Verfahrensinformation

Die 1967 in Usbekistan geborene Klägerin erstrebt die Feststellung ihrer deutschen Staatsangehörigkeit. Zur Begründung beruft sie sich darauf, dass ihr Vater 1944 in das Gebiet des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 geflohen sei und dort Aufnahme gefunden habe. Seine spätere Verschleppung in die UdSSR habe daran nichts geändert. Er sei somit Statusdeutscher im Sinne von Art. 116 Abs. 1 Grundgesetz geworden. Sie habe diese Stellung als seine Tochter erworben und damit die deutsche Staatsangehörigkeit erlangt (vgl. § 40 a Staatsangehörigkeitsgesetz). Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat die in erster Instanz erfolgreiche Klage abgewiesen, da der Vater der Klägerin sich bei Inkrafttreten des Grundgesetzes nicht mehr - wie in derartigen Fällen erforderlich - in Deutschland aufgehalten habe. Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin und ihrer beiden Töchter, die ebenfalls die Feststellung ihrer deutschen Staatsangehörigkeit erstreben.


Pressemitteilung Nr. 51/2003 vom 11.11.2003

Keine Statusdeutscheneigenschaft für vor 1949 in die Sowjet-Union verschleppte Vertriebene ohne spätere Aufnahme im Bundesgebiet

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat entschieden, dass ein deutscher Volkszugehöriger, der 1944 in das Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 geflüchtet war, sich dort aber bei Inkrafttreten des Grundgesetzes am 24. Mai 1949 nicht mehr aufhielt, nicht Deutscher ohne deutsche Staatszugehörigkeit (sog. Statusdeutscher) geworden ist.


Die 1967 in Usbekistan geborene Klägerin erstrebt die Feststellung ihrer deutschen Staatsangehörigkeit. Ihr aus der Ukraine stammender volksdeutscher Vater war mit seiner Familie 1944 in das „Wartheland“ (Polen) verbracht worden und in das heutige Sachsen-Anhalt geflohen. Von dort wurde er im August 1945 in die Sowjet-Union verschleppt. Die Klägerin meint, ihr Vater habe 1944/45 als Flüchtling Aufnahme im Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand von 1937 gefunden und sei somit Statusdeutscher im Sinne von Art. 116 Abs. 1 Grundgesetz geworden. Sie habe diese Stellung als seine Tochter mit ihrer Geburt erworben. Als Statusdeutsche habe sie auch die deutsche Staatsangehörigkeit dann 1999 kraft Gesetzes erlangt (vgl. § 40 a Staatsangehörigkeitsgesetz). Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat die in erster Instanz erfolgreiche Klage abgewiesen. Die Revision hatte keinen Erfolg.


Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass ein vor Inkrafttreten des Grundgesetzes in das maßgebliche Gebiet des Deutschen Reiches geflohener deutscher Volkszugehöriger nur dann Statusdeutscher geworden ist, wenn er sich dort am 24. Mai 1949 noch aufhielt oder später im Bundesgebiet Aufnahme gefunden hat. Es fehlt an Anhaltspunkten dafür, dass der Parlamentarische Rat den Status eines Deutschen auch den zahlreichen Flüchtlingen und Vertriebenen verleihen wollte, die Deutschland zuvor - freiwillig oder unfreiwillig - wieder verlassen hatten. Allerdings sollte denjenigen, die sich damals (noch oder wieder) außerhalb der Grenzen von 1937 aufhielten, die Möglichkeit eröffnet werden, durch ihre spätere Aufnahme in Deutschland diesen Status zu erwerben. So ist auch der Vater der Klägerin 1990 als Vertriebener anerkannt und später eingebürgert worden. Daraus können indessen die Klägerin, die - anders als andere Familienangehörige - nicht mit ihrem Vater nach Deutschland übergesiedelt war, und ihre später in Usbekistan geborenen Töchter keine Statusrechte für sich herleiten.


