Beschluss vom 30.04.2008 -
BVerwG 6 PB 6.08ECLI:DE:BVerwG:2008:300408B6PB6.08.0

Beschluss

BVerwG 6 PB 6.08

  • VGH Baden-Württemberg - 29.11.2007 - AZ: VGH PL 15 S 5/06

In der Personalvertretungssache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. April 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge und Vormeier
beschlossen:

Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg - Fachsenat für Personalvertretungssachen - vom 29. November 2007 wird zurückgewiesen.

Gründe

1 Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 86 Abs. 2 BaWüPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg.

2 1. Die Divergenzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Der angefochtene Beschluss weicht nicht von dem in der Beschwerdebegründung zitierten Senatsbeschluss vom 16. Dezember 1987 - BVerwG 6 P 32.84 - (Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 53) ab.

3 In dieser Entscheidung wird hervorgehoben, dass an einer durchweg zur tariflichen Eingruppierung vorgenommenen Arbeitsplatzbeschreibung kein Mitbestimmungsrecht des Personalrats besteht. Stehen Erhebungsbogen zur Diskussion, die sowohl personen- als auch sachbezogene Fragen enthalten, ist im Einzelfall zu prüfen, ob die personenbezogenen Fragen überwiegen. Wenn dies der Fall ist, dann kommt solchen Erhebungsbogen der Charakter eines Personalfragebogens zu, da es für die rechtliche Einordnung nur auf den Inhalt des Fragebogens, nicht aber auf den damit verfolgten Zweck ankommt (a.a.O. S. 18). Wäre nämlich der Zweck ohne Rücksicht auf den Inhalt, das heißt die im Erhebungsbogen enthaltenen Fragen, dafür maßgebend, ob ein Personalfragebogen oder eine der Mitbestimmung nicht unterworfene Arbeitsplatzbeschreibung vorliegt, so hätte es die Dienststelle in der Hand, bei solchen Gelegenheiten auch personenbezogene Daten abzufragen (vgl. Beschluss vom 15. Februar 1980 - BVerwG 6 P 80.78 - Buchholz 238 3 A § 75 BPersVG Nr. 15 S. 81). Der Dienststellenleiter kann daher über das Mitbestimmungsrecht des Personalrats beim Inhalt von Personalfragebogen nicht dadurch disponieren, dass er für die Erhebung Zwecke angibt, die nicht auf die Eignungsbeurteilung der befragten Beschäftigten ausgerichtet sind.

4 Zum Verständnis der vom Antragsteller beanstandeten Passage im angefochtenen Beschluss ist auf weitere einschlägige Senatsrechtsprechung einzugehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Darstellung der Mitbestimmung beim Inhalt von Personalfragebogen aus dem Senatsbeschluss vom 26. März 1985 - BVerwG 6 P 31.82 - (Buchholz 238.38 § 77 RPPersVG Nr. 1) zitiert. Danach ist ein Personalfragebogen „seiner Natur nach personenbezogen und vorzugsweise ein Mittel, die Eignung eines Bewerbers oder Beschäftigten für bestimmte Aufgaben festzustellen. Es liegt gerade innerhalb des mit einem Personalfragebogen verfolgten Zwecks, dass er sich an den Beschäftigten selbst richtet, um von ihm (ergänzende) Auskunft über seine Person und seine Verwendung auf einem bestimmten Arbeitsplatz zu erhalten“ (a.a.O. S. 2). Der in diesem Zusammenhang verwandte Zweckbegriff ist abstrakt und bezieht sich auf das Wesen eines Personalfragebogens. Er ist geeignet, Grenzen des Mitbestimmungsrechts zu bestimmen. Er steht im Gegensatz zum konkreten Zweck, den der Dienststellenleiter mit seiner Erhebung verfolgt und auf den es bei der Frage nach dem Bestehen des Mitbestimmungsrechts nicht ankommt.

5 In der Passage, auf welche der Antragsteller seine Divergenzrüge stützt, hatte der Verwaltungsgerichtshof jenen abstrakten Zweckbegriff im Sinn. Er spricht „vom Zweck eines Personalfragebogens, wie er vorstehend ausgeführt worden ist“ (Beschlussabdruck S. 12). Damit bezieht er sich auf die Aussage, wonach es dem mit einem Personalfragebogen verfolgten Zweck entspricht, „dass er sich an den Beschäftigten selbst richtet, um von ihm (ergänzende) Auskunft über seine Person und seine Verwendung auf einem bestimmten Arbeitsplatz zu erhalten“ (Beschlussabdruck S. 10 f.). Ein Personalfragebogen lag somit schon deswegen nicht vor, „weil der Erhebungsbogen sich nicht an die Beschäftigten selbst richtet, um von ihnen Auskunft über ihre Person und ihre Verwendung auf einem bestimmten Arbeitsplatz zu erhalten, sondern an die Patienten der Krankenhäuser, die in der Art einer ‚Kundenbefragung’ über ihre Eindrücke während des Krankenhausaufenthaltes Auskunft geben sollen“ (Beschlussabdruck S. 11). Demnach hat der Verwaltungsgerichtshof bei seiner Entscheidung, das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers beim Inhalt von Personalfragebogen zu verneinen, nicht maßgeblich auf den vom Beteiligten konkret verfolgten Erhebungszweck, sondern auf den Umstand abgestellt, dass der Erhebungsbogen sich nicht an die Beschäftigten selbst richtet. Letzteres ist aber in der einschlägigen Senatsrechtsprechung stets als Wesensmerkmal eines Personalfragebogens betrachtet worden. Demgemäß wurde der Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts darin gesehen, die Auskunftspflicht der Beschäftigten gegenüber dem Dienststellenleiter zu begrenzen und eine unter Umständen belastende Selbstbeurteilung nach Möglichkeit zu vermeiden (vgl. Beschlüsse vom 15. Februar 1980 a.a.O. S. 82, vom 26. März 1985 a.a.O. S. 2, vom 2. August 1989 - BVerwG 6 P 5.88 - Buchholz 251.0 § 79 BaWüPersVG Nr. 9 S. 9 und vom 22. Dezember 1993 - BVerwG 6 P 11.92 - Buchholz 251.2 § 85 BlnPersVG Nr. 6 S. 11).

