Verfahrensinformation

Ein anerkannter Naturschutzverein klagt gegen den Planfeststellungsbeschluss für den Neubau eines Abschnitts der Autobahn A 44 (Kassel - Herleshausen) zwischen Hessisch Lichtenau-Ost und Hasselbach. Dort soll die Autobahntrasse in einem engen Korridor zwischen Teilbereichen eines nach europäischem Gemeinschaftsrecht ausgewiesenen Fauna-Flora-Habitat-Gebiets verlaufen. Mit seiner Klage macht der Naturschutzverein geltend, die geplante Trassenführung verstoße gegen das Gemeinschaftsrecht, da sie die Erhaltungsziele des Schutzgebiets beeinträchtige und die Voraussetzungen fehlten, unter denen ein Vorhaben dennoch ausnahmsweise im Wege der Abweichungsentscheidung zugelassen werden könnte.



Pressemitteilung Nr. 26/2010 vom 14.04.2010

Klage gegen die Neubautrasse der A 44 zwischen Hessisch Lichtenau-Ost und Hasselbach ohne Erfolg

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute die Klage eines Naturschutzvereins gegen den Bau eines Teilstücks der Autobahn A 44 (Kassel - Herleshausen) zwischen Hessisch Lichtenau-Ost und Hasselbach abgewiesen.


Mit dem Gesamtprojekt soll eine Lücke der Autobahnverbindung Rhein/Ruhr Kassel - Dresden geschlossen werden. Im planfestgestellten Abschnitt verläuft die Trasse zwischen Teilen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" sowie in der Nachbarschaft weiterer Natura-2000-Gebiete, ohne diese direkt zu berühren. Die beiden westlich anschließenden Planungsabschnitte sind nach letztlich erfolglosen Klagen des Klägers fertiggestellt bzw. in Bau.


Im Mittelpunkt des nunmehr entschiedenen Klageverfahrens stand die Frage, ob das Vorhaben mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets "Werra- und Wehretal" verträglich ist, das insbesondere dem Schutz der Fledermausarten "Großes Mausohr" und "Bechsteinfledermaus" dient. Diese Frage hat das Gericht bejaht. Bau und Betrieb der Autobahn könnten zwar an sich zur Zerschneidung von Flugrouten des Großen Mausohrs und Wechselbereichen der Bechsteinfledermaus führen, die wegen ihrer Vernetzungsfunktion auch gebietsextern von den Erhaltungszielen des Gebiets umfasst sind. Die Planung verhindert die Realisierung dieser Risiken aber mit einem umfänglichen Schutzkonzept durch Reglementierung des Bauablaufs, die Errichtung von Querungshilfen, Leitstrukturen und Sperreinrichtungen sowie ergänzende Vorkehrungen eines Risikomanagements. Der Verlust außerhalb der Gebietsgrenzen liegender Jagdhabitate der Fledermäuse stellt gleichfalls keine erhebliche Beeinträchtigung dar, weil das FFH-Gebiet so abgegrenzt ist, dass es für beide Arten alle wichtigen Habitatelemente in ausreichendem Umfang enthält.


Die mit dem Bau der Autobahn verbundenen Stickstoffdepositionen in dem FFH-Gebiet "Werra- und Wehretal" werden zwar dazu führen, dass die schon bisher weit über den herangezogenen Beurteilungswerten liegende Belastung FFH-rechtlich geschützter Waldlebensräume geringfügig weiter ansteigt. Die Zusatzbelastung wird aber so minimal sein, dass sie nach gesicherter fachwissenschaftlicher Einschätzung keinen signifikanten Ursachenbeitrag zur Schädigung dieser Lebensräume leisten kann. Sie fällt deshalb unter den aus dem gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgenden Bagatellvorbehalt.


BVerwG 9 A 5.08 - Urteil vom 14.04.2010


Urteil vom 14.04.2010 -
BVerwG 9 A 5.08ECLI:DE:BVerwG:2010:140410U9A5.08.0

Leitsatz:

1. Sind dem Gebietsschutz des Art. 6 FFH-RL unterfallende Vorkommen von Tierarten auf gebietsexterne Nahrungshabitate zwingend angewiesen, um in einem günstigen Erhaltungszustand zu verbleiben, so ist das FFH-Gebiet im Regelfall des Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL falsch abgegrenzt und muss auf diese Nahrungshabitate ausgedehnt werden. Dagegen wäre es systemwidrig, die Nahrungshabitate losgelöst von der Gebietsabgrenzung als durch die Erhaltungsziele des Gebiets mitumfasst zu behandeln.

  • Rechtsquellen
    FFH-RL Art. 1 Buchst. e und i, Art. 4 Abs. 1 und 5, Art. 6 Abs. 3 und 4,
    Art. 12 und 16
    VRL 1979 Art. 5 und 9
    BNatSchG 2002 § 11 Satz 1, §§ 19, 33 Abs. 1, §§ 34, 35 Satz 1,
    §§ 42, 43, 61 Abs. 2 und 3, § 62
    BNatSchG 2007 § 42 Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 5
    FStrG §§ 17a, 17d, 17e Abs. 6
    VwVfG §§ 73, 76 Abs. 3
    HENatG §§ 3, 33, 34, 48 Abs. 2
    HENatG a.F. § 35 Abs. 2 Satz 2

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 14.04.2010 - 9 A 5.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2010:140410U9A5.08.0]

Urteil

BVerwG 9 A 5.08

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 10. und 11. März 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Nolte und Domgörgen,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Buchberger und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Christ
am 14. April 2010 für Recht erkannt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I

1 Der Kläger, ein im Land Hessen anerkannter Naturschutzverein, wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten für den Neubau der Bundesautobahn A 44 Kassel - Herleshausen im Teilabschnitt Anschlussstelle Hessisch Lichtenau-Ost bis Hasselbach (VKE 32).

2 Die neue Autobahn soll eine Lücke im Autobahnnetz auf der Achse Ruhrgebiet-Kassel-Dresden zwischen der A 7 bei Kassel und der A 4 bei Eisenach schließen. Die Gesamtplanung gliedert sich in zehn als Verkehrskosteneinheiten (VKE) bezeichnete Planungsabschnitte. Die westlich an die VKE 32 anschließende VKE 31 steht bereits unter Verkehr, die daran nach Westen anschließende VKE 20 ist in Bau. Für die noch weiter westlich gelegene VKE 12 und die VKE 33, den östlichen Folgeabschnitt der VKE 32, sind Planfeststellungsbeschlüsse ergangen, die noch keine Bestandskraft erlangt haben.

3 Die Trasse der VKE 32 verläuft auf einer Länge von 4,3 km mit zwei Fahrstreifen pro Richtungsfahrbahn im Tal der Wehre über das Gebiet der Städte Hessisch Lichtenau und Waldkappel. Im östlichen Anschluss an die VKE 31 folgt sie zunächst leicht nördlich versetzt der vorhandenen B 7, unterfährt den Ort Küchen in einem Tunnel und wird sodann wieder gebündelt mit der B 7 bis zum Bauende östlich von Hasselbach geführt. Dort ist zunächst ein provisorischer Anschluss an die B 7 geplant.

4 Die A 44 zwischen Kassel und Eisenach gehört zu den Verkehrsprojekten Deutsche Einheit. Der Fernstraßenbedarfsplan weist sie als vierstreifige Autobahn der Kategorie „vordringlicher Bedarf“ aus. Außerdem ist sie in das Leitschema des transeuropäischen Verkehrsnetzes aufgenommen worden.

5 Die geplante Trasse verläuft in der Nähe mehrerer FFH-Gebiete und eines Europäischen Vogelschutzgebiets, ohne diese Gebiete unmittelbar zu berühren. Auf nahezu gesamter Länge wird sie in einem Korridor zwischen Teilen des FFH-Gebiets D 4825-302 „Werra- und Wehretal“ geführt, an das sie bis auf 120 m heranreicht. Dieses Gebiet mit einer Fläche von über 24 000 ha wird durch die Täler der Werra, Wehre und Sontra, die ihm nicht angehören, in eine Reihe von Teilgebieten gegliedert. Unter Schutz gestellt sind vor allem zusammenhängende Waldflächen mit den Lebensraumtypen Hainsimsen-Buchenwald und Waldmeister-Buchenwald. Das Gebiet ist in mehreren Tranchen an die Europäische Kommission gemeldet worden, die es am 7. Dezember 2004 in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen hat. Die Gebietsmeldung diente dem verwendeten Standard-Datenbogen zufolge in erster Linie dem Ziel, den bestehenden Laubholzanteil als Lebensraum für die im Gebiet ansässigen Fledermausarten Großes Mausohr und Bechsteinfledermaus zu erhalten. Nachdem festgestellt worden war, dass die Gebietsgrenzen am Rande des Wehretals zusammenhängende Waldflächen durchschneiden, wurde das Gebiet durch die Verordnung über die Natura-2000-Gebiete in Hessen vom 16. Januar 2008 (GVBl I S. 30) in erweiterten, näher an die Trasse heranreichenden Grenzen ausgewiesen. Die Gebietserweiterung ist noch nicht an die Europäische Kommission gemeldet worden. Südwestlich der geplanten Trasse liegt das FFH-Gebiet DE 4824-301 „Reichenbacher Kalkberge“ mit ausgedehnten Kalk-Buchenwäldern. Zu den Schutzgegenständen dieses Gebiets gehören u.a. mehrere Buchenwaldtypen, prioritäre Erlen-Eschen-Auenwälder, kalkreiche Niedermoore und prioritäre Kalktuffquellen. Als Ersatz für einen durch den Bau des Tunnels Küchen entfallenden Trinkwasserbrunnen soll in diesem Gebiet ein neuer Trinkwasserbrunnen angelegt werden. Im Zuge der Erweiterung des FFH-Gebiets „Werra- und Wehretal“ ist eine vorher zum FFH-Gebiet „Reichenbacher Kalkberge“ gehörende Waldfläche von ca. 32 ha dem erstgenannten Gebiet angegliedert worden. Nördlich der Trasse liegt das bis auf 500 m an sie heranreichende Vogelschutzgebiet „Meißner“, das sich teilweise mit Flächen des FFH-Gebiets „Werra- und Wehretal“ deckt. In diesem Gebiet nisten u.a. Schwarzstörche.

6 Das Bundesministerium für Verkehr bestimmte mit Erlass vom 15. Dezember 1998 die Linie der A 44, die weitgehend der heutigen Vorzugsvariante entspricht.

7 Auf Antrag des Amtes für Straßen- und Verkehrswesen Kassel vom 18. Mai 2001 leitete das Regierungspräsidium Kassel das Planfeststellungsverfahren ein. Der Kläger machte von der ihm eingeräumten Gelegenheit zur Äußerung mit Schreiben vom 21. Juli 2001 fristgerecht Gebrauch. Seine Einwendungen, mit denen er u.a. eine fehlerhafte Trassenwahl, eine unzureichende Berücksichtigung der Schutzgebiete und eine mangelnde Untersuchung verschiedener Tierarten rügte, konnten im Erörterungstermin am 5./7. Februar 2002 nicht ausgeräumt werden.

8 In der Folgezeit brachte der Vorhabenträger eine überarbeitete Fassung des landschaftspflegerischen Begleitplans, Verträglichkeitsprüfungen für die FFH-Gebiete „Werra- und Wehretal“ und „Reichenbacher Kalkberge“ sowie einen artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zum landschaftspflegerischen Begleitplan in das Verfahren ein. Das Regierungspräsidium Kassel führte daraufhin ein ergänzendes Anhörungsverfahren durch, in dem es den Kläger durch Übersendung der geänderten Planunterlagen beteiligte. Der Kläger machte von der ihm unter Hinweis auf den Ausschluss verspäteter Einwendungen eingeräumten Möglichkeit zur Stellungnahme mit Schreiben vom 10. April 2006 fristgerecht Gebrauch. Er erhob im Wesentlichen folgende Einwendungen: Die Planung berücksichtige nur ungenügend die Belange des Vogelschutzes. Sie verkenne, dass das Lichtenauer Becken ein faktisches Vogelschutzgebiet sei. Außerdem sei eine Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet „Meißner“ fehlerhaft unterblieben. Die Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet „Werra- und Wehretal“ sei unzureichend. Für die von dem Vorhaben betroffenen Fledermausarten seien keine ausreichenden Daten erhoben worden. Die Ermittlung und Bewertung der Beeinträchtigungen leide in vielfacher Hinsicht an Fehlern. So seien die Flächenverluste von Jagdhabitaten des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus falsch berechnet und unzureichend gewichtet worden. Auswirkungen von Kollisionen, Lichtreizen sowie Lärm- und Schadstoffeinträgen auf diese Arten seien unterschätzt worden. Die gebotene Berücksichtigung abschnittsübergreifender Wirkungen im Rahmen einer Verträglichkeitsprüfung für den gesamten Planungsraum sei unterblieben. Unzureichend sei auch die Verträglichkeitsprüfung für das Gebiet „Reichenbacher Kalkberge“. Die hydrologischen Auswirkungen des geplanten Ersatzbrunnens auf mehrere grundwasserabhängige Schutzgegenstände des Gebiets seien nicht berücksichtigt worden. Ferner leide die artenschutzrechtliche Beurteilung in vielfacher Hinsicht an Mängeln. Am 7. und 9. November 2006 fand ein Erörterungstermin statt, in dem die Einwendungen des Klägers nicht ausgeräumt wurden.

9 In der Folgezeit holte der Vorhabenträger gutachtliche Stellungnahmen zu den Auswirkungen der vorgesehenen, in den Verträglichkeitsprüfungen noch nicht berücksichtigten Änderungen der FFH-Gebiete „Werra- und Wehretal“ und „Reichenbacher Kalkberge“ sowie eine Ergänzung zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag ein. Auch hierzu nahm der Kläger innerhalb der ihm eingeräumten Frist Stellung. Er wandte insbesondere ein, die Gebietserweiterungen beträfen nur einen kleinen Teil der von den Fledermäusen bevorzugt bejagten Habitate und seien daher unvollständig. Der artenschutzrechtliche Fachbeitrag gehe nach wie vor von zu geringen Betroffenheiten aus; namentlich sei der Luchs völlig übersehen worden.

10 Mit Beschluss vom 16. November 2007 stellte der Beklagte den Plan für den Neubau der A 44 im Abschnitt der VKE 32 fest. In dem Beschluss wurden Befreiungen von artenschutzrechtlichen Verboten für das Große Mausohr, die Bechsteinfledermaus, die Haselmaus, die Schlingnatter sowie 52 europäische Vogelarten erteilt.

11 Zu den planfestgestellten Unterlagen gehören der landschaftspflegerische Begleitplan und die Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet „Werra- und Wehretal“ in der Fassung vom 25. November 2005. Der landschaftspflegerische Begleitplan sieht insbesondere eine Reihe von Maßnahmen vor, die dem Schutz von Fledermäusen dienen. Um die Querpassierbarkeit der Trasse zu erhöhen und Immissionen zu mindern, soll der Tunnel Küchen in einen Wechselbereich der Bechsteinfledermaus hinein verlängert werden. Östlich des Tunnels sind zwei Grünbrücken und ein Bachdurchlass als Querungshilfen für Fledermäuse vorgesehen. Ergänzt werden diese Querungshilfen durch Irritationsschutzwände, Fledermaussperr- und -leiteinrichtungen sowie Schutz- und Leitpflanzungen. Die Verträglichkeitsprüfung, die für die VKE 32 bis 50 insgesamt durchgeführt worden ist, kommt zu dem Ergebnis, erhebliche Gebietsbeeinträchtigungen seien nicht zu besorgen, weil Eingriffe durch die geplanten Schutzmaßnahmen weitestgehend vermieden bzw. stark vermindert würden. Zwar seien Jagdhabitate und Hauptflugrouten bzw. Wechselbereiche des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus betroffen. Jagdhabitatverluste dieser bevorzugt im Wald jagenden Arten träten aber nur gebietsextern auf; selbst wenn man die Verluste an den gebietsintern anwendbaren Maßstäben messe, blieben sie unter der Erheblichkeitsschwelle. Die Funktionalität der von der Trasse zerschnittenen bedeutenden Flugrouten und Wechselbereiche werde durch die planfestgestellten Schutzmaßnahmen gewahrt. Diese gewährleisteten auch einen hinreichenden Kollisionsschutz für die Tiere. Ferner würden keine zum Gegenstand von Erhaltungszielen gewordenen Lebensräume erheblich beeinträchtigt. Die als Beurteilungsmaßstab für deren Stickstoffbelastung zugrunde zu legenden Critical Loads würden bereits im Nullfall überschritten. Projektbedingte Zusatzdepositionen in Höhe der Critical-Load-Werte würden auf den Flächen der geschützten Lebensräume nicht erreicht.

12 Die Einwendungen des Klägers wies der Beschluss zurück: Das Vorhaben stehe mit dem Habitatschutzrecht in Einklang. Das FFH-Gebiet „Werra- und Wehretal“ sei jedenfalls nach der Gebietserweiterung anhand des fachlich fundierten Abgrenzungskriteriums der (Laub-)Wald-/Feldgrenze zutreffend abgegrenzt. Die Verträglichkeitsprüfung habe die Flächen der damals noch nicht vollzogenen Gebietserweiterung als faktische FFH-Gebiete berücksichtigt. Die Auswirkungen des Vorhabens auf das Schutzgebiet seien in der Verträglichkeitsprüfung sorgfältig ermittelt und bewertet worden; Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele seien danach nicht zu besorgen. Das Projekt sei auch verträglich mit den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets „Reichenbacher Kalkberge“. Beeinträchtigungen grundwasserabhängiger Lebensräume, die unter die Erhaltungsziele des Gebiets fielen, seien aufgrund der hydrogeologischen Verhältnisse und der geplanten Abdichtung des Ersatzbrunnens ausgeschlossen. Einer Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet „Meißner“ habe es nicht bedurft. Die Entfernung des Schutzgebiets von der Trasse sei so groß, dass Auswirkungen auf die Gebietsflächen ausgeschlossen seien. Ebenso wenig seien Störungen funktionaler Beziehungen dieses Gebiets zu anderen europäischen Schutzgebieten zu besorgen. Es treffe nicht zu, dass das Lichtenauer Becken ein faktisches Vogelschutzgebiet sei. Das Artenschutzrecht stelle gleichfalls kein Zulassungshindernis dar. Soweit das Vorhaben artenschutzrechtliche Verbotstatbestände verwirkliche, würden Befreiungen erteilt, deren Voraussetzungen gegeben seien.

13 Am 21. Januar 2008 hat der Kläger gegen den durch Auslegung vom 7. bis 21. Dezember 2007 öffentlich bekannt gemachten Planfeststellungsbeschluss Klage erhoben.

14 Prozessbegleitend hat der Beklagte ein Änderungsverfahren mit dem Ziel durchgeführt, ein Monitoring- und Risikomanagementkonzept anzuordnen. Der Kläger ist hierzu beteiligt worden. Nachträglich hat der Beklagte weitere Themenkomplexe, darunter die Ermittlung und Beurteilung von Stickstoffdepositionen, in das Verfahren einbezogen.

15 Durch Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 hat er dem Planfeststellungsbeschluss Nebenbestimmungen beigefügt. Sie betreffen vor allem ein Monitoring der planfestgestellten Schutzmaßnahmen für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus, ein Monitoring der Bestandsentwicklung der Kolonien dieser Arten sowie den Vorbehalt nachträglicher Korrekturmaßnahmen nach Maßgabe der Monitoringergebnisse. Außerdem ist der Planfeststellungsbeschluss um zusätzliche nachrichtliche Planunterlagen ergänzt worden, darunter die „Konsolidierte Fassung der im Zusammenhang mit den Planungen der Teilstücke VKE 40.1 und 40.2 aktualisierten Verträglichkeitsprüfung für das Gebiet ‚Werra- und Wehretal’“ vom 24. August 2009. Zur Begründung wird im Planergänzungsbeschluss im Wesentlichen ausgeführt: Die ergänzenden Nebenbestimmungen für ein Risikomanagement seien aus Gründen der Vorsorge getroffen worden, obgleich erhebliche Beeinträchtigungen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus schon nach dem Schutzkonzept des ursprünglichen Planfeststellungsbeschlusses ausgeschlossen seien. Sollte sich diese positive Prognose nach den Monitoringergebnissen nicht bewahrheiten, ließen sich mit den vorgesehenen Korrekturmaßnahmen erhebliche Gebietsbeeinträchtigungen zuverlässig ausschließen. Die ergänzend durchgeführten Untersuchungen zu Stickstoffdepositionen bestätigten im Ergebnis die Annahme, dass erhebliche Beeinträchtigungen geschützter Lebensräume auch unter diesem Aspekt ausgeschlossen seien. Die ermittelten Zusatzbelastungen seien so gering, dass sie mit bis zu 3 % der Critical Loads weit unter der Signifikanzschwelle der einschlägigen Vollzugshilfe des Landesumweltamts Brandenburg von 10 % der Critical Loads blieben. Die konsolidierte Fassung der Verträglichkeitsprüfung berücksichtige, soweit sie die VKE 32 betreffe, fachliche Stellungnahmen, die die ursprüngliche Verträglichkeitsprüfung ergänzten und teils zum Gegenstand einer Beteiligung der Träger öffentlicher Belange gemacht, teils in das verwaltungsgerichtliche Verfahren eingeführt worden seien.

16 In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte den Planfeststellungsbeschluss nochmals um Schutzauflagen ergänzt.

17 Zur Begründung seiner Klage wiederholt und vertieft der Kläger seine im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwendungen. Ergänzend macht er im Wesentlichen geltend: Zu der durch den Planergänzungsbeschluss als nachrichtliche Planunterlage einbezogenen aktualisierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung für das FFH-Gebiet „Werra- und Wehretal“ sei er nicht angehört worden. Durch diese Unterlage sei die zur Grundlage der Planfeststellung gemachte Verträglichkeitsprüfung in ihrer ursprünglichen Fassung überholt. Das nachträglich angeordnete Konzept eines Risikomanagements sei zu unbestimmt und überdies lückenhaft. Der Planergänzungsbeschluss beurteile ebenso wie schon der ursprüngliche Planfeststellungsbeschluss die Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Waldflächen im FFH-Gebiet „Werra- und Wehretal“ fehlerhaft. Umfang und Stärke der Belastung seien unzutreffend ermittelt worden. Für Irrelevanzschwellen der Zusatzbelastung, wie sie der Beklagte zugrunde legen wolle, gebe es keine Rechtfertigung.

18 Der Kläger beantragt,
den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 16. November 2007 in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 22. Dezember 2009 und der in der mündlichen Verhandlung vom 10. und 11. März 2010 vorgenommenen Ergänzungen und Klarstellungen aufzuheben.