BVerwG 1 C 35.02 - Urteil vom 11.11.2003


Urteil vom 11.11.2003 -
BVerwG 1 C 35.02ECLI:DE:BVerwG:2003:111103U1C35.02.0

Leitsatz:

Ein deutscher Volkszugehöriger, der vor In-Kraft-Treten des Grundgesetzes in das Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 geflohen ist, hat nicht im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG "Aufnahme gefunden" und damit nicht die Rechtsstellung als Statusdeutscher erworben, wenn er sich dort am 24. Mai 1949 nicht mehr aufhielt. Ob sein Aufenthalt in diesem Gebiet freiwillig oder unfreiwillig geendet hat, ist dabei unerheblich.

Urteil

BVerwG 1 C 35.02

  • VGH Mannheim - 12.09.2002 - AZ: VGH 13 S 2321/01 -
  • VGH Baden-Württemberg - 12.09.2002 - AZ: VGH 13 S 2321/01

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 11. November 2003
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r ,
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n , H u n d und
R i c h t e r sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht B e c k
für Recht erkannt:

  1. Die Revision der Klägerinnen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 12. September 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Revisionsverfahrens.

I


Die Klägerinnen begehren die Feststellung, deutsche Staatsangehörige zu sein.
Die 1967 in Usbekistan geborene Klägerin zu 1 ist die Mutter der ebenfalls dort 1995 bzw. 1996 geborenen Klägerinnen zu 2 und zu 3. Der Vater der Klägerin zu 1, ein deutscher Volkszugehöriger, wurde 1939 in der Ukraine geboren. Er wurde mit seiner Familie 1944 in das sog. "Wartheland" verbracht. Sein Vater, der Großvater der Klägerin zu 1, wurde 1944 im "Wartheland" eingebürgert. Von 1944 bis August 1945 lebte der Vater der Klägerin zu 1 mit seiner Familie in K. (Sachsen-Anhalt). Von dort wurde er im August 1945 in die ehemalige Sowjetunion verschleppt. Er reiste gemeinsam mit seiner Ehefrau und zwei jüngeren Schwestern der Klägerin zu 1 1989 in das Bundesgebiet ein, wo seine Mutter und sein Bruder bereits seit 1980 lebten. Dem Vater der Klägerin zu 1 wurde 1990 ein Vertriebenenausweis A erteilt. 1991 wurde er eingebürgert.
Die Klägerin zu 1 reiste im August 1996 mit einem Besuchervisum ins Bundesgebiet ein, um ihren hier lebenden Vater zu besuchen; in der Folgezeit kehrte sie nach Usbekistan zurück. Am 10. August 1998 reiste sie erneut mit einem Besuchervisum ein und meldete sich unter der Anschrift ihres Vaters an. Im November 1998 verließ sie das Bundesgebiet erneut.
Im Juni 1998 beantragten die Klägerinnen bei dem Beklagten die Feststellung des Status als Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG und die Ausstellung entsprechender Ausweise sowie die Einbürgerung nach § 9 StAngRegG. Zur Begründung beriefen sie sich darauf, ihr Vater bzw. Großvater habe im Bereich des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 als Flüchtling Aufnahme gefunden. Seine spätere Verschleppung in die Sowjetunion habe daran nichts geändert. Er sei somit Statusdeutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG und die Klägerin zu 1 habe diesen Status als seine Tochter erworben. In der Folgezeit legte der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen ein von der Klägerin zu 1 nicht unterzeichnetes Formular eines Antrags auf Einbürgerung vor und teilte mit, die Klägerin zu 1 habe sich als Vertriebene und Abkömmling eines Vertriebenen im Bundesgebiet niedergelassen. Ihre Ausreise im November 1998 sei nur im Hinblick auf die Verweigerung eines Aufenthaltstitels durch die Ausländerbehörde und daher nur vorübergehend erfolgt.
Mit Bescheid vom 11. Mai 1999 lehnte der Beklagte die Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises bzw. eines Ausweises über die Eigenschaft als Statusdeutsche nach Art. 116 Abs. 1 GG ab. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, die Klägerinnen seien keine deutschen Staatsangehörigen und auch nicht Statusdeutsche. Die Klägerin zu 1 habe weder die deutsche Staatsangehörigkeit nach § 4 Abs. 1 RuStAG noch in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift die Eigenschaft als Statusdeutsche von ihrem Vater erworben. Damit hätten auch die Klägerinnen zu 2 und 3 diese Statusrechte nicht erworben. Den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2000 zurück.
Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten unter Aufhebung des im erstinstanzlichen Verfahren angefochtenen Bescheids verpflichtet, den Klägerinnen die beantragten Staatsangehörigkeitsausweise auszustellen. Auf die Berufung des Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die nunmehr auf Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit der Klägerinnen gerichtete Klage abgewiesen (vgl. Leitsatz in DVBl 2003, 479). Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Die zulässige Klage sei unbegründet, da die Klägerinnen nicht deutsche Staatsangehörige seien. Die Klägerin zu 1 habe die deutsche Staatsangehörigkeit nicht nach § 4 Abs. 1 RuStAG erworben, da ihr Vater zum Zeitpunkt ihrer Geburt kein deutscher Staatsangehöriger gewesen sei. Damit hätten die Klägerinnen zu 2 und 3 nicht über ihre Mutter nach § 4 Abs. 1 RuStAG die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben können. Auch nach § 40 a Satz 1 StAG hätten die Klägerinnen die deutsche Staatsangehörigkeit nicht erworben, da sie am 1. August 1999 nicht Deutsche ohne deutsche Staatsangehörigkeit gewesen seien. Die Statusdeutscheneigenschaft sei von ihnen weder derivativ vom Vater der Klägerin zu 1 noch originär bis zum Stichtag 1. August 1999 erworben worden. Der grundsätzlich mögliche derivative Erwerb der Eigenschaft als Statusdeutscher in entsprechender Anwendung des § 4 RuStAG scheitere vorliegend daran, dass der Vater der Klägerin zu 1 zum Zeitpunkt ihrer Geburt nicht Statusdeutscher gewesen sei. Die Voraussetzungen für das "Aufnahme finden" im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG seien zwar aufgrund der Flucht nach K. (Sachsen-Anhalt) und des Verhaltens der zuständigen deutschen Stellen erfüllt gewesen. In solchen Fällen habe es zu einem Statuserwerb jedoch nur dann kommen können, wenn die deutschen Volkszugehörigen sich bei In-Kraft-Treten des Grundgesetzes noch in Deutschland aufgehalten hätten, denn nur dann hätten noch die durch die Aufnahme begründeten oder gefestigten inneren und äußeren Beziehungen zu Deutschland bestanden. Dies ergebe sich aus dem Zweck des Art. 116 Abs. 1 GG, diejenigen Flüchtlinge und Vertriebenen deutscher Volkszugehörigkeit einzugliedern, die sich zur Zeit des In-Kraft-Tretens des Grundgesetzes im Gebiet des Deutschen Reiches von 1937 aufgehalten hätten. Ferner könne aus den Beratungen des Parlamentarischen Rates nicht entnommen werden, dass beabsichtigt gewesen sei, auch Personen, die sich zur Zeit des In-Kraft-Tretens des Grundgesetzes nicht mehr im Gebiet des Deutschen Reiches aufgehalten hätten, unmittelbar den Status als Deutsche ohne Staatsangehörigkeit zu verleihen.
Gegen dieses Urteil haben die Klägerinnen Revision eingelegt. Zur Begründung tragen sie u.a. vor, sie könnten entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts die Eigenschaft als Statusdeutsche vom Vater der Klägerin zu 1 herleiten. Art. 116 Abs. 1 GG setze in Fällen wie dem vorliegenden, in denen ein im Gebiet des Deutschen Reiches in den Grenzen vom 31. Dezember 1937 aufgenommener deutscher Volkszugehöriger von dort verschleppt worden sei, nicht dessen Aufenthalt in diesem Gebiet bei In-Kraft-Treten des Grundgesetzes voraus. Der Verfassungsgeber habe nämlich auch diejenigen Vertriebenen "in seinen Schutz nehmen" wollen, die dieses Gebiet durch Verschleppung, Gefangennahme oder andere zwangsweise Entfernung unfreiwillig verlassen hätten. Der ständige Aufenthalt dieser Personen habe nicht ohne ihre freie Willensäußerung beendet werden können. Auch die Voraussetzungen eines originären Erwerbs der Statusdeutscheneigenschaft seien entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts gegeben. Der Beklagte sei unter Berücksichtigung der bisherigen Verwaltungspraxis und der dadurch bewirkten Selbstbindung verpflichtet, die Abkömmlinge von Vertriebenen dadurch aufzunehmen, dass ihnen der Aufenthalt im Bundesgebiet unabhängig vom Ausländerrecht gestattet werde.
Der Beklagte und der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht treten der Revision entgegen.

