Beschluss vom 31.03.2004 -
BVerwG 1 B 179.03ECLI:DE:BVerwG:2004:310304B1B179.03.0

Beschluss

BVerwG 1 B 179.03

  • Bayerischer VGH München - 10.04.2003 - AZ: 9 B 02.30315

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 31. März 2004
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n , H u n d
und Prof. Dr. D ö r i g
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. April 2003 wird verworfen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Beschwerde ist unzulässig. Sie legt den allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrund der Divergenz nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dar.
Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts oder des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverfassungsgericht oder das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge nicht (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 (n.F.) VwGO Nr. 26 - NJW 1997, 3328).
Die Beschwerde leitet aus den Ausführungen des Berufungsgerichts zu den Wiedereinreisemöglichkeiten nach Äthiopien (BA S. 13) den "Grundsatz" ab, "dass es nicht darauf ankomme, ob ein Asylbewerber überhaupt wieder in den Herkunftsstaat einreisen dürfe oder könne, und ob eine eventuelle Verweigerung der Wiedereinreise asylrechtlich relevant sein würde, wenn jedenfalls feststehe, dass er im Herkunftsstaat einmal von politischer Verfolgung bedroht oder betroffen war und auch heute dort noch nicht sicher vor Verfolgung sein würde" (Beschwerdebegründung S. 3). Diese "Ansicht" des Berufungsgerichts stehe im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach ein Staat, der einen Staatenlosen ausweise oder ihm die Wiedereinreise verweigere, damit seine Beziehungen zu dem Staatenlosen löse und ihm nunmehr gegenüber trete wie jeder andere Staat, wodurch die Frage der Verfolgung des Staatenlosen im Land seiner früheren Staatsangehörigkeit unerheblich werde (Urteil vom 24. Oktober 1995 - BVerwG 9 C 75.95 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 180, S. 65 unter Hinweis auf zwei weitere von der Beschwerde zitierte Entscheidungen). Das erkennende Gericht habe die Frage der Einreiseverweigerung nicht offen lassen dürfen. Denn würde der äthiopische Staat den Klägern die Einreise nicht gestatten, sondern sie wie ausländische Staatsangehörige behandeln, stünde er ihnen nicht mehr wie das Land ihrer Staatsangehörigkeit gegenüber, sondern wie jeder andere auswärtige Staat. Dann würde sich die Frage der Verfolgungsgefahr für die Kläger in Äthiopien, die zur Gewährung des Abschiebungsschutzes nach § 51 Abs. 1 AuslG geführt habe, nicht mehr stellen.
Mit ihren Darlegungen zeigt die Beschwerde eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht schlüssig auf. Sie legt nicht dar, dass die von ihr zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu Staatenlosen und Ausgebürgerten auch auf Ausländer mit fortbestehender Staatsangehörigkeit - wie hier der äthiopischen (vgl. BA S. 7) - Anwendung findet. Einen diese Rechtsprechung auch auf Ausländer mit Staatsangehörigkeit erstreckenden Rechtssatz in den aufgeführten Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts benennt die Beschwerde nicht. Vielmehr versucht sie, den rechtlichen Ausführungen in den zitierten Entscheidungen einen abweichenden Bedeutungsgehalt beizumessen, indem sie diese nicht wörtlich zitiert, sondern sie so wiedergibt, als wären damit alle vom betreffenden Staat "als staatenlos angesehene(n) Personen" gemeint (Beschwerdebegründung S. 3 Mitte). Damit lässt sich eine Divergenz nicht begründen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.