19 Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

20 Er verteidigt den Planfeststellungsbeschluss in der ergänzten Fassung.

II

21 Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Planfeststellungsbeschluss, der in der Fassung gilt und angefochten ist, die er durch den Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 und die in der mündlichen Verhandlung erklärten Ergänzungen und Klarstellungen erhalten hat, leidet an keinem zur Aufhebung des Beschlusses oder zur Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führenden Rechtsfehler. Er verstößt nicht in einer diese Rechtsfolgen rechtfertigenden Weise gegen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes 2002, gegen Vorschriften, die aufgrund oder die im Rahmen dieses Gesetzes erlassen worden sind oder fortgelten, oder gegen andere Rechtsvorschriften, die bei Erlass der Entscheidung zu beachten waren und zumindest auch den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu dienen bestimmt sind (vgl. § 61 Abs. 2 BNatSchG 2002).

22 A. Der Planfeststellungsbeschluss ist nicht mit formellen Mängeln behaftet, welche dem Klagebegehren ganz oder teilweise zum Erfolg verhelfen würden.

23 Allerdings hat der Beklagte den Kläger in dem von ihm durchgeführten vereinfachten Änderungsverfahren nach § 17d FStrG i.V.m. § 76 Abs. 3 VwVfG nicht ausreichend beteiligt. Wenngleich diese Verfahrensart nicht die Durchführung eines Anhörungsverfahrens nach § 17a FStrG i.V.m. § 73 VwVfG erforderte, musste der Beklagte den Kläger als anerkannten Naturschutzverein nach Maßgabe der einschlägigen naturschutzrechtlichen Bestimmungen beteiligen (vgl. Bonk/Neumann, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 76 Rn. 28). Dies ist nur ungenügend geschehen. Der Kläger hatte zwar Gelegenheit, zu den vom Vorhabenträger beantragten Ergänzungen des Fledermausschutzkonzepts Stellung zu nehmen. Zu den nachträglich in das Änderungsverfahren eingebrachten Untersuchungen der Stickstoffdepositionen, auf deren Grundlage der Beklagte im Planergänzungsbeschluss die Auswirkungen dieser Depositionen auf habitatrechtlich geschützte Lebensräume neu bewertet hat, ist dem Kläger aber keine Möglichkeit zur Äußerung eingeräumt worden.

24 Von einer Beteiligung zu dieser Problematik konnte nicht nach § 48 Abs. 2 des Hessischen Naturschutzgesetzes - HENatG - vom 4. Dezember 2006 (GVBl I S. 619) abgesehen werden. Unabhängig davon, dass eine Entscheidung, von dieser Möglichkeit Gebrauch machen zu wollen, in dem Planergänzungsbeschluss keinen Ausdruck gefunden hat, hätte sie vorausgesetzt, dass keine oder nur geringfügige Auswirkungen auf Natur und Landschaft zu erwarten waren. Bezogen auf Auswirkungen auf FFH-Gebiete ist eine solche Erwartung angesichts des für diese Gebiete geltenden strengen Schutzregimes nur dann gerechtfertigt, wenn und soweit schon aufgrund einer bloßen Vorprüfung keine erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets zu besorgen sind. Geht es hingegen - wie hier - um Untersuchungen, die Bestandteile von Verträglichkeitsprüfungen sind, so kann die Bagatellregelung des § 48 Abs. 2 HENatG nicht zum Tragen kommen.

25 Der Beteiligungsmangel ist aber unerheblich (vgl. § 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 2 FStrG i.V.m. § 46 VwVfG). Der Kläger hat von den Ergebnissen der neuen Untersuchungen, auf die der Beklagte seine Beurteilung der Stickstoffdepositionen stützt, im Klageverfahren Kenntnis erlangt und sich damit schriftsätzlich und in der mündlichen Verhandlung auseinandergesetzt. Der Beklagte hat seinerseits unter Hinweis auf die fachliche Einschätzung seiner Gutachter klar zum Ausdruck gebracht, dass er die in diesem Rahmen vorgebrachten Einwände des Klägers als nicht stichhaltig erachtet und in ihnen keinen Anlass sieht, von seiner Beurteilung abzurücken. Angesichts dessen fehlt es an der konkreten Möglichkeit, dass die behördliche Entscheidung nach ordnungsgemäßer Beteiligung des Klägers in der Sache anders ausgefallen wäre.

26 B. Der Planfeststellungsbeschluss leidet auch nicht an materiellen Rechtsfehlern, auf die sich die Klage stützen ließe.

27 1. Soweit es darauf für das Klagebegehren ankommt, steht der Beschluss in Einklang mit den Vorschriften, die dem Schutz von FFH-Gebieten und Europäischen Vogelschutzgebieten dienen. Nach § 34 HENatG, mit dem Art. 6 Abs. 3 und 4 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl EG Nr. L 206 S. 7 - Habitatrichtlinie - FFH-RL) umgesetzt worden ist, sind Projekte vor ihrer Zulassung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura-2000-Gebietes zu überprüfen. Sie dürfen nach § 34 Abs. 2 HENatG grundsätzlich nur zugelassen werden, wenn die Verträglichkeitsprüfung ergibt, dass das Projekt nicht zu erheblichen Beeinträchtigungen eines solchen Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Hinsichtlich der Gebiete, für die das Vorhaben Verträglichkeitsprüfungen unterzogen worden ist, ist der Beklagte unter Berücksichtigung der Prüfungsergebnisse zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, erhebliche Beeinträchtigungen seien nicht zu besorgen. Für weitere Gebiete bedurfte es schon keiner Verträglichkeitsprüfungen.

28 a) Für das FFH-Gebiet „Werra- und Wehretal“ ist eine Verträglichkeitsprüfung durchgeführt worden. Nach deren Ergebnissen durfte der Beklagte davon ausgehen, dass das Vorhaben mit den Erhaltungszielen des Gebiets verträglich ist.

29 aa) Bei seiner im Planfeststellungsbeschluss vom 16. November 2007 vorgenommenen Verträglichkeitsbeurteilung hat sich der Beklagte auf die zu den planfestgestellten Unterlagen gehörende Verträglichkeitsprüfung vom 25. November 2005 und die sie ergänzende Stellungnahme vom September 2007 zu den Auswirkungen der vorgesehenen Gebietsveränderung auf das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung gestützt. Entgegen der Auffassung des Klägers wird die Eignung dieser Unterlagen als Beurteilungsgrundlage nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Verträglichkeitsprüfung inzwischen in einer aktualisierten Fassung vom 24. August 2009 vorliegt, die im Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 als nachrichtliche Unterlage aufgeführt ist. Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist grundsätzlich der Erlass des Planfeststellungsbeschlusses. In diesem Zeitpunkt war die Ursprungsfassung der Verträglichkeitsprüfung mit der Ergänzung vom September 2007 aktuell. Auf den Zeitpunkt eines Planergänzungsbeschlusses ist allenfalls insoweit abzustellen, als er bestimmte Probleme einer Neubewertung unterzieht. Das ist hier nur für die Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Lebensräume geschehen, für die der Beklagte im Ergänzungsbeschluss folgerichtig zwischenzeitlich ergänzend durchgeführte Ermittlungen und gewonnene Erkenntnisse verarbeitet hat, die in die aktualisierte Fassung der Verträglichkeitsprüfung eingegangen sind. Die Beurteilung im Übrigen war hingegen nicht Gegenstand des Ergänzungsbeschlusses, so dass es für die Frage der Aktualität der Beurteilungsgrundlagen insoweit nicht auf dessen Erlasszeitpunkt ankommen konnte. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Aktualisierung der Verträglichkeitsprüfung vor allem andere Abschnitte des Gesamtprojekts der A 44 betrifft, während sie für die VKE 32 - abgesehen von den Angaben zur Stickstoffbelastung - keine erheblichen tatsächlichen Veränderungen oder veränderten Erkenntnisse aufzeigt, die für die Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens von Bedeutung sein könnten.

30 bb) Das Vorhaben ist in der Verträglichkeitsprüfung an den für das FFH-Gebiet maßgeblichen Erhaltungszielen gemessen worden. Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen des jeweiligen Gebiets zu überprüfen (§ 34 Abs. 1 Satz 1 HENatG); ist das Gebiet bereits durch eine Natura-2000-Verordnung des Landes als Schutzgebiet ausgewiesen, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften (§ 34 Abs. 1 Satz 2 HENatG). Da bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses eine solche Verordnung noch nicht ergangen war, musste auf die Erhaltungsziele abgestellt werden. § 3 Satz 2 Nr. 3 HENatG definiert die Erhaltungsziele als Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und Arten nach den Anhängen I und II der Habitatrichtlinie sowie der Vogelarten nach Anhang I der Richtlinie79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (ABl EG Nr. L 103 S. 1 - Vogelschutzrichtlinie - VRL), für die das Gebiet bestimmt ist. Die Erhaltungsziele sind zu ermitteln durch Auswertung der zur Vorbereitung der Gebietsmeldung gefertigten Standard-Datenbögen, in denen die Merkmale des Gebiets beschrieben werden, die aus nationaler Sicht erhebliche ökologische Bedeutung für das Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensräume und Arten haben (Urteile vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 <Rn. 75> und vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 <Rn. 72>). Die Verträglichkeitsprüfung ist in dieser Weise vorgegangen und hat die im Standard-Datenbogen mit signifikanten Vorkommen im Gebiet vertretenen Lebensräume des Anhangs I und Arten des Anhangs II der Habitatrichtlinie als Gegenstände von Erhaltungszielen zugrundegelegt. Die besondere Bedeutung, die den großen, zusammenhängenden Buchenwaldbeständen der Gebietsteile laut Standard-Datenbogen als Jagdhabitat für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus zukommt, ist dabei ausdrücklich berücksichtigt worden.

31 cc) Der Verträglichkeitsprüfung ist ein zutreffender räumlicher Umgriff zugrundegelegt worden. Sie erstreckt sich auf das FFH-Gebiet „Werra- und Wehretal“ in seinen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses festgelegten Grenzen und bezieht zusätzlich die Flächen der damals noch nicht umgesetzten Gebietserweiterung sowie gebietsexterne Funktionsbeziehungen zwischen den Teilgebieten ein. Dieser räumliche Umgriff war einerseits ausreichend, um alle relevanten Auswirkungen in den Blick nehmen zu können, andererseits aber auch geboten, so dass die gerichtliche Überprüfung keinen der genannten Teilbereiche aussparen kann. Soweit die Verträglichkeitsprüfung darüber hinaus hilfsweise gebietsexterne Jagdhabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus berücksichtigt hat, war dies hingegen rechtlich nicht geboten mit der Folge, dass Auswirkungen auf diese die Verträglichkeit des Projekts nicht in Frage stellen können.

32 (1) Das Schutzregime des Art. 6 FFH-RL beschränkt sich flächenmäßig grundsätzlich auf das FFH-Gebiet in seinen administrativen Grenzen. Das Schutzkonzept der Habitatrichtlinie beruht auf zwei Säulen, nämlich zum einen dem ubiquitären Artenschutz (Art. 12 FFH-RL) und zum andern dem besonderen Gebietsschutz (Art. 6 FFH-RL). Letzterer knüpft an die Unterschutzstellung einer bestimmten Fläche an. Dementsprechend definiert Art. 1 FFH-RL unter Buchstabe j ein „Gebiet“ als „einen geographisch definierten Bereich mit klar abgegrenzter Fläche“ und unter Buchstabe l ein „besonderes Schutzgebiet“ als „ein ... ausgewiesenes Gebiet, in dem die Maßnahmen, die zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der natürlichen Lebensräume und/oder Populationen der Arten, für die das Gebiet bestimmt ist, erforderlich sind, durchgeführt werden“. Das schließt aus, den Gebietsschutz mit Blick auf Folgewirkungen von Beeinträchtigungen gebietsexterner Flächen über die Gebietsgrenzen auszudehnen. Deshalb wäre es verfehlt, gebietsexterne Flächen, die von im Gebiet ansässigen Vorkommen geschützter Tierarten zur Nahrungssuche genutzt werden, in den Gebietsschutz einzubeziehen. Sind die dem Gebietsschutz unterfallenden Vorkommen auf die betreffenden gebietsexternen Nahrungshabitate zwingend angewiesen, um in einem günstigen Erhaltungszustand zu verbleiben, so ist das Gebiet, wie noch auszuführen sein wird, im Regelfall des Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL, falsch abgegrenzt und muss auf diese Nahrungshabitate ausgedehnt werden. Dagegen wäre es systemwidrig, die Habitate losgelöst von der Gebietsabgrenzung als durch die Erhaltungsziele des Gebiets mitumfasst zu behandeln.

33 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass das Konzept des Gebietsschutzes sich auf die Errichtung eines Schutzgebietsnetzes richtet. Der angestrebten Vernetzung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass geschützte Arten in isolierten Reservaten insbesondere wegen des notwendigen genetischen Austauschs, oft aber auch wegen ihrer Lebensgewohnheiten im Übrigen nicht auf Dauer erhalten werden können. Deshalb ist der Schutz der Austauschbeziehungen zwischen verschiedenen Gebieten und Gebietsteilen unverzichtbar. Beeinträchtigungen dieser Austauschbeziehungen, z.B. durch Unterbrechung von Flugrouten und Wanderkorridoren, unterfallen mithin dem Schutzregime des Gebietsschutzes (so bereits Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 36).

34 Besonderheiten ergeben sich, wenn Gebiete, die nach ihren Eigenschaften in die Kommissionsliste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nach Art. 4 Abs. 2 Unterabs. 3 FFH-RL aufgenommen werden könnten oder gar müssten, diesen Status noch nicht erlangt haben oder in dieser Liste enthaltene Gebiete fehlerhaft zu klein abgegrenzt worden sind. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (Urteile vom 13. Januar 2005 - Rs. C-117/03 - Slg. 2005, I-00167 <Rn. 25> und vom 14. September 2006 - Rs. C-244/05 - Slg. 2006, I-08445 <Rn. 36>) müssen die in Art. 6 FFH-RL vorgesehenen Schutzmaßnahmen nur für die Gebiete getroffen werden, die in die Kommissionsliste eingetragen sind. Für Gebiete, die zwar von den Mitgliedstaaten gemeldet, aber noch nicht gelistet worden sind, gelten hingegen andere Maßgaben. Gemeinschaftsrechtlich sind für sie „geeignete Schutzmaßnahmen“ geboten, „um die ökologischen Merkmale dieser Gebiete zu erhalten“ (Urteil vom 14. September 2006 a.a.O. Rn. 44). Erläuternd heißt es hierzu in dem zuletzt zitierten Urteil (a.a.O. Rn. 46), die Mitgliedstaaten dürften keine Eingriffe zulassen, die die ökologischen Merkmale des Gebiets ernsthaft beeinträchtigen könnten; dies gelte insbesondere dann, wenn ein Eingriff die Fläche des Gebiets wesentlich verringern oder zum Verschwinden von in dem Gebiet vorkommenden prioritären Arten führen oder aber die Zerstörung des Gebiets oder die Beseitigung seiner repräsentativen Merkmale zur Folge haben könnte. Diese Erläuterung zeigt, dass das von den Mitgliedstaaten vor der Gebietslistung zu gewährleistende Schutzregime hinter den Anforderungen des Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL zurückbleiben darf. Die anwendbaren Verfahrensmodalitäten bestimmen sich nach dem innerstaatlichen Recht, dürfen jedoch nicht ungünstiger sein als die, die für gleichartige innerstaatliche Situationen gelten (Urteil vom 14. September 2006 a.a.O. Rn. 50).

35 Diese Grundsätze finden in gleicher Weise Anwendung, soweit es um Flächen geht, deren Einbeziehung in ein bereits gelistetes Gebiet in Rede steht. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Gebietserweiterung der Kommission bereits vorgeschlagen worden ist oder ob dies noch nicht geschehen ist, die Nachmeldung sich aber aufdrängt. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat über diese Fallgestaltungen zwar bisher nicht entschieden; es gibt aber keine stichhaltigen Gründe, sie abweichend zu behandeln.

36 Hiernach ist es gemeinschaftsrechtlich zulässig, für gemeldete oder zu meldende Erweiterungsflächen weniger strenge Schutzanforderungen zu stellen als für die Flächen des gelisteten Gebiets. Als Mittel dazu kommt grundsätzlich - als Regelung für vergleichbare innerstaatliche Situationen - eine vorläufige Unterschutzstellung der betreffenden Flächen in Betracht, die den Schutzstandard näher umschreibt. Für das Land Hessen scheidet diese Möglichkeit aber in entsprechender Anwendung des § 3 Satz 2 Nr. 5 HENatG aus. Nach dieser Vorschrift gehören auch die gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 bis 3 BNatSchG 2002 an die Kommission gemeldeten, aber noch nicht gelisteten Gebiete zu den Gebieten von gemeinschaftlicher Bedeutung, für die das Schutzregime der §§ 33 und 34 HENatG gilt. Die Zielrichtung der Vorschrift, den Gebietsschutz auf Flächen auszudehnen, deren Listung als möglich oder sogar sicher erscheint, passt für Gebiete und Gebietsteile, die noch nicht gemeldet sind, deren Meldung sich aber aufdrängt, gleichermaßen wie für gemeldete Gebiete. Für sie findet somit nach hessischem Landesrecht das Schutzregime der habitatrechtlichen Regelungen Anwendung.

37 (2) Nach diesen Grundsätzen musste die Verträglichkeitsprüfung über das FFH-Gebiet „Werra- und Wehretal“ in seinen bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses geltenden Grenzen hinaus ausgedehnt werden. Zusätzlich einzubeziehen waren die Flächen, um die das Gebiet nachträglich durch die hessische Natura-2000-Verordnung erweitert worden ist, nicht dagegen auch die Flächen, die nach Auffassung des Klägers wegen ihrer Funktion als Jagdhabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus dem Gebiet hätten zusätzlich angegliedert werden müssen.

38 Die Maßstäbe für die Gebietsabgrenzung ergeben sich aus Art. 4 Abs. 1 i.V.m. Anhang III Phase 1 FFH-RL. Diese Regelung findet nicht nur für die Identifizierung von FFH-Gebieten, sondern auch für deren konkrete Abgrenzung Anwendung (Urteile vom 27. Oktober 2000 - BVerwG 4 A 18.99 - BVerwGE 112, 140 <156> und vom 17. Mai 2002 - BVerwG 4 A 28.01 - BVerwGE 116, 254 <258>). Maßgebend sind ausschließlich die in Anhang III Phase 1 genannten naturschutzfachlichen Kriterien; Erwägungen, die auf Interessen gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Art abstellen, sind nicht statthaft (Urteile vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <24> und vom 27. Oktober 2000 a.a.O. S. 156; ebenso für die Gebietsauswahl durch die Mitgliedstaaten EuGH, Urteil vom 7. November 2000 - Rs. C-371/98 - Slg. 2000, I-09235). Für die Anwendung der Kriterien ist den zuständigen Stellen ein fachlicher Beurteilungsspielraum eingeräumt; zwingend ist eine Gebietsmeldung nur, wenn und soweit die fraglichen Flächen die von der Habitatrichtlinie vorausgesetzte ökologische Qualität zweifelsfrei aufweisen (Urteile vom 31. Januar 2002 - BVerwG 4 A 15.01 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 168 S. 102 und vom 22. Januar 2004 - BVerwG 4 A 4.03 - Buchholz 406.400 § 61 BNatSchG 2002 Nr. 4 S. 31). Dementsprechend dürfen Gebietsteile, die den Auswahlkriterien zweifelsfrei entsprechen, bei der Gebietsmeldung nicht ausgespart werden (Urteil vom 17. Mai 2002 a.a.O. S. 258).

39 Ist die Phase 2 des Auswahlverfahrens abgeschlossen, ein FFH-Gebiet also wie das hier betroffene Gebiet „Werra- und Wehretal“ bereits von der Kommission in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommen worden, so sind an die Darlegung einer fehlerhaften Gebietsabgrenzung allerdings strenge Anforderungen zu stellen. Für eine gerichtliche Prüfung ist zwar weiterhin Raum (offengelassen im Beschluss vom 13. März 2008 - BVerwG 9 VR 9.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 33 Rn. 22), da sich trotz der Fachkunde der mit dem Auswahlprozess betrauten Stellen Fehleinschätzungen nie völlig ausschließen lassen und die dynamische Entwicklung der Natur zu veränderten Verhältnissen führen kann. Mit Rücksicht auf die durch den Auswahlprozess verbürgte hohe Richtigkeitsgewähr der Gebietsabgrenzung bedürfen Einwände gegen die Sachgerechtigkeit der Abgrenzung aber einer besonderen Substantiierung (Beschluss vom 13. März 2008 a.a.O.).

40 Nach diesem Maßstab ist die bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 16. November 2007 geltende Gebietsabgrenzung im Einwirkungsbereich der VKE 32 korrekturbedürftig gewesen. Die nachträglich in das FFH-Gebiet „Werra- und Wehretal“ einbezogenen Erweiterungsflächen entsprechen unter Zugrundelegung der Erhaltungsziele des Gebiets zweifelsfrei den maßgeblichen Auswahlkriterien. In Anbetracht der besonderen Bedeutung, die nach dem Standard-Datenbogen dem Erhalt der großen, zusammenhängenden Laubwaldbestände als Lebensraum für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus bei der Gebietsauswahl beigemessen wurde, war es fachlich zwingend geboten, größere zusammenhängende Laubwaldbestände insgesamt unter Schutz zu stellen. Dem widersprach die Gebietsabgrenzung, die das Abgrenzungskriterium der (Laub-)Wald-/Feldgrenze nicht konsequent durchgehalten und Anteile am zusammenhängenden Laubwald in Gestalt der späteren Erweiterungsflächen südlich der Ortschaft Küchen (Langer Berg), nordöstlich von Hasselbach (Beerberg) und westlich von Waldkappel (Wehrberg) ohne ersichtlichen Grund aus dem Gebiet ausgegrenzt hat. Hierzu gehört auch eine bisher dem FFH-Gebiet „Reichenbacher Kalkberge“ zugehörige Waldfläche zwischen dem FFH-Gebiet „Werra- und Wehretal“ und der Erweiterungsfläche Langer Berg, die die Verbindung zwischen beiden bildet. Da diese erst nachträglich hinzugekommenen Flächen - wie in einer Stellungnahme des Hessischen Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz vom 5. September 2007 ausdrücklich eingeräumt - nach Lage und Funktion integrale Bestandteile des FFH-Gebiets „Werra- und Wehretal“ darstellen, bestand insoweit im Erlasszeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses ein sich aufdrängender Korrekturbedarf.

41 Die Einbeziehung weiterer für die Beurteilung des Vorhabens relevanter Flächen in das Gebiet brauchte sich hingegen nicht aufzudrängen. Der Kläger beruft sich für seine gegenteilige Auffassung vor allem auf die Eignung und tatsächliche Nutzung von Offenland, Übergangsbereichen und Waldstücken im Wehretal durch das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus als Jagdhabitate sowie die Lage von Quartierbäumen der Bechsteinfledermaus am Rand bzw. sogar außerhalb des (erweiterten) FFH-Gebiets. Beide Gesichtspunkte rechtfertigen es nicht, von einer zu engen Gebietsabgrenzung auszugehen.

