Beschluss vom 30.06.2004 -
BVerwG 5 B 32.03ECLI:DE:BVerwG:2004:300604B5B32.03.0

Beschluss

BVerwG 5 B 32.03

  • Bayerischer VGH München - 15.01.2003 - AZ: VGH 19 B 01.521

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. Juni 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht S c h m i d t und Dr. R o t h k e g e l
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. Januar 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.

Die auf Zulassung der Revision gerichtete Beschwerde ist nicht begründet.
Die Revision kann nicht nach §§ 133, 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zugelassen werden. Die Rechtssache weist nicht, wie von der Klägerin geltend gemacht, insofern grundsätzliche Bedeutung auf, als es um die Feststellung des Vorliegens des Bestätigungsmerkmals nach § 6 Abs. 2 Satz 3 BVFG geht. Zu den materiellen Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 3 BVFG hat der Senat sich in den beiden Parallelentscheidungen vom 4. September 2003 - BVerwG 5 C 11.03 - (DVBl 2004, 448 = NVwZ 2004, 753 = ZFSH/SGB 2004, 183) und - BVerwG 5 C 33.02 - (Buchholz 412.3 § 6 BVFG Nr. 100) geäußert. Auch ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 6 Abs. 2 Satz 3 BVFG bereits geklärt, dass einerseits die mit der Durchführung des Bundesvertriebenengesetzes betrauten Behörden nach § 24 VwVfG zu Ermittlungen in Bezug auf sämtliche Voraussetzungen der deutschen Zugehörigkeit berechtigt und verpflichtet sind und dies die Befugnis einschließt, sich deutscher Sprachkenntnisse des Antragstellers zur Zeit seiner Einreise in das Bundesgebiet zu vergewissern, wobei die Behörde Art und Umfang ihrer Ermittlungen nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmt, dass andererseits aber dieser behördlichen Überprüfung der Sprachbeherrschung keine abschließende Bedeutung zukommt, sie vielmehr gerichtlicher Kontrolle unterliegt (BVerwG, Beschluss vom 19. Juni 2002 - BVerwG 5 B 29.02 -).
Einer Zulassung der Revision wegen Divergenz nach §§ 133, 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO steht entgegen, dass die Klägerin keinen Rechtssatz aus dem Berufungsurteil aufgezeigt hat, der einem Rechtssatz aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entgegensteht.
Die Revision kann auch nicht nach §§ 133, 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen werden. Die Rügen der Klägerin, das Berufungsgericht habe das rechtliche Gehör, den Überzeugungsgrundsatz und die Aufklärungspflicht verletzt, belegen keinen Verfahrensmangel, auf dem das Berufungsurteil beruhen kann.
Zwar ist der Klägerin einzuräumen, dass Vermerke über die behördliche Beurteilung ihres Sprachvermögens keine öffentlichen Urkunden im Sinne des § 418 ZPO sind (zu Zweifeln an der Anwendbarkeit des § 418 ZPO, wenn die ausstellende Behörde - wie hier - Partei der vorprozessualen Auseinandersetzung ist, vgl. BVerwG, Urteil vom 16. März 1984 - BVerwG 4 C 52.80 - <Buchholz 303 § 418 ZPO Nr. 3 = NJW 1984, 2962>). Denn diese Vermerke bringen eine Beurteilung zum Ausdruck, bezeugen aber keine Tatsache (vgl. auch aus der Begründung des Berufungsgerichts zur Ablehnung des Sachverständigenbeweises: "Der Aktenvermerk vom 19. August 1995 enthält bereits keine Wiedergabe sprachlicher Leistungen der Klägerin, die ein Sachverständiger begutachten könnte, sondern allein die Beurteilung der Sachbearbeiterin ..."). Das Berufungsurteil beruht aber nicht auf der Einordnung der behördlichen Sprachvermerke als öffentliche Urkunden. Denn das Berufungsgericht hat seine Auffassung, dass die Klägerin bei ihrer Einreise nicht in der Lage gewesen sei, ein einfaches Gespräch auf Deutsch zu führen, nicht maßgeblich auf die von ihm angenommene Eigenschaft als öffentliche Urkunden, sondern auf das Gesamtergebnis des Verfahrens gestützt (Sprachvermerk vom 19. August 1995, Sprachtest und Sprachvermerk vom 7. Juni 1996 <schlechte Verständigung mit Unterstützung der Schwester auch noch ein Jahr nach der Einreise>, eigene Angaben der Klägerin <nicht ausreichende bzw. in rudimentärer Form vorhandene Sprachkenntnisse> und Zeugenaussagen N.W. <Tochter> und E.S. <Bruder>).
Die Rüge, der im Beweisbeschluss vom 20. Juni 2002 benannte Zeuge O.S. sei zu Unrecht nicht vernommen worden, bezeichnet nicht ausreichend einen Verfahrensfehler. Ein Verfahrensfehler liegt nicht bereits darin, dass das Berufungsgericht diesen Zeugenbeweis zunächst am 20. Juni 2002 für erforderlich hielt, daran aber am 15. Januar 2003 nicht festhielt und den Beweisbeschluss vom 20. Juni 2002 insoweit aufhob. Mit dieser Aufhebung war der Antrag, O.S. als Zeugen zu vernehmen, abgelehnt. Ein Verstoß gegen die Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) wäre die unterbliebene Zeugenanhörung nur, wenn eine weitere Sachverhaltsaufklärung geboten gewesen wäre, sich hätte aufdrängen müssen (BVerwGE 106, 115 <119> und 177 <182>). Dazu hätte die Klägerin vortragen müssen, was der Zeuge O.S. zu ihren deutschen Sprachkenntnissen zur Zeit der Einreise über die vagen Angaben der bereits gehörten Zeugen N.W. (Tochter) und E.S. (Bruder) hinaus konkret hätte aussagen können. Daran fehlt es.
Die Ablehnung des Sachverständigenbeweises war nicht verfahrensfehlerhaft. Dem Sprachvermerk vom 19. August 1995 lagen keine protokollierten Fragen und Antworten zugrunde. Die dem Sprachvermerk vom 7. Juni 1996 zugrunde liegenden protokollierten Fragen und Antworten kann das Gericht selbst auf die Eignung der Klägerin, ein einfaches Gespräch auf Deutsch zu führen, beurteilen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 1 Satz 2, § 14 GKG.