleich­be­hand­lung im Un­recht. Der Be­klag­te war im Lich­te des Art. 3 Abs. 1 GG auch nicht ge­hal­ten, vor ei­ner In­an­spruch­nah­me der Klä­ge­rin ein Kon­zept für ein flä­chen­de­cken­des Vor­ge­hen ge­gen Fan­page-Be­trei­ber in sei­ner Zu­stän­dig­keit zu er­stel­len. Zwar be­schränkt der Gleich­heits­satz als ge­setz­li­che Er­mes­sens­gren­ze die Hand­lungs­mög­lich­kei­ten der Ver­wal­tung und ge­bie­tet der Be­hör­de, in ver­gleich­ba­ren Fäl­len in der glei­chen Art und Wei­se zu ver­fah­ren (BVer­wG, Ur­teil vom 26. Ok­to­ber 2017 - 8 C 18.16 [ECLI:​DE:​BVer­wG:​2017:​261017U8C18.16.0] - BVer­w­GE 160, 193 Rn. 21 m.w.N.). Das be­deu­tet bei ei­ner Viel­zahl von Ver­stö­ßen aber nicht, dass sie gleich­zei­tig tä­tig wer­den muss. Bei Vor­lie­gen sach­li­cher Grün­de kann sie sich auch dar­auf be­schrän­ken, zu­nächst ei­nen Ein­zel­fall her­aus­zu­grei­fen und die Ver­hält­nis­se nach und nach zu be­rei­ni­gen (stRspr, vgl. BVer­wG, Be­schluss vom 22. April 1995 - 4 B 55.95 - BRS 57 Nr. 248 S. 595). Da­für, dass die von dem Be­klag­ten für die Aus­wahl der in An­spruch ge­nom­me­nen Fan­page-Be­trei­ber an­ge­führ­ten Grün­de will­kür­lich wa­ren, ist vor­lie­gend nichts er­sicht­lich.

34 5. Der Se­nat kann in der Sa­che nicht selbst ab­schlie­ßend ent­schei­den. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat von sei­nem recht­li­chen Stand­punkt aus fol­ge­rich­tig kei­ne tat­säch­li­chen Fest­stel­lun­gen zu den bei Auf­ruf der Fan­page der Klä­ge­rin tat­säch­lich ab­lau­fen­den Da­ten­ver­ar­bei­tungs­vor­gän­gen und ei­ner et­wai­gen Un­ter­rich­tung der Nut­zer ge­trof­fen. Die Sa­che ist da­her zur an­der­wei­ti­gen Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt zu­rück­zu­ver­wei­sen (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Vw­GO).

35 Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt wird zu prü­fen ha­ben, wel­che Da­ten­er­he­bun­gen bei Auf­ruf der Fan­page im für die Ent­schei­dung ma­ß­geb­li­chen Zeit­punkt statt­fan­den. So­weit sich aus der Ver­wen­dung der von Face­book ge­setz­ten Coo­kies ei­ne Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten er­gab, wird das Ge­richt zwi­schen den Fall­grup­pen der Face­book-Mit­glie­der und der nicht bei Face­book re­gis­trier­ten In­ter­net­nut­zer zu un­ter­schei­den ha­ben. Die Ver­ar­bei­tung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten wä­re nur dann recht­mä­ßig, wenn bei der erst­ge­nann­ten Grup­pe ei­ne wirk­sa­me Ein­wil­li­gung in die Er­he­bung und nach­fol­gen­de Ver­ar­bei­tung vor­lag und bei der letzt­ge­nann­ten Grup­pe für die Er­he­bung per­so­nen­be­zo­ge­ner Da­ten ei­ne Rechts­grund­la­ge be­stand und ei­ne mög­li­cher­wei­se er­for­der­li­che Un­ter­rich­tung er­folg­te.

36 6. Die in der Re­vi­si­ons­be­grün­dung un­ter Zif­fer 1 er­ho­be­nen Ver­fah­rens­rü­gen ein­schlie­ß­lich des An­trags auf Auf­he­bung der Bei­la­dung hat der Be­klag­te im Rah­men der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 11. Sep­tem­ber 2019 fal­len­ge­las­sen. Sie be­dür­fen da­her kei­ner Ent­schei­dung mehr.

37 7. Die Ent­schei­dung über die Kos­ten bleibt der Schluss­ent­schei­dung vor­be­hal­ten.