Beschluss vom 31.05.2002 -
BVerwG 6 B 9.02ECLI:DE:BVerwG:2002:310502B6B9.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 31.05.2002 - 6 B 9.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:310502B6B9.02.0]

Beschluss

BVerwG 6 B 9.02

  • Niedersächsisches OVG - 28.11.2001 - AZ: OVG 13 L 2847/00

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 31. Mai 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Dr. G e r h a r d t und V o r m e i e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 28. November 2001 wird zurückgewiesen.
  2. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 25 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Die Beschwerde wird zunächst auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gestützt (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann. Die von der Beschwerde aufgeworfenen Fragen verleihen der Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung.
a) Die Beschwerde hält die Rechtsfrage für klärungsbedürftig, "ob Art. 7 Abs. 4 Satz 3, Art. 20 Abs. 3, Art. 70, 74 Nr. 19 GG oder eine sonstige Rechtsvorschrift es gebietet, dass der Beklagte der Klägerin durch eine schulrechtliche Normsetzung den Zugang zu einem Genehmigungsverfahren gemäß Art. 7 Abs. 4 Satz 3 GG, Art. 4 Abs. 3 NV für ihre Schulen eröffne". Damit ist keine bestimmte Rechtsfrage im dargestellten Sinn bezeichnet. Die Benennung einer Reihe von Vorschriften, die möglicherweise in einem Revisionsverfahren zur Beurteilung des Sachverhalts heranzuziehen sein könnten, genügt nicht zur substanziierten Darlegung einer Rechtsfrage, die die Zulassung der Revision rechtfertigt. Im Übrigen ist die Frage - soweit sie über den Einzelfall hinaus weist - in der Rechtsprechung des Senats geklärt. Der Senat hat in seinem Urteil vom 28. Mai 1997 (- BVerwG 6 C 1.96 - BVerwGE 105, 20 <26 f.>) dargelegt, dass der Landesgesetzgeber wegen der verfassungsrechtlichen Gewährleistungen des Art. 7 Abs. 4 GG verpflichtet sein kann, Ersatzschulen im Sinne dieses Grundrechts in den Anwendungsbereich des Schulgesetzes einzubeziehen.
b) Der bloße Hinweis der Beschwerde darauf, dass ihrer Ansicht nach das Oberverwaltungsgericht den vom beschließenden Senat im Urteil vom 28. Mai 1997 - BVerwG 6 C 1.96 - (BVerwGE 105, 20) aufgestellten Rechtssätzen neue Gesichtspunkte hinzugefügt habe, genügt ebenfalls nicht den nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO zu stellenden Darlegungserfordernissen.
c) Soweit sich die Beschwerde gegen die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zu den Konsequenzen der in § 4 Abs. 2 und § 9 MPhG vorausgesetzten landesrechtlichen Regelungen wendet, kann dahingestellt bleiben, ob dem Beschwerdevorbringen eine rechtsgrundsätzliche Frage zu entnehmen ist. Denn das Berufungsurteil beruht nicht auf den angegriffenen Ausführungen (S. 17 des Berufungsurteils). Das Oberverwaltungsgericht bezieht sich zum Beleg dessen, dass in Niedersachsen öffentliche Schulen für Physiotherapie und Massage jedenfalls grundsätzlich vorgesehen seien, auf einen Runderlass des Beklagten und legt sodann dar, warum es die Einwände des Beklagten gegen dessen Erheblichkeit nicht für durchgreifend erachtet (S. 15 - 17 des Berufungsurteils). Im Anschluss daran erörtert es die Ansicht des Beklagten, das Unterlassen verfassungsrechtlich gebotener Regelungen sei im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung, um sinngemäß zu dem Schluss zu kommen, dass nach dem Erlass solcher Regelungen vollends kein Zweifel mehr daran bestehen könne, dass solche Schulen im Schulrecht grundsätzlich vorgesehen und damit als Privatschulen Ersatzschulen seien. Diese Erörterungen haben eine mögliche, nicht aber die aktuelle Rechtslage zum Gegenstand. Es ist von der Beschwerde nicht dargetan worden und auch sonst nicht ersichtlich, inwiefern diese Erörterungen in einem Revisionsverfahren erheblich sein könnten.
