Beschluss vom 31.01.2007 -
BVerwG 1 WB 16.06ECLI:DE:BVerwG:2007:310107B1WB16.06.0

Leitsätze:

-

Nach Erledigung der beteiligungspflichtigen Maßnahme kann die Vertrauensperson oder der nach § 52 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 SBG die Befugnisse der

Vertrauensperson wahrnehmende Soldatenvertreter im Personalrat - zur

nachträglichen Klärung der möglichen Verletzung des Beteiligungsrechts das

Fortsetzungsfeststellungsinteresse auf die vier „Regelbeispiele“ stützen, die der Senat

zu § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog entwickelt hat.

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    BVerwG, Beschluss vom 31.01.2007 - 1 WB 16.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2007:310107B1WB16.06.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 16.06

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
sowie
Oberst i.G. Uchtmann und
Hauptmann Ackermann
als ehrenamtliche Richter
am 31. Januar 2007 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller rügt die Verletzung seiner Beteiligungsrechte als Vertrauensperson. Er ist Berufssoldat und wird derzeit an der H... in R. verwendet.

2 Am 12. Mai 2004 wurde er als Soldatenvertreter in den örtlichen Personalrat (ÖPR) der H... gewählt. Bei der Wahl der Gruppe der Soldaten erhielt er nach Oberstleutnant (OTL) F. die zweithöchste Stimmenzahl als Offizier. Dieser nimmt in der Gruppe der Soldaten die Befugnisse der Vertrauensperson der Offiziere in Angelegenheiten nach der Wehrdisziplinar- und Wehrbeschwerdeordnung gemäß § 52 Abs. 2 SBG wahr; der Antragsteller ist sein Stellvertreter.

3 Im Rahmen eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens gegen einen Offizier der H... - den bereits erwähnten OTL F. - bat dieser in seiner Vernehmung vom 29. September 2004 um die Beteiligung der Vertrauensperson, nachdem er dem in den vorangegangenen Vernehmungen vom 10. Juni 2004 und vom 30. Juli 2004 noch widersprochen hatte.

4 In der am 4. Oktober 2004 vom Kommandeur (Kdr) H... durchgeführten Anhörung des „Soldatensprechers“ des ÖPR stellte der Antragsteller eine schriftliche Äußerung in Aussicht. Mit Schreiben vom selben Tag äußerte er sich zu Person und Sachverhalt und bat den Kdr H... gleichzeitig darum, ihn vor einer abschließenden Äußerung darüber zu informieren,
- welches besonders schwere Dienstvergehen dem Soldaten (gemeint OTL F.) vorgeworfen werde,
- worin der „disziplinare Überhang“ liege, der neben der zivilrechtlichen (gemeint strafrechtlichen) eine disziplinargerichtliche Verfolgung erforderlich mache,
- warum - für den Fall des Vorliegens eines Dienstvergehens - die Würdigung im Wege einer einfachen Disziplinarmaßnahme als nicht ausreichend erachtet werde,
- ob gegen OTL F. eventuell weitere, dem Antragsteller unbekannte disziplinare Ermittlungen geführt worden seien, und wenn ja, mit welchem Ergebnis.

5 Außerdem bat er um Auskunft, wie das Votum des Kdr H... in diesem Fall laute. Schließlich äußerte er die Bitte, ihm diejenigen Akten zugänglich zu machen, aus denen der strafrechtliche Vorwurf gegen OTL F. hervorgehe.

6 Im Rahmen der am 7. Oktober 2004 durch den Kdr H... erfolgten Anhörung wurde dem Antragsteller Einsicht in die „Ermittlungsakte“ gewährt.

7 Auf die vom Antragsteller gestellten Fragen antwortete der für das zugrunde liegende gerichtliche Disziplinarverfahren zuständige Wehrdisziplinaranwalt (WDA) mit Schreiben vom 15. Oktober 2004, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird. Die als Einsicht in die Strafakten interpretierte Bitte des Antragstellers lehnte er mit der Begründung ab, dass die Einsichtsgewährung allein den Strafgerichten bzw. den Staatsanwaltschaften obliege.

8 In dem an den Kdr H... gerichteten Schreiben vom 4. November 2004 nahm der Antragsteller zu den Äußerungen des WDA Stellung und machte geltend, wegen der ihm verweigerten Informationen sei keine ordnungsgemäße Beteiligung erfolgt; für den Fall einer beabsichtigten Verfahrenseinleitung beanspruche er diese weiterhin.

9 Mit Verfügung vom 22. November 2004, die am 30. November 2004 ausgehändigt wurde, leitete der Amtschef Heeresamt (AChef HA) daraufhin ein gerichtliches Disziplinarverfahren gegen OTL F. ein.

10 Mit - am darauf folgenden Tag eingegangenem - Schreiben vom 4. Januar 2005 legte der Antragsteller beim Kdr der H... Beschwerde mit der Begründung ein, seine Rechte als Vertrauensperson seien missachtet worden. Die Einleitungsverfügung gegen OTL F. sei wegen seiner - des Antragstellers - fehlenden Anhörung zudem „illegal“.

11 Mit Bescheid vom 8. Februar 2005, der dem Antragsteller am 14. Februar 2005 ausgehändigt wurde, wies der Inspekteur des Heeres (InspH) die Beschwerde des Antragstellers zurück.