II


Die zulässige Feststellungsklage ist unbegründet, da die Klägerinnen keine deutschen Staatsangehörigen sind. Das Berufungsurteil steht mit Bundesrecht in Einklang.
1. Die Klägerin zu 1 hat die deutsche Staatsangehörigkeit nicht nach § 4 Abs. 1 RuStAG (in der Fassung vom 19. Dezember 1963, BGBl I S. 982) durch Geburt erworben. Ihr Vater war nämlich nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zum Zeitpunkt ihrer Geburt im Jahr 1967 nicht deutscher Staatsangehöriger. Eine andere Möglichkeit des Erwerbs der Staatsangehörigkeit kraft Geburt durch die Klägerin zu 1 ist nicht ersichtlich.
Damit konnten die Klägerinnen zu 2 und 3 ihrerseits die deutsche Staatsangehörigkeit nicht durch Geburt von ihrer Mutter, der Klägerin zu 1, erlangen. Von dem späteren Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch ihren Vater im Jahr 1991 kann die Klägerin zu 1 (und in ihrem Gefolge die Klägerinnen zu 2 und 3) die deutsche Staatsangehörigkeit ebenfalls nicht ableiten.
2. Die Klägerinnen könnten die deutsche Staatsangehörigkeit allenfalls nach § 40 a Satz 1 StAG erworben haben. Voraussetzung dafür ist, dass sie am 1. August 1999 Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG waren, ohne die deutsche Staatsangehörigkeit zu besitzen (sog. Statusdeutsche). Dies war indessen nicht der Fall. Die Klägerinnen waren an dem genannten Stichtag weder aufgrund originären Erwerbs dieser Rechtsstellung Statusdeutsche (dazu 3.) noch hatten sie diesen Status mittelbar über den Vater der Klägerin zu 1 erworben (dazu 4.).
3. Die Eigenschaft als Statusdeutscher besitzt nach Art. 116 Abs. 1 GG, wer als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat. "Aufnahme finden" setzt voraus, dass der Betroffene mit dem Zuzug einen ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet erstrebt und aufgrund eines Tätigwerdens oder sonstigen Verhaltens der Behörden der Schluss gerechtfertigt ist, dass ihm die Aufnahme nicht verweigert wird (vgl. Urteil vom 12. Mai 1992 - BVerwG 1 C 37.90 - BVerwGE 90, 181, 183 f. m.w.N.).
An einem solchen behördlichen Verhalten hinsichtlich der Klägerinnen fehlt es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, so dass sie nicht im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG Aufnahme gefunden haben. In die Übernahmegenehmigung im D 1-Verfahren, die ihrem Vater bzw. Großvater erteilt worden ist, sind sie nicht einbezogen worden. Eine eigene Übernahmegenehmigung wurde ihnen nicht erteilt.
Auch die Besuchsaufenthalte der Klägerin zu 1 in den Jahren 1996 und 1998 führten nicht dazu, dass sie Aufnahme gefunden hat. 1996 reiste sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts in das Bundesgebiet ein, um ihren hier lebenden Vater zu besuchen. Es fehlte demzufolge bereits an der Absicht, einen ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu begründen. Selbst wenn man - jedenfalls für den Besuch im Jahr 1998 - von einer entsprechenden Absicht der Klägerin zu 1 ausginge, läge ein behördliches Verhalten, das den Schluss rechtfertigt, ihre Aufnahme werde nicht verweigert, nicht vor. Namentlich wurde mit der Erteilung eines Besuchervisums der beabsichtigte ständige Aufenthalt nicht gebilligt. Für die Klägerinnen zu 2 und 3 kann