42 Aus Art. 4 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Anhang III Phase 1 Buchst. B.b FFH-RL ergibt sich, dass die Gebietsabgrenzung die für die zum Gegenstand von Erhaltungszielen gemachten Arten wichtigen Habitatelemente einbeziehen muss. Für Arten, die große Lebensräume beanspruchen, lässt Art. 4 Abs. 1 Satz 2 FFH-RL es demgegenüber genügen, wenn die für ihr Leben und ihre Fortpflanzung ausschlaggebenden physischen und biologischen Elemente unter Schutz gestellt werden. Letzteres rechtfertigt den Gegenschluss, dass für die unter Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL fallenden Arten, zumindest soweit sie für die Gebietsmeldung ausschlaggebend sind, alle wichtigen Habitatelemente vom Gebiet umfasst sein müssen. Dazu zählen auch Jagdhabitate in einem Umfang, der die zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der betreffenden Art im Gebiet notwendige Nahrungsgrundlage sicherstellt.

43 Die der Abgrenzung des FFH-Gebiets „Werra- und Wehretal“ zugrundeliegende naturschutzfachliche Einschätzung, diese Voraussetzung sei sowohl für das Große Mausohr als auch für die Bechsteinfledermaus erfüllt, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken; ob das Große Mausohr überhaupt unter Art. 4 Abs. 1 Satz 1 FFH-RL fällt oder ob diese Art wegen ihres Aktionsradius von ca. 15 km Art. 4 Abs. 1 Satz 2 FFH-RL zuzuordnen ist, kann daher offenbleiben. Wie bereits erwähnt, ist die Gebietsabgrenzung anhand des (Laub-)Wald/Feld-Kriteriums vorgenommen worden. Dieses Kriterium ist für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus gleichermaßen naturschutzfachlich abgesichert. Die im Rahmen der Grunddatenermittlung für die Verträglichkeitsprüfung durchgeführten telemetrischen Untersuchungen kommen im Einklang mit der einschlägigen Fachliteratur zu dem Ergebnis, dass das Große Mausohr überwiegend und die Bechsteinfledermaus sogar fast ausschließlich im Wald jagt. Das Große Mausohr nutzt nach den Telemetrieergebnissen im FFH-Gebiet „Werra- und Wehretal“ zwar auch Übergangsbereiche und Offenland in einem Umfang von 20,2 % bzw. 8,5 %. In der für die Arterhaltung besonders wichtigen Phase der Laktation jagen aber 85 % der telemetrierten Tiere im Wald.

44 Der Kläger hat keine Umstände aufgezeigt, die die vorgenommene Gebietsabgrenzung gleichwohl als naturschutzfachlich nicht vertretbar erscheinen lassen. Zum Großen Mausohr verweist er darauf, dass die in Trassennähe der VKE 32 festgestellten Jagdhabitate sich überwiegend außerhalb der Gebietsgrenzen befinden. Das lässt sich aber damit erklären, dass die Trasse dem Talverlauf folgt und daher weitestgehend im Offenland verläuft. Betrachtet man die Gesamtsituation, so liegen - wie die Karte 2 zur Fledermauskundlichen Grunddatenerfassung 2003 (NPU 23) ausweist - viele der weiter entfernten Jagdhabitate in den Wäldern des FFH-Gebiets „Werra- und Wehretal“ oder angrenzender FFH-Gebiete. Auch die Rechnung, mit der der Kläger belegen will, dass sämtliche als Jagdhabitate im Wehretal genutzten Flächen für den Erhalt der Art notwendig sind, überzeugt nicht. Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass es nicht angeht, die Zahl der im Aktionsraum der Wochenstuben jagenden Fledermäuse zu ermitteln, indem die Zahl der in der jeweiligen Wochenstube lebenden Weibchen verdoppelt wird. Da die Männchen ihre Quartiere ganz überwiegend abseits der Wochenstuben nehmen, werden die Bereiche um die Wochenstuben im Wesentlichen von Weibchen bejagt.

45 Bezogen auf die Bechsteinfledermaus wendet der Kläger ein, der weit überwiegende Teil telemetrisch festgestellter Jagdhabitate liege gebietsextern. Dieser Umstand stellt eine fachgerechte Gebietsabgrenzung schon deshalb nicht in Frage, weil angesichts der kleinen Zahl telemetrierter Tiere nicht angenommen werden kann, die tatsächlich genutzten Jagdhabitate seien auch nur annähernd erfasst worden. In diesem Zusammenhang weist der Beklagte nachvollziehbar darauf hin, dass die Telemetrierung lediglich dazu gedient habe, eine Grundlage zur Abschätzung des potentiellen Aktionsraums der Bechsteinfledermauskolonien zu gewinnen. Ausgehend von regelmäßig nachgewiesenen Aktionsradien der Art von etwa 3 km wurde auf der Basis der Telemetrieergebnisse ein potentieller Aktionsraum der Kolonien ermittelt, der jeweils große Laubwaldanteile im FFH-Gebiet (einschließlich der Erweiterungsflächen) enthält. Gebietsextern liegen hingegen nur kleinere Waldinseln und -streifen, wie ein Vergleich zwischen der Karte 1 der Grundlagendatenermittlung zur Verträglichkeitsprüfung (NPU 25) und der Übersichtskarte 1 der Stellungnahme zu den Auswirkungen der Gebietsveränderung (NPU 32) zeigt. Das FFH-Gebiet enthält nach den überzeugenden Ausführungen in der Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt und der S. GbR vom 13. März 2010 große Potentiale bislang von der Bechsteinfledermaus noch gar nicht genutzter Jagdhabitate. Wie bereits im Planfeststellungsbeschluss (S. 243) erwähnt und in der mündlichen Verhandlung seitens des Gutachters Si. näher erläutert worden ist, stellt der Aktionsraum von Bechsteinfledermäusen keine fixe Größe dar. Die Tiere sind vielmehr in der Lage, ihn in Maßen den jeweiligen Gegebenheiten anzupassen, soweit sie geeignete Habitatstrukturen vorfinden. Anschaulich bestätigt wird diese Flexibilität durch die vollständige Verlagerung des Quartierzentrums der Bechsteinfledermauskolonie Nordwest-Harmuthsachsen innerhalb des FFH-Gebiets, die nach den Ausführungen des Gutachters im Jahr 2009 stattgefunden hat. Bei dieser Sachlage ist die der Gebietsabgrenzung zugrundeliegende naturschutzfachliche Einschätzung, durch die gebietsinternen Flächen werde eine ausreichende Nahrungsgrundlage der beiden durch die VKE 32 betroffenen Kolonien der Bechsteinfledermaus gewährleistet, nicht erschüttert.

46 Die Lage der von Kolonien der Bechsteinfledermaus genutzten Quartierbäume erforderte - soweit hier von Belang - gleichfalls keine großräumigere Gebietsabgrenzung. Mit einer Ausnahme befinden sich die ermittelten Quartierbäume innerhalb der Grenzen des (erweiterten) FFH-Gebiets. Ausweislich des Vorschlags der S. GbR vom 2. August 2007 zur Gebietserweiterung (Anlage zur NPU 28) wurde jeder Quartierbaum mit einem Puffer von 100 m versehen, soweit in diesem Umkreis geeignete Habitatstrukturen vorhanden waren. Anhand des vorgelegten Kartenmaterials lässt sich nachvollziehen, dass dort, wo ein geringerer Abstand zur Gebietsgrenze besteht, tatsächlich keine geeigneten Habitatstrukturen vorhanden sind (vgl. den Bestands- und Konfliktplan der NPU 32). Dass ein Quartierbaum knapp außerhalb des Gebiets steht, ist nicht entscheidungserheblich, weil er sich etwa 850 m von der Trasse entfernt und damit weit außerhalb ihres Einwirkungsbereichs befindet.

47 (3) Sind alle Habitatelemente, die für eine zum Gegenstand eines Erhaltungsziels gewordene Art wichtig sind, schon bei der Gebietsabgrenzung zu berücksichtigen, so brauchten über das festgelegte Gebiet einschließlich sich aufdrängender Erweiterungsflächen hinaus gebietsexterne Flächen nicht in die Verträglichkeitsprüfung einbezogen zu werden. Soweit die hier durchgeführte Verträglichkeitsprüfung „vorsorglich“ auch Verluste und Beeinträchtigungen solcher Flächen als Nahrungshabitate des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus in den Blick genommen hat, entsprach dies keinem rechtlichen Erfordernis und ist deshalb für die Rechtmäßigkeit des Planfeststellungsbeschlusses ohne Belang. Gebietsextern mussten vielmehr nur die Funktionsbeziehungen zwischen den Teilgebieten des FFH-Gebiets „Werra- und Wehretal“ sowie zwischen diesem Gebiet und anderen FFH-Gebieten geprüft werden. Dies ist geschehen, indem untersucht worden ist, ob und inwieweit die Flugrouten des Großen Mausohrs und die Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus durch den Bau und Betrieb der Trasse beeinträchtigt werden können, in welchem Ausmaß es zu Kollisionen von Exemplaren beider Arten mit dem Autobahnverkehr kommen kann und in welchem Umfang diese Risiken durch das geplante Schutzkonzept beherrschbar sind.

48 Soweit der Planfeststellungsbeschluss für die Bechsteinfledermaus von der Annahme ausgegangen ist, die Wechselbeziehungen zwischen den Gebietsteilen seien nicht von den Erhaltungszielen des Gebiets umfasst (S. 241 und 243), trifft diese Sicht freilich nicht zu, da die Aktionsräume der Bechsteinfledermaus zwar deutlich kleiner als die des Großen Mausohrs sind, aber dennoch FFH-Gebietsteile auf beiden Seiten des Wehretals einschließen. Daraus, dass die Bechsteinfledermaus zum Gegenstand des Gebietsschutzes geworden ist, ergibt sich die Notwendigkeit, auch die artspezifischen Wechselbeziehungen zwischen den Gebietsteilen als Erhaltungsziel anzusehen. Die abweichende Auffassung des Planfeststellungsbeschlusses ist jedoch letztlich unerheblich, weil er die Aufrechterhaltung der Wechselbeziehungen zwar nicht als Erhaltungsziel verstanden, aber gleichwohl im Anschluss an die Verträglichkeitsprüfung wegen ihrer Bedeutung für den Erhaltungszustand der Art in den Gebietsschutz einbezogen hat (S. 243).

49 dd) Die Beurteilung der Verträglichkeit des Vorhabens beruht auf einer ausreichenden Erfassung und Bewertung der maßgeblichen Bestandteile des FFH-Gebiets.

50 Um die projektbedingten Einwirkungen zutreffend auf ihre Erheblichkeit hin beurteilen zu können, hat die Verträglichkeitsprüfung eine sorgfältige Bestandserfassung und -bewertung der von dem Projekt betroffenen maßgeblichen Gebietsbestandteile zu leisten. Dazu bedarf es keiner flächendeckenden Ermittlung des floristischen und faunistischen Gebietsinventars sowie der Habitatstrukturen. Vielmehr genügt die Erfassung und Bewertung der für die Erhaltungsziele maßgeblichen Gebietsbestandteile in einem solchen Umfang, dass die Einwirkungen des Projekts bestimmt und bewertet werden können. Die Methode der Bestandsaufnahme ist nicht normativ festgelegt; die Methodenwahl muss aber den für die Verträglichkeitsprüfung allgemein maßgeblichen Standard der „besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse“ einhalten (vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 <Rn. 72 f.>). Dem wird die im Rahmen der Verträglichkeitsprüfung durchgeführte Bestandsaufnahme gerecht.

51 Soweit der Kläger geltend macht, die Methoden zur Erfassung des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus sowie ihrer Habitatnutzung seien in zu geringem Umfang angewandt worden, was insbesondere für die Telemetrie gelte, überzeugt dies nicht. Für beide Fledermausarten wurden Vorkommen und Habitatnutzung durch einen Methodenmix, bestehend aus Detektorkartierungen, Netzfängen und Telemetrie, erhoben. In Anbetracht des hohen Aufwandes, der mit der letztgenannten Methode verbunden ist, leuchtet es ein, dass sie nur eingesetzt worden ist, um die durch Detektorkartierungen und Netzfänge gewonnenen Erkenntnisse zu ergänzen. Im Zusammenhang mit der Ermittlung von Jagdhabitaten sind telemetrische Untersuchungen im Übrigen nicht durchgeführt worden, um die tatsächlich genutzten Habitate flächendeckend zu erfassen; vielmehr ging es - wie schon erwähnt - nur darum, Erkenntnisse über die Art der genutzten Strukturen zu erlangen, um so eine Grundlage zur Bestimmung potentieller Jagdhabitate zu gewinnen. Dass unter diesem Blickwinkel weitere Untersuchungen keine zusätzlichen planungsrelevanten Erkenntnisse erwarten ließen, leuchtet ein. Auch der Kläger hat nicht dargetan, welche konkreten Erkenntnisse er in dieser Hinsicht vermisst.

52 Seine Rüge, die Verträglichkeitsprüfung beschränke sich in ihrer Habitatanalyse auf eine schematische Dreiteilung der in Frage kommenden Habitatflächen, trifft nicht zu. Bezogen auf das Große Mausohr wurde im Rahmen der Grunddatenerhebung zunächst untersucht, ob es Jagdhabitate gibt, die von dieser Art bevorzugt werden. Nachdem Telemetrierungen ergeben hatten, dass die Tiere überwiegend im Wald jagen und die Jagd in Offenlandbereichen zudem saisonal vor bzw. nach der für die Arterhaltung entscheidenden Wochenstubenzeit erfolgt, wurde der Schluss gezogen, dass die Waldgebiete das deutlich bevorzugte Jagdhabitat des Großen Mausohrs sind. Im Folgenden wurden daher nur diese Gebiete differenziert untersucht, und zwar in Bezug auf den Waldtyp (Laubwald, Mischwald, Nadelwald) und das Alter des Waldes. Da die Übergangsbereiche ein strukturell sehr unterschiedliches Bild bieten, wurde ihre Eignung als Jagdhabitat nach Experteneinschätzung im Einzelfall bestimmt. Bezogen auf die Bechsteinfledermaus ist in vergleichbarer Weise verfahren worden. Angesichts der nahezu ausschließlichen Nutzung von Wäldern als Jagdhabitate durch diese Art ist nicht zu beanstanden, dass lediglich Waldflächen einer differenzierenden Analyse unterzogen wurden.

53 Ebenso wenig sind die Einwände gegen die Erhebung der Flugrouten des Großen Mausohrs berechtigt. Die Flugrouten wurden durch Sicht- und Detektorbeobachtungen sowie Telemetrie erfasst. Soweit der Kläger die Zahl der Beobachtungsstandorte ins Verhältnis zur Länge der Gesamtstrecke setzt, ist dies nicht aussagekräftig, da Beobachtungsstandorte verstärkt im Bereich der Wochenstuben eingerichtet wurden, während die Flugrouten im Übrigen über Telemetrie ermittelt wurden. Dieses Vorgehen ist plausibel. Die Ausflugrouten an den Wochenstuben lassen sich verlässlich durch Beobachtungen ermitteln. Je weiter sich die Tiere von ihren Quartieren entfernen, desto mehr sind die Untersuchungen hingegen auf die Verfolgung einzelner Tiere über Telemetrie angewiesen.

54 Ferner hat der Beklagte den Untersuchungszeitraum nachvollziehbar begründet. Da vorliegend vor allem die Beeinträchtigung von Wochenstubenquartieren in Rede steht, ist es plausibel, die Untersuchungen auf die sensiblen Trage-, Laktations- und Aufzuchtzeiten zu konzentrieren.

55 Auch die Auswahl der charakteristischen Arten für den zum Gegenstand von Erhaltungszielen gewordenen Lebensraum „Hainsimsen-Buchenwald“ ist nicht zu beanstanden. Entgegen der Ansicht des Klägers müssen nicht alle in einem durch das Vorhaben betroffenen Lebensraumtyp vorkommenden charakteristischen Arten speziell untersucht werden, sondern nur diejenigen, deren Betroffenheit über die Prüfung des Lebensraums als Ganzen nicht adäquat erfasst wird. Da vorliegend Lärmeinwirkungen auf den Lebensraum in Rede standen, wäre es nicht sinnvoll gewesen, die vom Kläger aufgeführten Pilze, Pflanzen, Schnecken und Falter in die Betrachtung einzubeziehen. Im Hinblick darauf, dass die Verträglichkeitsprüfung mit den untersuchten Spechtarten nach damaligem Kenntnisstand besonders lärmempfindliche Arten untersucht hat, bestand überdies kein Anlass, die Bestandsaufnahme auf weitere charakteristische Vogelarten zu erstrecken. Im Übrigen überzeugt die der Verträglichkeitsprüfung zugrundegelegte Begründung, nach der Spechte ausgewählt wurden, weil sie durch das Schaffen von Höhlen maßgeblich an der typgerechten Gestaltung des Lebensraums beteiligt sind. Schließlich bedurfte es auch nicht zwingend einer Revierkartierung; um die für die Erhaltungsziele maßgeblichen Habitatbestandteile der Spechtarten zu ermitteln und deren Beeinträchtigung abzuschätzen, genügte vielmehr die vorgenommene Potentialanalyse.

56 ee) Die Verträglichkeitsprüfung ist auf der Grundlage der ermittelten Daten zu Recht zu einem positivem Ergebnis gelangt.

57 Ob ein Projekt ein FFH-Gebiet in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigen kann, ist anhand seiner Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der Gebietsbestandteile zu beurteilen. Maßgebliches Beurteilungskriterium ist der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten im Sinne der Legaldefinitionen des Art. 1 Buchst. e und i FFH-RL; ein günstiger Erhaltungszustand muss trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben (Urteile vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 <Rn. 43> und vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 94). Für die Frage, ob dies gewährleistet ist, dürfen zugunsten des zu beurteilenden Projekts die vom Vorhabenträger geplanten oder in der Planfeststellung angeordneten Schutz- und Kompensationsmaßnahmen berücksichtigt werden; denn es macht aus der Sicht des Habitatschutzes keinen Unterschied, ob durch ein Projekt verursachte Beeinträchtigungen von vornherein als unerheblich einzustufen sind oder ob sie diese Eigenschaft erst durch entsprechende Vorkehrungen erlangen (vgl. Urteile vom 19. Mai 1998 - BVerwG 4 A 9.97 - BVerwGE 107, 1 <27>, vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 53 und vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 94). Dies verkennt der Kläger, indem er dem Beklagten vorhält, die Verträglichkeitsprüfung habe sich durch Berücksichtigung von „Managementmaßnahmen“ einer verfehlten Bewertungsmethodik bedient.

58 (1) Unter Berücksichtigung der angeordneten Schutzmaßnahmen und ergänzenden Vorkehrungen sind bezogen auf die Fledermausarten Großes Mausohr und Bechsteinfledermaus weder bau- noch anlage- oder betriebsbedingt erhebliche Beeinträchtigungen zu besorgen.

59 (a) Der Bau des Tunnels und des östlich anschließenden Straßenstücks kann zwar unstreitig zu Konflikten im Bereich der dortigen Hauptflugrouten des Großen Mausohrs und Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus führen. Das planfestgestellte Schutzkonzept gewährleistet aber, dass der Erhaltungszustand beider Fledermausarten stabil bleibt, so dass die einschlägigen Erhaltungsziele nicht berührt sind.

60 Deutlich begrenzt werden die baubedingten Auswirkungen bereits durch die jahreszeitliche Baubeschränkung (Schadensbegrenzungsmaßnahme M 10.2 in der Fassung der Protokollerklärung vom 10. März 2010), die einen uneingeschränkten Baubetrieb nur in der Zeit vom 1. November bis 15. April erlaubt, wobei Rodungen auf die Zeit vom 1. November bis 1. März beschränkt sind. Es mag zutreffen, dass Große Mausohren ihre außerhalb des Trassenbereichs gelegenen Winterquartiere je nach Witterung und Höhenlage schon ab März eines Jahres verlassen. Die störungsanfällige Wochenstubenphase beginnt jedoch erst im April oder Mai; Geburten finden selbst in warmen Jahren erst ab Ende Mai statt (Petersen u.a., Das Europäische Schutzgebietssystem Natura 2000, Band 2: Wirbeltiere, 2004, S. 504). Für Bechsteinfledermäuse geht der Kläger selbst davon aus, dass diese ihre Quartierbäume erst ab Mitte April beziehen.

61 Außerhalb der Zeit vom 1. November bis 1. März gelten für den Baubetrieb sowohl räumliche Beschränkungen als auch besondere zeitliche Maßgaben. So darf für die Bau- und Lagerfläche am Hasselbach lediglich ein Ackerstandort in Anspruch genommen werden, der zudem durch Bauzäune von anschließenden Gehölzflächen sowie vom Hasselbachtal abgegrenzt wird. Dass die in diesem Bereich vorgesehenen Materialmieten wegen der angeordneten Höhenbegrenzung die dortige Flugroute des Großen Mausohrs nicht unterbrechen, hält der Senat für überzeugend, zumal davon auszugehen ist, dass derartige Mieten in Flugrichtung abgeböscht ausgebildet werden. Die Schadensbegrenzungsmaßnahme M 11 hat eine zügige Realisierung der Luftbogenstrecke am Tunnelportal unmittelbar bei Baubeginn in der Ruhezeit der Fledermäuse zum Gegenstand; die Arbeiten daran müssen vor der Aktivitätsphase der Tiere abgeschlossen werden. Da auch die Querungshilfen östlich des Tunnels schon während der Ruhezeit angelegt werden, bleibt die Autobahntrasse sowohl im Tunnelabschnitt als auch im offenen Anschlussbereich während der Bauphase quer zu ihrem Verlauf passierbar. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, die geplanten Grünbrücken seien zunächst nicht funktionsfähig. Nach den Erläuterungen seitens des Beklagten in der mündlichen Verhandlung ist nämlich davon auszugehen, dass die Grünbrücken sofort bepflanzt und mit seitlichen Schutzwänden eingefasst werden, so dass auf ihnen eine - wenn auch noch nicht voll ausgebildete - Leitstruktur rechtzeitig zur Verfügung steht. Die zeitlich versetzte Herstellung der Richtungsfahrbahnen erleichtert ebenfalls die Querpassierbarkeit der Trasse. Sie hat außerdem zur Folge, dass sich die Leitstrukturen, die den Fledermäusen die Orientierung ermöglichen, nur schrittweise und damit schonend ändern. Ungeachtet der Frage, ob die Flugrouten beider in Rede stehenden Fledermausarten eher als Linie oder als Korridor ausgeprägt sind, werden dadurch gravierende Hindernisse für die Orientierung der Tiere vermieden.