12 Dagegen legte der Antragsteller mit am 23. Februar 2005 beim Kdr der H... eingegangenem Schreiben vom 22. Februar 2005 weitere Beschwerde ein.

13 Auf Weisung des Bundesministers der Verteidigung (BMVg) - PSZ I 7 - an den AChef HA wurde dem Antragsteller am 16. August 2005 Einsicht in die durch den WDA beigezogene Strafakte der Staatsanwaltschaft K. gewährt. In seiner Stellungnahme vom selben Tag äußerte der Antragsteller, dass er zur Zeit keine Aussage treffen könne, da ihm nicht die Möglichkeit gegeben werde, die (Straf-)Akte zu kopieren bzw. „aufgrund der Aktenlage“ mit seinem Rechtsanwalt zu besprechen. Er übergab dabei das an den Kdr H... gerichtete Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 11. Juli 2005, in dem jene beantragt hatten, sie von dem Zeitpunkt der Gewährung der Akteneinsicht zu informieren und ihnen ebenfalls Akteneinsicht zu gewähren, gegebenenfalls durch Übersendung von Kopien. Der AChef HA informierte am 9. September 2005 die Bevollmächtigten über den Zeitpunkt der gewährten Akteneinsicht, verweigerte ihnen aber Akteneinsicht in die Strafakte, weil diese weder Bestandteil der Beschwerdeakte noch im Wehrbeschwerdeverfahren des Antragstellers beigezogen worden sei.

14 Mit Bescheid vom 15. Dezember 2005, der am 21. Dezember 2005 zugestellt wurde, wies der BMVg - PSZ I 7 - die weitere Beschwerde des Antragstellers zurück.

15 Den Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 3. Januar 2006 hat der BMVg - PSZ I 7 - mit seiner Stellungnahme vom 19. April 2006 dem Senat vorgelegt.

16 Zur Begründung trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Die Verweigerung einer ordnungsgemäßen Anhörung als Vertrauensperson der Offiziere im Rahmen des Disziplinarverfahrens (gegen OTL F.) sei rechtswidrig. Seine Rechte auf Bekanntgabe des Sachverhalts vor Anhörung (§ 27 Abs. 3 Satz 1 SBG) sowie auf Einsicht in Unterlagen und Akten (§ 27 Abs. 3 Satz 2 SBG) seien verletzt worden. Außerdem sei die Verfahrensvorschrift des § 20 SBG missachtet worden.

17 Die Reichweite der zu erörternden Gegenstände werde durch den konkreten Beteiligungstatbestand konkretisiert. Nach § 27 Abs. 2 SBG erstrecke sich die Anhörung der Vertrauensperson auf die Person des betroffenen Soldaten und den Sachverhalt. Dabei sei klar, dass diese Anhörung nicht der Sachverhaltsaufklärung diene und damit nicht zu den Sachermittlungen gehöre. Obwohl die Anhörung nach § 27 Abs. 2 SBG sich im Unterschied zu der Anhörung nach § 27 Abs. 1 SBG nicht auf das Disziplinarmaß erstrecken solle, müsse sich vor dem Hintergrund des Zwecks der Anhörung der Schutzzweck des § 27 Abs. 2 SBG auch auf die Opportunität der Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahren erstrecken, weil hier nicht die Frage der Qualifizierung der vorgeworfenen Handlung als Dienstvergehen oder des konkret zu findenden Disziplinarmaßes zur Diskussion stehe, sondern die Frage nach der Notwendigkeit einer neben der strafgerichtlichen Ahndung zusätzlichen gerichtlichen Disziplinarmaßnahme. Denn auch die Frage nach einem „disziplinaren Überhang“ und damit nach der Notwendigkeit einer weiteren, über die strafgerichtliche Ahndung hinausgehenden erzieherischen Einwirkung auf den Soldaten sei Teil der vor der Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens insgesamt zu betrachtenden Umstände des Einzelfalles. Indem die Einleitungsbehörde jegliche Auskünfte zu diesem Thema verweigert habe, habe sie in unzulässiger Weise die Anhörungsrechte des Antragstellers beschnitten.
Da die Anhörung nach § 27 Abs. 2 SBG notwendiger Teil des Verfahrens sei, der noch vor Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens zu erfolgen habe, könne sie auch nicht nachgeholt und der Verfahrensmangel dadurch geheilt werden. Daher sei auch eine Nachholung der Einsicht in die Strafakte nach Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens nicht mehr möglich gewesen.
Er, der Antragsteller, habe auch ein berechtigtes Interesse an der beantragten gerichtlichen Feststellung, weil aufgrund der in den angegriffenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung sowohl des InspH als auch des BMVg eine hinreichend konkrete Wiederholungsgefahr hinsichtlich ähnlich gelagerter Fälle bestehe.

18 Der Antragsteller beantragt,
1. die Beschwerdebescheide des InspH vom 8. Februar 2005 und des BMVg vom 15. Dezember 2005 aufzuheben und
2. festzustellen, dass der AChef HA sein - des Antragstellers - Beteiligungsrecht in seiner Eigenschaft als Vertrauensperson dadurch verletzt hat, dass er ihn vor der Entscheidung über die Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens gegen einen Offizier der H... in seiner Eigenschaft als Vertrauensperson dieses Offiziers nicht rechtzeitig und umfassend unterrichtet und nicht zur Notwendigkeit der Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens angehört hat.