nichts anderes gelten. Auch wenn man unterstellt, dass sie ihre Mutter, die Klägerin zu 1, begleitet haben, bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sie im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG Aufnahme gefunden haben. Soweit die Revision geltend macht, den Klägerinnen sei die Aufnahme zu Unrecht verweigert worden, kann dies zu keinem anderen Ergebnis führen. Im Übrigen legt sie die Voraussetzungen des von ihr behaupteten entsprechenden Anspruchs auf Aufnahme nicht unter Zugrundelegung des vom Berufungsgericht festgestellten Sachverhalts schlüssig dar.
Fehlt es nach allem an einem originären Erwerb der Statusdeutscheneigenschaft, so bedarf es keiner Entscheidung, ob die im Bundesvertriebenengesetz seit In-Kraft-Treten des Kriegsfolgenbereinigungsgesetzes am 1. Januar 1993 aufgestellten Voraussetzungen für eine Aufnahme im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG auch für Angehörige (vgl. dazu § 4 Abs. 3 Satz 2 BVFG) abschließend sind und die Klägerinnen bereits wegen des Fehlens eines Aufnahmebescheids (vgl. §§ 26 ff. BVFG) nicht Aufnahme gefunden haben (vgl. Urteil vom 16. Juni 2001 - BVerwG 1 C 26.00 - BVerwGE 114, 332, 335, wo offen gelassen wurde, was insoweit für Angehörige gilt).
4. Die Statusdeutscheneigenschaft kann nach ständiger Rechtsprechung des Senats in entsprechender Anwendung der für das Staatsangehörigkeitsrecht geltenden Regelungen erworben werden (Urteil vom 21. Mai 1985 - BVerwG 1 C 37.81 - BVerwGE 71, 301, 304 m.w.N.). Dies gilt auch für den derivativen Erwerb der Rechtsstellung eines Statusdeutschen durch Geburt, auf den § 4 RuStAG in der jeweils geltenden Fassung entsprechend anzuwenden ist. Danach wäre die Klägerin zu 1 mit ihrer Geburt Statusdeutsche geworden, wenn ihr Vater zu diesem Zeitpunkt den Status eines Deutschen innegehabt hätte. Dies war indessen nicht der Fall. Aus dem späteren Erwerb der Statusdeutscheneigenschaft durch ihren Vater kann die Klägerin zu 1 diese Rechtsstellung nicht ableiten. Ebenso wenig kann die Klägerin zu 1 die Statusdeutscheneigenschaft von ihrer Mutter herleiten. Damit konnte sie den Deutschen-Status auch nicht an die Klägerinnen zu 2 und 3 weitervermitteln.
Der Vater der Klägerin zu 1 hatte die Eigenschaft als Statusdeutscher nicht aufgrund seines Aufenthalts in K. von 1944 bis August 1945 erworben, wohin er mit seiner Familie geflohen war. Dieser Ort liegt zwar in Sachsen-Anhalt und damit im Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937. Auch erfüllte der Aufenthalt in K. nach den Feststellungen des Berufungsgerichts an sich die Voraussetzungen eines Aufnahmefindens im Sinne des damals noch nicht in Kraft befindlichen Art. 116 Abs. 1 GG. Denn die Übersiedlung in das Gebiet des Deutschen Reiches vor In-Kraft-Treten des Grundgesetzes (mit Ablauf des 23. Mai 1949) steht für sich genommen dem Erwerb des Deutschen-Status nicht entgegen. Diesen Status haben aber deutsche Volkszugehörige, die in das Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 geflüchtet waren, nur erworben, wenn sie sich bei In-Kraft-Treten des Grundgesetzes noch (ständig) dort aufhielten. Nur dann haben sie zu diesem maßgeblichen Zeitpunkt "Aufnahme gefunden" (vgl. auch Makarov/v. Mangoldt, Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht, Art. 116 GG Rn. 54 und § 7 StAngRegG Rn. 2; Renner, in: Hailbronner/Renner, Staatsangehörigkeitsrecht, § 7 StAngRegG Rn. 2; Marx, Staatsangehörigkeitsrecht, Art. 116 GG Rn. 59). Ein vorübergehender Inlandsaufenthalt vor In-Kraft-Treten des Grundgesetzes kann, wie der Beklagte zutreffend ausgeführt hat, nicht statusbegründend sein.
