Verfahrensinformation

Der Kläger begehrt für die entschädigungslose Enteignung eines Grundstückes eine Ausgleichsleistung. Sie ist ihm von den beteiligten Behörden unter Bezug auf § 1 Abs. 4 des Ausgleichsleistungsgesetzes (AusglLeistG) verweigert worden. Nach dieser Regelung wird eine Ausgleichsleistung für eine entschädigungslose Enteignung auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage im Beitrittsgebiet unter anderem dann nicht gewährt, wenn der nach den Absätzen 1 und 2 Berechtigte oder derjenige, von dem er seine Rechte ableitet, dem nationalsozialistischen System erheblichen Vorschub geleistet hat. Im vorliegenden Fall ist der Kläger Erbe seiner Tante, die wiederum Alleinerbin ihres Ehemanns war, für den unstreitig der Ausschlusstatbestand des § 1 Abs. 4 AusglLeistG vorgelegen hat. Das Verwaltungsgericht war der Auffassung, dass hier eine Prüfung der Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 AusglLeistG bezogen auf den Ehemann nicht zu erfolgen habe, da er bereits vor der Enteignung verstorben sei. Im Revisionsverfahren wird über die Reichweite des Ausschlusstatbestandes zu entscheiden sein.


Urteil vom 24.02.2005 -
BVerwG 3 C 16.04ECLI:DE:BVerwG:2005:240205U3C16.04.0

Leitsatz:

In die Prüfung, ob ein Anspruchsausschluss nach § 1 Abs. 4 AusglLeistG vorliegt, ist auch derjenige einzubeziehen, auf den die entschädigungslose Enteignung auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage abgezielt hat, selbst wenn im Zeitpunkt der Enteignung er bereits verstorben war.

  • Rechtsquellen
    AusglLeistG § 1 Abs. 1, § 1 Abs. 4
    VermG § 1 Abs. 8 Buchst. a

  • VG Schwerin - 01.04.2004 - AZ: VG 3 A 420/03

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 24.02.2005 - 3 C 16.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:240205U3C16.04.0]

Urteil

BVerwG 3 C 16.04

  • VG Schwerin - 01.04.2004 - AZ: VG 3 A 420/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. Februar 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht
van S c h e w i c k , Dr. D e t t e , L i e b l e r und Prof. Dr. R e n n e r t
ohne mündliche Verhandlung für Recht erkannt:

  1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 1. April 2004 geändert. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