19 Der BMVg beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

20 Der fristgerechte Antrag auf gerichtliche Entscheidung sei nur teilweise zulässig. Hinsichtlich des Anspruchs auf rechtzeitige und umfassende Unterrichtung liege mangels Beschwer kein berechtigtes Feststellungsinteresse vor. Was die zunächst vorenthaltene Einsichtnahme in die Strafakte des OTL F. betreffe, sei abgeholfen worden. Dem Antragsteller als zuständiger Vertrauensperson sei auch die Möglichkeit zur erneuten Stellungnahme eingeräumt worden. Dass der Antragsteller schließlich keine sachliche Stellungnahme mehr abgegeben habe, sei demgegenüber unschädlich und gebe lediglich einen Hinweis darauf, dass die zusätzlichen Informationen offenbar keinen Anlass gegeben hätten, weitere Ausführungen zum Sachverhalt, aus dem sich das Dienstvergehen ergebe, in das Verfahren einzuführen.
Ein Feststellungsinteresse alleine daran, dass diese Unterrichtung nicht „rechtzeitig“ - d.h. nicht vor der Einleitungsverfügung des AChef HA - erfolgt sei, bestehe nicht, weil diese Feststellung nicht geeignet sei, dem Antragsteller einen rechtlichen Vorteil zu verschaffen.
Der anfängliche Verfahrensfehler hinsichtlich der Einsichtnahme in die Strafakten sei im Anhörungsverfahren durch eine spätere Einsichtnahme nach Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens mit der Möglichkeit der Stellungnahme beseitigt worden.
Der Verfahrensbevollmächtigte verkenne in seiner Argumentation zur Verletzung der § 4 Satz 1 und 2 i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 2 WDO, § 27 Abs. 3 SBG, dass die Einleitungsverfügung des AChef HA als Einleitungsbehörde keinen ein bestimmtes Verfahren förmlich abschließenden Rechtsakt enthalte, sondern lediglich eine nicht anfechtbare Prozesshandlung darstelle, die keineswegs zwingend zur Durchführung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens führen müsse. Daher könnten auch nach der Einleitungsverfügung etwa im Wege einer nachgeholten Anhörung der Vertrauensperson bekannt werdende Gesichtspunkte noch Eingang in das Verfahren finden, dem Soldaten zur Kenntnis gebracht werden und etwa zur Einstellung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens führen oder in der Anschuldigungsschrift berücksichtigt werden. Ein Ausschluss der Heilungsmöglichkeit würde weder der Vertrauensperson noch dem vom gerichtlichen Disziplinarverfahren betroffenen Soldaten eine verfahrensrechtliche oder materiellrechtliche Besserstellung verschaffen, so dass diese Auffassung lediglich auf einen Rechtsformalismus hinausliefe. Sie führe zu Verzögerungen des Verfahrensablaufs und sei zudem wegen des laufenden Förderungs- und Beförderungsverbots nach Nr. 135 ZDv 20/7 für den Soldaten nachteilig. Es gebe auch keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz dahingehend, dass jeder Verfahrensfehler zwingend zur unheilbaren Rechtswidrigkeit des gesamten Verfahrens führen müsse.
Der Antrag sei im Übrigen aber auch offensichtlich unbegründet. Der Bescheid des BMVg - PSZ I 7 - über die weitere Beschwerde sei rechtmäßig und verletze den Antragsteller nicht in seinen Rechten.
Die formellen Voraussetzungen an eine Anhörung seien beachtet worden. Der Antragsteller habe alle notwendigen Informationen und ausreichend Gelegenheit zu einer Stellungnahme gehabt. Das Schreiben des WDA vom 29. Juli 2004 habe bereits inhaltsgleich den gegen OTL F. erhobenen Vorwurf enthalten, so dass eine Eröffnung des Entwurfs der Einleitungsbehörde weder sachlich notwendig noch rechtlich geboten gewesen sei. Soweit der Antragsteller selbst auf die Mündlichkeit des Anhörungsverfahrens verzichtet und ein schriftliches Verfahren gewählt habe, sei dem im Rahmen der Anhörung entsprochen worden. Mit Schreiben des WDA vom 15. Oktober 2004 habe er eine Antwort zu seiner Stellungnahme vom 4. Oktober 2004 erhalten, so dass seine Einwendungen erörtert worden seien. Daraufhin sei ihm eine weitere Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden, die er mit seinem Schreiben vom 4. November 2004 auch wahrgenommen habe.