Hierfür spricht bereits der Wortlaut des Art. 116 Abs. 1 GG. Personen, deren Aufenthalt in dem maßgeblichen Gebiet bei In-Kraft-Treten des Grundgesetzes - wie im Fall des Vaters der Klägerin zu 1 - wieder beendet war, h a t t e n bezogen auf diesen Zeitpunkt lediglich (faktisch) "Aufnahme gefunden". Art. 116 Abs. 1 GG erfordert demgegenüber, dass der Flüchtling oder Vertriebene "Aufnahme gefunden h a t". Hätte eine in der Vergangenheit liegende "Aufnahme" in den Geltungsbereich der Norm einbezogen werden sollen, so hätte es nahe gelegen, dies ausdrücklich klarzustellen. Dies ist indessen nicht geschehen.
Ebenso wenig kann den Beratungen des Parlamentarischen Rates zu Art. 138 b des Entwurfes, der - abgesehen von der später hinzugefügten Formulierung "oder Vertriebener" - Art. 116 Abs. 1 GG entspricht, entnommen werden, dass beabsichtigt war, den Status eines Deutschen auch unmittelbar solchen Personen zu verleihen, die sich zur Zeit des In-Kraft-Tretens des Grundgesetzes nicht mehr im maßgeblichen Gebiet des Deutschen Reiches aufhielten (vgl. Der Parlamentarische Rat, Verhandlungen des Hauptausschusses, Bonn 1948/49, S. 226 <20. Sitzung vom 7. Dezember 1948>; Der Parlamentarische Rat 1948/49, Akten und Protokolle, Band 5/II, Ausschuss für Grundsatzfragen, 1993, S. 849 ff. <30. Sitzung vom 6. Dezember 1948>). In der Begründung des Allgemeinen Redaktionsausschusses wird ferner ausgeführt, durch die erwähnte Bestimmung würden außer den deutschen Reichsangehörigen auch sämtliche Flüchtlinge, gleichgültig in welcher Besatzungszone sie lebten, sowie die Angehörigen nichtdeutschen Volkstums, die mit volksdeutschen Flüchtlingen verheiratet seien oder von ihnen abstammten und wegen dieser Familienzugehörigkeit aus ihrem Heimatgebiet ausgewiesen worden seien, mit erfasst (vgl. Jahrbuch des Öffentlichen Rechts - Neue Folge - Band 1, 1951 S. 823). Auch dieses Abstellen auf die damaligen Besatzungszonen spricht gegen eine Absicht des Verfassungsgebers, den Deutschen-Status den zahlreichen Flüchtlingen und Vertriebenen "automatisch" zu verleihen, die Deutschland - freiwillig oder unfreiwillig (vgl. dazu unten) - wieder verlassen hatten. Eine Erstreckung des Deutschen-Status auf Personen, die nach ihrer Flucht oder Vertreibung zunächst im Gebiet des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1937 eine Zuflucht gefunden hatten, sich zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Grundgesetzes aber außerhalb dieses Gebietes befanden, hätte zu einer erheblichen Ausdehnung des Kreises der Begünstigten geführt (vgl. auch Schätzel, Das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht, 2. Aufl. 1958, Art. 116 unter 1.; Eisfeld, in: Informationen zur politischen Bildung Nr. 267/2000, S. 21 f.). Es fehlt an Anhaltspunkten, dass trotz der außerordentlich schwierigen Situation in der Nachkriegszeit mit Millionen in Deutschland befindlichen Vertriebenen und Flüchtlingen (vgl. auch Masing, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, Bonner Grundgesetz, 4. Aufl., Art. 116 Rn. 2) einem kaum überschaubaren Kreis von Personen, die nicht mehr in Deutschland lebten, unmittelbar ein Rechtsstatus zuerkannt werden sollte, der dem der Staatsangehörigen nahe kommt.
