Verfahrensinformation

wie BVerwG 5 C 20.05


Pressemitteilung Nr. 9/2007 vom 22.02.2007

Bekundung von Sympathie für eine "neue gewaltfreie Politik der PKK" im Jahre 2001 kein Einbürgerungshindernis

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat heute in zwei Verfahren entschieden, dass allein die Unterzeichnung einer Erklärung im Jahre 2001 mit der Überschrift „Selbsterklärung: Auch ich bin ein PKK'ler" den Anspruch eines türkischen Staatsangehörigen kurdischer Volkszugehörigkeit auf Einbürgerung als Deutscher nicht ausschließt.


In beiden Fällen stand nicht im Streit, dass die übrigen Voraussetzungen einer Anspruchseinbürgerung nach § 10 Staatsangehörigkeitsgesetz - StAG - erfüllt waren. Umstritten war allein, ob dem Anspruch auf Einbürgerung der Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG entgegenstand. Danach besteht ein Anspruch auf Einbürgerung u.a. nicht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass der Ausländer Bestrebungen unterstützt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Der Ausschlussgrund entfällt, wenn der Ausländer glaubhaft macht, dass er sich von der früheren Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat.


Das Bundesverwaltungsgericht hat dahin erkannt, dass die bloße Unterzeichnung der PKK-Selbsterklärung im Jahre 2001 jedenfalls - wie in beiden Streitfällen - dann keine Unterstützung solcher die Sicherheit oder auswärtige Belange gefährdenden Bestrebungen ist, wenn sie nach den Begleitumständen nur eine zustimmende Meinungskundgabe für die in der Erklärung hervorgehobene „neue", seit zwei Jahren friedliche, gewaltfreie „Linie der PKK" gewesen ist. Die Sympathiebekundung für eine PKK, die damals - wie es in der Erklärung heißt - „in einem Zeitraum von zwei Jahren keine einzige Aktion unter Anwendung von Gewalt durchgeführt hat" und die sich „mit ausschließlich politischen Mitteln für eine friedliche und demokratische Lösung der kurdischen Frage" einsetzt, ist - wenn wie im Falle der Kläger keine weitergehenden Aktivitäten für die verbotenen Organisationen der PKK hinzukommen - keine Unterstützung von gegen die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gerichteten oder deren auswärtige Belange gefährdenden Bestrebungen gewesen. Das ergibt sich auch nicht daraus, dass die Staatsanwaltschaft in beiden Fällen einen strafbaren Verstoß gegen das vereinsrechtliche Betätigungsverbot angenommen, die Strafverfahren aber wegen geringer Schuld der Kläger eingestellt hat. Deshalb ist in beiden Verfahren der Anspruch auf Einbürgerung nicht ausgeschlossen. Da schon keine den Einbürgerungsanspruch ausschließende Unterstützung von die Sicherheit der Bundesrepublik gefährdender Bestrebungen vorlag, kommt es ferner auch nicht darauf an, ob sich die Kläger von einer Unterstützung der PKK glaubhaft abgewandt haben und wie sich die PKK weiter entwickelt hat.


Das Bundesverwaltungsgericht hat in beiden Verfahren im Ergebnis das beklagte Land Baden-Württemberg zur Einbürgerung der Kläger verpflichtet.


BVerwG 5 C 20.05 - Urteil vom 22. Februar 2007

Vorinstanz:

Gericht , Aktenzeichen - Offen vom Datum. undefined undefined -

BVerwG 5 C 10.06 - Urteil vom 22. Februar 2007

Vorinstanz:

Gericht , Aktenzeichen - Offen vom Datum. undefined undefined -


Beschluss vom 07.04.2006 -
BVerwG 5 B 10.06ECLI:DE:BVerwG:2006:070406B5B10.06.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 07.04.2006 - 5 B 10.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:070406B5B10.06.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 10.06

  • VGH Baden-Württemberg - 10.11.2005 - AZ: VGH 12 S 1696/05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. April 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Säcker und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Rothkegel und Prof. Dr. Berlit
beschlossen:

  1. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg über die Nichtzulassung der Revision gegen sein Urteil vom 10. November 2005 wird aufgehoben.
  2. Die Revision wird zugelassen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt der Kostenentscheidung in der Hauptsache.
  4. Dem Kläger wird für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt ..., ..., beigeordnet (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 121 Abs. 1 ZPO).