21 Auch die Wiederaufnahme des Anhörungsverfahrens im Rahmen der Abhilfegewährung habe den Verfahrensvorgaben des § 20 SBG entsprochen. Die Möglichkeit zur Stellungnahme habe der Antragsteller nicht genutzt. Die genannten Gründe für eine Weigerung könnten nicht der anhörenden Stelle zugerechnet werden. Dass seine Verfahrensbevollmächtigten an dem Termin nicht teilgenommen haben, habe der Antragsteller zu vertreten, weil der Termin mit ihm abgestimmt gewesen sei. Darüber hinaus habe den Verfahrensbevollmächtigten aber auch kein eigenes Akteneinsichtsrecht in die Strafakte des OTL F. zugestanden. Dieser habe lediglich ein Mandat zur Durchsetzung des verfahrensrechtlichen Anspruchs auf Durchsetzung des Unterrichtungsanspruchs im Rahmen der Anhörung des Antragstellers. Die Stellungnahme im Anhörungsverfahren stelle aber eine höchstpersönliche Handlung des Antragstellers dar, die unmittelbar seinem Mandat als Vertrauensperson entspringe.
Die Rechtsansicht der Verfahrensbevollmächtigten, es habe keine Anhörung stattgefunden, weil die Maßnahme wegen des Betreibens von bloßen Vorermittlungen nicht im Sinne des Gesetzes „beabsichtigt“ gewesen sei, sei irrig. Bereits mit Schreiben des WDA an den Kdr H... vom 29. Juli 2004 sei mitgeteilt worden, dass die Absicht der Einleitungsbehörde bestehe, gegen OTL F. ein gerichtliches Disziplinarverfahren wegen einer strafrechtlichen Verurteilung durch das Amtsgericht Rendsburg einzuleiten und den Antragsteller gegebenenfalls unter Einblick in die entsprechenden Unterlagen gemäß § 27 Abs. 2 SBG anzuhören. Der Antragsteller selbst habe seine Stellungnahme vom 4. Oktober 2004 damit eingeleitet, dass ihm dies bekannt gegeben worden sei. Außerdem habe er darin konzediert, dass seine Anhörung zur beabsichtigten Einleitung erfolgt sei, und demzufolge seinen Standpunkt zur Einleitung vertreten.
Im Gegensatz zur Auffassung des Antragstellers habe zu den in dessen Stellungnahme vom 4. November 2004 geäußerten Ansichten keine Erörterungspflicht mehr bestanden, weil die Äußerungen der Vertrauensperson lediglich eine rechtliche Bewertung des Sachverhalts und Ausführungen zur Notwendigkeit der Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens beinhalteten. Das gelte auch für die rechtlichen Hinweise auf die Bindungswirkung des Strafbefehls, auf einen notwendigen Vollbeweis hinsichtlich der OTL F. vorgeworfenen Handlungsweise sowie für die aufgeworfenen Fragen, warum gegen diesen Soldaten entgegen dem Votum des Kdr H... ein gerichtliches Disziplinarverfahren eingeleitet worden sei und worin der disziplinare Überhang bestehe. Die rechtlichen Bewertungen des Sachverhalts unterlägen keiner Erörterungspflicht, weil diese nach dem Wortlaut des § 27 Abs. 2 SBG und damit nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers sowie der Gesetzessystematik nicht Teil der Anhörung zum Sachverhalt und zur Person seien. Im Hinblick auf die Notwendigkeit der Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens sehe Nr. 238 Abs. 4 ZDv 10/2 lediglich ein Äußerungsrecht vor, das ebenfalls keine Erörterungspflicht im Rahmen der Anhörung auslöse. Die Verfahrensvorschrift des § 20 SBG sei zum materiellen Anhörungstatbestand des § 27 Abs. 2 SBG akzessorisch, so dass ein Anknüpfungspunkt für eine Erweiterung des Anhörungstatbestandes daher auch nicht in Nr. 238 Abs. 4 ZDv 10/2 begründet sei. Die Zentrale Dienstvorschrift könne nur außerhalb des förmlichen Anhörungsrechts eine Äußerungsmöglichkeit gewähren. Die Anhörungstatbestände seien abschließend im Gesetz geregelt.
Aus den vorgenannten Gründen sei auch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Juni 2004 - 1 WB 60.04 - nicht einschlägig. Das Informationsrecht setze den dazugehörigen Beteiligungstatbestand voraus; die vorgetragenen Fragestellungen bewegten sich aber außerhalb des § 27 Abs. 2 SBG.

22 Mit Urteil vom 26. April 2006 verhängte das Truppendienstgericht Nord - 9. Kammer - gegen OTL F. ein Beförderungsverbot für die Dauer von zwölf Monaten, verbunden mit einer Kürzung der Dienstbezüge um ein Zwanzigstel für acht Monate. Dagegen hat der Soldat Berufung eingelegt. Das Berufungsverfahren ist derzeit beim 2. Wehrdienstsenat (BVerwG 2 WD 11.06 ) anhängig.

23 Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten sowie auf die Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des BMVg - PSZ I 7 - 4/06 - lag dem Senat bei der Beratung vor.