Dies bedeutet nicht, dass den in Osteuropa bzw. der Sowjetunion sich aufhaltenden Volksdeutschen die Rechtsstellung als Statusdeutsche vorenthalten werden sollte. Vielmehr wurde in den Beratungen des späteren Art. 116 Abs. 1 GG im Hauptausschuss festgestellt, diese Bestimmung sei so zu verstehen, dass sie auch für jeden deutschen Volkszugehörigen gelte, der in Zukunft als Vertriebener in das Bundesgebiet komme (vgl. Der Parlamentarische Rat, Verhandlungen des Hauptausschusses, Sitzung, a.a.O; Jahrbuch des Öffentlichen Rechts - Neue Folge - Band 1, 1951 S. 824; Makarov/v. Mangoldt, a.a.O. Art. 116 GG Rn. 4). Für den Parlamentarischen Rat war ein Ende der Flüchtlingsströme noch nicht abzusehen, da die Vertreibungen weit über das Jahr 1949 hinausreichten (vgl. Masing, a.a.O.). Der Verfassungsgeber wollte also mit Art. 116 Abs. 1 GG einerseits den in dieser Vorschrift bezeichneten, im maßgeblichen Gebiet des Deutschen Reiches aufgenommenen und sich dort bei In-Kraft-Treten des Grundgesetzes aufhaltenden Personen den Deutschen-Status verschaffen. Andererseits sollte denjenigen, die sich (noch oder wieder) außerhalb dieses Gebiets aufhielten, grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet werden, durch ihre Aufnahme diesen Status zu erwerben. Der Vater der Klägerin zu 1 gehörte zu dieser zweiten Gruppe von Personen, die erst durch ihre Aufnahme nach In-Kraft-Treten des Grundgesetzes die Rechtsstellung von Deutschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit erwerben konnten, was in seinem Fall aufgrund der Aufnahme im Jahre 1989 auch geschehen ist.
Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck des Art. 116 Abs. 1 GG. Wie der Senat wiederholt zum Ausdruck gebracht hat, soll diese Bestimmung das aufgrund der Folgen des Zweiten Weltkriegs ungewisse staatsangehörigkeitsrechtliche Schicksal vertriebener Volksdeutscher einschließlich ihrer Familienangehörigen auffangen, die mit ihnen im Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden haben, indem ihnen familieneinheitlich ein angemessener, ihre Eingliederung ermöglichender Status verschafft wird, der sie den deutschen Staatsangehörigen weitgehend gleichstellt und sie zu einem Teil des deutschen Staatsvolkes macht (vgl. Urteil vom 12. Mai 1992 - BVerwG 1 C 54.89 - BVerwGE 90, 173, 174 f. m.w.N.). Diese Zwecksetzung zielt auf diejenigen Flüchtlinge und Vertriebenen deutscher Volkszugehörigkeit, die sich zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Grundgesetzes in Deutschland in den Grenzen von 1937 aufhielten. Die Verleihung des Status eines Deutschen an Personen, die keinen äußeren Bezug mehr zu Deutschland hatten, weil sie sich dort nicht mehr aufhielten, wäre von dem oben dargestellten Zweck des Art. 116 Abs. 1 GG nicht gedeckt. Ihr staatsangehörigkeitsrechtlicher Status bedurfte damals nicht der