I


Der Kläger begehrt eine Ausgleichsleistung für die entschädigungslose Enteignung eines Grundstücks auf besatzungshoheitlicher Grundlage.
Der Kläger ist Alleinerbe seiner 1990 verstorbenen Tante Frieda M., der Witwe des 1943 gefallenen SS-Oberführers, Gauamtsleiters der Gauleitung Mecklenburg und Gauobmanns der Deutschen Arbeitsfront (DAF) Fritz M. Die Tante des Klägers wurde Alleinerbin ihres Ehemannes, in dessen Eigentum das enteignete Grundstück zuvor gestanden hatte. Das Grundstück wurde als Eigentum von Fritz M. und seiner Ehefrau auf der Liste A aufgeführt und auf der Grundlage des Befehls Nr. 124 des Obersten Chefs der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland vom 30. Oktober 1945 beschlagnahmt. Als Beschlagnahmegrund war in der Liste aufgeführt: "Gauamtsleiter, faschistische Familie". Gemäß dem Beschluss der Deutschen Wirtschaftskommission vom 21. September 1948 wurde das Grundstück in Volkseigentum überführt.
Der Kläger beantragte 1990 die Rückübertragung des Grundstücks und 1992 die Einräumung eines Vorkaufsrechts. Diese Anträge wurden bestandskräftig abgelehnt.
Seinen Antrag auf Gewährung einer Ausgleichsleistung lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 4. Januar 2000 ab. Aufgrund der Vielzahl der Funktionen, die Fritz M. als Gauhauptamtsleiter, Gauredner, Beauftragter des Reichsverteidigungskommissars, SS-Oberführer und Gauobmann der DAF bis zu seinem Tode ausgeübt habe, sowie der dafür erhaltenen Auszeichnungen, sei davon auszugehen, dass er dem nationalsozialistischen System erheblichen Vorschub geleistet habe. Da bereits derjenige, von dem der Antragsteller seinen Anspruch ableite, den Ausschlussgrund des § 1 Abs. 4 AusglLeistG erfülle, sei eine weitere Prüfung von Ausschlussgründen bei dessen Ehefrau, die nur nominelles Mitglied der NSDAP gewesen sei, und beim Antragsteller selbst entbehrlich. Zwar sei Fritz M. zum Zeitpunkt der Enteignung bereits verstorben gewesen. Doch seien auch Enteignungen, die nach den Maßstäben der Bundesrepublik Deutschland nichtig wären, wirksame Enteignungen im Sinne des Ausgleichsleistungsgesetzes. Dies werde an der Rechtsprechung zur Enteignung Toter deutlich. Die damalige Enteignung habe sich ausdrücklich gegen die Eheleute M. gerichtet. Der Enteignungsbeschluss sei daher so zu verstehen, dass er sich nicht nur gegen den bereits Verstorbenen, sondern auch gegen den damaligen Rechtsinhaber richten sollte. Eine Enteignung nach § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG lasse sich nicht mit dem Argument in Abrede stellen, die Enteignung eines Verstorbenen sei auf etwas objektiv Unmögliches gerichtet und damit rechtlich wirkungslos. Insofern habe die Prüfung der Unwürdigkeit bei Fritz M. und nicht bei seiner Ehefrau zu beginnen. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Bescheid vom 10. Januar 2003 zurückgewiesen.
Mit Urteil vom 1. April 2004 hat das Verwaltungsgericht Schwerin die Bescheide aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, an den Kläger eine Ausgleichsleistung für den Verlust des Grundstücks zu gewähren. Zur Begründung führt das Verwaltungsgericht aus: Betroffen habe die Enteignung die Tante des Klägers als Alleinerbin ihres Ehemannes. Sie erfülle nicht die Voraussetzungen für einen Anspruchsausschluss nach § 1 Abs. 4 AusglLeistG. Der Wortlaut dieser Norm gebe keinen Anhalt dafür, dass die Unwürdigkeitsprüfung weiter zurück als bis auf den unmittelbar Geschädigten vorzunehmen sei. Der Halbsatz "von dem er seine Rechte ableitet" beziehe sich nicht auf den im Geltungsbereich von § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG verloren gegangenen Vermögensgegenstand. Bei § 1 Abs. 4 AusglLeistG handele es sich um eine eng auszulegende Ausnahmeregelung. Auch eine teleologische Auslegung im Sinne des Beklagten sei nicht