Gründe

1 Die Revision gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 10. November 2005 ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die Revision kann zur Klärung der Voraussetzungen des Ausschlussgrundes nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG in Fällen der Unterzeichnung einer so genannten Selbsterklärung zugunsten der PKK beitragen.
Rechtsmittelbelehrung
Das Beschwerdeverfahren wird als Revisionsverfahren unter dem Aktenzeichen BVerwG 5 C 10.06 fortgesetzt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht.
Die Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Beschlusses zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in elektronischer Form (Verordnung vom 26. November 2004, BGBl I S. 3091) einzureichen.
Für den Revisionskläger besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für die Begründung der Revision. Der Revisionskläger muss sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften ferner durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen. In derselben Weise muss sich jeder Beteiligte vertreten lassen, soweit er einen Antrag stellt.

Urteil vom 22.02.2007 -
BVerwG 5 C 10.06ECLI:DE:BVerwG:2007:220207U5C10.06.0

Urteil

BVerwG 5 C 10.06

  • VGH Baden-Württemberg - 10.11.2005 - AZ: VGH 12 S 1696/05

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 22. Februar 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Hund
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Schmidt, Dr. Franke,
Dr. Brunn und Prof. Dr. Berlit
für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 10. November 2005 wird aufgehoben.
  2. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 16. März 2005 wird zurückgewiesen.
  3. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Der 32jährige Kläger, ein seit 1996 als Asylberechtigter anerkannter türkischer Staatsangehöriger kurdischer Volkszugehörigkeit, begehrt seine Einbürgerung. Die Verfahrensbeteiligten streiten im Revisionsverfahren (ausschließlich) über die Frage, ob ihm nach § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG der Umstand entgegengehalten werden darf, dass er am 17. Juli 2001 eine einseitige Selbsterklärung „Auch ich bin ein PKK’ler“ unterschrieben hat.

2 Den Einbürgerungsantrag des Klägers vom 24. September 2002 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 3. August 2004 und Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2004 ab. Die entscheidungstragend herangezogene Teilaussage der vorbezeichneten Selbsterklärung (vgl. zu den übrigen Aussagen den Tatbestand und die Gründe des Urteils des erkennenden Senats vom 22. Februar 2007 - BVerwG 5 C 20.05 -, zur Veröffentlichung in der Sammlung BVerwGE vorgesehen) lautete wie folgt:
„Hiermit erkläre ich, dass ich das gegen die PKK ausgesprochene Verbot und die strafrechtliche Verfolgung der Mitgliedschaft in der PKK sowie der strafrechtlichen Verfolgung der aktiven Sympathie für die PKK, auf das Schärfste verurteile. Weiterhin erkläre ich, dass ich dieses Verbot nicht anerkenne und sämtliche Verantwortung übernehme, die sich daraus ergibt.“

3 Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe stellte ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger wegen geringen Verschuldens mit Verfügung vom 19. März 2002 ein (der Kläger hatte gegenüber der Kriminalpolizei am 17. September 2001 angegeben, dass er mit seiner Unterschrift die zwei Jahre dauernden Friedens- und Versöhnungsbestrebungen der PKK habe unterstützen wollen).

4 Das Verwaltungsgericht hat dem Einbürgerungsbegehren des Klägers mit Urteil vom 16. März 2005 stattgegeben; der Ausschlussgrund des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG sei erst dann erfüllt, wenn Tatsachen vorlägen, die auf eine nachhaltige Unterstützung (hier: nach dem Wirksamwerden des Verbots der PKK) schließen ließen, was im Streitverfahren nicht der Fall sei.

5 Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Urteil vom 10. November 2005 die Klage abgewiesen:

6 § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG verlagere den Sicherheitsschutz weit in Handlungsbereiche vor, die strafrechtlich noch nicht beachtlich seien und - für sich betrachtet - noch keine unmittelbare Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung und der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellten. Als tatbestandsmäßiges Unterstützen sei folglich jede Handlung anzusehen, die für Bestrebungen i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG objektiv vorteilhaft sei; dazu zählten auch Befürwortungen von Bestrebungen durch Wort, Schrift und Bild, die Gewährung finanzieller Unterstützung oder die Teilnahme an Aktivitäten zur Verfolgung oder Durchsetzung der in der Vorschrift genannten Ziele.