umgehenden Klärung. Der Zielsetzung des Art. 116 Abs. 1 GG entspricht es vielmehr, dem in Rede stehenden Personenkreis nach In-Kraft-Treten des Grundgesetzes - vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung - die Aufnahme im Bundesgebiet und damit den Erwerb der Statusdeutscheneigenschaft zu ermöglichen. Weitergehende Konsequenzen ergeben sich aus der humanitären Zielsetzung des Art. 116 Abs. 1 GG entgegen der im erstinstanzlichen Urteil vertretenen Auffassung nicht. Schließlich widerspricht der Hinweis der Revision, ein Aufnahmefinden im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG sei in den unter polnische bzw. sowjetische Verwaltung gestellten ehemaligen deutschen Ostgebieten zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Grundgesetzes nicht mehr möglich gewesen (vgl. auch Urteil vom 24. Juni 1971 - BVerwG 1 C 26.69 - BVerwGE 38, 224, 228; Makarov/v. Mangoldt, a.a.O. Art. 116 Rn. 52), der genannten Zielsetzung dieser Verfassungsnorm nicht.
Auch kommt es, entgegen der Ansicht der Revision, in Fällen wie dem vorliegenden nicht darauf an, ob der Aufenthalt in Deutschland vor In-Kraft-Treten des Grundgesetzes freiwillig aufgegeben oder durch Zwangsmaßnahmen beendet wurde (a.M. Bergmann/Korth/Ziemske, Deutsches Staatsangehörigkeits- und Passrecht, 3. Aufl., 1. Bd. Teil 1 Rn. 135). In beiden Fallkonstellationen setzt der Erwerb der Rechtsstellung als Deutscher aus den oben ausgeführten Gründen eine "Aufnahme" im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG nach In-Kraft-Treten des Grundgesetzes voraus. Soweit die Revision unter Hinweis auf die Regelung der Aufgabe des Wohnsitzes in § 7 Abs. 3 BGB meint, die erfolgte Aufnahme könne nur durch eine freie Willensäußerung des Betroffenen beendet werden, berücksichtigt sie nicht, dass es vor In-Kraft-Treten des Grundgesetzes gerade an einer Aufnahme im Sinne von Art. 116 Abs. 2 GG gefehlt hat (vgl. auch Urteil vom 12. Mai 1992 - BVerwG 1 C 54.89 - BVerwGE 90, 173, 180). Ferner liegt in dem erwähnten Erfordernis eines Aufenthalts in Deutschland zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des Grundgesetzes ein sachlicher Grund dafür, dass verschleppte Vertriebene deutscher Volkszugehörigkeit den von der Verschleppung verschont Gebliebenen nicht von vornherein gleichgestellt werden, so dass ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG ausscheidet.
Wie das Berufungsgericht überdies zutreffend ausgeführt hat, folgt aus dem - inzwischen außer Kraft getretenen (vgl. Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15. Juli 1999, BGBl I S. 1618, Art. 3 § 1 Nr. 1) § 7 StAngRegG nichts anderes. Diese Bestimmung galt nicht für deutsche Volkszugehörige, die bereits vor In-Kraft-Treten des Grundgesetzes das Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 wieder verlassen hatten (vgl. Makarov/v. Mangoldt, a.a.O., § 7 StAngRegG Rn. 2). Sie regelte nicht die Voraussetzungen, unter denen die Statusdeutscheneigenschaft erworben wird, sondern knüpfte an deren wirksamen Erwerb an.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Eckertz-Höfer Dr. Mallmann Richter am Bundesver-
waltungsgericht Hund ist
wegen Erkrankung ge-
hindert zu unterschreiben.
Eckertz-Höfer
Richter Beck