62 Von dem zusätzlich zur Begrenzung der baubedingten Einwirkungen beitragenden Nachtbauverbot gilt freilich für den Tunnelbau Küchen eine Ausnahme. Die Verträglichkeitsprüfung räumt selbst ein, dass sich daraus am östlichen Tunnelende, das in offener Bauweise erstellt werden soll, Konflikte ergeben könnten. Ihre Einschätzung, die Vorkehrungen des Planfeststellungsbeschlusses begegneten dem wirkungsvoll, ist indes nicht zu beanstanden. Durch die - wie erwähnt - frühzeitig anzulegende Luftbogenstrecke werden im Zusammenwirken mit seitlichen blickdichten Bauzäunen die nächtlichen Tunnelbauarbeiten einschließlich der von ihnen ausgehenden Lichtreize weitgehend abgeschirmt. Soweit die Ausnahme vom Nachtbauverbot zusätzlich ein östlich an den Tunnel anschließendes, gleichfalls innerhalb des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus liegendes Teilstück der Autobahn umfasst, wird die Trasse zwar nur zur Seite, nicht aber nach oben abgeschirmt. Der Beklagte hat dieses Teilstück jedoch in der mündlichen Verhandlung auf eine Länge von 100 m begrenzt mit der Folge, dass nur in diesem engen Bereich nächtliche Bauarbeiten einschließlich des ihnen zuzurechnenden Transports von Abraum mit Baufahrzeugen durchgeführt werden dürfen, während der Weitertransport allein tagsüber zulässig ist. Da die in Rede stehenden Arbeiten nicht kontinuierlich, sondern nur jeweils im Anschluss an Sprengungen im Tunnel stattfinden, leuchtet die vom Kläger nicht mit Sachargumenten erschütterte Beurteilung des Beklagten ein, dass insoweit Irritationen der Fledermäuse, die deren Kolonien destabilisieren könnten, auszuschließen sind.

63 (b) Anlagebedingte Beeinträchtigungen in Gestalt der Inanspruchnahme von Jagdhabitatflächen scheiden nach den obigen Ausführungen schon deshalb aus, weil es nicht zu gebietsinternen Verlusten solcher Flächen kommt.

64 (c) Die Verträglichkeitsprüfung ist zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass Anlage und Betrieb der Autobahn die für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus maßgeblichen Erhaltungsziele durch Zerschneidung von Flugrouten bzw. Wechselbereichen sowie signifikant gesteigerte Kollisionsrisiken beim Queren der Autobahn beeinträchtigen kann, dass das planfestgestellte Schutzkonzept aber erhebliche Beeinträchtigungen in diesem Sinne verhindert. Ausweislich der im Auftrag des Vorhabenträgers durchgeführten Untersuchungen queren bedeutende Flugrouten des Großen Mausohrs die Trasse im östlichen Teil des Tunnels Küchen und weiter östlich am Hasselbach. Außerdem erstreckt sich ein Wechselbereich der Bechsteinfledermaus vom östlichen Endstück des Tunnels über eine Entfernung von ca. 700 m nach Osten. Es liegt auf der Hand, dass die im Regelquerschnitt 27 m breite Autobahn mit ihrem Verkehrsstrom ohne Schutzmaßnahmen für die Fledermäuse eine schwer zu überwindende Hürde darstellen und zugleich das Risiko von Kollisionen der Tiere mit dem Kfz-Verkehr beträchtlich erhöhen würde. Noch verstärkt werden könnten diese Beeinträchtigungen durch den Wegfall von Vegetationselementen im Bereich einer trassenparallelen Hauptflugroute des Großen Mausohrs. Soweit am Ostende des planfestgestellten Autobahnabschnitts in der Verträglichkeitsprüfung ein zweiter Wechselbereich der Bechsteinfledermaus lokalisiert worden ist, kommt dem hingegen keine Bedeutung zu. Nach den vom Kläger nicht in Frage gestellten Erläuterungen des Beklagten ist dort nämlich nur ein einzelnes Männchen telemetriert worden, so dass der fragliche Bereich keine Vernetzungsfunktion zwischen Teilen des FFH-Gebiets oder mit anderen FFH-Gebieten erfüllt. Aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens einschließlich der eingehenden Diskussion in der mündlichen Verhandlung unter Beteiligung der Gutachter Dipl.-Biol. Sp. auf Seiten des Klägers sowie Dr. D. und Dipl.-Ing. G. auf Seiten des Beklagten hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen in Verbindung mit dem zusätzlich angeordneten Risikomanagement ausreichen, um die aufgezeigten Risiken zu bewältigen und vernünftige Zweifel am Ausbleiben einer vorhabenbedingten Verschlechterung des Erhaltungszustands der Mausohr- und Bechsteinfledermauspopulation im FFH-Gebiet auszuschließen.

65 Kernstück des Schutzkonzepts sind Querungshilfen in Gestalt des in den Wechselbereich der Bechsteinfledermaus hinein verlängerten Tunnels, zweier Grünbrücken und des Durchlasses unter der Hasselbachbrücke. Eingebunden werden sie in ein Gefüge aus Leiteinrichtungen, bestehend aus talseitigen Wällen und bergseitigen Böschungen, überwiegend beidseitigen trassenbegleitenden Bepflanzungen, Schutzzäunen und -wänden. Diese Einrichtungen haben die doppelte Funktion, die Fledermäuse als Leitstrukturen zu den Querungshilfen hinzuleiten und sie zugleich von einem Überflug über die Trasse an anderer Stelle abzuhalten. Durch ein Monitoring soll die Wirksamkeit der Maßnahmen überwacht und so die Grundlage geschaffen werden, um durch vorbehaltene ergänzende Maßnahmen erst nachträglich sichtbar werdende Schwachstellen des Schutzkonzepts zu beheben.

66 Die Verträglichkeitsprüfung und - ihr folgend - der Planfeststellungsbeschluss sind zu Recht davon ausgegangen, dass die vorgesehenen Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen die Funktionalität der Flugrouten des Großen Mausohrs und des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus erhalten. Die dagegen vom Kläger erhobenen Einwände greifen nicht durch.

67 Der grundsätzliche Einwand, die Wirksamkeit von Querungshilfen und Leiteinrichtungen für Fledermäuse sei wissenschaftlich nicht belegt, findet in den einschlägigen Studien und Richtlinien keine Stütze. Das aktuelle Merkblatt zur Anlage von Querungshilfen für Tiere und zur Vernetzung von Lebensräumen an Straßen (MAQ) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV), Stand: März 2008, bezeichnet die dort beschriebenen Querungshilfen und ergänzenden Vorkehrungen als „in ihrer Wirkungsweise belegt“ und „zur Vermeidung bzw. Minderung der Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft geeignet“ (S. 6). Richtig ist allerdings, dass andere aktuelle wissenschaftliche Stellungnahmen betonen, empirische Untersuchungen zur Wirksamkeit von Querungshilfen gebe es bislang nur in geringer Zahl (vgl. den Entwurf eines Leitfadens für Straßenbauvorhaben im Freistaat Sachsen „Planung und Gestaltung von Querungshilfen für Fledermäuse“, Dezember 2008 <S. 5 f., 7 und 72, nachfolgend: Sächsischer Leitfaden>). Trotz der Beweisregel des Art. 6 Abs. 3 FFH-RL, wonach kein vernünftiger Zweifel am Ausbleiben erheblicher Beeinträchtigungen bestehen darf (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 <Rn. 54, 58 und 62>), hindert das aber nicht, die in dem erwähnten Merkblatt angegebenen Querungshilfen als wirksam zu betrachten. In einer Situation, die von derzeit noch nicht ausräumbaren wissenschaftlichen Unsicherheiten über Wirkungszusammenhänge geprägt ist, darf mit Prognosewahrscheinlichkeiten, Schätzungen und Analogieschlüssen gearbeitet werden (Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 64). Neben ersten Evaluierungsstudien bilden Verhaltensbeobachtungen von Fledermäusen an Straßen eine fundierte Basis, um die Wirksamkeit von Querungshilfen und flankierenden Schutzmaßnahmen prognostisch einzuschätzen. Auf diese Weise ist es jedenfalls gerechtfertigt, die grundsätzliche Wirksamkeit von Durchlässen und Grünbrücken als Querungshilfen zu bejahen. Unsicherheiten über die im jeweiligen Einzelfall gebotene Lage und Ausgestaltung der Hilfen bedeuten kein unüberwindbares Zulassungshindernis, wenn das Schutzkonzept ein wirksames Risikomanagement entwickelt hat (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 64). Der Beklagte ist in dieser Weise vorgegangen, indem er sich bei der Ausgestaltung der Schadensvermeidungs- und Schadensminderungsmaßnahmen am Merkblatt orientiert und ergänzend ein Risikomanagement angeordnet hat, um bei Bedarf das Schutzkonzept „nachjustieren“ zu können.

68 Entgegen der Auffassung des Klägers bestehen keine Bedenken gegen die Lage der geplanten Querungshilfen. Während eine Hauptflugroute des Großen Mausohrs die Trasse über dem Tunnel quert, befindet sich die zweite querende Hauptflugroute in der Nähe des Hasselbachs. Sowohl der Durchlass unter der Hasselbachbrücke als auch die Grünbrücke Hasselbach sollen in nahem räumlichen Zusammenhang mit dieser Hauptflugroute errichtet und durch Leiteinrichtungen mit ihr verknüpft werden. Auch die Bechsteinfledermaus wird den Tunnel als Querungshilfe nutzen können, weil dieser infolge der vorgesehenen Tunnelverlängerung einen Teil ihres Wechselbereichs abdecken wird. Die Grünbrücke am ehemaligen Bahnhof Hasselbach wird in der Mitte des Wechselbereichs liegen und damit unstreitig richtig platziert sein. Dass die Grünbrücke Hasselbach und die Hasselbachbrücke ca. 50 bzw. 120 m außerhalb des Wechselbereichs geplant sind, stellt ihre Eignung als Querungshilfe - auch - für die Bechsteinfledermaus nicht in Frage, sofern sie fachgerecht durch Leitstrukturen mit diesem Bereich verknüpft werden.

69 Die Behauptung des Klägers, die geplanten Querungshilfen könnten wegen unzureichender Maße und Bepflanzung ihre Funktion nicht erfüllen, vermag nicht zu überzeugen. Die Grünbrücken sollen 12 bzw. 13 m breit ausgeführt werden, während das MAQ lediglich eine Mindestbreite von 8 m vorsieht (Tabelle 4.6 auf S. 46). Soweit in dem Merkblatt eine Breite ab 50 m empfohlen wird (S. 18), betrifft dies Standard-Grünbrücken zur Vernetzung gesamter Lebensräume. Darum geht es hier nicht. Der Empfehlung, die Brücken mit doppelreihigem Bewuchs sowie Licht- und Lärmschutz auszustatten (S. 43 f.), trägt die Planung Rechnung; neben zwei Gehölzstreifen sind merkblattblattkonform an den Brückenrändern 3 m hohe Irritationsschutzwände vorgesehen, um die Brücken von der Autobahn abzuschirmen. Anders als die beiden Grünbrücken entspricht der Durchlass unter der Hasselbachbrücke allerdings nicht voll den Vorgaben des Merkblatts. Während dieses für „sonstige Unterführungen“ bezogen auf andere als wassergebunden fliegende Arten eine lichte Höhe von mindestens 4,5 m und eine lichte Weite von mindestens 5 m fordert (Tabelle 4.6 auf S. 47), weist die Hasselbachbrücke eine lichte Höhe von 3,5 m und eine lichte Weite von 10 m auf. Ausweislich der Erläuterungen der Gutachter des Beklagten, die klägerseitig nicht substantiiert angegriffen worden sind, nutzen Große Mausohren, für die die Hasselbachbrücke in erster Linie als Querungshilfe dienen soll, Durchlässe aber bereits ab einer Größe von 2 x 2 m; die in dem Merkblatt geforderten größeren Abmessungen seien auf die Bedürfnisse anderer Arten zurückzuführen. Angesichts dessen durfte der Beklagte die Eignung der Hasselbachbrücke als Querungshilfe für das Große Mausohr bejahen, zumal deren Breite die Mindestangaben des Merkblatts weit übersteigt. Sollte die Eignung für die Bechsteinfledermaus eingeschränkt sein, stellt dies die Stimmigkeit des Schutzkonzepts nicht in Frage, weil für diese Art die näher zum Wechselbereich hin gelegene Grünbrücke Hasselbach ohnehin den wesentlichen Baustein bildet, um die Funktionalität des Wechselbereichs in seinem östlichen Teil aufrechtzuerhalten.

70 Die Sorge des Klägers, die Grünbrücken könnten mangels ausreichend entwickelter Vegetationsstruktur im Zeitpunkt der Verkehrsfreigabe wirkungslos bleiben, ist unbegründet. Das MAQ verlangt nicht, dass die Vegetationsstruktur bei Inbetriebnahme der Trasse voll entwickelt ist. Es weist nur darauf hin, dass Sperr- und Leiteinrichtungen für Fledermäuse ihre Funktion erst ab einer Höhe von 3 m erfüllen, und verlangt, diese Einrichtungen müssten rechtzeitig vor Verkehrsfreigabe funktionsfähig sein. Sollte dies zeitlich nicht möglich sein, könnten die Pflanzungen mit entsprechend hohen Holzwänden kombiniert werden (S. 61). Dem trägt die Planung Rechnung. Die Verträglichkeitsprüfung sieht vor, dass die Grünbrücken vorgezogen erstellt und mit mindestens 3 m hohen Irritationsschutzwänden versehen werden. In Anbetracht dessen bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Wirksamkeit bei Verkehrsfreigabe.

71 Ebenso wenig kann der Kläger mit seiner Kritik an der Einbindung der Querungshilfen in die Landschaft durchdringen. Die Planung sieht für den Trassenabschnitt östlich des Tunnels lückenlose trassenbegleitende Leitstrukturen entlang der Autobahn vor. Im unmittelbaren Anschluss an die Querungshilfen sind 4 m hohe Irritationsschutzwände geplant, an die sich Leitpflanzungen und - teils zusätzlich, teils ersatzweise - fledermausspezifische oder -angepasste Schutzzäune anschließen. Diese Einrichtungen sind südlich der Autobahn durchgehend auf einem 4 m hohen Wall, nördlich am Hang geplant, so dass die Autobahn in einem tiefen Einschnitt liegen wird. Es leuchtet ein, dass die genannten Einrichtungen ihre Leitfunktion dadurch frühzeitig wahrnehmen können. Während die trassenparallelen Leitstrukturen nach Norden hin durch zusätzliche Pflanzungen an vorhandene Gehölzflächen anbinden, ist dem Kläger allerdings zuzugeben, dass es nach Süden hin wegen der B 7 an einer entsprechenden Verknüpfung fehlt. Aufgrund der von Seiten des Beklagten in der mündlichen Verhandlung gegebenen Erläuterungen hat sich das Gericht aber davon überzeugen können, dass die - schon bisher vorhandene und künftig wesentlich entlastete - B 7 kein ernsthaftes Hindernis für die nach Süden fliegenden bzw. von dort kommenden Tiere darstellen wird.

72 Erhebliche Beeinträchtigungen der trassenparallelen Flugroute des Großen Mausohrs brauchte der Beklagte ebenfalls nicht in Rechnung zu stellen. Zwar ist diese Flugroute, worauf der Kläger zutreffend hinweist, durch Rodungsarbeiten seitlich des ehemaligen Bahndamms betroffen. Durch die trassenbegleitenden Anpflanzungen werden jedoch gleichgerichtete Leitstrukturen geschaffen, die in der Lage sind, die Funktion der verlorengehenden Gehölzsäume zu übernehmen.

73 Auf die Einwände des Klägers gegen die im Bereich des Wehrebogens geplanten Schutzvorkehrungen kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht an. Dort sind keine Hauptflugrouten des Großen Mausohrs oder Wechselbereiche der Bechsteinfledermaus festgestellt worden, denen eine Vernetzungsfunktion zwischen den Teilen des FFH-Gebiets „Werra- und Wehretal“ oder zwischen diesem Gebiet und anderen FFH-Gebieten zukommt. Soweit die Trasse dort Trennwirkungen, etwa in Bezug auf die Erreichbarkeit von Nahrungshabitaten der Fledermäuse, hervorruft, sind Schutzvorkehrungen nicht an den Bestimmungen des Habitatrechts, sondern denen des allgemeinen Artenschutzrechts zu messen.

74 Das planfestgestellte Schutzkonzept ist aber nicht nur geeignet, die habitatrechtlich relevante Vernetzungsfunktion der Hauptflugrouten des Großen Mausohrs bzw. des Wechselbereichs der Bechsteinfledermaus aufrechtzuerhalten; darüber hinaus rechtfertigt es auch die Prognose, das Kollisionsrisiko werde so reduziert, dass eine Beeinträchtigung des Erhaltungszustands dieser Arten im FFH-Gebiet ausgeschlossen sei. In dem kritischen Bereich östlich des Tunnelportals wird dem Risiko eines Einfliegens der Tiere in die Trasse durch ein Bündel von Maßnahmen begegnet. Dazu gehört der Lärmschutzwall von über 4 m Höhe auf der Südseite, der zusätzlich dicht bepflanzt wird, ebenso wie durchgehende Schutzzäune auf der Nordseite, die zwischen dem östlichen Tunnelportal und den Querungsbauwerken als fledermausspezifische Schutzzäune mit einer Höhe von 4 m nebst zusätzlich aufgesetztem Drahtgeflecht von 1,5 m und im Übrigen als fledermausgerecht modifizierte Wildschutzzäune von 2 m Höhe ausgebildet werden. Diese Einrichtungen sind ebenso wie die geplanten Bepflanzungen zwar für die Fledermäuse überfliegbar, vermindern durch ihre Höhe aber das Risiko, dass die Tiere bodennah in die Trasse einfliegen und dort von Fahrzeugen erfasst werden. Die Zweifel des Klägers an der Eignung dieser Anlagen zur Risikominderung sind unbegründet. Sie entsprechen in ihrer konkreten Ausgestaltung den Vorgaben des MAQ. Freilich ist dem Kläger zuzugeben, dass die Schutzwirkung der geplanten Einrichtungen begrenzt ist; insbesondere besteht die Gefahr fort, dass die Flughöhe der Tiere nach Überwinden der Sperreinrichtungen wegen der Trassenbreite deutlich absinkt und so zu Kollisionen mit Kraftfahrzeugen führt (vgl. Sächsischer Leitfaden, S. 86 f., 95). Diesem Umstand kommt aber keine ausschlaggebende Bedeutung zu, weil die Sperrwirkung ohnehin nur einen Nebeneffekt der primär als Leitstrukturen dienenden Einrichtungen darstellt.

75 Soweit wegen der geringen Zahl empirischer Untersuchungen zur Eignung von Querungshilfen einschließlich ergänzender Leit- und Sperreinrichtungen Prognoseunsicherheiten über die Wirksamkeit der planfestgestellten Maßnahmen verbleiben, trägt die Planung dem durch das angeordnete Risikomanagement Rechnung. Die daran vom Kläger geübte Kritik kann dem Klagebegehren nicht zum Erfolg verhelfen.

76 Der Kläger wendet ein, die Datenermittlung zur Funktionskontrolle der Querungshilfen nebst flankierenden Einrichtungen habe sich nach der Regelung im Planergänzungsbeschluss auf anerkannte fachliche Standards zu stützen, obwohl es solche gar nicht gebe. Das Fehlen einschlägiger Standards stützt er auf die Annahme, wissenschaftliche Studien zur Wirksamkeit von Schadensbegrenzungsmaßnahmen für Fledermäuse lägen noch nicht in ausreichendem Maße vor. Dieser Einwand ist nicht stichhaltig. Die einschlägige Nebenbestimmung im Planergänzungsbeschluss (IV.15) schreibt vor, bei der Ermittlung des Nutzungsumfangs von Grünbrücken usw. durch das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus sowie der Wirkung von Schutzeinrichtungen seien anerkannte Standards zugrunde zu legen. Das besagt nichts über anerkannte Standards bezüglich der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen, sondern verweist auf Standards nur für die Methoden, mit denen das Verhalten von Fledermäusen im Bereich der fraglichen Einrichtungen überprüft werden soll. In engem Zusammenhang mit der vorstehenden Kritik wirft der Kläger dem Beklagten vor, die Monitoringmaßnahmen seien nicht genügend konkret festgelegt worden. Die Nebenbestimmungen IV.15 und 16 des Planergänzungsbeschlusses umschreiben indes sowohl die Gegenstände des Monitorings als auch die Untersuchungsmethoden sowie Anzahl und Methodik der Untersuchungen. In Anbetracht der Bezugnahme auf einschlägige Standards konnte die Ausgestaltung der Untersuchungsmaßnahmen im Detail der Ausführungsplanung überlassen werden.

77 Auch gegen die inhaltliche Ausgestaltung des Monitorings ist nichts zu erinnern. Die Kontrolle ist so konzipiert, dass Ergebnisse erst nach Beendigung der Bauphase gewonnen werden. Das ist entgegen der Auffassung des Klägers sachgerecht. Die Risiken, denen mit dem angeordneten Risikomanagement begegnet werden soll, betreffen allein die Betriebsphase der Autobahn. Darauf durfte der Beklagte die zeitliche Vorgabe für die geplanten Untersuchungen ausrichten. Ebenso wenig bestand eine Notwendigkeit, den Verlust von Jagdhabitaten in die Überprüfung einzubeziehen; denn Gegenstand des Monitorings ist nur die Wirksamkeit von Schutzeinrichtungen zur Aufrechterhaltung von Flugkorridoren und zum Ausschluss von Kollisionsverlusten. Soweit der Kläger geltend macht, nach dem aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand hätte eine umfangreiche Todfundsuche angeordnet werden müssen, hat er einen entsprechenden Methodenstandard zwar behauptet, aber nicht ausreichend belegt. Dass im Fall der Autobahn A 17 von Dresden nach Prag eine derartige Suche durchgeführt worden ist, belegt nicht, dass ein anders konzipiertes Monitoring ohne entsprechende Suche den aktuellen methodischen Standard verfehlt. Eine andere vom Kläger als Beleg benannte Untersuchung betrifft keine Verkehrsanlagen und ist schon deshalb nicht einschlägig.

78 Die Rüge, das Monitoring hätte, um aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen, Referenzpopulationen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus einbeziehen müssen, übersieht, das eben dies für die Bechsteinfledermaus geschehen ist. Die Entwicklung der besonders in den Blick genommenen Kolonie „Langer Berg“ ist nach der Nebenbestimmung IV.16 a des Planergänzungsbeschlusses nämlich an derjenigen der weiteren Kolonien im Wirkbereich der Planungsabschnitte VKE 32 und 33 zu messen. Wegen ihrer unterschiedlichen Betroffenheit ist es sachgerecht, diese weiteren Kolonien als Referenzkolonien heranzuziehen. Für das Große Mausohr findet sich zwar keine vergleichbare Regelung, weil beide unter IV.16 b des Planergänzungsbeschlusses angesprochenen Kolonien Untersuchungsgegenstand und damit keine Referenzobjekte sind. Dennoch können Vergleiche zwischen ihrer jeweiligen Entwicklung Aufschlüsse über Auswirkungen des Projekts geben. Dies gilt umso mehr unter Berücksichtigung der Erkenntnisse, die aus den Funktionskontrollen der planfestgestellten Schutzmaßnahmen gewonnen werden.