II

24 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

25 Der Antragsteller hat allerdings den richtigen Rechtsweg beschritten. Beruft sich der bei einer Dienststelle der Bundeswehr gebildete Personalrat auf eine Behinderung in seinen Beteiligungsrechten in Angelegenheiten, die nur die Soldaten betreffen (§ 52 Abs. 1 Satz 1 SBG), so ist der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten gegeben (Beschlüsse vom 1. November 2001 - BVerwG 6 P 10.01 - BVerwGE 115, 223 <230> = Buchholz 252 § 52 SBG Nr. 2 und vom 24. März 2004 - BVerwG 1 WB 33.03 - PersV 2005, 273). Diese Voraussetzung, die wegen der ebenfalls nur Soldaten betreffenden Fragen der Wehrdisziplinar- und Wehrbeschwerdeordnung entsprechend für die Fälle des § 52 Abs. 2 SBG gilt, liegt hier vor. Denn der Antragsteller, der hinter OTL F. als nächster Soldatenvertreter der Offiziere im ÖPR H... die Befugnisse der Vertrauensperson der Offiziere in Vertretung wahrgenommen hat, macht geltend, in eigenen Beteiligungsrechten in einer Angelegenheit verletzt worden zu sein, die - wie die Anhörung vor Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens gegen einen Soldaten gemäß § 27 Abs. 2 SBG - nur Soldaten betrifft.

26 Der Antrag, (isoliert) die Beschwerdebescheide des InspH vom 8. Februar 2005 und des BMVg vom 15. Dezember 2005 aufzuheben (Antrag zu 1), ist jedoch unzulässig. Eine isolierte Anfechtung von Beschwerdebescheiden kann nur dann in Betracht kommen, wenn diese Bescheide gegenüber der ursprünglichen Maßnahme eine zusätzliche selbständige Beschwer enthalten (vgl. § 79 Abs. 2 VwGO). Das damit für die selbständige Anfechtung von Beschwerdebescheiden zu fordernde besondere Rechtsschutzinteresse hat der Antragsteller in einer näherer Prüfung bedürfenden Weise darzulegen (stRspr, vgl. u.a. Beschluss vom 11. April 1989 - BVerwG 1 WB 180.88 -). Daran fehlt es hier. Es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grund der anwaltlich vertretene Antragsteller durch die Beschwerdebescheide - über die mit der Beschwerde angegriffene ursprüngliche (belastende) Maßnahme/Unterlassung des AChef HA hinaus, die er mit dem Anfechtungsantrag hätte angreifen können, solange eine Erledigung nicht eingetreten war - selbständig beschwert sein sollte.

27 Abgesehen davon könnte er mit seinem gestellten Antrag auf Aufhebung der Beschwerdebescheide sein Begehren, Verstöße gegen Beteiligungsrechte nach dem Soldatenbeteiligungsgesetz im Zusammenhang mit der Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens geltend zu machen, ohnehin nicht erreichen, so dass es ihm insoweit auch an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Hinsichtlich der von ihm angeführten Mängel der Anhörung ist einschlägige Antragsart, wenn die Nachholung einzelner Maßnahmen begehrt wird und diese noch möglich ist, vielmehr ein Verpflichtungsantrag oder - wie vorliegend - der Feststellungsantrag, wenn sich die betreffende Maßnahme bereits erledigt hat, aber ein Feststellungsinteresse gegeben ist.

28 Der Feststellungsantrag (Antrag zu 2) ist nur teilweise zulässig, im Übrigen jedoch unbegründet.

29 Das gerichtliche Disziplinarverfahren gegen OTL F., zu dessen Einleitung der Antragsteller - als der stellvertretend die Befugnisse der Vertrauensperson der Offiziere in Angelegenheiten nach der Wehrdisziplinar- und Wehrbeschwerdeordnung wahrnehmende Soldatenvertreter im ÖPR H... - gemäß § 4 WDO i.V.m. § 27 Abs. 2 SBG anzuhören war, ist bereits in erster Instanz abgeschlossen, so dass die Ermessensentscheidung des AChef HA zur Verfahrenseinleitung im Nachhinein nicht mehr durch eine ergänzte oder neu vorgenommene Anhörung beeinflusst werden könnte. Die (grundsätzlich) beteiligungspflichtige Maßnahme hat sich damit durch Zeitablauf erledigt. Diesem Umstand hat der Antragsteller dadurch Rechnung getragen, dass er einen Feststellungsantrag formuliert hat.

30 Erledigt sich eine beteiligungsfähige oder -pflichtige Maßnahme, kann die Vertrauensperson - bzw. der gemäß § 52 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Absatz 2 SBG die Befugnisse der Vertrauensperson wahrnehmende Soldatenvertreter im Personalrat - zur nachträglichen Klärung der möglichen Verletzung ihres Beteiligungsrechts ihr Fortsetzungsfeststellungsinteresse auf eine mögliche Wiederholungsgefahr stützen. Voraussetzung dafür ist, dass zwischen den Verfahrensbeteiligten mit einiger Wahrscheinlichkeit auch künftig Streit über das geltend gemachte Beteiligungsrecht auftreten wird und der Feststellungsantrag deshalb unter Berücksichtigung der Wiederholungsgefahr als richtungsweisend für die Zukunft verstanden werden kann (vgl. Beschluss vom 24. März 2004 a.a.O.). Erforderlich ist insoweit, dass der Antragsteller über einen bestimmten Beteiligungseinzelfall hinaus die Klärung der dahinter stehenden personalvertretungsrechtlichen Frage anstrebt. Dieses Rechtsschutzbegehren kann sich unmittelbar aus dem Feststellungsantrag oder - im Wege der Auslegung - aus seinem sonstigen Antragsvorbringen ergeben. Dem Antragsteller obliegt insoweit eine Darlegungslast (zuletzt Beschluss vom 9. März 2006 - BVerwG 1 WB 14.05 - m.w.N.).