7 Nach diesen Grundsätzen sei die Unterzeichnung der sogenannten PKK-Selbsterklärung eine maßgebliche Unterstützungshandlung; nach der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs liege in der Unterzeichnung einer solchen Bekenntniserklärung eine Zuwiderhandlung gegen das Verbot vor, sich für diese Organisation zu betätigen (§ 20 Abs. 1 Nr. 4 VereinsG).

8 Im Einzelnen müsse davon ausgegangen werden, dass die PKK bzw. ihre Nachfolgeorganisationen zum Zeitpunkt der Abgabe der Selbsterklärung (2001, aber auch noch heute) Bestrebungen verfolgt habe, die gegen die Sicherheit des Bundes gerichtet seien.

9 Der Kläger habe auch nicht glaubhaft machen können, sich von der früheren Unterstützung abgewandt zu haben, was einen inneren Vorgang erfordere, aus dem mit hinreichender Gewissheit folge, dass eine zukünftige Unterstützung solcher Bestrebungen auszuschließen ist.

10 Mit der auf Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils zielenden Revision erstrebt der Kläger die Verpflichtung des Beklagten zur Einbürgerung. Zur Begründung macht er geltend, das Berufungsurteil weite den Anwendungsbereich von § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG unzulässig aus, wenn es bereits die Unterzeichnung einer Selbsterklärung als einbürgerungsschädlich bewerte.

11 Der Beklagte und die Vertreterin des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht verteidigen das Berufungsurteil.

II

12 Die Revision des Klägers ist begründet.

13 Die entscheidungstragenden Gründe des Berufungsurteils verletzen Bundesrecht im Sinne von § 137 Abs. 1 VwGO. Das klagestattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts ist daher unter Zurückweisung der Berufung des Beklagten auf der Grundlage der von den Tatsachengerichten getroffenen tatsächlichen Feststellungen im Ergebnis wiederherzustellen.

14 Auch im Revisionsverfahren wird allein darum gestritten, ob dem Anspruch des Klägers auf Einbürgerung nach § 10 StAG der Hinderungsgrund des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG entgegensteht. Nach dieser Vorschrift besteht ein Anspruch auf Einbürgerung nicht, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, dass ein Ausländer Bestrebungen verfolgt oder unterstützt oder verfolgt oder unterstützt hat, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziel haben oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden, es sei denn, der Ausländer macht glaubhaft, dass er sich von der früheren Verfolgung oder Unterstützung derartiger Bestrebungen abgewandt hat.

15 Der Unterzeichnung der unter der Überschrift „Auch ich bin ein PKK’ler“ in den Verkehr gebrachten „Selbsterklärung“ (künftig: Selbsterklärung), die am 17. Juli 2001 erfolgte - etwas anderes wird dem Kläger nicht vorgehalten -, lassen sich auf der Grundlage der tatrichterlichen Feststellungen keine tatsächlichen Anhaltspunkte entnehmen, die die Annahme rechtfertigen, der Kläger habe eine Bestrebung i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG unterstützt. Diese Vorschrift hat der erkennende Senat in seinem - zur Veröffentlichung in der Sammlung BVerwGE vorgesehenen - Urteil vom 22. Februar 2007 (betreffend das Verfahren BVerwG 5 C 20.05 ) ausgelegt und angewendet; die hierzu entwickelten Maßstäbe sind wie folgt zusammenzufassen:

16 Nach dem erkennbaren Sinn und Zweck des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG sollen diejenigen keinen Anspruch auf Einbürgerung haben, bei denen zumindest der begründete Verdacht besteht, dass sie Bestrebungen gegen Schutzgüter unterstützen, die für den deutschen Staat, in den sie eingebürgert werden wollen, wesentlich sind; nur die in der Bestimmung genannten Schutzgüter sind von Bedeutung, woraus folgt, dass einerseits nicht jedes unter Strafrechtsschutz stehende Rechtsgut erfasst wird, andererseits die Vorschrift auch keine strafgerichtliche Verurteilung voraussetzt. Für den Anspruchsausschluss genügt es, wenn der Einbürgerungsbewerber - ungeachtet womöglich später erfolgter tatsächlicher Beeinträchtigungen - vorgelagert Bestrebungen unterstützt hat, die gegen die Sicherheit des Bundes gerichtet sind. Ob die Bestrebungen auch objektiv geeignet sind, die Sicherheit der Bundesrepublik zu beeinträchtigen, ist nicht von Belang, solange die Träger der Bestrebungen eine entsprechende Zielrichtung verfolgen.