79 Soweit der Kläger behauptet, die Funktionsfähigkeit sämtlicher Schadensvermeidungs- und -minderungsmaßnahmen für die Bechsteinfledermaus im Bereich zwischen Hasselbach und dem östlichen Planungsende seien vom Monitoring ausgenommen, trifft dies nicht zu; die Nebenbestimmung IV.15 des Planergänzungsbeschlusses enthält keine entsprechende räumliche Beschränkung. Nicht stichhaltig ist ferner der Einwand, die unter IV.16 des Planergänzungsbeschlusses für das Große Mausohr vorgenommene Beschränkung des Monitorings auf die Populationsgröße sei unzureichend. Es mag zutreffen, dass die Erhebung weiterer Parameter die Aussagekraft der Untersuchungsergebnisse noch steigern würde, weil es möglich wäre, andere Ursachen für eine Abnahme der Population als die mangelnde Funktionsfähigkeit von Schutzmaßnahmen auszuschließen. Wenn die Planfeststellungsbehörde aus einer signifikanten Abnahme der Populationsgröße den Schluss ziehen will, das Schutzkonzept reiche nicht aus und müsse deshalb ergänzt werden, geht das aber jedenfalls nicht zu Lasten der Erhaltungsziele des Gebiets und begründet deshalb keinen Mangel des Monitoringkonzepts.

80 Der Kläger rügt darüber hinaus, die Regelungen im Planergänzungsbeschluss über die Reaktion auf die Monitoringergebnisse seien zu unbestimmt; es sei nicht festgelegt, wann und unter welchen Voraussetzungen ergänzende Maßnahmen anzuordnen seien. Auch diese Rüge ist nicht berechtigt. Der Planergänzungsbeschluss verknüpft das Monitoring und das weitere Risikomanagement in Bezug auf Schutzeinrichtungen durch einen Vorbehalt (IV.17 a). Für den Fall, dass die im Rahmen des Monitorings durchzuführenden Soll-Ist-Abgleiche „relevante negative Abweichungen“ von der Prognose anzeigen, sind Korrekturmaßnahmen zu ergreifen. Erfüllt ist die genannte Voraussetzung, wenn entweder die überprüften Einrichtungen „die prognostizierte Funktion ... nicht ausreichend erfüllen“ oder wenn „das Monitoring der Bestandsentwicklungen der Kolonien ... negative Veränderungen erkennen lässt, die den Projektwirkungen zugerechnet werden können“ (IV.17 b). Damit sind die Reaktionsvoraussetzungen hinreichend umrissen. Ihre nähere Konkretisierung hat anhand von Maßstäben zu erfolgen, die nach Abstimmung mit der Oberen Naturschutzbehörde der Planfeststellungsbehörde vor Baubeginn zur Genehmigung vorzulegen sind. Auch die eigentliche Entscheidung über die zu ergreifenden Korrekturmaßnahmen ist der Planfeststellungsbehörde vorbehalten (IV.17 a). Damit wird den rechtlichen Anforderungen, die an Entscheidungsvorbehalte zu stellen sind (vgl. Beschluss vom 30. August 1994 - BVerwG 4 B 105.94 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 31 S. 9 ff.), Rechnung getragen. Die Planfeststellungsbehörde behält es nämlich in der Hand, über das „Ob“ und „Wie“ von Korrekturmaßnahmen zu entscheiden. Dass die nähere Konkretisierung der Reaktionsvoraussetzungen nicht im Planergänzungsbeschluss erfolgt, sondern der Ausführungsplanung vorbehalten worden ist, findet seine Rechtfertigung darin, dass die vom Kläger vermissten Erwartungswerte für den gebotenen Soll-Ist-Abgleich bei Erlass des Beschlusses noch nicht hinreichend konkret formulierbar waren. Zum einen fehlte die Detailplanung der Schadensvermeidungsmaßnahmen, die erst mit dem landschaftspflegerischen Ausführungsplan erfolgt; zum anderen hat der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass die Ableitung von Erwartungswerten von Daten abhängt, die möglichst kurz vor Beginn des Eingriffs erhoben werden sollen.

81 Ebenso wenig verfängt die Kritik des Klägers, die vorbehaltenen Korrekturmaßnahmen seien lückenhaft und im Übrigen wirkungslos. Soweit er Korrekturmaßnahmen mit Schutzrichtung für Jagdhabitate und zur Abwehr bau- und anlagenbedingter Beeinträchtigungen vermisst, ist sein Vortrag unbeachtlich, weil das planfestgestellte Schutzkonzept insoweit keiner Ergänzung durch ein Risikomanagement bedurfte. Auch seine Rüge, betriebsbedingten Zerschneidungswirkungen und Kollisionsverlusten lasse sich über den Vorbehalt nicht abhelfen, vermag nicht zu überzeugen. Dass nachträgliche Grünbrücken aufgrund der Geländeverhältnisse nicht realisierbar seien, stellt eine unsubstantiierte Behauptung dar. Die mangelnde Eignung des Vorbehalts zur Bewältigung von Zerschneidungswirkungen lässt sich auch nicht damit begründen, dass neben den im Planergänzungsbeschluss angesprochenen weitere Korrekturmaßnahmen möglich, aber nicht vorbehalten seien. Der Kläger nennt zwar einen ganzen Strauß solcher Maßnahmen. Abgesehen davon, dass die vorgeschlagene Nachpflanzung und Erhöhung der Gehölzstreifen auf den geplanten Grünbrücken und dem Tunneldach von der vorbehaltenen „Verdichtung der bisherigen Bepflanzung“ umfasst wird, verkennt er aber, dass nach der unter IV.17 c getroffenen Regelung die ausdrücklich benannten Korrekturmaßnahmen nur Regelbeispiele sind. Gegenüber der Behauptung, die vorbehaltenen Korrekturmaßnahmen zur Ergänzung bzw. Modifizierung von Sperreinrichtungen seien wirkungslos, ist auf das MAQ zu verweisen, das solche Einrichtungen ausdrücklich vorsieht.

82 Im Übrigen würden etwaige Mängel der Regelung über das Risikomanagement dem Klagebegehren ohnehin nicht zum Erfolg verhelfen. Da die Möglichkeit wirksamer Monitoring- und Korrekturmaßnahmen keinen grundsätzlichen Zweifeln begegnet, ließen etwaige Mängel der getroffenen Regelung das Planungskonzept unberührt und könnten demgemäß durch schlichte Planergänzung ausgeräumt werden. Das schließt es aus, ihretwegen den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben oder für rechtswidrig und nicht vollziehbar zu erklären (§ 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG entsprechend).

83 (d) Der Autobahnbetrieb wird keine Immissionen hervorrufen, die fledermausbezogene Erhaltungsziele des FFH-Gebiets beeinträchtigen. Für Lichtreize, Geräusche und Stickstoffdepositionen, die auf Habitatflächen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus außerhalb der Gebietsgrenzen einwirken, gilt dies in gleicher Weise wie für unmittelbare Flächenverluste schon deshalb, weil diese Flächen nicht unter den Habitatschutz fallen. Zu einer der Prüfung bedürfenden Neuverlärmung kommt es freilich auch auf gebietsinternen Habitatflächen, wenn man trotz neuerer Untersuchungen, die ein Meideverhalten oder zumindest eingeschränkte Jagdaktivitäten der Fledermäuse nur für Distanzen von 25 bzw. 50 m seitlich von Straßen ermittelt haben, mit der Verträglichkeitsprüfung für Lärmeinwirkungen eine Relevanzschwelle von 55 dB(A) zugrunde legt. Insoweit stehen neu verlärmten Flächen am „Langer Berg“ von 0,49 ha und am Beerberg von 0,09 ha Flächen am „Langer Berg“ von 2,86 ha gegenüber, auf denen der Lärm durch die Entlastung der B 7 und die Tunnelführung der A 44 unter diese Schwelle absinkt. Da die Be- und Entlastungsflächen im Wesentlichen gleichartige Habitatelemente darstellen und in räumlichem Zusammenhang zueinander stehen, ist es mit den Erhaltungszielen vereinbar, sie saldierend zu betrachten mit der Folge, dass keine relevante Neuverlärmung eintritt. Dass es durch die äußerst geringen Zusatzbelastungen gebietsinterner Habitatflächen mit Stickstoff zu einer die Jagd der Fledermäuse behindernden Verkrautung oder Ausbreitung von Brombeeren kommen könnte, ist eine vom Kläger nicht ansatzweise belegte Behauptung.

84 (2) Soweit die Verträglichkeitsprüfung erhebliche Beeinträchtigungen der zum Gegenstand von Erhaltungszielen des Gebiets gewordenen Lebensräume 9110 (Hainsimsen-Buchenwald), 9130 (Waldmeister-Buchenwald) und 91E0* (Erlen-Eschen- und Weichholzauenwälder) durch Stickstoffbelastungen verneint hat, greifen die dagegen vom Kläger erhobenen Einwendungen im Ergebnis ebenfalls nicht durch.

85 (a) Der Kläger ist mit diesen Einwendungen allerdings nicht nach § 61 Abs. 3 BNatSchG 2002 bzw. § 17a Nr. 7 Satz 2 FStrG ausgeschlossen. Zwar hat er sich in seinem Einwendungsschreiben vom 10. April 2006 darauf beschränkt, Beeinträchtigungen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus durch erhöhte Stickstoffdepositionen geltend zu machen, die die Krautschicht von Laubwäldern veränderten und deren Eignung als Jagdhabitate für die Fledermäuse ungünstig beeinflussten. Negative Auswirkungen auf Vegetationsflächen bestimmter Lebensraumtypen dürften damit nicht hinreichend klar gerügt sein. Gleiches gilt für das im Rahmen der ergänzenden Anhörung zu den Konsequenzen der Gebietserweiterung eingereichte Einwendungsschreiben des Klägers vom 31. Oktober 2007, in dem nicht die Prüfung oder Bewertung von Stickstoffeinträgen in Flächen des Lebensraumtyps 9110, sondern nur die mangelnde Berücksichtigung anderer Beeinträchtigungen dieses Lebensraums beanstandet worden ist. Die Möglichkeit, Vortrag zur Stickstoffbelastung von Flächen der dem Gebietsschutz unterfallenden Lebensraumtypen im gerichtlichen Verfahren nachzuschieben, wurde dem Kläger aber dadurch eröffnet, dass die Planfeststellungsbehörde ihre Entscheidungsgrundlagen in dem prozessbegleitend durchgeführten ergänzenden Verfahren durch Einbeziehung des Endberichts des Ingenieurbüros L. GmbH & Co. KG zur Berechnung der Stickstoffdepositionen vom Juni 2008 und weiterer Untersuchungen nachträglich ergänzt hat, ohne diese Unterlagen dem Kläger noch zur Stellungnahme zuzuleiten. Werden den Naturschutz betreffende neue Untersuchungen angestellt, auf die - wie hier - die Planungsentscheidung gestützt werden soll, so müssen die anerkannten Naturschutzvereine erneut beteiligt werden, auch wenn die vorgesehene Entscheidung nicht zu zusätzlichen Eingriffen in Natur und Landschaft führt (Urteil vom 12. Dezember 1996 - BVerwG 4 C 19.95 - BVerwGE 102, 358 <362>). Wird ihnen diese Möglichkeit vorenthalten, so kann ihnen nicht vorgeworfen werden, dass sie im ursprünglichen Anhörungsverfahren keine entsprechenden Einwendungen erhoben haben (Urteil vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 73.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 39 Rn. 58 m.w.N.).

86 (b) In der Sache greifen die Einwände des Klägers jedoch nicht durch. Die behördliche Beurteilung der Stickstoffbelastung habitatrechtlich geschützter Waldlebensräume ist zwar nicht frei von Rechtsfehlern; diese haben aber keinen Einfluss auf das Beurteilungsergebnis.

87 Die Verträglichkeitsprüfung hat in ihrer Ursprungsfassung die Stickstoffdepositionen nach dem Konzept der sog. Critical Loads (nachfolgend: CL) bewertet und dabei für die in Rede stehenden Lebensräume empirische CL von 10 bis 15 kg N/ha*a zugrundegelegt (vgl. zum CL-Konzept Kieler Institut für Landschaftsökologie, Bewertung von Stickstoffeinträgen im Kontext der FFH-Verträglichkeitsstudie, Februar 2008 <nachfolgend: KIfL>, S. 7). Dem ist der Planfeststellungsbeschluss vom 16. November 2007 ungeachtet ausführlicher Zitate aus einer dieses Konzept modifizierenden Stellungnahme der Gutachterin Dr. habil. Sch. vom 12. November 2007 letztlich gefolgt (S. 257 und 263 f.). Die CL sollen naturwissenschaftlich begründete Belastungsgrenzen für Vegetationstypen und andere Schutzgüter umschreiben, bei deren Einhaltung signifikant schädliche Effekte von Luftschadstoffdepositionen auch langfristig ausgeschlossen werden können. In Anbetracht der Unsicherheiten, denen die Beurteilung der durch ein Projekt für habitatrechtlich geschützte Lebensräume hervorgerufenen Stickstoffbelastungen unterliegt (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 <Rn. 108 f.>), ist gegen die Verwendung dieses Konzepts nichts einzuwenden (Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 <Rn. 108>).

88 Den habitatrechtlichen Schutzansatz hat der Planfeststellungsbeschluss in seiner Ursprungsfassung indes dadurch verfehlt, dass er allein die Zusatzbelastungen an den CL als Beurteilungswerte gemessen hat. Art. 6 Abs. 3 FFH-RL und § 34 Abs. 1 und 2 HENatG fordern zwar eine projektbezogene Prüfung. Die Beurteilung der Einwirkungen des jeweiligen konkreten Vorhabens kann aber nicht losgelöst von den Einwirkungen, denen der betroffene Lebensraum im Übrigen unterliegt, vorgenommen werden. Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen sind - wie schon erwähnt - die für das Gebiet maßgeblichen Erhaltungsziele (Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 41), also die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in einem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I bzw. II FFH-RL (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG 2002). Eine an den Erhaltungszielen orientierte Prüfung ist nicht möglich, ohne neben den vorhabenbedingten Einwirkungen auch Einwirkungen in den Blick zu nehmen, denen der geschützte Lebensraum oder die geschützte Art von anderer Seite ausgesetzt ist. Daher ist für eine am Erhaltungsziel orientierte Beurteilung der projektbedingten Zusatzbelastung die Berücksichtigung der Vorbelastung unverzichtbar (Beschluss vom 10. November 2009 - BVerwG 9 B 28.09 - NVwZ 2010, 319 <Rn. 3> m.w.N.). Das schließt es aus, allein die Zusatzbelastung an dem einschlägigen CL-Wert zu messen.

89 Dieser Rechtsmangel ist durch den Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 nicht behoben worden. Eine Heilung nach Maßgabe von § 17e Abs. 6 Satz 2 Halbs. 1 FStrG scheitert freilich nicht daran, dass der Planergänzungsbeschluss ausdrücklich hervorhebt, eine Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses sei insoweit nicht erforderlich (S. 18 oben). In seiner Begründung hat sich der Ergänzungsbeschluss mit der Beurteilung der Stickstoffdepositionen auf der Grundlage einer vertiefenden Untersuchung des Ingenieurbüros L. und neuer vegetationskundlicher Erhebungen, die beide in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung ausgewertet und verarbeitet worden sind, erneut auseinandergesetzt. Der Sache nach hat er damit die Zulassungsentscheidung hinsichtlich der Stickstoffproblematik auf eine neue Grundlage gestellt. Das entspricht den Anforderungen, die der Senat in dieser Hinsicht an die Fehlerheilung stellt (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 71; Beschluss vom 10. Dezember 2009 - BVerwG 9 A 9.08 - NVwZ 2010, 320 <Rn. 2>).

90 Ebenso wenig kann einer Fehlerheilung entgegengehalten werden, die Stickstoffbelastung der geschützten Lebensräume sei in der Untersuchung des Büros L. fehlerhaft berechnet worden. Der Kläger hat gerügt, bei der Berechnung der Zusatzbelastung sei die nasse Deposition unberücksichtigt geblieben und die der Berechnung zugrundegelegten Werte für die Geschwindigkeit der trockenen Deposition seien nicht angegeben worden. Unter beiden Gesichtspunkten sind die Berechnungsergebnisse nicht zu beanstanden. Der Gutachter Dipl.-Ing. Lo. vom Büro L. hat hierzu in der mündlichen Verhandlung erläuternd ausgeführt, dass die durch niederschlagsbedingte Auswaschung des Stickstoffs aus Luftschichten resultierende nasse Deposition infolge der Verdünnung des Stickstoffs in der Luft bei den hier in Rede stehenden Entfernungen sich im Milligrammbereich bewege und deshalb neben der trockenen Deposition nicht ins Gewicht falle. Als Depositionsgeschwindigkeiten seien die vom Umweltbundesamt angegebenen Werte berücksichtigt worden, um eine einheitliche Behandlung der Zusatzbelastung und der ebenfalls nach diesen Werten berechneten Vorbelastung zu gewährleisten. Diese Erläuterungen erscheinen plausibel und sind auch von Klägerseite nicht weiter in Frage gestellt worden.

91 Die Heilung scheitert aber daran, dass die in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung und im Planergänzungsbeschluss vom 22. Dezember 2009 vorgenommene Neubeurteilung anhand der „Vollzugshilfe zur Ermittlung erheblicher und irrelevanter Stoffeinträge in Natura 2000-Gebiete“ des Landesumweltamtes Brandenburg vom November 2008 (nachfolgend: Brandenburger Vollzugshilfe) erfolgt ist, wonach für zusätzliche Stickstoffbelastungen in der Regel eine Irrelevanzschwelle von 10 % des CL-Wertes anzuwenden ist (Nr. 4.4 und 4.5 ). Dies steht nicht in Einklang mit den für die Verträglichkeitsprüfung geltenden rechtlichen Maßstäben. Kommt es für die Erheblichkeit einer Beeinträchtigung darauf an, ob diese dem einschlägigen Erhaltungsziel zuwiderläuft, so ist grundsätzlich jede Überschreitung eines Wertes, der die Grenze der nach naturschutzfachlicher Einschätzung für das Erhaltungsziel unbedenklichen Auswirkungen bestimmter Art markiert, als erheblich anzusehen. Bei Zugrundelegung des CL-Konzepts für die Verträglichkeitsprüfung fungieren die CL als Beurteilungswerte in diesem Sinne. Werden sie bereits von der Vorbelastung ausgeschöpft oder sogar überschritten, so folgt daraus, dass prinzipiell jede Zusatzbelastung mit dem Erhaltungsziel unvereinbar und deshalb erheblich ist, weil sie die kritische Grenze überschreitet oder schon mit der Vorbelastung verbundene Schadeffekte verstärkt (Beschluss vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 6; vgl. auch schon Urteil vom 17. Januar 2007 a.a.O. Rn. 108).

92 Angesichts dessen sind Irrelevanzschwellen, die generalisierend Zusatzbelastungen bis zu einem bestimmten Prozentsatz der CL für unbedenklich erklären, mit den habitatrechtlichen Vorgaben nicht ohne Weiteres zu vereinbaren und bedürfen besonderer, naturschutzfachlich fundierter Rechtfertigung. Daran ändert nichts, dass die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene Technische Anleitung Luft ebenfalls Irrelevanzschwellen für Zusatzbelastungen mit Schadstoffen enthält, worauf die Brandenburger Vollzugshilfe ausdrücklich Bezug nimmt (4.4); denn Vorbilder aus anderen Rechtsbereichen können nicht eine Handhabung rechtfertigen, die sich von dem maßgeblichen habitatrechtlichen Maßstab entfernt. Naturschutzfachliche Gesichtspunkte, auf die sich eine Irrelevanzschwelle von 10 % der CL stützen ließe, sind indessen weder in der Brandenburger Vollzugshilfe benannt (vgl. dazu KIfL, S. 19) noch sonst ersichtlich. Namentlich liefern die Umstände, dass CL „rohe“ wissenschaftliche Ergebnisse mit hohen Unsicherheitsmargen darstellen (KIfL, S. 26), die Methoden der Depositionsberechnung noch mit Unsicherheiten behaftet sind und Daten der Vorbelastung nur gerundet zur Verfügung stehen, hierfür keine hinreichende Rechtfertigung. Falls derartige Unsicherheiten nicht ohnehin im Wege einer Modifizierung der CL durch Zu- oder Abschläge zu bewältigen sind, könnten sie allenfalls eine Rolle spielen, soweit es um die Beurteilung von Zusatzbelastungen geht, die zusammen mit der Vorbelastung zu einer sich im Grenzbereich des CL-Wertes bewegenden Gesamtbelastung führen. Überschreitet dagegen bereits die Vorbelastung den CL-Wert deutlich, kann es auf Unsicherheiten, die die richtige Grenzziehung betreffen, nicht ankommen. Ebenso sind Probleme, rechnerisch belegte Zusatzbelastungen geringer Größenordnung messtechnisch nachzuweisen, für die Beurteilung unerheblich. Schließlich fehlt es bisher an jeglichem Begründungsansatz, der Zusatzbelastungen in einer Größenordnung von bis zu 10 % der CL als eine im Hinblick auf ihre Wirkungen zu vernachlässigende Bagatelle erscheinen ließe.

93 Erweist sich eine Neubeurteilung der projektbedingten Stickstoffdepositionen anhand des Bewertungsmodells der Brandenburger Vollzugshilfe als zur Fehlerheilung ungeeignet, so verhilft dies der Klage gleichwohl nicht zum Erfolg; denn der Beurteilungsmangel hat sich nicht auf das Ergebnis der Verträglichkeitsprüfung ausgewirkt (§ 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG entsprechend). Dies folgt daraus, dass jedenfalls in Fallgestaltungen, in denen die Vorbelastung - wie hier - die CL um mehr als das Doppelte übersteigt, eine Irrelevanzschwelle von 3 % des jeweiligen CL-Wertes anzuerkennen ist. Eine so bemessene Schwelle findet ihre Rechtfertigung in dem Bagatellvorbehalt, unter dem jede Unverträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines FFH-Gebiets steht. Als allgemeiner, im gemeinschaftsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EUV) wurzelnder Rechtsgedanke kann dieser Vorbehalt nicht nur bei direkten Flächenverlusten (vgl. dazu Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 124), sondern auch bei mittelbaren Einwirkungen auf einen Lebensraum wie den hier in Rede stehenden Stickstoffdepositionen zum Tragen kommen (Beschluss vom 10. November 2009 a.a.O. Rn. 8). Wann eine Einwirkung Bagatellcharakter hat, ist eine zuvörderst naturschutzfachliche Frage.

