Pressemitteilung Nr. 4/2001 vom 16.01.2001

Asyl für Kurden aus dem Nordirak?

Das Bundesverwaltungsgericht hat heute über mehrere Asylbegehren von Kurden aus dem Nordirak entschieden. Der Verwaltungsgerichtshof München hatte den Kurden Abschiebungsschutz wegen politischer Verfolgung zugesprochen, weil sie bei einer Rückkehr in den (Zentral-)Irak wegen ungenehmigter Ausreise und Asylantragstellung im westlichen Ausland politisch verfolgt würden. Zwar seien sie in den kurdischen Provinzen des Nordirak vor dieser Verfolgung sicher (sog. inländische Fluchtalternative). Das schließe grundsätzlich die Gewährung von Asyl aus. Anders sei es, wenn das verfolgungsfreie Gebiet tatsächlich nicht erreicht werden könne. So verhalte es sich in den vorliegenden Fällen. Die Asylbewerber könnten in den Nordirak nicht zurückreisen, weil sie keine gültigen irakischen Reisedokumente besäßen und ihnen deswegen ein Transit durch Syrien, die Türkei oder den Iran nicht möglich sei. Die Beantragung neuer Reisepässe bei der irakischen Auslandsvertretung in Deutschland sei ihnen nicht zumutbar, da die irakischen Behörden dadurch von den Asylanträgen Kenntnis erhalten könnten.


Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Entscheidungen aufgehoben und die Verfahren an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen. Es hat im Ausgangspunkt in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass der Asylbewerber auf verfolgungsfreie Gebiete im Heimatstaat nur verwiesen werden darf, wenn er diese in zumutbarer Weise tatsächlich erreichen kann. Nur dann ist es gerechtfertigt, dem Ausländer asylrechtlichen Schutz in Deutschland zu versagen. Wer bei einer Rückkehr in den Heimatstaat die sicheren Landesteile vom Ausland aus erreichen kann, bedarf des asylrechtlichen Schutzes nicht. Asylrechtlich unbeachtlich ist auch die nur vorübergehende Nichterreichbarkeit der sicheren Gebiete, etwa infolge unterbrochener Verkehrsverbindungen oder behebbarer Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Reisepapieren und Transitvisa.


Der Verwaltungsgerichtshof hat in den Ausgangsverfahren aber nicht ausreichend untersucht, ob die Asylbewerber ohne Inanspruchnahme irakischer Stellen von deutschen Behörden Reisedokumente erhalten können, aufgrund derer ihnen namentlich die Türkei die Durchreise erlaubt. Diese Prüfung muss der Verwaltungsgerichtshof nachholen. In neueren Entscheidungen hat der Verwaltungsgerichtshof aufgrund zusätzlicher Auskünfte inzwischen festgestellt, dass Kurden aus dem Nordirak mit Hilfe deutscher Reisedokumente als Passersatz ein Transitvisum durch die Türkei erlangen und auf diesem Wege in den Nordirak zurückreisen können.


BVerwG 9 C 15.00 - Urteil vom 16.01.2001