möglich. Es gehe nicht darum, ob die Erben der Nazigrößen, die zu Tode gekommen seien, bevor ein Zugriff auf ihr Vermögen habe erfolgen können, deren "Früchte" ernten könnten, sondern um die Frage, ob Jahrzehnte nach Abschluss des 2. Weltkriegs und der NS-Herrschaft die damaligen Verhältnisse zum Anlass für einen Ausschluss von 1994 begründeten Ausgleichsleistungsansprüchen genommen werden müssten. Eine solche Regelung hätte der Gesetzgeber selbst treffen müssen, dies sei aber nicht geschehen. Ein unerträglicher Wertungswiderspruch zu den übrigen gesetzlichen Regelungen ergebe sich daraus nicht. § 1 Abs. 4 AusglLeistG gelte nur für die Enteignungen von 1945 bis 1949, bei späteren Enteignungen erhielten die Betroffenen selbst bei einem Vorschubleisten im Sinne dieser Regelung den geschädigten Vermögensgegenstand regelmäßig zurück. Auch wenn nach der Rechtsprechung eine Enteignung Toter unter § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG falle, ergebe sich daraus nichts für eine Verpflichtung oder den Willen des Gesetzgebers, die Unwürdigkeitsprüfung auch auf Personen jenseits des unmittelbar Geschädigten auszudehnen und damit auch schädigende Ereignisse zu erfassen, die den Unwürdigen gar nicht mehr getroffen hätten. Der Ausschluss einer Rückgabe des Vermögensgegenstandes nach § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG müsse nicht gleichzeitig bedeuten, dass auch ein Anspruch auf Ausgleichsleistung ausgeschlossen sei; die Regel sei das Gegenteil.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte mit seiner Revision und macht zur Begründung geltend: Nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck von § 1 Abs. 4 AusglLeistG sei auch in die Prüfung einzubeziehen, wer vor der Enteignung sein Eigentum durch den Tod verloren habe, jedenfalls wenn sich die Enteignung gegen den Verstorbenen und auf sein Vermögen gerichtet habe. Aus dem Wortlaut der Regelung ergebe sich, dass grundsätzlich zwei Personen zu überprüfen seien: der unmittelbar Geschädigte als Berechtigter und derjenige, von dem er seine Rechte ableite. Hier leite die unmittelbar geschädigte Frieda M. ihre Rechte von ihrem verstorbenen Mann ab, insofern sei auch dessen Würdigkeit zu überprüfen, seine Unwürdigkeit müsse sie sich zurechnen lassen. Diese Auslegung entspreche dem Sinn und Zweck der Norm. Der Ausgleichsleistungsanspruch knüpfe unmittelbar an den gemäß § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG von vermögensrechtlichen Ansprüchen ausgeschlossenen Geschädigten an. Dies sei regelmäßig der auf einer von der SMAD bestätigten Enteignungsliste Erfasste. Hier habe die Enteignung auf das Vermögen von Fritz M. abgezielt, der dem vom SMAD-Befehl Nr. 124 betroffenen Personenkreis zuzurechnen sei. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts habe zur Folge, dass auch die Berechtigten, deren Rechtsvorgänger wegen ihrer NS-Belastung den Freitod gewählt hätten oder die zum Tode verurteilt worden seien, bei einem Tod vor der Enteignung einen Anspruch auf Ausgleichsleistung hätten. Dies erscheine unerträglich. Eine Ausnahmeregelung, wonach es auf den Todeszeitpunkt ankommen solle, gebe es nicht; eine solche Regelung wäre auch mit Art. 3 GG nicht vereinbar. Nur bei einer Ausdehnung der Würdigkeitsprüfung könne das in der Gesetzesbegründung genannte Ziel erreicht werden, diejenigen von Wiedergutmachungsleistungen auszuschließen, die durch ein vorwerfbares Verhalten in die genannten totalitären Regimes verstrickt gewesen seien. Nach dem Willen des Gesetzgebers hätten § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG und § 1 AusglLeistG denselben Normadressaten.
Der Kläger tritt der Revision entgegen.
Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht beteiligt sich nicht am Verfahren.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