94 Eine Orientierungshilfe bietet insoweit der vom Kieler Institut für Landschaftsökologie erarbeitete Fachkonventionsvorschlag, der unabhängig vom betroffenen Flächenumfang eine Schwelle von 3 % des CL empfiehlt (KIfL, S. 35). Ausweislich dieser naturschutzfachlich fundierten Ausarbeitung wird von konsultierten Experten eine Zusatzbelastung in der Größenordnung von 3 % des CL übereinstimmend als nicht signifikant verändernd eingestuft (ebd. S. 36; vgl. auch die auf einem internationalen Workshop vom 18. bis 20. Mai 2009 beruhende Publikation von Uhl u.a., „Ermittlung und Bewertung von Wirkungen durch Stickstoffdepositionen auf Natura 2000 Gebiete in Deutschland“). Die Erläuterungen der Gutachter des Beklagten in der mündlichen Verhandlung, denen der Gutachter des Klägers keine fachlichen Einwände von Gewicht entgegenzusetzen vermocht hat, haben diese Einschätzung bestätigt; danach besteht mittlerweile ein fachwissenschaftlicher Konsens darüber, dass Zusatzbelastungen von nicht mehr als 3 % des CL außerstande sind, signifikante Veränderungen des Ist-Zustandes auszulösen oder die Wiederherstellung eines günstigen Zustandes signifikant einzuschränken. Gemessen an der habitatrechtlichen Zielsetzung, einen günstigen Erhaltungszustand zu erhalten oder wiederherzustellen, erweisen sich damit vorhabenbedingte Zusatzbelastungen bis zu dieser Schwelle unabhängig vom Umfang der betroffenen Fläche als Bagatelle, die die Verträglichkeit des Vorhabens nicht in Frage stellt. Dies trifft jedenfalls dann zu, wenn schon die Vorbelastung den CL um mehr als das Doppelte übersteigt. Denn bei dieser Sachlage fällt zum einen die Zusatzbelastung gegenüber der Vorbelastung sehr gering ins Gewicht, zum anderen lässt sich dann ein dem CL-Wert entsprechender Zustand ohnehin nicht mit den spezifischen Mitteln des Habitatrechts, sondern nur durch eine effektive Luftreinhaltepolitik erzielen.

95 Hiervon ausgehend kann sich die fehlerhafte Annahme einer 10%igen Irrelevanzschwelle in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung und im Planergänzungsbeschluss auf das Entscheidungsergebnis nicht ausgewirkt haben. Denn auch bei Zugrundelegung einer Irrelevanzschwelle von 3 % des CL wäre die vorhabenbedingte Stickstoffdeposition zu vernachlässigen. Der für die hier betroffenen Waldlebensräume in der konsolidierten Fassung der Verträglichkeitsprüfung (S. 156) und im Planergänzungsbeschluss in Ansatz gebrachte CL von 10 bis 12 kg N/haa, der den naturräumlichen Gegebenheiten in nicht zu beanstandender Weise Rechnung trägt, wird schon von der Vorbelastung weit überschritten; nach den der OSIRIS-Datenbank des Umweltbundesamtes entnommenen Angaben war für die im FFH-Gebiet geschützten Waldlebensräume von einer Vorbelastung zwischen 37 und 48 kgN/haa und punktuell noch darüber auszugehen. Die ermittelten Zusatzbelastungen liegen dagegen weitgehend bei < oder = 0,1 kg N/haa und erreichen nur kleinflächig bis zu 0,3 kg N/haa. Damit geht bei einer hohen, den CL-Wert um mehr als das Dreifache übersteigenden Vorbelastung die Zusatzbelastung an keiner Stelle über die Irrelevanzschwelle von 3 % des CL hinaus.

96 (3) Im Planfeststellungsbeschluss wird unter Rückgriff auf die die Verträglichkeitsprüfung ergänzende Stellungnahme zu den Auswirkungen der Gebietsveränderung (NPU 32) die Auffassung vertreten, Grau- und Schwarzspecht als charakteristische Arten der Waldlebensräume 9110 und 9130 würden durch Immissionen der geplanten Autobahn nicht erheblich beeinträchtigt. Diese Beurteilung lässt keine Rechtsfehler erkennen. Bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses als dem insoweit maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt entsprach es noch dem Stand der Wissenschaft, in Bezug auf Vögel Lärmimmissionen als entscheidende Störungsquelle zu betrachten und ihre Störwirkung anhand der 50- bzw. 55-dB(A)-Isophone zu bewerten. Neuere Erkenntnisse, die sich aus dem Abschlussbericht eines vom Kieler Institut für Landschaftsökologie durchgeführten Forschungsvorhabens „Vögel und Verkehrslärm“ ergeben, können nicht als zu diesem Zeitpunkt bereits bekannt vorausgesetzt werden, weil der auf „November 2007“ datierte Bericht entweder nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses oder allenfalls wenige Tage vorher fertiggestellt wurde. Hiernach war eine relevante Neubelastung zu verneinen, da - vergleichbar der Situation der Fledermäuse - den über die genannten Werte hinaus neu belasteten Habitatflächen in größerem Umfang entsprechend entlastete Flächen gegen-überstehen. Dies gilt sowohl bezogen auf die gebietsinternen Spechthabitate insgesamt als auch bezogen auf die dem jeweiligen Lebensraumtyp zugehörigen Be- und Entlastungsflächen. Da die fraglichen Habitatelemente in räumlichem Zusammenhang zueinanderstehen und auf demselben Einwirkungspfad be- und entlastet werden, ist gegen die vorgenommene Saldierung nichts zu erinnern.

97 (4) An der Beurteilung, dass die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets „Werra- und Wehretal“ nicht beeinträchtigt werden, ändert sich auch dann nichts, wenn die Auswirkungen anderer Planungen sowie anderer Abschnitte der Autobahnplanung in die Betrachtung einbezogen werden. Auswirkungen auf die Fledermausarten „Großes Mausohr“ und „Bechsteinfledermaus“ in Gestalt von Zerschneidungseffekten und Kollisionsrisiken sind durch das planfestgestellte Schutzkonzept so bewältigt, dass es nicht zur Summation mit Wirkungen anderer Projekte bzw. Projektteile oder gar zu Synergismen kommen kann. Für die weiteren vorstehend behandelten Auswirkungen des planfestgestellten Vorhabens trifft Gleiches zu, ohne dass es überhaupt besonderer Schutzmaßnahmen bedürfte.

98 b) Erhebliche Beeinträchtigungen des FFH-Gebiets „Reichenbacher Kalkberge“ sind ebenfalls nicht zu besorgen. Die für das Gebiet durchgeführte Verträglichkeitsprüfung hat die vom Kläger angesprochene Problematik hydrologischer Einwirkungen des geplanten Ersatzbrunnens auf geschützte Lebensräume zwar nur kursorisch behandelt, indem sie unter Hinweis auf die ausschließliche Förderung von Tiefenwasser und die Abdichtung des Brunnens bis zu 70 m unter Gelände eine Beeinflussung dieser Lebensräume ausgeschlossen hat (S. 22; vgl. auch den ergänzenden Hinweis in der Umweltverträglichkeitsstudie Ersatzwasserbeschaffung Brunnen Küchen, S. 17). Erläuterungen des vom Beklagten eingeschalteten Fachgutachters Dipl.-Geologe M. in der mündlichen Verhandlung anhand eines Modells der hydrogeologischen Verhältnisse im FFH-Gebiet haben die Richtigkeit der in der Verträglichkeitsprüfung enthaltenen fachlichen Einschätzung aber überzeugend bestätigt. Die zum Gegenstand von Erhaltungszielen des FFH-Gebiets gewordenen Kalktuffquellen (LRT 7220) und Erlen-Eschen-Auenwälder (LRT 91E0) werden von den wasserführenden Schichten, aus denen das Brunnenwasser gefördert wird, durch eine geologische Sperre in Gestalt einer schräg einfallenden Rötschicht getrennt. In Verbindung mit der geplanten Abdichtung des Bohrlochs, deren technische Realisierbarkeit keinen begründeten Zweifeln unterliegt, erscheint eine hydraulische Verbindung, die dazu führen könnte, dass den geschützten Lebensräumen durch den Betrieb des Ersatzbrunnens Wasser entzogen wird, ausgeschlossen. Im Übrigen hat der Gutachter M. verdeutlicht, dass der durch die Fördermenge des Brunnens bewirkte Grundwasser-Absenkungstrichter von diesen Lebensräumen einen weiten Abstand hält. Diesen Überlegungen hat der Kläger nicht länger widersprochen. Der für den Kläger tätige Gutachter Sp. verweist allerdings auf den gleichfalls im FFH-Gebiet geschützten Lebensraum Kalkreiche Niedermoore (LRT 7230), der von dem Brunnen nicht durch eine geologische Sperrschicht getrennt werde. Auch insoweit hat der Gutachter M. Gefährdungen aber zur Überzeugung des Gerichts auszuschließen vermocht. Aus seinen Erläuterungen folgt, dass dieser Lebensraum sich zum einen nach den örtlichen Verhältnissen nicht aus dem Grundwasser speist und zum anderen ebenso wenig wie die zuvor behandelten Lebensräume von dem Absenkungstrichter des Brunnens erfasst wird.

99 c) Von einer Verträglichkeitsprüfung für das Vogelschutzgebiet „Meißner“ durfte der Beklagte absehen. Wie sich aus Art. 6 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 7 FFH-RL ergibt, erfordern Projekte eine Prüfung ihrer Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines ausgewiesenen Vogelschutzgebiets nur dann, wenn sie das Gebiet erheblich beeinträchtigen könnten. Stellt sich dagegen schon nach einer bloßen Vorprüfung heraus, dass keine vernünftigen Zweifel am Ausbleiben erheblicher Beeinträchtigungen bestehen, so erübrigt sich eine Verträglichkeitsprüfung (vgl. Urteil vom 17. Januar 2007 - BVerwG 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1 <Rn. 60>; Beschluss vom 26. November 2007 - BVerwG 4 BN 46.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 29 S. 91 f.). Dies trifft vorliegend zu. Erhebliche Einwirkungen auf das Schutzgebiet sind von vornherein ausgeschlossen. Es werden weder Gebietsflächen in Anspruch genommen noch ist aufgrund der Entfernung des Vogelschutzgebiets von der offenen Trasse mit relevanten Immissionen zu rechnen. Ausweislich der Lärmdifferenzkarte halten nicht nur die 55-dB(A)-, sondern auch die 50-dB(A)-Isophone im Planfall einen Abstand von mehr als 300 m von der Gebietsgrenze. Wo die Trasse im Tunnel geführt wird, ergeben sich im Vergleich zu dem durch den Verkehrslärm der B 7 beeinflussten Ist-Zustand sogar Entlastungen. Angesichts dessen sind Störwirkungen auf die im Gebiet geschützten Vögel einschließlich der vom Kläger besonders angesprochenen Schwarzstörche durch Lärm zu verneinen. Entsprechendes gilt für Fluchtdistanzen des Schwarzstorchs, die nach Angaben des Klägers gegenüber Personen 100 m und gegenüber Baumaschinen 500 m betragen; denn die offenen Teilstücke der Trasse liegen einschließlich der Tunnelportale mindestens 750 m vom Vogelschutzgebiet entfernt.

100 Soweit der Kläger die Gefahr sieht, Horste des Schwarzstorchs in den Biotopkomplexen „Langer Berg“ und „Lochmannsberg“ gingen wegen ihrer Nähe zur Trasse verloren, hat er nicht dargetan, warum sich diese auf das etwa 1 km entfernte Vogelschutzgebiet und die dort nistenden Brutpaare des Schwarzstorchs auswirken sollte. Das Erfordernis eines strikten Gebietsbezugs habitatrechtlich erheblicher Beeinträchtigungen verkennt der Kläger auch insoweit, als er die Beeinträchtigung von Nahrungshabitaten des Schwarzstorchs im Wehrebogen geltend macht. Da nichts für eine fehlerhafte Abgrenzung des Vogelschutzgebiets spricht, kommt es auf die Frage, ob außerhalb der festgelegten Gebietsgrenzen gelegene Nahrungshabitate durch das Projekt beeinträchtigt werden könnten, nach den obigen Ausführungen zur vergleichbaren Problematik für die im FFH-Gebiet „Werra- und Wehretal“ geschützten Fledermausarten nicht an.

101 Ferner lässt sich ausschließen, dass für den Fortbestand eines günstigen Erhaltungszustands der im Vogelschutzgebiet lebenden Schwarzstörche unverzichtbare Austauschbeziehungen zu Schwarzstorchbeständen, die Gegenstand der Erhaltungsziele anderer Natura-2000-Gebiete sind, beeinträchtigt werden könnten. Die Trasse stellt für Schwarzstörche selbst dort, wo sie nicht im Tunnel verläuft, kein Überflughindernis dar und kann deshalb bislang vorhandene Austauschbeziehungen nicht unterbrechen.

102 d) Entgegen der Auffassung des Klägers brauchte der Beklagte nicht vom Vorhandensein eines faktischen Vogelschutzgebiets „Lichtenauer Becken“ auszugehen, das durch das planfestgestellte Vorhaben betroffen sein könnte. Der Senat hat dies in seinem Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - (BVerwGE 130, 299 <Rn. 49 ff.>), das auf die Klage des Klägers gegen den die VKE 20 betreffenden Planfeststellungsbeschluss des Beklagten ergangen ist, näher begründet. Darauf wird Bezug genommen. Umstände, die nunmehr Anlass zu einer abweichenden Beurteilung geben könnten, sind weder im vorliegenden Verfahren dargetan noch sonst ersichtlich.

103 2. Es stellt keinen Rechtsfehler dar, dass die Planfeststellungsbehörde im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens nicht die Verträglichkeit des Gesamtprojekts der A 44 zwischen Kassel und Eisenach mit den Erhaltungszielen aller in diesem Raum vorhandenen FFH-Gebiete geprüft, sondern sich hinsichtlich der weiteren Planungsabschnitte mit einer Vorschau nach Art eines „vorläufigen positiven Gesamturteils“ begnügt hat. § 34 HENatG schreibt im Einklang mit § 34 BNatSchG 2002 eine Verträglichkeitsprüfung im Rahmen der Projektzulassung nur für das jeweilige Projekt im Sinne des § 3 Satz 2 Nr. 8 HENatG, bei einer abschnittweise erfolgenden Planung also nur für den einzelnen Planungsabschnitt vor. Die FFH-Verträglichkeit der Gesamtplanung ist hingegen allein im Verfahren der Linienbestimmung zu beurteilen (§ 34 Abs. 7 HENatG, § 35 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG 2002). Eine Ausnahme ist auch nicht für den Fall vorgesehen, dass das Erfordernis einer die Gesamtplanung betreffenden Verträglichkeitsprüfung im Linienbestimmungsverfahren noch nicht zum Tragen kommen konnte, weil die Linienbestimmung - wie hier - vor Inkrafttreten der genannten gesetzlichen Vorschriften und vor Aufnahme der einzelnen FFH-Gebiete in die von der Kommission festgelegte Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (Art. 4 Abs. 5 FFH-RL) erfolgt ist (Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 32 f.). Dass dem Gesamtprojekt in anderen Planungsabschnitten auch unter Berücksichtigung der Möglichkeit, die jeweiligen Abschnitte im Wege einer Abweichungsentscheidung nach § 34 Abs. 3 und 4 HENatG zuzulassen, unüberwindliche, ein vorläufiges positives Gesamturteil ausschließende Hindernisse entgegenstünden, hat der Kläger selbst nicht geltend gemacht; dies ist auch sonst nicht ersichtlich.

104 3. Das Vorhaben widerspricht ferner nicht in einer das Klagebegehren rechtfertigenden Weise den Anforderungen des Artenschutzrechts.

105 a) Mit seinem Einwand, der Beklagte habe es versäumt, den Luchs bei seiner artenschutzrechtlichen Prüfung zu berücksichtigen, ist der Kläger nach der hier maßgeblichen Präklusionsregelung des § 61 Abs. 3 BNatSchG 2002 i.V.m. § 35 Abs. 2 Satz 2 HENatG i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 18. Juni 2002 (GVBl I S. 364) ausgeschlossen. Gegenstand des zweiten Anhörungsverfahrens, in dem der Kläger durch Übersendung der maßgeblichen Planunterlagen beteiligt wurde, waren sowohl die Deckblattfassung des landschaftspflegerischen Begleitplans als auch der artenschutzrechtliche Fachbeitrag. Diesen Unterlagen ließ sich im Einzelnen entnehmen, welche Arten mit welchen Methoden vom Vorhabenträger untersucht worden waren. Der Luchs gehörte erkennbar nicht zu den in den Blick genommenen Arten. Innerhalb der Äußerungsfrist, die mit ca. zwei Monaten jedenfalls nicht zu knapp bemessen war, hat der Kläger umfangreiche Einwendungen erhoben, ein Vorkommen des Luchses oder Gesichtspunkte, die ein solches Vorkommen nahelegen könnten, jedoch ebenso wenig angesprochen wie im ersten Anhörungsverfahren. Da er auf die Rechtsfolgen verspäteter Einwendungen hingewiesen worden war, führt dies zum Einwendungsausschluss.

106 An der eingetretenen Präklusion vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass der Kläger das Vorkommen des Luchses in der ihm von der Planfeststellungsbehörde ermöglichten Äußerung zu den Stellungnahmen des Vorhabenträgers zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag behauptet hat. Gegenstände dieser Stellungnahmen waren eine veränderte - individuenbezogene - Beurteilung der artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände auf der Grundlage unveränderter Daten und die Prüfung der Befreiungsvoraussetzungen des § 62 BNatSchG 2002. Die Erhebungsphase, deren Defizite der Kläger mit seinem Einwand geltend macht, war zu diesem Zeitpunkt längst abgeschlossen, und auch die Stellungnahmen zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag warfen insofern keine neuen Fragen auf, die den Gegenstand der Anhörung gebildet hätten.

107 Der Präklusion stehen Vorschriften des europäischen Gemeinschaftsrechts nicht entgegen. Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europä-ischen Gemeinschaften dürfen das nationale Verfahrens- und Prozessrecht zwar die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Urteile vom 14. Dezember 1995 - Rs. C-312/93 - Slg. 1995, I-4599 <Rn. 12> und - Rs. C-430/93 und 431/93 - Slg. 1995, I-4705 <Rn. 17>). Ob eine nationale Verfahrensvorschrift diesem Erfordernis entspricht, ist unter Berücksichtigung ihrer Stellung im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens zu prüfen (vgl. EuGH, Urteil vom 27. Februar 2003 - Rs. C-327/00 - Slg. 2003, I-1877 <Rn. 56>). Nach diesem Maßstab bestehen gegen den Einwendungsausschluss keine Bedenken. Die Regelungen der Einwendungspräklusion im deutschen Recht dienen der Rechtssicherheit, namentlich dem gesteigerten Bedürfnis des Vorhabenträgers nach Schutz und Beständigkeit der unter Drittbeteiligung zustande gekommenen Zulassungsentscheidung. Mit Rücksicht auf die genannte Zielsetzung stehen diese Präklusionsregelungen grundsätzlich in Einklang mit dem erwähnten gemeinschaftsrechtlichen Effektivitätsgebot (Beschluss vom 11. November 2009 - BVerwG 4 B 57.09 - UPR 2010, 103 <Rn. 6 f.>). Anders als bei prozessrechtlichen Ausschlussfristen, für die Gleiches in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs anerkannt ist (vgl. Urteil vom 16. Mai 2000 - Rs. C-78/98 - Slg. 2000, I-3201 <Rn. 33>), tritt der Einwendungsausschluss insoweit zwar bereits vor Erlass eines gerichtlich anfechtbaren Rechtsakts ein. Das ist aber ohne Bedeutung, weil das Einwendungsrecht als Anknüpfungspunkt für die Präklusion einem vorgezogenen Rechtsschutz gleichkommt. Dieser Rechtsschutz ist nicht unzureichend; denn er liegt auch im wohl verstandenen Interesse der Einwendungsberechtigten, weil sie durch ihr Vorbringen die Chance der Einflussnahme wahren können, bevor eine Art von planerischer Verfestigung eingetreten ist (Beschluss vom 11. November 2009 a.a.O. Rn. 7). Die hier in Rede stehende Präklusionsregelung enthält keine Besonderheiten, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen könnten. Da der Einwendungsausschluss eine angemessene Erkundigungs- und Äußerungsfrist sowie eine ausreichende Belehrung über die Folgen verspäteten Vorbringens voraussetzt, wird die Rechtsverfolgung nicht mehr als aus Gründen der Rechtssicherheit geboten erschwert.

108 Mit der hier vertretenen Auffassung setzt sich das Gericht entgegen der Ansicht des Klägers nicht in Widerspruch zu dem Urteil des Gerichtshofs der Europä-ischen Gemeinschaften vom 15. Oktober 2009 - Rs. C-263/08 - (NuR 2009, 773). Im Ausgangsfall, der zu dieser Entscheidung führte, hatte eine Umweltschutzvereinigung gegen die Zulassung eines Projekts durch eine der nationalen Gerichtsbarkeit zugehörige Stelle geklagt, nachdem sie sich an dem von dieser Stelle durchgeführten Genehmigungsverfahren beteiligt hatte. Dem Gerichtshof wurde die Frage vorgelegt, ob das Gemeinschaftsrecht es erfordert, einer Vereinigung unter diesen Umständen den Rechtsweg zu eröffnen. Der Gerichtshof hat das bejaht und den Rechtssatz aufgestellt, den Mitgliedern der betroffenen Öffentlichkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 2 und Art. 10a der UVP-Richtlinie müsse es möglich sein, die von einer der nationalen Gerichtsbarkeit eines Mitgliedstaates zugehörigen Stelle erlassene Entscheidung über den Antrag auf Genehmigung eines Projekts anzufechten, gleichviel, welche Rolle sie in dem Verfahren über den Genehmigungsantrag vor dieser Stelle durch ihre Beteiligung an und ihre Äußerung in diesem Verfahren spielen konnte. Der Gerichtshof hat sich damit nur zu der Problematik geäußert, ob der Klageweg mit der Erwägung versperrt werden darf, dass das Beteiligungsrechte gewährende Genehmigungsverfahren von einer Stelle mit Gerichtscharakter im Rahmen verwaltungsbehördlicher Zuständigkeit durchgeführt worden ist (a.a.O. Rn. 37). Zur Problematik des Einwendungsausschlusses im Falle ungenügenden Gebrauchmachens von der Möglichkeit der Äußerung im Verwaltungsverfahren besagt dies nichts.

109 b) Die auf andere Tierarten bezogenen Rügen des Klägers sind zwar bereits in seinen im Planfeststellungsverfahren erhobenen Einwendungen angelegt, führen in der Sache aber nicht auf entscheidungserhebliche Fehler.