6 2. Die Verfahrensrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 3, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG bleibt gleichfalls ohne Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat nicht den Anspruch des Antragstellers auf rechtliches Gehör verletzt.

7 Dieser hatte im Schriftsatz vom 27. November 2007 vorgetragen, dass die Auswertung der Patientenfragebogen zum Anlass genommen würde, personelle Maßnahmen gegenüber Beschäftigten zu ergreifen (Qualitätsworkshop vom 23. Mai 2006 in Waiblingen, Stationsleitungsbesprechung vom 12. Juni 2007 im Krankenhaus Schorndorf, aktualisierte Aufgabenbeschreibung für die mittlere Führungsebene im Pflegedienst ab 1. Januar 2008). Zugleich war er auf Vorgänge um die Mitarbeiterin B. zurückgekommen, zu denen er im Schriftsatz vom 22. Oktober 2007 vorgetragen hatte. Es bestehen keine Zweifel, dass der Verwaltungsgerichtshof diesen Vortrag zur Kenntnis genommen und in seine Erwägungen einbezogen hat. Näher eingehen musste er darauf jedoch nicht, weil es nach seiner - insoweit maßgeblichen - Rechtsauffassung darauf nicht ankam.

8 a) Für die Verneinung des Mitbestimmungsrechts beim Inhalt von Personalfragebogen nach § 79 Abs. 3 Nr. 4 BaWüPersVG war - wie erwähnt - letztlich entscheidungstragend, dass der Erhebungsbogen nicht von den Beschäftigten, sondern von den Patienten auszufüllen war. Auf diesen feststehenden Umstand konnten sich die in den genannten Schriftsätzen vorgetragenen Tatsachen offensichtlich nicht auswirken.

9 b) Dieser Vortrag war aber auch für die Verneinung des Mitbestimmungsrechts bei Einführung technischer Überwachungseinrichtungen nach § 79 Abs. 3 Nr. 12 BaWüPersVG durch den Verwaltungsgerichtshof unerheblich.

10 Der Verwaltungsgerichtshof hat dazu ausgeführt: „Die Auswertung der Antworten auf die streitigen Fragen lässt jedoch keine Aussagen entstehen, die die Beurteilung von Verhalten oder Leistung der jeweiligen einzelnen Beschäftigten objektiv ermöglichen. Die umstrittenen Fragen sind nämlich nicht auf eine objektive Verhaltens- oder Leistungsbeschreibung ausgerichtet. Sie zielen lediglich auf die Abfrage der subjektiven Wahrnehmung einzelner Aspekte des Verhaltens der Krankenhausmitarbeiter während der Behandlung und Betreuung der befragten Patienten. Die Wiedergabe solcher Eindrücke durch die Patienten scheidet, auch wenn sie für die Dienststelle von Interesse sein mag, als verlässliche Grundlage für die Beurteilung der Arbeit der Beschäftigten im Krankenhaus von vornherein aus. Die durch die Auswertung der Fragebögen gewonnenen Aussagen ermöglichen daher weder für sich allein noch in Verbindung mit weiteren Erkenntnissen eine sachgerechte, den entsprechenden Verfahrenserfordernissen unterliegende objektive Beurteilung der Beschäftigten.“ (Beschlussabdruck S. 14).

11 Diese Beurteilung entspricht derjenigen, zu welcher der Senat im Fall einer Befragung von Schülern zur Qualität des Unterrichts gelangt war (vgl. Beschluss vom 29. August 2001 - BVerwG 6 P 10.00 - Buchholz 251.4 § 86 HmbPersVG Nr. 8). Der Verwaltungsgerichtshof hat sich hier - ebenso wie damals der Senat - von einer objektiv dienst- bzw. arbeitsrechtlichen Haltung leiten lassen. Da nach seiner Einschätzung die Patientenfragebogen als ernst zu nehmende - gegebenenfalls gerichtsverwertbare - Grundlage für personelle Maßnahmen gegenüber Beschäftigten ausschieden, hat er ein Bedürfnis für einen kollektiven Schutz der Beschäftigten durch ihre Personalvertretung nicht gesehen. Bei dieser Sichtweise kam es nicht darauf an, dass es im Verantwortungsbereich des Beteiligten Bestrebungen gab, aus der Auswertung der Patientenfragebogen unter Umständen arbeitsrechtliche Konsequenzen zu ziehen.