Beschluss vom 31.01.2006 -
BVerwG 5 B 45.05ECLI:DE:BVerwG:2006:310106B5B45.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 31.01.2006 - 5 B 45.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:310106B5B45.05.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 45.05

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 17.03.2005 - AZ: OVG 2 A 4380/03

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 31. Januar 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht S c h m i d t und Dr. R o t h k e g e l
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 17. März 2005 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 14 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf Zulassung der Revision gerichtete Beschwerde der Kläger ist nicht begründet.

2 Der Rechtssache kommt nicht die von den Klägern geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu.

3 Die von den Klägern für grundsätzlich klärungsbedürftig gehaltene Frage, "wann von einem Verschulden im Sinne von § 60 VwGO auszugehen ist, hier insbesondere, wann bei einem nicht juristisch vor- und ausgebildeten Bevollmächtigten von Fahrlässigkeit auszugehen ist", lässt sich nicht auf der Grundlage und nach Maßgabe von verallgemeinerungsfähigen Kriterien beantworten. Vielmehr sind für die Prüfung der Fahrlässigkeit die konkreten Verhältnisse des Einzelfalles entscheidend. Dementsprechend rügen die Kläger die Verschuldensprüfung des Berufungsgerichts gerade in Bezug auf die konkreten Umstände des Streitfalles als überzogen streng und deshalb fehlerhaft. Damit ist aber keine klärungsfähige Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen.

4 Auch wenn Zweifel bestehen, ob der zweite Bevollmächtigte der Kläger aufgrund der Akteneinsicht die Versäumung der Widerspruchsfrist hätte erkennen müssen - aus den Akten ergab sich, dass der Ablehnungsbescheid am 28. Mai 2002 abgesandt, nicht aber, wann er dem ersten Bevollmächtigten der Kläger bekannt gegeben worden war -, würde sich in einem Revisionsverfahren die Versagung der Wiedereinsetzung im Ergebnis als richtig erweisen (§ 144 VwGO entsprechend). Denn jedenfalls mit der Zustellung des Widerspruchsbescheides an den zweiten Bevollmächtigten der Kläger am 24. Januar 2003 mussten diese von der Möglichkeit ausgehen, dass ihr Widerspruch nicht fristgerecht war. Sie haben aber nicht, wie nach § 60 Abs. 2 VwGO erforderlich, innerhalb von zwei Wochen Gründe für eine Wiedereinsetzung geltend gemacht, sondern erst später in der Erklärung des ersten Bevollmächtigten der Kläger vom 28. Mai 2003.

5 Soweit die Kläger geltend machen, das Berufungsgericht habe zu Unrecht die Verpflichtung der Beklagten verneint, die Kläger bereits vor Erlass des Widerspruchsbescheides auf die Verfristung hinzuweisen, werfen sie keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf, sondern rügen eine Rechtsverletzung im Einzelfall. Zudem haben die Kläger, als sie jedenfalls mit der Zustellung des Widerspruchsbescheides an ihren zweiten Bevollmächtigten am 24. Januar 2003 von der Möglichkeit erfuhren, dass ihr Widerspruch nicht fristgerecht war, nicht, wie nach § 60 Abs. 2 VwGO erforderlich, innerhalb von zwei Wochen Gründe für eine Wiedereinsetzung geltend gemacht, sondern erst später in der Erklärung des ersten Bevollmächtigten der Kläger vom 28. Mai 2003.

6 Die Revision kann auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen Divergenz zugelassen werden. Zwar behaupten die Kläger, das Berufungsgericht habe bei der Anwendung des § 60 VwGO gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Oktober 1975 - BVerwG 6 C 170.73 - (BVerwGE 49, 252) verstoßen, sie geben aber nicht, wie erforderlich (BVerwG, Beschluss vom 25. Januar 2005 - BVerwG 9 B 38.04 - <Buchholz 406.25 § 43 BImSchG Nr. 22 = NVwZ 2005, 447>), an, mit welchem tragenden abstrakten Rechtssatz das Berufungsgericht von einem ebensolchen des Bundesverwaltungsgerichts abgewichen sein soll. Allein eine fehlerhafte Rechtsanwendung auf den zu entscheidenden Einzelfall vermag eine Divergenz nicht zu begründen (BVerwG, Beschluss vom 17. Juli 2003 - BVerwG 7 B 62.03 - <Buchholz 310 § 135 VwGO Nr. 4 = NVwZ-RR 2003, 902>).

7 Die Revision kann schließlich nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen eines Verfahrensfehlers zugelassen werden. Zum einen hat das Berufungsgericht nicht das rechtliche Gehör der Kläger verletzt. Nach dem gerichtlichen Hinweisschreiben nach § 130 a VwGO mussten die Kläger mit einer Stattgabe der Berufung und auch mit der Versagung der Wiedereinsetzung durch das Berufungsgericht rechnen. Sie hatten Gelegenheit, zu den Wiedereinsetzungsgründen weiter vorzutragen. Das haben sie nicht getan. Zum anderen haben sie auch jetzt ihren Vortrag nicht ergänzt.

8 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1, § 72 Nr. 1 GKG in der Fassung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004 (BGBl I S. 718).