II


Die Revision des Beklagten ist begründet. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts steht nicht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine Ausgleichsleistung für das enteignete Grundstück, da der Ausschlussgrund des § 1 Abs. 4 AusglLeistG durchgreift.
1. Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist § 1 Abs. 1 Satz 1 AusglLeistG. Danach erhalten natürliche Personen, die Vermögenswerte im Sinne des § 2 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz) durch entschädigungslose Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet (Beitrittsgebiet) verloren haben, oder ihre Erben oder weiteren Erben (Erbeserben) eine Ausgleichsleistung nach Maßgabe dieses Gesetzes.
Im vorliegenden Fall war das streitgegenständliche Grundstück Gegenstand einer solchen entschädigungslosen Enteignung. Unmittelbar Geschädigte dieser Enteignung war nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die mit der Revision nicht angegriffen werden, die Tante des Klägers als Alleinerbin ihres bereits vor der Enteignung gefallenen Ehemanns. Eine Enteignung auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage im Sinne von § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass sich die Maßnahme gegen einen bereits Verstorbenen richtete (Urteil vom 28. Juli 1994 - BVerwG 7 C 14.94 - BVerwGE 96, 253). Daher steht die Wirksamkeit der Enteignung nicht in Frage, auch wenn in der Liste A zu den Sequestrationen nach dem SMAD-Befehl Nr. 124 sowie in der Mitteilung der Landesregierung Mecklenburg über den Eintritt der Rechtskraft der Enteignung vom 30. November 1948 Fritz M. und seine Ehefrau gemeinsam als Eigentümer aufgeführt wurden. Alleinerbe seiner Tante wurde der Kläger, der somit nach § 1 Abs. 1 AusglLeistG grundsätzlich einen Anspruch auf Ausgleichsleistung haben kann.
2. Der Gewährung einer Ausgleichsleistung steht hier jedoch der Ausschlussgrund des § 1 Abs. 4 AusglLeistG entgegen.
Gemäß § 1 Abs. 4 AusglLeistG werden Leistungen nach diesem Gesetz unter anderem dann nicht gewährt, wenn der nach den Absätzen 1 und 2 Berechtigte oder derjenige, von dem er seine Rechte ableitet, dem nationalsozialistischen System erheblichen Vorschub geleistet hat. Hier haben weder der Kläger noch dessen Tante, von der er seine Berechtigung herleitet, dem nationalsozialistischen System erheblichen Vorschub geleistet, wohl aber deren bereits 1943 verstorbener Ehemann, von dem sie das Grundstück geerbt hat. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass bei der Anwendung des § 1 Abs. 4 AusglLeistG nicht über die Person des unmittelbar Geschädigten hinaus zurückgegangen werden dürfe. Das ist unzutreffend. Sinn und Zweck der Ausschlussregelung erfordern vielmehr, auch Personen in die Prüfung einzubeziehen, die im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Enteignung bereits verstorben waren, sofern die Enteignung auf sie abzielte.
Nach der Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 4 AusglLeistG (vgl. BTDrucks 12/4887 S. 38) soll die Vorschrift verhindern, dass diejenigen, die die Hauptverantwortung für die jetzt zu revidierenden Unrechtsmaßnahmen tragen, das Ausgleichsleistungsgesetz zu ihren Gunsten in Anspruch nehmen. Entsprechende Ausschlussregelungen fänden sich in allen vergleichbaren gesetzlichen Regelungen wie z.B. im Bundesentschädigungsgesetz oder im Lastenausgleichsgesetz. Dieser Ausschlusstatbestand, der in der Fassung des Regierungsentwurfes (vgl. BTDrucks 12/4887 S. 12) noch auf den "nach Absatz 1 und 2 Berechtigten oder das enteignete Unternehmen" beschränkt war, wurde hinsichtlich des ausgeschlossenen Personenkreises noch in den Ausschussberatungen um den Zusatz "oder derjenige, von dem er seine Rechte ableitet" erweitert und erhielt damit seine geltende Fassung (Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BTDrucks 12/7588 S. 12). Diese Ergänzung wird damit begründet, es solle klargestellt werden, dass auch die Unwürdigkeit des Rechtsvorgängers des Berechtigten zum Ausschluss des Anspruchs auf Ausgleichsleistung führe (BTDrucks 12/7588 S. 41).
Nur mit der Erstreckung der Prüfung von Ausschlussgründen nach § 1 Abs. 4 AusglLeistG auch auf denjenigen, auf den die Enteignung auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage abzielte, wird diesem Regelungszweck hinreichend Rechnung getragen. Für eine solche Auslegung spricht insbesondere der systematische Zusammenhang zwischen der entschädigungslosen Enteignung und dem Ausschluss vermögensrechtlicher Ansprüche nach § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG auf der einen und der wesentlich auf dem Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes beruhenden (vgl. dazu BVerfGE 102, 254) ersatzweisen Begründung eines Ausgleichsleistungsanspruchs nach § 1 AusglLeistG auf der anderen Seite. Der Anspruch auf Ausgleichsleistung nach § 1 Abs. 1 AusglLeistG beinhaltet ein Surrogat für den nach § 1 Abs. 8 Buchst. a VermG ausgeschlossenen Restitutionsanspruch. Dieses Surrogat knüpft an die entsprechende Enteignung an, die auch dann als wirksam anzusehen ist, wenn sie gegen einen bereits Verstorbenen gerichtet war (Urteil vom 28. Juli 1994 - BVerwG 7 C 14.94 - a.a.O. 256 ff.). Diese Verknüpfung von Enteignung und Ausgleichsleistungsanspruch rechtfertigt es, auch für den Surrogatanspruch auf die entschädigungslose Enteignung Bezug zu nehmen und denjenigen in die Prüfung von Ausschlussgründen einzubeziehen, auf den diese Enteignung abgezielt und den sie nur wegen seines zuvor eingetretenen Todes verfehlt hat. Die im angegriffenen Urteil vorgenommene Beschränkung führt demgegenüber zu der am Regelungszweck und dem dargestellten systematischen Zusammenhang vorbei gehenden Konsequenz, dass es vom Zeitpunkt des Todes des nach § 1 Abs. 4 AusglLeistG Ausgeschlossenen abhängt, ob - bei Tod vor der entschädigungslosen Enteignung - eine Ausgleichsleistung zu zahlen ist oder - im Falle des Todes erst nach der entschädigungslosen Enteignung - nicht. Dieser Auslegung steht - anders, als das Verwaltungsgericht meint - auch nicht der zeitliche Abstand zwischen der Anspruchsbegründung und dem Vorschubleisten entgegen. Der hier in Rede stehende Anspruchsausschluss knüpft ausdrücklich an ein Vorschubleisten zugunsten des nationalsozialistischen Systems an. Der sich daraus zwangsläufig ergebende zeitliche Abstand besteht in gleicher Weise dann, wenn es der durch die Enteignung unmittelbar Geschädigte selbst war, der Vorschub geleistet hat. Hier geht es dagegen um die Frage, inwieweit bei der genannten Konstellation dem Todeszeitpunkt Bedeutung zukommen kann.
Nach der in § 1 Abs. 4 AusglLeistG zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers führt schließlich nicht bereits der Umstand zu einer Aufhebung des Anspruchsausschlusses, dass jedenfalls dem oder den Erben kein erhebliches Vorschubleisten im Sinne von § 1 Abs. 4 AusglLeistG zur Last fällt. Es ist gerade nicht so, dass unbelasteten Erben auf jeden Fall ein Anspruch auf Ausgleichsleistung gewährt werden sollte. Der Anspruch ist und bleibt verwirkt. Vor dem Hintergrund von
Sinn und Zweck der Regelung ist kein Grund ersichtlich, weshalb diese Wertung anders ausfallen sollte, nur weil der frühere durch ein Vorschubleisten belastete Eigen-
tümer vor der Enteignung verstorben ist, wenn - wie hier - gerade seine Belastung der Grund für den Zugriff auf den Vermögenswert und die entschädigungslose Enteignung war.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Prof. Dr. Driehaus van Schewick Dr. Dette