Beschluss vom 30.06.2006 -
BVerwG 8 B 19.06ECLI:DE:BVerwG:2006:300606B8B19.06.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 30.06.2006 - 8 B 19.06 - [ECLI:DE:BVerwG:2006:300606B8B19.06.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 19.06

  • VG Gera - 02.08.2005 - AZ: VG 3 K 59/01 GE

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. Juni 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg und den Richter am Bundesverwaltungsgericht Postier
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 2. August 2005 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 451,67 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Es liegt weder der gerügte Verfahrensmangel vor (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), noch kommt der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

2 1. Soweit die Beschwerde eine unvollständige Aufklärung des Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht und damit einen Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO rügt, bestehen schon Bedenken, ob dieser vermeintliche Verfahrensfehler den Anforderungen entsprechend dargelegt ist (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Jedenfalls liegt ein Verstoß gegen die Aufklärungspflicht nicht vor.

3 Eine erfolgreiche Aufklärungsrüge setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, dass die Beschwerde darlegt, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts, auf die es allein ankommt, ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen zur Verfügung gestanden hätten, welches Ergebnis diese Beweisaufnahme voraussichtlich gehabt hätte, inwiefern das verwaltungsgerichtliche Urteil unter Zugrundelegung der materiellrechtlichen Auffassung des Gerichts auf der unterbliebenen Sachaufklärung beruhen kann und dass die Nichterhebung der Beweise vor dem Tatsachengericht rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unterbliebene Beweisaufnahme dem Gericht hätte aufdrängen müssen.

4 Die Beschwerde legt nicht dar, welche konkreten Sachverhaltsermittlungen sich dem Verwaltungsgericht hätten aufdrängen müssen. Das Verwaltungsgericht hatte mit dem rechtlichen Hinweis vom 28. November 2003 darauf hingewiesen, dass es nach seiner Rechtsauffassung für den von der Klägerin geltend gemachten vermögensrechtlichen Anspruch an Zeitungs- und Zeitungsverlagsrechten darauf ankomme, dass diese eventuellen Rechte tatsächlich existierten, und darum gebeten, diese Rechte durch Unterlagen oder andere Beweismittel nachzuweisen. Die daraufhin von der Klägerin vorgelegten Unterlagen lassen zwar erkennen, dass die Thüringer Verlagsanstalt und Druckerei GmbH die Zeitung „Das Volk“ herausgegeben hat; die Klägerin hat aber nicht dargelegt, welche konkreten Rechte mit welchem Inhalt sie daraus herleitet. Auch die Beschwerdebegründung lässt nicht erkennen, welche Tatsachen aufgrund der materiellrechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts ermittlungsbedürftig und entscheidungserheblich gewesen wären. Stattdessen rügt die Beschwerde als vermeintlichen Verfahrensmangel in Wahrheit die nach ihrer Auffassung fehlerhafte Rechtsanwendung durch das Verwaltungsgericht.

5 Auch die Behauptung der Beschwerde, die Klägerin hätte, wenn das Verwaltungsgericht deutlich gemacht hätte, dass es an seiner mit dem weiteren rechtlichen Hinweis vom 18. April 2005 auf die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Dezember 2002 (BVerwG 8 C 3.02 ) mitgeteilten Auffassung zur Erheblichkeit dieses Urteils festhält, einen förmlichen Beweisantrag im Hinblick auf die der Thüringer Verlagsanstalt und Druckerei GmbH im Jahre 1933 gehörenden Vermögenswerte gestellt, kann ihr nicht zum Erfolg verhelfen. Nach der - für die Beurteilung von Verfahrensfehlern ausschlaggebenden - Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Restitution einzelner über die Gemeinsame Erklärung vom Juni 1991 hinausgehender ehemaliger Zeitungsrechte bei einer erfolgten Restitution des Unternehmens nach dem Vermögensgesetz nicht vorgesehen sei, kommt es auf das Bestehen solcher Rechte gerade nicht mehr an.

6 Auch der in diesem Zusammenhang gerügte Verstoß des Verwaltungsgerichts gegen das rechtliche Gehör liegt nicht vor. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs (§ 108 Abs. 2 VwGO) verpflichtet das Gericht nicht, die Einzelheiten seiner beabsichtigten Entscheidung den Beteiligten vorher mitzuteilen. Hier hatte das Verwaltungsgericht mit dem rechtlichen Hinweis vom 18. April 2005 auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Dezember 2002 (BVerwG 8 C 3.02 ) deutlich gemacht, dass dieses Urteil entscheidungsrelevant sei. Dass die Klägerin in einem darauf ergangenen Schriftsatz dargelegt hat, dass sie diese Entscheidung nicht für einschlägig hält, führt nicht dazu, dass das Gericht zu einem erneuten rechtlichen Hinweis verpflichtet gewesen wäre. Vielmehr ist es gerade Sinn und Zweck der die Entscheidung vorbereitenden Schriftsätze der Beteiligten, verschiedene rechtliche und tatsächliche Aspekte des Falles aufzuzeigen und damit die Entscheidung des Gerichts vorzubereiten.

7 2. Der Rechtssache kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu. Die von der Beschwerde für grundsätzlich bedeutsam gehaltene Rechtsfrage,
ob Entschädigung für die eingestellten Teile eines Unternehmens verlangt werden kann, wenn für das nach der Wiedervereinigung bestehende Unternehmen bei dessen Verkauf der Erlös ausgekehrt worden ist und ob eine solche Erlösauskehr der erfolgten Restitution eines Unternehmens gleichgesetzt werden kann,
ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt bzw. ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz.

8 Nach § 3 Abs. 1 Satz 3 VermG kann ein Berechtigter, der einen Antrag auf Rückgabe eines Unternehmens stellt oder stellen könnte, seinen Antrag nicht auf die Rückgabe einzelner Vermögensgegenstände beschränken. Das Bundesverwaltungsgericht hat in der bereits zitierten Entscheidung (Urteil vom 18. Dezember 2002 - BVerwG 8 C 3.02 - Buchholz 428 § 6 VermG Nr. 53) dementsprechend eine isolierte Rückübertragung einzelner Rechte ausgeschlossen, wenn ein Anspruch auf Rückübertragung des Unternehmens bestanden hat und erfüllt worden ist.

9 Soweit die Beschwerde unterstellen will, dass es sich bei den von ihr geltend gemachten Rechten um solche eines selbstständigen Betriebsteiles handelt, würde sich die Frage in einem Revisionsverfahren nicht stellen, weil nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts die Thüringer Verlagsanstalt und Druckerei GmbH ein einheitliches Unternehmen war, zu dem auch die eventuellen Zeitungsrechte gehörten. Diese Feststellungen hat die Beschwerde - wie oben dargelegt - nicht wirksam angefochten.

10 Dass die Auskehr des Verkaufserlöses im konkreten Fall mit der Restitution des Unternehmens gleichzusetzen war, ergibt sich aus der Gemeinsamen Erklärung vom Juni 1991. Danach sollte die Klägerin den Erlös aus dem Verkauf des Unternehmens erhalten (Nr. 3 der Erklärung), wenn sie die rechtskräftige Feststellung ihres Restitutionsanspruchs nachweist (Nr. 5 der Erklärung). Einen darüber hinausgehenden, generellen Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.

11 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwertes auf den §§ 47, 52 GKG.