17 Solche Bestrebungen werden „unterstützt“ durch Handlungen des Einbürgerungsbewerbers, die für die jeweilige Bestrebung objektiv vorteilhaft sind. Allerdings genügen nicht Handlungen, die sich nur zufällig als objektiv vorteilhaft erweisen, sondern nur solche, die eine Person für sie erkennbar und von ihrem Willen getragen zum Vorteil der jeweiligen Bestrebung vornimmt.

18 Wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte die Annahme gerechtfertigt ist, ein Einbürgerungsbewerber habe im vorstehenden Verständnis eine Bestrebung unterstützt, besteht bereits bei einer solchen Verdachtslage ein Anspruch auf Einbürgerung nicht.

19 In Anwendung dieser Maßstäbe hat der erkennende Senat in den Gründen des Parallelurteils im Verfahren BVerwG 5 C 20.05 im Einzelnen dargelegt, weswegen die feststehende Unterzeichnung der Selbsterklärung gleichwohl nicht den Verdacht einer Unterstützung von Bestrebungen i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG rechtfertigt. Er hat hierzu den Wortlaut der unterzeichneten Erklärung unabhängig davon zugrunde gelegt, ob die darin enthaltene Beschreibung einer „neuen Linie“ der PKK in der Rückschau den Tatsachen entsprochen hat oder die Initiatoren der Unterschriften-Kampagne mit ihr in Wahrheit weitergehende Ziele verfolgt haben, weil er nach den tatrichterlich festgestellten Begleitumständen der Unterzeichnung keine Anhaltspunkte dafür gesehen hat, dass der Einbürgerungsbewerber den Wortlaut der Erklärung übersteigende Ziele und Absichten erkennen konnte oder musste bzw. nach seinem Kenntnis- und Wissensstand Zweifel an der Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit der Erklärung der PKK hegen musste, sie werde ihre Ziele künftig legal und gewaltfrei verfolgen. Weil der vorliegende Fall insoweit von einer nahezu deckungsgleichen Ausgangslage geprägt ist, wird hierzu im Einzelnen auf die Gründe des Urteils im Parallelverfahren BVerwG 5 C 20.05 verwiesen.

20 Soweit im vorliegenden Streitverfahren der Verwaltungsgerichtshof seine gegenteilige Wertung (ausschließlich) auf die Aussagen im letzten Absatz der Selbsterklärung gegründet und insoweit maßgeblich die Gründe des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 27. März 2003 - 3 StR 377/02 - (NJW 2003, 2621) herangezogen hat, vermag sich der erkennende Senat dieser Wertung schon deshalb nicht anzuschließen, weil der vom Bundesgerichtshof zu beurteilenden Tat in wesentlichen Punkten unterschiedliche tatrichterliche Feststellungen zur objektiven und subjektiven Tatseite zugrunde lagen. Die Bewertung durch den Bundesgerichtshof, die dortige Angeklagte sei, wie der abschließende Teil der Selbsterklärung aussage, bereit gewesen, auch zukünftig entsprechende Verbote zu missachten und ihnen zuwiderzuhandeln, beruhte nach den insoweit maßgeblichen Gründen des Urteils des Bundesgerichtshofs auf der tatsächlichen und rechtlichen Wertung, dass die Angeklagte sich als PKK-Aktivistin bei der Unterzeichnung über die Umstände und Ziele der „Kampagne“ im Klaren war, durch eine möglichst große Beteiligung eine so große Zahl von Strafverfahren herbeizuführen, dass den Strafverfolgungsbehörden eine Sanktionierung von Verstößen gegen das Betätigungsverbot erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht werde.