110 Bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 16. November 2007 war das Vorhaben an den §§ 42, 43 und 62 BNatSchG 2002 zu messen, die nach § 11 Satz 1 BNatSchG 2002 unmittelbar galten. Durch diese Vorschriften war an sich eine dreistufige Prüfung vorgegeben, bei der zu klären war, ob das Vorhaben einen Verbotstatbestand des § 42 BNatSchG 2002 verwirklicht, ob eine gesetzliche Ausnahme vom Verbot nach § 43 BNatSchG 2002 eingreift oder ob das Verbot aufgrund einer Befreiung nach § 62 BNatSchG 2002 entfällt. Die auf der zweiten Stufe zu beachtende Legalausnahme des § 43 Abs. 4 Satz 1 BNatSchG 2002 für die Durchführung eines nach § 19 BNatSchG 2002 zugelassenen Eingriffs konnte indessen grundsätzlich nicht zum Tragen kommen, weil die Vorschrift die Ausnahme nicht von sämtlichen Voraussetzungen des Art. 16 FFH-RL bzw. des Art. 9 VRL abhängig machte, deren Umsetzung zu den Zielen der artenschutzrechtlichen Bestimmungen des Bundesnaturschutzgesetzes 2002 gehörte. Das hinderte die Planfeststellungsbehörde aber nicht, unter den Voraussetzungen des § 62 Abs. 1 Satz 1 BNatSchG 2002 eine Befreiung zu erteilen (vgl. Urteil vom 13. Mai 2009 - BVerwG 9 A 73.07 - Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 39 <Rn. 77>). Zusätzlich ist zu berücksichtigen, dass die artenschutzrechtlichen Regelungen des Bundesnaturschutzgesetzes 2002 nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses durch Gesetz vom 12. Dezember 2007 (BGBl I S. 2873) geändert worden sind. Soweit diese Änderungen zu einer Einschränkung der Verbotstatbestände geführt haben, ist die geänderte Gesetzesfassung für die gerichtliche Beurteilung maßgeblich; denn es kann keinen Anspruch auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geben, wenn der Planfeststellungsbeschluss aufgrund der Rechtsänderung mit gleichem Inhalt und gleicher Begründung erneut erlassen werden könnte (vgl. Urteil vom 13. Mai 2009 a.a.O. Rn. 88 m.w.N.). Hiervon ausgehend leidet der Planfeststellungsbeschluss auch in artenschutzrechtlicher Hinsicht nicht an einem zu seiner Aufhebung oder der Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit führenden Fehler.

111 aa) Der Planfeststellungsbeschluss hat - teilweise nur vorsorglich - Verbotstatbestände für die im Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführten Arten Bech-steinfledermaus, Großes Mausohr, Haselmaus und Schlingnatter sowie für 52 europäische Vogelarten als erfüllt zugrundegelegt. Entgegen der Auffassung des Klägers war damit der Kreis der von artenschutzrechtlich relevanten Auswirkungen betroffenen Anhang-IV-Arten und mit Ausnahme der Bachstelze auch der europäischen Vogelarten jedenfalls nicht zu eng gezogen. Ebenso wenig sind für die als betroffen erachteten Arten einzelne Verbotstatbestände zu Unrecht verneint worden.

112 (1) Bezogen auf die Wildkatze ist der Planfeststellungsbeschluss davon ausgegangen, dass keiner der Verbotstatbestände des § 42 BNatSchG 2002 erfüllt sei. Aufzuchtstätten der Wildkatze seien im Wirkbereich der Trasse wegen der hohen Vorbelastung durch den Lärm der B 7 nicht zu erwarten. Eine Störung durch Zerschneidung räumlich-funktionaler Beziehungen im Streifgebiet der Wildkatze sei im Hinblick auf die Vorbelastung durch die B 7, die ein Querungshindernis darstelle, und die geplanten Querungsbauwerke nicht zu erwarten. Diese Bewertung lässt Rechtsfehler nicht erkennen.

113 Die Einschätzung, geschützte Lebensstätten der Wildkatze im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002, die bei der Verwirklichung des Vorhabens beschädigt oder zerstört werden könnten, seien im Trassenbereich nicht vorhanden, wird durch den naturschutzfachlichen Einschätzungsspielraum der Planfeststellungsbehörde (vgl. Urteil vom 9. Juli 2008 - BVerwG 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274 <Rn. 65 f.>) gedeckt. Angesichts der Verlärmung des Untersuchungsraums durch die stark mit Verkehr belastete B 7 und die besondere Lärmempfindlichkeit der Art konnte der Beklagte auch ohne gezielte Suche nach solchen Stätten davon ausgehen, die Wildkatze nutze den fraglichen Bereich nur als Streifgebiet, nicht aber für die Aufzucht der Jungtiere oder als Ruheraum; dies umso mehr, als sich in den ausgewerteten Untersuchungen keine entsprechenden Hinweise gefunden hatten. Die hohe Empfindlichkeit der Art gegenüber Störungen durch Straßen ist durch Fachliteratur belegt (vgl. Petersen u.a., Das Europäische Schutzgebietssystem Natura 2000, Band 2: Wirbeltiere, 2004, S. 404). Soweit der Kläger demgegenüber darauf verweist, neuere telemetrische Untersuchungen hätten ergeben, dass die Tiere nachts die Nähe von Autobahnen und Straßen nicht meiden, kann dies Aussagekraft nur für das Streifverhalten der Tiere haben; denn die in Rede stehenden Lebensstätten müssen ihre Funktion auch tagsüber erfüllen können.

114 Auch wenn Trennwirkungen unter das artenschutzrechtliche Störungsverbot fallen können (bejahend Urteil vom 9. Juli 2008 a.a.O. Rn. 105; kritisch dazu Gellermann, NuR 2009, 85 <87>), ist jedenfalls der Störungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 nicht verwirklicht. Der Planfeststellungsbeschluss geht zu Recht davon aus, dass die mit dem Vorhaben bewirkte Zerschneidung des Streifgebiets der Wildkatze durch die Trennwirkung der bisher stark belasteten B 7 relativiert und durch die vorgesehenen Querungshilfen erheblich gemindert wird. Die vom Kläger geäußerten Zweifel an der Akzeptanz dieser Querungshilfen sind bei zweckentsprechender Ausgestaltung unberechtigt. Die Errichtung von Grünbrücken wird für Wildkatzen ausdrücklich empfohlen (vgl. Petersen u.a., a.a.O.) und - zumindest für vorhandene Autobahnen - vom Kläger selbst gefordert (vgl. den Begleittext zu seinem Wildkatzenwegeplan, S. 14). Es sind ferner keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass die beiden in der VKE 32 vorgesehenen Grünbrücken wegen ihrer Lage oder Ausgestaltung der Funktion als Querungshilfen (auch) für die Wildkatze nicht gerecht würden. Namentlich ist der Abstand zwischen ihnen mit ca. 300 m nicht zu groß, um die Durchlässigkeit der Trasse zu gewährleisten (vgl. die im Auftrag des Vorhabenträgers vom Büro für angewandte Ökologie und Forstplanung durchgeführten ökologischen Grundlagenerhebungen Wildtiere, S. 20).

115 (2) Auch für die Bechsteinfledermaus und das Große Mausohr brauchte der Beklagte die Verwirklichung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände nicht in Rechnung zu stellen; soweit er vorsorglich die Voraussetzungen des Störungsverbots wegen vorhabenbedingter Verluste von Jagdhabitaten bejaht und davon eine Befreiung erteilt hat, bestand hierfür keine Notwendigkeit.

116 Ein Verstoß gegen das Tötungsverbot des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 ist zu verneinen. Rodungsarbeiten für den Bau der Autobahn, in deren Verlauf Exemplare dieser Arten zu Schaden kommen könnten, sind nach der in der mündlichen Verhandlung vorgenommenen Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses auf die Zeit vom 1. November eines Jahres bis zum 1. März des Folgejahres beschränkt. In diesen Monaten könnten nur Winterquartiere betroffen sein. Die Nachforschungen des Vorhabenträgers haben jedoch ergeben, dass im Trassenbereich Bäume mit Stammhöhlen, die als Winterquartiere geeignet wären, nicht vorhanden sind. Asthöhlen, die vom Boden aus nur schwer erkannt und deshalb aufgrund der durchgeführten Prüfungen nicht sicher ausgeschlossen werden können, sind nach den einleuchtenden Ausführungen des Gutachters Dipl.-Biol. Si. ebenso wie Spalte hinter vorstehender Baumborke als Winterquartiere ungeeignet, weil sie den Tieren keinen genügenden Schutz vor Kälte bieten. Ein Verstoß gegen das Tötungsverbot wegen signifikanter Erhöhung des verkehrsbedingten Kollisionsrisikos lässt sich aufgrund der vorgesehenen Leit- und Sperreinrichtungen gleichfalls ausschließen. Ausweislich der Ausführungen zum Habitatschutz erweist sich das aus einem Bündel von Maßnahmen bestehende Schutzkonzept als geeignet, gesteigerte Kollisionsrisiken auszuschließen. Dies gilt namentlich im Bereich östlich des Tunnels Küchen, wo Hauptflugrouten des Großen Mausohrs und ein bedeutender Wechselbereich der Bechsteinfledermaus die Trasse queren. Westlich des Tunnels ist die Strecke zwar auf einer Länge von etwa 700 m nur durch beiderseitige Schutzpflanzungen, nicht hingegen durch fledermausspezifisch ausgebildete Schutzzäune abgeschirmt. Daraus lässt sich aber kein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko ableiten, weil in diesem Bereich trotz umfänglicher Untersuchungen weder bedeutende Jagdhabitate noch Flugrouten festgestellt worden sind.

117 Ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot (§ 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002), das nach den Ergebnissen der durchgeführten Baumhöhlensuche nur in Gestalt des Zugriffs auf Sommerquartiere der Männchen vorstellbar wäre, wird durch die vorerwähnte Regelung der Rodungszeiten ausgeschlossen.

118 Ferner sind auch verbotswidrige Störungen beider Fledermausarten zu verneinen. Da das planfestgestellte Fledermausschutzkonzept populationsrelevante Trennwirkungen verhindert, scheidet unter diesem Gesichtspunkt zumindest ein Verstoß gegen das Störungsverbot in der Fassung des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 aus. Ob die Inanspruchnahme von Jagdhabitaten oder deren stickstoffbedingte Verkrautung als Störung im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 bzw. des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 zu begreifen wären, erscheint zweifelhaft; bei der schlichten Beseitigung von Flächen, die bislang als Nahrungsgrundlage genutzt worden sind, und bei vegetationsverändernden Immissionen fehlt es nämlich an einer zwanghaften Einwirkung auf das natürliche Verhalten der Tiere, das nach dem Wortsinn als Störung zu werten ist. Letztlich mag dies aber auf sich beruhen; denn auch in der Zusammenschau dieser Einwirkungen wäre eine etwaige Störung nicht erheblich im Sinne des § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007. Da die hier berührten Populationen des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus nach den Ausführungen zur Frage ordnungsgemäßer Abgrenzung des FFH-Gebiets „Werra- und Wehretal“ in diesem Gebiet die zur Wahrung eines günstigen Erhaltungszustands notwendige Nahrungsgrundlage zur Verfügung haben, kann es durch die in Rede stehenden Beeinträchtigungen, die ausschließlich die Trasse und deren Nahbereich und damit gebietsexterne Flächen betreffen können, nicht zu einer für den Erhaltungszustand der lokalen Populationen dieser Arten relevanten Störung kommen.

119 (3) Andere in Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführte Fledermausarten sind von verbotswidrigen Auswirkungen des Vorhabens ebenfalls nicht betroffen. Hinsichtlich des Tötungsverbots gilt insoweit Gleiches wie für das Große Mausohr und die Bechsteinfledermaus. Aber auch bezogen auf das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot sowie das Störungsverbot sind dem Vorbringen des Klägers keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass die Verbotstatbestände im Planfeststellungsbeschluss zu Unrecht verneint worden sind.

120 Trotz ausreichender Untersuchungen zur Bestandserhebung sind keine nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 bzw. § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2007 geschützten Lebensstätten der vom Kläger im Zusammenhang mit dem Beschädigungs- und Zerstörungsverbot angesprochenen Arten Wasserfledermaus, Große und Kleine Bartfledermaus und Fransenfledermaus ermittelt worden. Entgegen der Behauptung des Klägers lässt sich der FFH-Verträglichkeitsprüfung südlich Hessisch Lichtenau kein Hinweis auf die Nutzung eines Gehölzes im Bereich des Biotopkomplexes „Wehrebogen“ als Fortpflanzungs- oder Ruhestätte der Wasserfledermaus entnehmen. Die Darstellung eines Exem-plars dieser Art im Wehrebogen auf der Karte 1b der erwähnten Verträglichkeitsprüfung geht auf eine Untersuchung des Büros S. aus dem Jahr 2004 zurück. Mit der darin angewandten Detektormethode wurden ausdrücklich nur Jagdaktivitäten erfasst. Während die Große Bartfledermaus im Untersuchungsraum schon gar nicht nachgewiesen worden ist, konnte ein Vorkommen der Kleinen Bartfledermaus dort festgestellt werden. Sie nutzt als Winterquartiere, die in Anbetracht der zeitlichen Beschränkung der Rodungsarbeiten allein in den Blick zu nehmen wären, aber nur frostfreie Höhlen, Stollen und Keller (Petersen u.a., a.a.O. S. 513). Solche Unterschlupfmöglichkeiten sind von dem Vorhaben unstreitig nicht betroffen. Der Nachweis der Fransenfledermaus in den Wäldern östlich von Küchen und am Beerberg lässt ebenfalls nicht den Schluss auf eingriffsbetroffene Lebensstätten dieser Art zu, da die Quartiersuche hierfür keine Anhaltspunkte erbracht hat.

121 Auch das Störungsverbot wird hinsichtlich keiner der neben dem Großen Mausohr und der Bechsteinfledermaus im Untersuchungsraum festgestellten Fledermausarten verletzt, selbst wenn man davon ausgeht, dass die Inanspruchnahme von Jagdhabitaten als Tathandlung im Sinne des Störungstatbestandes anzusehen ist. Flächen, die möglicherweise von der Breitflügelfledermaus, der Großen oder der Kleinen Bartfledermaus sowie der Fransenfledermaus zur Jagd genutzt werden, gehen nur in geringem Umfang verloren. Nach der naturschutzfachlichen Einschätzung des Beklagten sind daher Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der jeweiligen lokalen Population auszuschließen, zumal durch vorgesehene Ausgleichsmaßnahmen die Eignung anderer Flächen als Jagdhabitate für diese Arten verbessert wird. Der Kläger hat nichts vorgetragen, was die Vertretbarkeit dieser Einschätzung in Frage stellen könnte. Hiernach fehlt es einer etwaigen Störung durch Jagdhabitatverluste an dem in § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 vorausgesetzten Populationsbezug. Entsprechendes gilt für die Wasserfledermaus, die dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag zufolge lediglich während der Bauphase durch eine temporäre Inanspruchnahme von Teilen ihrer Jagdhabitate betroffen ist, und die Zwergfledermaus, für deren örtliche Population sich die geringen Jagdhabitatverluste ausweislich des Fachbeitrags im Hinblick auf das weite Spektrum der von ihr zur Jagd nutzbaren Biotopstrukturen nur geringfügig auswirken können. Die Neuverlärmung von Jagdhabitaten des Braunen und des Grauen Langohrs fällt nach den einleuchtenden Ausführungen im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag wegen der Entlastung bisher verlärmter Jagdhabitatflächen durch den Tunnel Küchen per Saldo nicht ins Gewicht. Beide Arten werden zwar darüber hinaus - wie im Planfeststellungsbeschluss eingeräumt - auch durch die Flächeninanspruchnahme ortsnaher Jagdlebensräume betroffen. In Anbetracht des geringen Umfangs der in Anspruch genommenen Flächen und der Kompensation durch Aufwertung anderer Flächen gilt für sie aber ebenso wie für die übrigen Fledermausarten, dass diese Inanspruchnahme den Erhaltungszustand der lokalen Population unberührt lässt.

122 (4) Der Planfeststellungsbeschluss unterstellt ein Vorkommen der Haselmaus im Trassenbereich und geht von der Annahme aus, dass bezogen auf sie artenschutzrechtliche Verbotstatbestände erfüllt seien und das Vorhaben deshalb nur unter Erteilung einer artenschutzrechtlichen Befreiung zugelassen werden könne. Dem artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und der Stellungnahme des Vorhabenträgers zu diesem Fachbeitrag ist zu entnehmen, dass wegen der möglichen Zerstörung von Aufzuchtstätten der Haselmaus der Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 und wegen der Überbauung eines als vorhanden unterstellten Wanderkorridors der Tatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 als verwirklicht angesehen worden ist. Diese Beurteilung lässt keine Mängel zu Lasten des Artenschutzes erkennen.

123 Die Neufassung der Verbotstatbestände führt allerdings teilweise zu einer Neubewertung. Zwar ist auch der Zerstörungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 5 BNatSchG 2007 erfüllt; denn die vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen werden zum Eingriffszeitpunkt noch nicht wirksam sein und können deshalb die Funktion der - möglicherweise - verloren gehenden Fortpflanzungsstätten nicht bruchlos übernehmen, wie es § 42 Abs. 5 Satz 3 BNatSchG 2007 voraussetzt. Die anfängliche Unvereinbarkeit mit dem Störungsverbot ist aber entfallen, weil nach der unwidersprochen gebliebenen Einschätzung des Beklagten die Querungshilfen und Kompensationsmaßnahmen eine Verschlechterung des Erhaltungszustands der lokalen Population ausschließen (§ 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007).

124 (5) Für die Schlingnatter ist der Planfeststellungsbeschluss von Auswirkungen des Vorhabens ausgegangen, die den artenschutzrechtlichen Verboten des § 42 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BNatSchG 2002 unterfallen. Er hat sich dazu auf die Wirkungsanalyse des Vorhabenträgers im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag und in der Stellungnahme zu diesem Fachbeitrag bezogen, in denen die Beschädigung oder Zerstörung durch § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 geschützter Lebensstätten dieser Art, der Fang und die Störung der Tiere beim Umsetzen von ihrem bisherigen Lebensraum, dem überplanten Bahndamm, in ein Ersatzhabitat sowie die Tötung nicht eingefangener Exemplare beim Bau und Betrieb der Autobahn angenommen worden sind. Ob tatsächlich sämtliche als erfüllt erachteten Verbotstatbestände gegeben waren und ob die entsprechenden Verbote des § 42 Abs. 1 BNatSchG 2007 in gleichem Umfang eingreifen, kann offenbleiben; insbesondere muss nicht entschieden werden, ob das Ergreifen der Tiere, um sie in das Ersatzhabitat zu verbringen, unter das Fangverbot fällt oder ob unter Berücksichtigung des Regelungszwecks nur Fänge zum Zwecke der Entnahme der Tiere aus der Natur den Verbotstatbestand verwirklichen. Die erteilte Befreiung hält nämlich - wie noch auszuführen sein wird - rechtlicher Überprüfung auch dann stand, wenn sämtliche vorgenannten Verbotstatbestände zu bejahen sind.

125 (6) Bezogen auf 52 Vogelarten ist der Planfeststellungsbeschluss der Beurteilung des Vorhabenträgers in dessen Stellungnahme zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag gefolgt, dass die Voraussetzungen des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots sowie mit Ausnahme der Wasseramsel auch des Störungsverbots (§ 42 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BNatSchG 2002) erfüllt seien. Wie sich aus der in Bezug genommenen Stellungnahme des Vorhabenträgers ergibt, hat er das Tötungsverbot durchgängig verneint, weil in Anbetracht der verkehrlichen Vorbelastung durch die B 7 und der geplanten Schutzmaßnahmen sich die verkehrsbedingten Kollisionsgefahren nicht erhöhten und baubedingte Tötungen durch Schutzmaßnahmen ausgeschlossen würden. Für keine der 52 Vogelarten lasse sich indes ausschließen, dass im Zuge der Baufeldräumung einzelne Brutreviere verloren gingen. Außer der Wasseramsel könnten auch alle Arten von tatbestandsmäßigen Störungen betroffen werden. Abweichend von der Stellungnahme zum Fachbeitrag, die auch für die Bachstelze den Verlust einzelner Brutreviere und Störungen in Rechnung gestellt hat, hat der Planfeststellungsbeschluss diesen Vogel weder unter den verbotswidrig betroffenen Vogelarten erwähnt noch für ihn eine Befreiung erteilt. Mit Ausnahme der Bachstelze hält seine Beurteilung rechtlicher Kontrolle stand, wobei zusätzlich zu berücksichtigen ist, dass durch die nachträgliche Änderung des Störungstatbestands die im Planfeststellungsbeschluss angenommenen Verstöße gegen das Störungsverbot entfallen sind. Die fehlende Berücksichtigung der Bachstelze als verbotswidrig betroffener Vogelart, die auf einem Versehen beruhen dürfte, stellt einen rechtlichen Mangel dar, doch hat sich dieser auf die Zulassungsentscheidung nicht ausgewirkt.

126 Dass der Beklagte den Tötungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 für keine der im Untersuchungsraum vorkommenden Vogelarten angenommen hat, ist nicht zu beanstanden. Sowohl für die Bau- als auch für die spätere Betriebsphase der Autobahn hat der Planfeststellungsbeschluss mit den angeordneten Schutzmaßnahmen hinreichende Vorsorge getroffen, um Verstöße gegen das Tötungsverbot auszuschließen. Für die Bauphase ist dies mit der Bauzeitenregelung, für die Betriebsphase mit den Anordnungen und Regelungen zur Abschirmung der Autobahn durch Schutzpflanzungen und Sperreinrichtungen geschehen, von denen der Beklagte angesichts der hohen verkehrlichen Vorbelastung durch die B 7 annehmen durfte, dass sie eine signifikante Erhöhung des verkehrsbedingten Kollisionsrisikos ausschließen; dies umso mehr, als die Eignung des unmittelbaren Nahbereichs der A 44 als Vogelhabitat durch die Störwirkung des Autobahnverkehrs erheblich gemindert wird. Für aasfressende Raubvögel war entgegen der Auffassung des Klägers keine abweichende Beurteilung geboten. Die Wildschutzzäune, die die Autobahn durchgängig abschirmen werden, sind nämlich im unteren Bereich so engmaschig auszuführen, dass Mittelsäuger nicht auf die Fahrbahn gelangen, überfahren werden und als Aas Raubvögel anlocken können. Der Kläger hat nicht substantiiert dargelegt, warum diese Maßnahme ihre Wirkung verfehlen sollte. Soweit er behauptet, der artenschutzrechtliche Fachbeitrag schließe für den Mäusebussard und den Rotmilan ein erhöhtes Kollisionsrisiko selbst nicht aus, verkennt er, dass es sich um eine grundsätzliche Aussage handelt, die die im Planfeststellungsbeschluss angeordneten Schutzmaßnahmen noch nicht einbezieht.

127 Ebenso wenig ist es rechtsfehlerhaft, dass der Planfeststellungsbeschluss für 52 näher bezeichnete Vogelarten den Beschädigungs- und Zerstörungstatbestand bejaht hat. Mangels einer detaillierten Revierkartierung hat sich der Beklagte in dieser Hinsicht zwar mit der Wahrunterstellung begnügt, den betreffenden Arten gingen jeweils einzelne Brutreviere verloren. Gegen dieses Vorgehen ist aber rechtlich nichts zu erinnern, da die Wahrunterstellung nicht zu Lasten des Artenschutzes geht und geeignet ist, die Dimension der Verbotswidrigkeit angemessen zu erfassen. Zusätzlich ist allerdings auch für die Bachstelze ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot in Rechnung zu stellen, denn dem Planfeststellungsbeschluss sind ebenso wenig wie dem prozessualen Vortrag des Beklagten Umstände zu entnehmen, die die diesbezügliche Einschätzung in der Stellungnahme des Vorhabenträgers zum artenschutzrechtlichen Fachbeitrag in Frage stellen könnte.

