Verfahrensinformation

Der Kläger, ein 1973 geborener tunesischer Staatsangehöriger, wehrt sich gegen seine Ausweisung aus Deutschland. Er heiratete 1991 eine deutsche Staatsangehörige und zog zu ihr in das Bundesgebiet. Die Ehe wurde 1995 geschieden. Dem Kläger wurde 1998 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis erteilt. Im Jahr 2004 wurde er wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in 97 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Das Regierungspräsidium Karlsruhe wies den Kläger im August 2006 aus der Bundesrepublik Deutschland unter Androhung des Sofortvollzugs aus und drohte ihm die Abschiebung nach Tunesien an; der Kläger wurde im März 2007 aus der Haft abgeschoben. Die Klage gegen die Ausweisung wies das Verwaltungsgericht im Januar 2008 ab. Im September 2008 ging aus einer Beziehung zu einer litauischen Staatsangehörigen ein Sohn hervor. Zuvor war der Kläger illegal nach Deutschland zurückgekehrt.


Der Verwaltungsgerichtshof hat die Ausweisung und die Abschiebungsandrohung auf die Berufung des Klägers im März 2010 aufgehoben. Der Kläger sei zwischenzeitlich Vater eines litauischen Staatsangehörigen. Damit sei er in erweiternder unionsrechtskonformer Auslegung des § 3 Abs. 2 Nr. 2 Freizügigkeitsgesetz/EU (FreizügG/EU) Familienangehöriger eines Unionsbürgers und daher freizügigkeitsberechtigt. Ein freizügigkeitsberechtigter Familienangehöriger eines Unionsbürgers könne aber nicht nach den Vorschriften des Aufenthaltsgesetzes ausgewiesen werden. Die auf das Aufenthaltsgesetz gestützte Ausweisung könne auch nicht in eine Feststellung des Verlustes des Rechts auf Einreise und Aufenthalt nach § 6 Abs. 1 FreizügG/EU (sog. Verlustfeststellung) umgedeutet werden. Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision des Beklagten.


Beschluss vom 07.07.2010 -
BVerwG 1 PKH 9.10ECLI:DE:BVerwG:2010:070710B1PKH9.10.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 07.07.2010 - 1 PKH 9.10 - [ECLI:DE:BVerwG:2010:070710B1PKH9.10.0]

Beschluss

BVerwG 1 PKH 9.10

  • VGH Baden-Württemberg - 22.03.2010 - AZ: VGH 11 S 1626/08

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. Juli 2010
durch den Richter am Bundesverwaltungsgericht Richter und
die Richterinnen am Bundesverwaltungsgericht Beck und Fricke
beschlossen:

Dem Kläger wird für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt ..., ..., beigeordnet.