d) Der Vortrag, die Frage der Abgrenzbarkeit von Schule nach den Schulgesetzen von sonstigen berufsrelevanten Bildungsangeboten könne auch in anderen Fällen zu stellen sein, ist ohne rechtlichen Gehalt und trägt nicht zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache bei.
2. Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz liegt nur vor, wenn das Berufungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz abgerückt ist. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erfordert in diesem Zusammenhang, dass in der Beschwerdebegründung ausgeführt wird, dass und inwiefern das Berufungsgericht seine Entscheidung auf einen in der genannten Weise widersprechenden Rechtssatz gestützt hat. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen nicht (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 (n.F.) VwGO Nr. 26 = NJW 1997, 3328). Nach diesen Grundsätzen kann die Revision hier nicht wegen der allein geltend gemachten Divergenz zum Urteil vom 28. Mai 1997 (a.a.O.) zugelassen werden.
a) Das Oberverwaltungsgericht hat seiner Entscheidung dem Landesrecht keine von diesem Urteil abweichende Bedeutung bei der Bestimmung von Ersatzschulen beigemessen. Es hat auf S. 13 des Berufungsurteils in der von der Beschwerde für abweichungserheblich angesehenen Passage zunächst das Bundesverfassungsgericht zitiert und sich sodann in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dem Einfluss des Landesrechts zugewandt. Der bloße Unterschied in der sprachlichen Darstellung begründet keine Divergenz.
b) Soweit die Beschwerde geltend macht, das Oberverwaltungsgericht habe bei der Beantwortung der Frage, ob öffentliche Schulen für Physiotherapie und Massage in Niedersachsen vorhanden oder grundsätzlich vorgesehen seien, Erwägungen angestellt, die mit dem Urteil vom 28. Mai 1997 nicht vereinbar seien, beruft sie sich auf Übereinstimmungen der in jenem und in diesem Verfahren zu beurteilenden Sachverhalte, ohne aber, wie erforderlich, darzulegen, dass das Oberverwaltungsgericht von einem abweichenden Rechtssatz ausgegangen ist.
c) Entsprechendes gilt für das Beschwerdevorbringen zum Ermessen des Verordnungsgebers nach § 1 Abs. 5 Satz 3 NSchG. Der Beklagte trägt vor, die Erwägungen des Oberverwaltungsgerichts würden den Anforderungen des Urteils vom 28. Mai 1997 nicht gerecht, seien mit ihm nicht vereinbar und stellten eine Fehlinterpretation dar. Im Kern rügt er, das Oberverwaltungsgericht habe die Wendung im genannten Senatsurteil "... im öffentlichen Bereich einzelne selbständige Schulen entwickelt haben" (a.a.O., S. 27 oben) verkannt und den Begriff der "öffentlichen Schule" unzutreffend ausgelegt und angewendet. Die Beschwerde setzt, wie insbesondere die Darlegungen auf S. 7 f. der Beschwerdebegründung zeigen, dem Berufungsurteil lediglich eine eigene Interpretation des Urteils vom 28. Mai 1997 entgegen. Die zur Darlegung einer Divergenz erforderliche Gegenüberstellung abstrakter Rechtssätze fehlt. Davon abgesehen lässt der Beklagte die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zur Berufsfachschule für Physiotherapie in Stade unberücksichtigt, in denen dieses die genannte Schule nicht nur als eine öffentliche Schule bezeichnet, sondern darüber hinaus ausdrücklich den Schulen zugerechnet hat, "die nicht an einem Krankenhaus eingerichtet sind" (S. 16 des Beurufungsurteils).
3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstands für das Beschwerdeverfahren gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1, § 14, § 73 Abs. 1 Satz 2 GKG ist an Abschnitt II Nr. 37.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 1996, 563) orientiert.