31 Soweit der Antragsteller allerdings hier geltend macht, ihm sei als Vertrauensperson nicht oder nicht rechtzeitig Einsicht in die Strafakten gewährt worden, fehlt ihm insoweit das erforderliche Rechtsschutzinteresse. Diese Einsichtnahme ist ihm zwischenzeitlich auf Weisung des BMVg - PSZ I 7 - gewährt worden.

32 Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann im Falle einer Erledigung des ursprünglichen Rechtschutzbegehrens ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse auf ein Rehabilitierungsinteresse, auf eine Wiederholungsgefahr oder auf die Absicht gestützt werden, einen Schadenersatzanspruch geltend zu machen, sofern dieser nicht von vornherein als aussichtslos erscheint; zusätzlich kann sich - unter dem Gesichtspunkt effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) - ein berechtigtes Feststellungsinteresse jedenfalls daraus ergeben, dass die erledigte Maßnahme eine fortdauernde faktische Grundrechtsbeeinträchtigung nach sich zieht (Beschlüsse vom 11. Dezember 2003 - BVerwG 1 WB 14.03 - BVerwGE 119, 341 = Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 52 und vom 14. Juli 2005 - BVerwG 1 WB 66.04 - NZWehrr 2006, 157 <insoweit nicht veröffentlicht> jeweils m.w.N.). Ein solches Feststellungsinteresse muss der jeweilige Antragsteller spezifiziert darlegen.

33 Die vom Antragsteller insoweit allein geltend gemachte Wiederholungsgefahr ist nicht dargetan und nicht ersichtlich. Sie setzt voraus, dass die konkret absehbare Möglichkeit besteht, dass in naher Zukunft eine gleiche oder gleichartige Entscheidung (oder Unterlassung) zu Lasten des Antragstellers zu erwarten ist (Beschlüsse vom 22. Juni 2005 - BVerwG 1 WB 1.05 - Buchholz 236.1 § 28 SG Nr. 6 und vom 26. Oktober 2006 - BVerwG 1 WB 17.06 -). Diese Bedingung ist hier nicht erfüllt. Die zunächst vorenthaltene Einsichtnahme in die Strafakte ist auf Weisung des BMVg - PSZ I 7 - nachträglich gewährt worden. Zugleich ist eine erneute Anhörung der Vertrauensperson durchgeführt worden. Da der BMVg auch im Beschwerdebescheid vom 15. Dezember 2005 klargestellt hat, dass die Akteneinsicht hätte gewährt werden müssen, ist davon auszugehen, dass sich die gleiche Situation nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erneut stellen wird. Gegenteiliges lässt auch das Vorbringen des Antragstellers nicht erkennen.

34 Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse zur nachträglichen Klärung der möglichen Verletzung seines Beteiligungsrechts hat der Antragsteller auch hinsichtlich der Frage nicht dargetan, ob die nach Einleitung des gerichtlichen Disziplinarverfahrens gegen OTL F., aber vor Einreichung der Anschuldigungsschrift beim Truppendienstgericht erfolgte nachträgliche Anhörung noch heilende Wirkung hatte oder ob das gerichtliche Disziplinarverfahren mit einem unheilbaren Verfahrensmangel behaftet ist. Diese Frage betrifft nur die Rechtsstellung des von dem gerichtlichen Disziplinarverfahren betroffenen Soldaten OTL F. Sie begründet aber für die Vertrauensperson bzw. den deren Funktion wahrnehmenden Soldatenvertreter im Personalrat kein Feststellungsinteresse.

35 Soweit es dem Antragsteller ursprünglich auch um die Klärung der Frage ging, ob auch seinen Verfahrensbevollmächtigten Akteneinsicht hätte gewährt werden müssen, hat er diese Frage in der Begründung des Antrags auf gerichtliche Entscheidung nicht mehr aufgegriffen und insoweit auf die substantiierte Darlegung eines Feststellungsinteresses verzichtet. Sie ist damit nicht Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens.

36 Der Antragsteller hat jedoch ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse dargetan, soweit es ihm um eine über den vorliegenden Fall hinausreichende Klärung des Umfangs des Anhörungsrechts der Vertrauensperson bzw. des Soldatenvertreters im Personalrat im Bereich der (gerichtlichen) Ahndung von Dienstvergehen geht. Neben der Klärung der Reichweite des Anspruchs auf rechtzeitige und umfassende Unterrichtung i.S.d. § 18 Abs. 3 Satz 2, § 20 Satz 1 SBG begehrt er eine Entscheidung über die vom Senat in seinem Beschluss vom 25. November 2004 - BVerwG 1 WB 3.04 - als nicht geklärt bezeichnete Rechtsfrage, ob die Opportunität der Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens in den Gegenstand der Anhörung i.S.d. § 27 Abs. 2 SBG einzubeziehen sei. Wegen der Grundsätzlichkeit dieser Fragen ist es wahrscheinlich, dass sie in Zukunft bei beabsichtigten Disziplinarmaßnahmen gegen Offiziere der H... wieder eine Rolle spielen. Zu berücksichtigen ist zudem, dass die Frage der Reichweite des Unterrichtungsanspruchs auch das - häufiger auftretende - einfache Disziplinarverfahren betrifft und damit gleichzeitig für die Anhörung nach § 27 Abs. 1 SBG relevant werden kann.