21 Von solchen objektiven und subjektiven Umständen kann hier ebenso wenig die Rede sein wie im Parallelverfahren BVerwG 5 C 20.05 ; vielmehr treffen bei dem in diesen beiden Fällen jeweils festgestellten Sachverhalt eher die Ausführungen des Bundesgerichtshofs zu den Zielrichtungen zu, welche bei gleichem Wortlaut der Erklärung eine strafbare Handlung von einer nicht rechtswidrigen Meinungskundgabe unterscheiden (Urteil vom 27. März 2003 a.a.O.).

22 Unbeschadet der vorbezeichneten tatsächlichen, die strafrechtliche Bewertung maßgeblich beeinflussenden Unterschiede hat der erkennende Senat im Parallelurteil BVerwG 5 C 20.05 entscheidungstragend darauf abgestellt, dass selbst ein unterstellter Verstoß gegen das vereinsrechtliche Betätigungsverbot und eine entsprechende Strafbarkeit nicht die Annahme rechtfertigte, darin liege eine Unterstützung einer Bestrebung i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG. Insoweit hat er ausgeführt:
„Auch wenn man mit dem Bundesgerichtshof (Urteil vom 27. März 2003 - 3 StR 377/02 - NJW 2003, 2621 = juris Rn. 29) aus diesem Erklärungsteil schließt, der Erklärende - in jenem Fall allerdings eine über die Hintergründe und Ziele der Kampagne der PKK im Einzelnen informierte Aktivistin - sei bereit, das Verbot zu missachten und ihm zuwiderzuhandeln, würde darin zwar ein strafbarer Verstoß gegen das vereinsrechtliche Betätigungsverbot liegen. Das hat in Bezug auf den Kläger auch die Staatsanwaltschaft bei der Einstellung des Strafverfahrens zum Ausdruck gebracht. Unterstellt man einen Verstoß gegen das vereinsrechtliche Betätigungsverbot, so rechtfertigt dessen Strafbarkeit nicht die Annahme, darin liege eine Unterstützung einer Bestrebung i.S.d. § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG. Denn der Kläger hat mit der Unterzeichnung der Selbsterklärung ausschließlich seine politische Meinung zu einer neuen, gewaltfreien Politik zum Ausdruck gebracht. Auch eine allenfalls etwa angekündigte Bereitschaft, das Eintreten für eine solche Politik notfalls entgegen einem fortbestehenden vereinsrechtlichen Betätigungsverbot fortzusetzen, könnte den Tatbestand des § 11 Satz 1 Nr. 2 StAG nicht erfüllen. Es ist nämlich weder festgestellt noch geltend gemacht, dass die PKK im Juli 2001 für den Kläger erkennbar die damals proklamierte ‚neue Linie’ der Gewaltfreiheit wieder verlassen oder nur vorgetäuscht hätte.“

23 In die erforderliche Gesamtbetrachtung hat der erkennende Senat somit insbesondere die dem Unterzeichner erkennbaren Umstände, seine Handlungen oder Erklärungen in der Vergangenheit und seine subjektive Position und Überzeugung einbezogen und ist mit Blick auf den Kläger jenes Verfahrens zu folgendem Ergebnis gelangt:
„In der Gesamtbetrachtung kann die Selbsterklärung des Klägers mithin nur als eine Sympathiebekundung bewertet werden zugunsten einer PKK im Jahre 2001, die nach seiner Überzeugung in Abkehr von ihren früheren Bestrebungen seit zwei Jahren ihre politischen Ziele gewaltfrei und legal verfolgt und erklärt hatte, dies auch in Zukunft weiter tun zu wollen. Wer eine solche Politik öffentlich unterstützt - und nur dies wird dem Kläger letztlich vorgeworfen -, unterstützt damit weder objektiv noch subjektiv Bestrebungen, die gegen die Sicherheit des Bundes gerichtet sind oder die durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden (§ 11 Satz 1 Nr. 2 StAG).
Da der Kläger mit der Selbsterklärung keine gegen die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gerichteten Bestrebungen unterstützt hat, ist unerheblich, ob sich der Kläger von seiner Unterstützung der PKK im Jahre 2001 später abgewandt und wie sich die PKK später weiter entwickelt hat.

24 Nichts anderes gilt für den Kläger des vorliegenden Verfahrens.

25 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.