Pressemitteilung Nr. 6/2001 vom 24.01.2001

Erben des Inhabers einer "Apotheke in Privatbesitz" stehen keine vermögensrechtlichen Ansprüche an dem Apothekenunternehmen zu

Das Bundesverwaltungsgericht hatte heute erstmals die Frage zu entscheiden, ob Rechtsnachfolgern eines Apothekers, der in der Zeit von 1949 bis 1953 seine ursprünglich aufgrund eines grundbuchlich gesicherten Apothekenprivilegs betriebene Apotheke bis zu seiner (illegalen) Übersiedlung in die Bundesrepublik als so genannte "Apotheke in Privatbesitz" fortgeführt hatte, vermögensrechtliche Ansprüche hinsichtlich des Apothekenunternehmens zustehen, wenn die Apotheke nach der Flucht des Inhabers in eine Landesapotheke überführt worden ist.


Durch die Verordnung der Deutschen Wirtschaftskommission zur Neuregelung des Apothekenwesens vom 22. Juni 1949 erloschen alle früheren Apothekenbetriebsrechte einschließlich der darauf beruhenden Witwen- und Waisenrechte. Allerdings konnten die Apotheker unter bestimmten Voraussetzungen ihre Apotheke als so genannte "Apotheke in Privatbesitz" weiterbetreiben. Die Befugnis hierzu erlosch jedoch spätestens mit dem Tod des Apothekers und konnte nicht rechtsgeschäftlich übertragen werden.


Das Bundesverwaltungsgsericht hat entschieden, dass zwar der Erlass der Apothekenverordnung von 1949 und damit auch der Entzug der Apothekenprivilegien auf besatzungshoheitlicher Grundlage beruht, sodass die dadurch enteigneten Vermögenswerte vom Vermögensgesetz nicht erfasst werden, dass jedoch soweit wie hier die Voraussetzungen zur Fortführung der Apotheke als "Apotheke in Privatbesitz" vorlagen, die Inhaber der Apotheke nicht vollständig aus ihrem Eigentum an dem Unternehmen verdrängt waren. Vielmehr habe auch der fortgesetzte Apothekenbetrieb ein Unternehmen und damit einen Vermögenswert im Sinne des § 2 Abs. 2 VermG dargestellt. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht aber angenommen, die fortgeführte Apotheke sei im Sinne des § 1 Abs. 1 Buchst. a VermG entschädigungslos enteignet worden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liege eine Enteignung im Sinne dieser Vorschrift nicht vor, wenn lediglich eine Bindung konkretisiert wurde, die dem einschlägigen Recht von vornherein inne wohnte. Dieser für Bodenreformeigentum und dingliche Nutzungsrechte an volkseigenen Grundstücken entwickelte Grundsatz gelte auch beim Entzug der Betriebsbefugnis für eine Apotheke in Privatbesitz, wenn dieser auf der Übersiedlung des Apothekeninhabers in die Bundesrepublik beruhte. Denn dieser Entzug sei wegen der Regelungen in der Apothekenverordnung von 1949 unabhängig von der Enteignung des Vermögens des Apothekers wegen illegalen Verlassens der DDR eingetreten und habe dazu geführt, dass das Unternehmen aufhörte zu existieren, weil der Inhaber oder seine Erben auch das gesamte Anlage- und Umlaufvermögen an den neuen Betreiber der Apotheke habe übergeben müssen. Ihnen sei lediglich ein Anspruch auf Wertersatz verblieben, der als solcher möglicherweise einer Schädigung unterliegen konnte.


Die Erben des Apothekers können nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts die Feststellung ihrer Berechtigung hinsichtlich des Apothekenunternehmens auch deswegen nicht beanspruchen, weil sie insoweit nicht Rechtsnachfolger im Sinne des § 6 Abs. 1 a, § 2 Abs. 1 Satz 1 VermG sind. Das Unternehmen als solches habe weder von den Erben fortgesetzt noch auf andere übertragen werden können. Ihnen sei lediglich der Anspruch auf Wertersatz für das noch vorhandene Anlage- und Umlaufvermögen verblieben. Unter diesen Umständen habe ein Apothekenunternehmen unter der Geltung der Apothekenverordnung von 1949 nicht vererbt werden können.


BVerwG 8 C 12.00 - Urteil vom 24.01.2001