37 Der Antragsteller hat auch die Antragsfrist des § 17 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO eingehalten.

38 Der insoweit zulässige Feststellungsantrag ist jedoch unbegründet.

39 Eine Verletzung der Beteiligungsrechte des Antragstellers durch den AChef HA liegt nicht vor. Sie ist schon deshalb zu verneinen, weil der AChef HA für die Anhörung im vorliegenden Fall nicht zuständig war und infolgedessen von ihm diesbezüglich keine Rechtsverletzung ausgehen konnte. Anhörungspflichtige Stelle war hier vielmehr - in eigener Zuständigkeit, nicht im Wege einer Delegierung von Seiten der Einleitungsbehörde oder des WDA - der Kdr H... als Dienststellenleiter gegenüber dem ÖPR H...

40 Dies ergibt sich aus der Vorschrift des § 52 Abs. 1 SBG, die die Beteiligungsrechte der Soldaten für Dienststellen regelt, in denen Soldaten Personalvertretungen gewählt haben. Während Satz 1 der Vorschrift regelt, dass in „Angelegenheiten, die nur Soldaten betreffen“, die Soldatenvertreter die Befugnisse der Vertrauensperson haben, wird durch die in Satz 2 erfolgte Verweisung auf § 7 BPersVG bestimmt, dass für die Dienststelle ihr Leiter oder nach Maßgabe der näheren Regelung dessen Vertreter handelt.

41 Der Gesetzgeber hat mit § 52 Abs. 1 Satz 2 SBG eine abschließende Zuständigkeitsregelung für die Anwendung des Soldatenbeteiligungsgestzes in den Dienststellen getroffen, in denen - wie im vorliegenden Fall bei der H... - Soldatenvertreter in die Personalräte gewählt werden. Durch die Vorgabe des § 52 Abs. 1 Satz 2 SBG sind im Anwendungsbereich der Vorschrift nach Maßgabe des § 7 BPersVG die im Soldatenbeteiligungsgesetz sonst vorgesehenen Zuständigkeitsregelungen spezialgesetzlich derogiert.

42 Die Absicht des AChef HA, gegen OTL F. ein gerichtliches Disziplinarverfahren einzuleiten, stellte eine Angelegenheit dar, die nur die Soldaten betrifft (§ 52 Abs. 1 Satz 1 SBG). Dazu zählen (u.a. auch) die in § 52 Abs. 2 SBG erwähnten Angelegenheiten nach der Wehrdisziplinar- und Wehrbeschwerdeordnung. Denn dabei handelt es sich lediglich um einen Unterfall des Absatzes 1 (vgl. Beschluss vom 1. November 2001 a.a.O.). Während in allen anderen Fällen, die nur Angelegenheiten der Soldaten betreffen, gemäß § 52 Abs. 1 SBG die Beteiligungsrechte der Vertrauensperson durch die Soldatenvertreter im Personalrat insgesamt als Gruppenangelegenheit wahrzunehmen sind, sieht § 52 Abs. 2 SBG für Verfahren nach der Wehrdisziplinar- und der Wehrbeschwerdeordnung eine besondere Zuständigkeit einzelner Mitglieder der Soldatengruppe vor.

43 Der Gesetzgeber ging bei dieser Sonderregelung des § 52 Abs. 2 SBG von der Annahme aus, dass (Wehr-)Disziplinar- und -beschwerdesachen einer besonderen Vertraulichkeit bedürfen und daher nicht im Plenum des Personalrats erörtert werden sollen (BTDrucks 13/5740 S. 22 zu § 52 Abs. 2 SBG; vgl. dazu u.a. Gronimus, Die Beteiligungsrechte der Vertrauenspersonen in der Bundeswehr, 5. Aufl. 2005, § 52 Rn. 19).

44 Die Absicht des Gesetzgebers, eine Beratung der in § 52 Abs. 2 SBG genannten Angelegenheiten im Personalratsplenum aus Gründen eines wirksamen Persönlichkeits- und Datenschutzes durch ausschließliche Übertragung der Befugnisse der Vertrauensperson an den zuständigen Laufbahnvertreter auszuschließen, berührt nicht die Frage, wer anhörungspflichtige Stelle ist. Die in § 52 Abs. 2 SBG getroffene Sonderregelung hinsichtlich der Bestimmung der anzuhörenden Stelle („derjenige Vertreter der Soldaten im Personalrat ..., der der entsprechenden Laufbahngruppe angehört und der bei der Verhältniswahl in der Reihenfolge der Sitze die höchste Teilzahl, bei der Personenwahl die höchste Stimmenzahl erreicht hat. ...“) ändert nichts an den in § 52 Abs. 1 SBG getroffenen Regelungen hinsichtlich der Befugnisse der anhörungsberechtigten Stelle (Satz 1) sowie hinsichtlich der anhörungspflichtigen Stelle (Satz 2 i.V.m § 7 BPersVG). Denn § 52 Abs. 2 SBG trifft, wie sich schon aus dem Wortlaut ergibt, keine Sonderregelung dazu, welche Stelle zur Anhörung des Soldatenvertreters in Angelegenheiten nach der Wehrdisziplinar- und der Wehrbeschwerdeordnung verpflichtet ist. Es bleibt damit bei der in § 52 Abs. 1 Satz 2 SBG i.V.m. § 7 BPersVG normierten Verantwortlichkeit des Dienststellenleiters.