128 Soweit der Planfeststellungsbeschluss mit Ausnahme der Wasseramsel auch den Störungstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG 2002 als verwirklicht angesehen hat, ergibt sich aufgrund der Neufassung dieses Tatbestandes in § 42 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG 2007 eine abweichende Beurteilung. Auf entsprechende Anfrage des Gerichts hat der Beklagte unter Vorlage naturschutzfachlicher Stellungnahmen des Leiters der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland sowie der Planungsgruppe Umwelt ausgeführt, dass Auswirkungen von Störungen auf den Erhaltungszustand der jeweiligen lokalen Population dieser Arten nicht zu erwarten seien. Die Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt begründet diese fachliche Einschätzung gesondert für jede der betroffenen Arten. Die zentrale zugrundeliegende Erwägung, außer dem Neuntöter hätten die betroffenen Vogelarten lokale Populationen in weit größeren räumlichen Zusammenhängen, als von dem Vorhaben betroffen seien, leuchtet ein. Für den Neuntöter verneint die Stellungnahme der Planungsgruppe Umwelt ebenfalls vertretbar eine Störung mit Populationsbezug, weil angesichts der Vorbelastung lediglich mit der zusätzlichen Störung eines Brutreviers zu rechnen sei und umfangreiche Kompensationsmaßnahmen erfolgten. Zur Bachstelze enthalten die nachträglichen gutachtlichen Stellungnahmen keine Angaben zum Populationsbezug der Störung; da es sich um eine ubiquitäre, nach dem Leitfaden für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen landesweit häufig vorkommende Art handelt, die im Planungsraum weit über den Eingriffsbereich hinaus geeignete Habitatstrukturen vorfindet, lässt sich jedoch auch für sie ein Populationsbezug der Störung ausschließen.

129 bb) Soweit das Vorhaben hiernach artenschutzrechtlichen Verboten zuwiderläuft, finden die im Planfeststellungsbeschluss für die Schlingnatter, die Haselmaus und 52 Vogelarten erteilten Befreiungen in § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 eine tragfähige Grundlage. Dass für die Bachstelze eine Befreiung unterblieben ist, verhilft dem Antragsbegehren des Klägers in entsprechender Anwendung des § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG ebenfalls nicht zum Erfolg.

130 (1) Für sämtliche von verbotswidrigen Auswirkungen des Vorhabens betroffene Arten bestand eine objektive Befreiungslage. Nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 konnte von den Verboten des § 42 BNatSchG 2002 auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn überwiegende Gründe des Gemeinwohls die Befreiung erfordern und die Art. 12, 13 und 16 FFH-RL oder die Art. 5 bis 7 und 9 VRL nicht entgegenstehen. Diese Voraussetzungen lagen vor.

131 (a) Das Vorhaben kann überwiegende Gründe des Gemeinwohls für sich in Anspruch nehmen, die die Befreiung erforderten.

132 Der Planfeststellungsbeschluss beruft sich insoweit auf die gesetzliche Bedarfsfeststellung, die Zugehörigkeit des Vorhabens zu den Projekten des „Transeuropäischen Verkehrsnetzes“ (Entscheidung Nr. 1692/96/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 1996, ABl EG Nr. L 228 S. 1), seine Lückenschlussfunktion im deutschen Autobahnnetz und die damit verbundene Bedeutung für das Zusammenwachsen der beiden Teile Deutschlands, die innerörtliche Verkehrsentlastung der von den Bundesstraßen B 7 und B 400 durchschnittenen Ortschaften und die Erschließungsfunktion der Autobahn für eine strukturschwache Region. Er hebt damit auf Gründe ab, die ihrer Art nach eine Befreiung nach § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 zu tragen vermögen (vgl. Urteil vom 12. März 2008 - BVerwG 9 A 3.06 - BVerwGE 130, 299 <Rn. 159 f., 239 und 250>). Zumal in ihrem Zusammenwirken kommt diesen Gesichtspunkten auch konkret hohes Gewicht zu. Soweit der Kläger dem entgegenhält, aufgrund veränderter Verkehrsprognosezahlen sei ein Verkehrsbedürfnis für das Autobahnprojekt entfallen, findet sein Vorbringen in der von ihm herangezogenen Fortschreibung der Verkehrsprognose keine Stütze. Auch nach der aktualisierten Prognose wird die Straße mit Werten zwischen 25 500 und 50 500 Kfz/24 h eine Verkehrsbelastung erreichen, die nach den einschlägigen Richtlinien für die Anlage von Straßen (RAS-Q 96) für den Autobahnbau verwendete Regelquerschnitte rechtfertigt. Wie das Gericht bereits in seinem Urteil vom 12. März 2008 (a.a.O. Rn. 46) ausgeführt hat, bleiben die mit dem Vorhaben verfolgten Planungsziele auch bei aktualisierten Verkehrsbedarf erreichbar. Darauf wird Bezug genommen.

133 Angesichts dessen erweisen sich die für das Vorhaben angeführten Gründe gegenüber den konkret betroffenen artenschutzrechtlichen Belangen als durchsetzungsfähig. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass das Gewicht der für die Haselmaus und die Schlingnatter in Betracht zu ziehenden Verbotswidrigkeiten durch die vorgesehenen Kompensationsmaßnahmen, die geeignet sind, deren Habitatbedingungen auf Dauer sogar zu verbessern, stark relativiert wird. Die Zahl der durch mögliche Revierverluste betroffenen Vogelarten ist zwar groß; es handelt sich aber ganz überwiegend um häufig vorkommende, nicht gefährdete Arten, und es kommt jeweils nur zu geringen Flächenverlusten. Nimmt man hinzu, dass das Verbreitungsgebiet der betroffenen Populationen zumeist weit über den Eingriffsbereich hinausreicht und ganze naturräumliche Einheiten umfasst (vgl. die Stellungnahmen des Leiters der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland sowie der Planungsgruppe Umwelt), so liegt das Übergewicht der für das Vorhaben sprechenden Gründe des Gemeinwohls auf der Hand.

134 (b) Artenschutzrechtliche Vorschriften der Habitatrichtlinie und der Vogelschutzrichtlinie stehen einer Befreiung nicht entgegen.

135 (aa) Da die Schlingnatter und die Haselmaus im Anhang IV der Habitatrichtlinie aufgeführt sind, ist die für sie erteilte Befreiung an Art. 12 und 16 FFH-RL zu messen. Aus den im Rahmen der Prüfung des § 42 Abs. 1 BNatSchG 2002 genannten Gründen ist davon auszugehen, dass das Vorhaben bezogen auf beide Arten auch die den als verwirklicht unterstellten nationalen Verbotstatbeständen korrespondierenden Verbotstatbestände des Art. 12 Abs. 1 FFH-RL verwirklicht. Die Voraussetzungen für eine Abweichung nach Art. 16 Abs. 1 Buchst. c letzte Alternative FFH-RL liegen aber vor.

136 Das Vorhaben kann zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses für sich in Anspruch nehmen. Dies folgt aus den gleichen Erwägungen, wie sie für den Befreiungsgrund des § 62 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG 2002 zutreffen. Eine Befreiung vom Fangverbot hinsichtlich der Schlingnatter wird in Anbetracht des mit dem Fang der Tiere verfolgten Zwecks, sie in ein Ersatzhabitat zu verbringen, zusätzlich durch die damit verbundenen positiven Auswirkungen auf die Umwelt (Art. 16 Abs. 1 Buchst. c FFH-RL) gerechtfertigt.

137 Zur Erreichung der Planungsziele gibt es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL. Ein Vorhabenträger braucht sich auf eine Alternativlösung nicht verweisen zu lassen, wenn sich die FFH- und vogelschutzrechtlichen Schutzvorschriften am Alternativstandort als ebenso wirksame Zulassungssperre erweisen wie an dem von ihm gewählten Standort. Außerdem darf eine Alternativlösung auch verworfen werden, wenn sie sich aus naturschutzexternen Gründen als unverhältnismäßiges Mittel erweist (Urteil vom 12. März 2008 a.a.O. Rn. 240 m.w.N.). Nach diesem Maßstab geht der Planfeststellungsbeschluss zu Recht davon aus, dass es keine anderweitige zufriedenstellende Lösung gibt. Für die sogenannte Süd-Alternative des BUND, die bereits Gegenstand des Klageverfahrens zur VKE 20 gewesen ist, gilt dies schon deshalb, weil sie ausweislich der Ausführungen in dem dieses Verfahren abschließenden Senatsurteil vom 12. März 2008 (Buchholz 451.91 Europ. UmweltR Nr. 30 Rn. 182 ff.; insoweit in BVerwGE 130, 299 nicht abgedruckt) den Erhaltungszielen des FFH-Gebiets „Glimmerode und Hambach“ widerspräche. Ähnliches trifft für die vom Kläger vorgeschlagene „Große Südumfahrung“ zu. Wie der Gutachter des Klägers in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, würde sie trotz der vorgeschlagenen teilweisen Führung in einem Tunnel am westlichen Tunnelmund zur Beeinträchtigung eines Natura-2000-Gebiets führen. Dass sie gleichwohl naturschutzfachlich vorzugswürdig wäre, ist nicht substantiiert dargetan. Angesichts dessen kann offenbleiben, ob diese Trasse trotz ihres Verlaufs fernab des Wehretals geeignet wäre, die mit dem Vorhaben unter anderem verfolgten Planungsziele einer Erschließung des dortigen Siedlungsraums und einer Entlastung der dortigen Ortsdurchfahrten der B 7 - wenn auch mit Abstrichen - zu erreichen. Schließlich stellt auch die vom Kläger favorisierte Nordalternative keine zufriedenstellende Lösung im Sinne des Art. 16 Abs. 1 FFH-RL dar. Zum einen würde sie einen wesentlich längeren Tunnel erfordern als die planfestgestellte Lösung und deshalb einen zusätzlichen Kostenaufwand von ca. 57 Mio. € verursachen. Mehrkosten in dieser Größenordnung ständen außer Verhältnis zu den artenschutzrechtlichen Nachteilen, deren Vermeidung die Planungsalternative dienen soll. Darüber hinaus haben die für den Beklagten tätigen Gutachter der Planungsgruppe Umwelt in der mündlichen Verhandlung schlüssig erläutert, dass die Trasse im Bereich des östlichen Tunnelportals die Waldflächen des FFH-Gebiets „Werra- und Wehretal“ anschneiden würde. Soweit der klägerseitig tätige Gutachter Dipl.-Biol. Sp. dem entgegengehalten hat, dies lasse sich durch eine Überführung der B 7 verhindern, haben die Gutachter des Beklagten diesen Einwand mit der Erwägung entkräftet, eine solche Modifizierung der Alternativplanung würde zusätzliche Rampen für die B 7 erfordern, die ihrerseits das FFH-Gebiet beeinträchtigten. Dieser Erwägung hat der Gutachter des Klägers nichts von Substanz entgegenzusetzen vermocht.

138 Schließlich ist auch dem Erfordernis Genüge getan, dass die Populationen der verbotswidrig betroffenen Arten in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet in einem günstigen Erhaltungszustand verweilen.

139 Die Schlingnatter befindet sich ausweislich des Anhangs 4 des Leitfadens für die artenschutzrechtliche Prüfung in Hessen in diesem Bundesland in einem günstigen Erhaltungszustand. Daran wird das Vorhaben unter Berücksichtigung der planfestgestellten Kompensationsmaßnahme A/E 2.1 des landschaftspflegerischen Begleitplans nichts ändern. Sie gewährleistet nach der naturschutzfachlich fundierten Einschätzung des Beklagten, dass ein funktionsfähiger Ersatzlebensraum für die Schlingnatter geschaffen wird. Damit wird der derzeitige Erhaltungszustand nicht nur aufrechterhalten, sondern auf lokaler Ebene sogar verbessert. Dies folgt aus dem Umstand, dass das eingriffsbetroffene Schlingnattervorkommen sich auf Sekundärhabitate in Gestalt von Bahndammabschnitten beschränkt, die nach den unbestrittenen Angaben im artenschutzrechtlichen Fachbeitrag durch Gehölzsukzession ohnehin auf Dauer verloren gehen würden. Die lokale Schlingnatterpopulation wäre somit ohne Realisierung des Vorhabens mittel- bis langfristig in ihrem Bestand gefährdet, während die Maßnahme A/E 2.1 ihren Bestand langfristig sichert.

140 Für die Haselmaus sind zwar ebenfalls Kompensationsmaßnahmen vorgesehen, die durch Anlage deckungsreicher Leitstrukturen zur Vernetzung und Erweiterung potenzieller Haselmauslebensräume nach naturschutzfachlich vertretbarer Einschätzung der Planfeststellungsbehörde eine Verschlechterung der Habitatbedingungen dieser Art verhindern oder deren Habitatbedingungen sogar verbessern (Maßnahmenkomplex A/E 5). Gesicherte Erkenntnisse über den Erhaltungszustand der Haselmaus fehlen jedoch, so dass von einem bisher günstigen Erhaltungszustand nicht ausgegangen werden kann. Dieser Umstand hinderte jedoch nicht, von dem Verbot des Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL abzuweichen.

141 Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften vom 14. Juni 2007 - Rs. C-342/05 - (Slg. 2007, I-4713 <Rn. 29>) kann von den artenschutzrechtlichen Verboten des Art. 12 FFH-RL auch bei einem ungünstigen Erhaltungszustand der betroffenen Populationen ausnahmsweise dann abgewichen werden, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass die Abweichung diesen ungünstigen Erhaltungszustand nicht verschlechtern und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern kann. Die deutsche Fassung des maßgeblichen Satzes 1 der Rn. 29 des Urteils vom 14. Juni 2007 erweckt allerdings den Eindruck, das sei nicht ohne Weiteres möglich. Ihr zufolge sind solche Ausnahmen nur „unter außergewöhnlichen Umständen weiterhin zulässig, wenn hinreichend nachgewiesen ist, dass sie den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen nicht verschlechtern oder die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindern können“. Diese Formulierung legt den Schluss nahe, das Vorliegen „außergewöhnlicher Umstände“ stelle eine eigenständige Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahme im Falle des ungünstigen Erhaltungszustands der Populationen der betroffenen Art dar. Außerdem kann nach der deutschen Fassung angenommen werden, dass es ausreicht, dass die weiteren Voraussetzungen - keine Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands oder keine Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands - alternativ vorliegen. Beides ist jedoch nach der gemäß Art. 31 der Verfahrensordnung des Gerichtshofs verbindlichen Fassung des Urteils in der Verfahrenssprache, hier also in der finnischen Sprache, eindeutig zu verneinen. Bei einer Übersetzung der verbindlichen finnischen Fassung des oben genannten Satzes in der amtlichen Sammlung des Gerichtshofs in die deutsche Sprache unter Zuhilfenahme allgemein zugänglicher Hilfsmittel wird die Erteilung einer Ausnahme nicht vom Vorliegen außergewöhnlicher Umstände abhängig gemacht, sondern Ausnahmen dürfen „ausnahmsweise“ (poikkeuksellisesti) dann gewährt werden, wenn sachgemäß nachgewiesen ist, dass sie weder den ungünstigen Erhaltungszustand dieser Populationen weiter verschlechtern noch die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands dieser Populationen behindern.

142 Diese Formulierung deckt sich inhaltlich mit derjenigen in der englischen, französischen, spanischen, italienischen, portugiesischen und griechischen Fassung dieses Satzes in der Sammlung des Gerichtshofs. Lediglich die niederländische Fassung des Satzes weicht insoweit davon ab, als danach die Verbote der Verschlechterung des Erhaltungszustands und der Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht kumulativ, sondern nur alternativ gelten würden. Bei dieser Sachlage beruht die deutsche Fassung offensichtlich auf einem Übersetzungsfehler; sie verfälscht den Aussagegehalt des genannten Satzes im Urteil des Gerichtshofs vom 14. Juni 2007 zum einen, indem sie den Schluss nahelegt, das Verbot einer weiteren Verschlechterung des ungünstigen Erhaltungszustands und das Verbot einer Behinderung der Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands seien nur alternativ einzuhalten, und zum anderen, indem als weitere Voraussetzung für eine Ausnahme „außergewöhnliche Umstände“ verlangt werden. Beides trifft nicht zu (so auch Beschluss vom 17. April 2010 - BVerwG 9 B 5.10 - juris Rn. 7 ff.). Da - wie ausgeführt - durch die planfestgestellte Kompensationsmaßnahme zumindest eine Verschlechterung des aktuellen Erhaltungszustands der Haselmaus verhindert und die Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands nicht behindert wird, durfte trotz eines - unterstellt - ungünstigen Erhaltungszustands dieser Art ausnahmsweise von dem artenschutzrechtlichen Verbot des Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL abgewichen werden.

143 (bb) Für die 53 Vogelarten, für die der Tatbestand des Beschädigungs- und Zerstörungsverbots nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002 erfüllt ist, liegt nicht zugleich auch ein Verstoß gegen das Beschädigungs- und Zerstörungsverbot des Art. 5 Buchst. b VRL vor, mit der Folge, dass die Bestimmungen der Vogelschutzrichtlinie eine Befreiung nicht hindern. Die letztgenannte Vorschrift verbietet die absichtliche Zerstörung oder Beschädigung von Nestern und Eiern sowie die Entfernung von Nestern. Ihr Anwendungsbereich ist deutlich enger gefasst als der Verbotstatbestand des § 42 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG 2002, der auch den Funktionsraum, auf dem sich das Nest befindet oder der wiederkehrend zum Bau neuer Nester benutzt wird, in seinen Schutz einschließt (vgl. Urteile vom 21. Juni 2006 - BVerwG 9 A 28.05 - BVerwGE 126, 166 <Rn. 43> und vom 12. März 2008 a.a.O. <Rn. 247>). Dem Wortlaut nach, der auf den Begriff des Nestes abstellt und diesen in einen engen Zusammenhang zum weiteren Schutzobjekt der Eier rückt, umfasst der Schutz das selbstgebaute, aktuell belegte Nest. Gründe des Funktionsschutzes mögen es rechtfertigen, über den Wortlaut der Richtlinie hinaus auch diejenigen Nester bzw. nestersetzenden Strukturen in den Schutzbereich der Norm einzubeziehen, auf deren Wiederverwendung die konkret betroffenen Vögel artbedingt angewiesen sind. An einen solchen Angewiesensein fehlt es aber, falls sie auf - natürlich vorhandenen oder künstlich geschaffenen - Ersatz ausweichen können (Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 <Rn. 71>).

144 Die Beschädigung oder Zerstörung aktuell besetzter Nester droht nicht. Die Maßnahme S 9 des landschaftspflegerischen Begleitplans richtet sich darauf, zum Schutz und zur Schonung der Vögel im gesamten Trassenverlauf bauvorbereitende Arbeiten einschließlich der Entfernung von Vegetationsstrukturen außerhalb der Brutperiode durchzuführen. Rodungen sind nach den in der mündlichen Verhandlung diesbezüglich vorgenommenen Planergänzungen auf die Zeit vom 1. November bis zum 1. März beschränkt. Der Einwand des Klägers, die Bauzeitenregelung sei für die Arten Buntspecht, Wacholderdrossel und Wasseramsel unzureichend, verfängt nicht. Der Buntspecht und die Wacholderdrossel brüten innerhalb des Zeitraums, in dem die baulichen Beschränkungen gelten. Bei der Wasseramsel handelt es sich zwar um einen sehr frühen Brüter, dessen Legeperiode in Mitteleuropa bereits Mitte Februar beginnt. Dieser Besonderheit hat der Beklagte indes in der mündlichen Verhandlung mit einer Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses um die Nebenbestimmung Rechnung getragen, dass der im Bereich des Widerlagers einer Wehrebrücke vorhandene Nistkasten der Wasseramsel vor dem 15. Februar beseitigt wird.

145 Es ist auch keine Vogelart auf die Wiederbenutzung ihrer Nester angewiesen. Die vom Kläger angeführten Arten Gebirgsstelze, Neuntöter und Wacholderdrossel kehren nach den unwidersprochen gebliebenen Darlegungen des Beklagten zwar jährlich an die selben Orte zurück, legen dort aber jeweils neue Nester an. Sie sind daher allenfalls auf einen bestimmten Funktionsraum angewiesen, der vom Begriff des Nestes nicht umfasst ist. Für verlassene Niststätten der Rabenkrähe und des Buntspechts, die möglicherweise im nächsten Jahr von anderen Vogel- oder sonstigen Tierarten genutzt werden, gilt Gleiches erst recht. Der einzige Wiederverwender ist die Wasseramsel. Auch sie ist auf den ihr verloren gehenden Nistkasten jedoch nicht angewiesen. Der landschaftspflegerische Begleitplan sieht vor, mit der Maßnahme G/S 6 nach der Verlegung der Wehre standorttypische Randstrukturen zu entwickeln und unter den Wehrebrücken jeweils eine Wasseramselnisthilfe in Form eines Nistkastens zu errichten. Zweifel daran, dass diese vorgezogene Ausgleichsmaßnahme wirkt, bestehen nicht; denn nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Beklagten ist die Art auf häufige Verluste ihrer Brutstätten durch Hochwasser eingerichtet und nimmt Nistkästen daher gerne an.

146 (2) Soweit der Beklagte die objektive Befreiungslage genutzt und von den artenschutzrechtlichen Verboten Befreiungen erteilt hat, ist dies ermessensfehlerfrei geschehen. Der Planfeststellungsbeschluss stellt einerseits auf die verfolgten Gemeinwohlbelange, andererseits auf das Ausbleiben einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der betroffenen Arten ab. Das lässt Ermessensfehler nicht erkennen.

147 Dass der Beklagte für die Bachstelze trotz objektiver Befreiungslage - versehentlich - keine Befreiung erteilt hat, führt zwar zur Fehlerhaftigkeit des Planfeststellungsbeschlusses. Dieser Mangel ist aber entsprechend § 17e Abs. 6 Satz 1 FStrG unerheblich, weil er das Entscheidungsergebnis nicht beeinflusst hat. Angesichts der großen Zahl von Vogelarten, für die der Beklagte von den artenschutzrechtlichen Verboten dispensiert hat, erscheint es ausgeschlossen, dass er dem Vorhabenträger eine Befreiung für eine einzelne weitere Vogelart versagt hätte; dies umso mehr, als die Bachstelze hinsichtlich ihres Gefährdungsgrades keine Besonderheiten aufweist, die für sie eine restriktivere Handhabung der Befreiungsregelung als für die anderen betroffenen Arten nahelegen würde.

148 C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.