Beschluss vom 31.07.2009 -
BVerwG 8 B 25.09ECLI:DE:BVerwG:2009:310709B8B25.09.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 31.07.2009 - 8 B 25.09 - [ECLI:DE:BVerwG:2009:310709B8B25.09.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 25.09

  • VG Cottbus - 23.10.2008 - AZ: VG 1 K 9/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 31. Juli 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Pagenkopf und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2008 ergangenen Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 102 830 € festgesetzt.

Gründe

1 Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Rechtssache kommt weder die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), noch beruht das angefochtene Urteil auf einem Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

2 1. Die von der Beschwerde für grundsätzlich bedeutsam gehaltenen Fragen,
ob ein aufgrund fehlender notarieller Beurkundung form-unwirksames Grundstücksgeschäft der Wirksamkeit einer als Verzichtserklärung deklarierten, tatsächlich als Tauschgeschäft ausgestalteten Erklärung entgegensteht, insbesondere wenn der Vollzug nicht wie vereinbart zustande kommt,
und
ob eine unwirksame Erklärung - sei es als unwirksamer Verzicht oder unwirksames Tauschgeschäft - vorliegend deshalb anzunehmen ist, weil die Erklärung durch eine nicht vertretungsbefugte Person zu Lasten der im Grundbuch eingetragenen Familie vorgenommen wurde und deshalb nichtig ist, sowie
ob ein als Verzichtserklärung deklariertes, tatsächlich als Tauschvertrag einzustufendes Rechtsgeschäft bei fehlender Verschaffung des Eigentums nach dem damaligen Recht der DDR nichtig ist,

3 würden sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Die Frage der Wirksamkeit der von der Beschwerde bezeichneten Rechtsgeschäfte bestimmt sich nach dem Recht der DDR. Dieses ist aber nicht revisibel (§ 137 Abs. 1 VwGO).

4 Die weiterhin aufgeworfene Frage,
liegt eine Entschädigung im Sinne des § 1 Abs. 1 Buchst. a VermG für den Eigentumsverlust an einem Grundstück vor, wenn der Grundstückseigentümer auf sein Eigentum nur aus dem Grund verzichtet, dass er das Eigentum, zumindest aber das Nutzungsrecht an einer Austauschwiese als Gegenleistung erhält, wenn ihm dieses Recht aber nachträglich einseitig mit Wirkung ex tunc nur deshalb wieder entzogen wird, weil er nicht innerhalb einer einseitig gesetzten Frist von 10 Tagen sowie nach Ablauf einer Frist von einem weiteren Monat seine Bereitschaft erklärt, das Grundstück zu nutzen, und das Grundstück nach Ablauf dieser Frist an einen Dritten übertragen wird, insbesondere wenn die Nutzungsfähigkeit der Austauschfläche entgegen entsprechender Zusagen durch staatliche Stellen nicht hergestellt wurde?

5 lässt eine grundsätzliche Bedeutung nicht erkennen, sondern betrifft nur den Einzelfall. Für ein fallübergreifendes Gewicht ist nichts vorgetragen. Das gilt auch für die weiteren aufgeworfenen Fragen,
ob im konkreten Fall das Handeln des Bürgermeisters und die Bauarbeiten auf einem fremden Grundstück den Tatbestand der Nötigung erfüllen,
sowie
ob der vorliegende Sachverhalt den Tatbestand der arglistigen Täuschung erfüllt.

6 Soweit die über weite Teile in Form einer Berufungsbegründung gehaltene Beschwerdebegründung neue Tatsachen vorbringt, können diese im Beschwerdeverfahren nicht berücksichtigt werden und nicht zur Zulassung der Revision führen.

7 Die weiteren von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen,
ob das Handeln eines unzuständigen Organs im Rahmen einer Eigentumsverzichtserklärung und ohne Hinzuziehung eines Notars den Tatbestand des Machtmissbrauches erfüllt
und
ob das Tatbestandsmerkmal des Machtmissbrauches bei staatlichem Handeln erfüllt ist, das nur scheinbar und ohne ernsthafte Absicht eine Gegenleistung verspricht als Gegenleistung für den Verzicht auf Grundstückseigentum,

8 sind, unabhängig davon, dass das Verwaltungsgericht in seinem Urteil zu der Feststellung gekommen ist, dass das hier maßgebliche Handeln der staatlichen Organe von der in der DDR herrschenden Rechtsordnung bzw. der entsprechenden Rechtspraxis gedeckt war (UA S. 11), Fragen der einzelfallbezogenen Subsumtion und einer generellen Klärung nicht zugänglich. Das gilt auch für die Frage,
ob der ohne Zustimmung des Eigentümers erfolgende Beginn mit Bauarbeiten auf einem fremden Grundstück zum Zwecke der Errichtung einer Gartensparte als unlautere Machenschaft einzustufen ist.

9 2. Die gerügten Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) sind schon nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dargelegt.

10 Mit der Rüge, das Verwaltungsgericht habe der Vermutung, dass bereits vor der Verzichtserklärung mit Bauarbeiten auf dem Grundstück begonnen worden sei, nachgehen müssen, macht die Beschwerde eine Verletzung der Aufklärungspflicht gemäß § 86 Abs. 1 VwGO geltend. Dies setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Darlegung voraus, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen zur Verfügung gestanden hätten, welches Ergebnis diese Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte, inwiefern das verwaltungsgerichtliche Urteil unter Zugrundelegung der materiellrechtlichen Auffassung des Gerichts auf der unterbliebenen Sachaufklärung beruhen kann und dass die Nichterhebung der Beweise vor dem Tatsachengericht rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unterbliebene Beweisaufnahme dem Gericht hätte aufdrängen müssen. Dem genügt die Beschwerde nicht. Da nach der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht der Beginn der Bauarbeiten, sondern die Verzichtserklärung der Mutter des Klägers zum Eigentumsverlust geführt hatte, kam es für das Verwaltungsgericht auf den Beginn der Bauarbeiten nicht an.

11 Soweit die Beschwerde rügt, das Gericht habe einen unvollständigen Sachverhalt zugrunde gelegt, wesentliche Bekundungen des Klägers nicht berücksichtigt und keine weiteren Beweise erhoben, werden die Darlegungsanforderungen für eine Aufklärungsrüge ebenfalls nicht erfüllt.

12 Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 23. Oktober 2008 hat der auch erstinstanzlich anwaltlich vertretene Kläger zwar in der mündlichen Verhandlung zwei Zeugen benannt, aber weder einen Beweisantrag gestellt noch ein Beweisthema benannt, zu dem die Zeugen hätten gehört werden sollen. Die Vernehmung musste sich dem Verwaltungsgericht auch nicht aufdrängen. Die nunmehr beantragte Vernehmung des Zeugen S. ist im Beschwerdeverfahren nicht nachholbar.

13 3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO abgesehen.

14 4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts auf den §§ 47, 52 GKG.