45 Einer Anwendung des § 52 Abs. 1 Satz 2 SBG auch auf die von Abs. 2 erfassten „Angelegenheiten eines Soldaten nach der Wehrdisziplinarordnung oder der Wehrbeschwerdeordnung“ kann nicht entgegengehalten werden, der Gesetzgeber habe das Auseinanderfallen von anhörungspflichtiger Stelle - hier also: Dienststellenleiter oder dessen Vertreter - und entscheidender Stelle - hier also: Einleitungsbehörde - vermeiden wollen. Dies ergibt sich schon daraus, dass auch in allgemeinen Personalangelegenheiten die Zuständigkeit für die Anhörung einerseits und für die Personalentscheidung andererseits auseinanderfallen können (vgl. dazu u.a. Beschluss vom 20. Juni 2005 - BVerwG 1 WB 60.04 - Buchholz 252 § 20 SBG Nr. 1). Zudem werden in der Praxis die Anhörungen nach § 27 Abs. 2 SBG ohnehin üblicherweise delegiert (vgl. dazu u.a. Beschluss vom 31. August 1998 - BVerwG 2 WDB 1.98 - BVerwGE 113, 259 <262> = Buchholz 235.0 § 86 WDO Nr. 2 = NZWehrr 1998, 250).

46 Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Wehrdisziplinarordnung. Die Vorschrift des § 4 WDO, die sich mit der Beteiligung der Vertrauensperson befasst, ordnet in Satz 1 (u.a.) die Geltung des Anhörungstatbestandes des § 27 SBG an. In dessen Absatz 2 ist aber nicht bestimmt, wer die Anhörung der Vertrauensperson - bzw. hier des zuständigen Soldatenvertreters im Personalrat, der deren Befugnisse ausübt - vorzunehmen hat.

47 Auch Nr. 238 ZDv 10/2, wonach die Anhörung im gerichtlichen Disziplinarverfahren durch die Einleitungsbehörde zu erfolgen hat, steht dieser Auslegung nicht entgegen. Nr. 238 ZDv 10/2 stellt lediglich auf den Normalfall der Anhörung einer Vertrauensperson ab, ohne auf den Sonderfall der Anhörung im Fall des Bestehens einer Personalvertretung mit Soldatenvertretern einzugehen, für den nach § 52 SBG besondere Regeln gelten. Unabhängig davon könnte eine Verwaltungsvorschrift den Inhalt einer auslegungsbedürftigen Rechtsnorm ohnehin nicht verbindlich bestimmen.

48 Aus den letztgenannten Erwägungen stellt die vorliegende Entscheidung auch keinen Widerspruch zu den Ausführungen des 2. Wehrdienstsenats in seinem Beschluss vom 31. August (a.a.O.) dar, wonach die Anhörung nach § 27 Abs. 2 SBG grundsätzlich durch die Einleitungsbehörde erfolgt, aber auf den WDA und von diesem auf den nächsten Disziplinarvorgesetzten des Soldaten delegiert werden darf. Dieser Entscheidung lag nicht ein von § 52 Abs. 1 SBG erfasster Sonderfall zugrunde, über den hier zu entscheiden ist.

49 Danach wäre im vorliegenden Falle der beabsichtigten Einleitung eines gerichtlichen Disziplinarverfahrens gegen OTL F. für die von diesem beantragte Anhörung des Soldatenvertreters - und damit des Antragstellers - der Kdr H... zuständig gewesen, und zwar kraft eigener Zuständigkeit, nicht kraft Delegation (vgl. aber Vorbem. Nr. 3 ZDv 10/2 und dem folgend Stauf, Wehrrecht I, 2002, § 52 SBG Rn. 4). Eine Verletzung der Beteiligungsrechte des Antragstellers durch eine fehlende oder fehlerhafte Anhörung hätte damit nur durch den Kdr H... als anhörungspflichtige Stelle erfolgen können. Schon deswegen ist der Antrag festzustellen, dass der (unzuständige) AChef HA die Beteiligungsrechte des Antragstellers verletzt habe, unbegründet. Die Feststellung einer Verletzung der Beteiligungsrechte des Antragstellers durch den Kdr H... ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

50 Eine Umdeutung des Antrags in dem Sinne, dass auch oder ausschließlich die Frage der Verletzung von Beteiligungsrechten durch den Kdr H... Verfahrensgegenstand sein soll, kommt nicht in Betracht, da der - anwaltlich vertretene - Antragsteller sein Antragsbegehren eindeutig in der vorliegenden Weise formuliert hat und damit kein Raum für eine Auslegung ist.

51 Der Feststellungsantrag ist deshalb als unbegründet zurückzuweisen.

52 Von einer Belastung des Antragstellers mit Verfahrenskosten wird abgesehen, weil der Senat die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO nicht für gegeben erachtet.