Beschluss vom 30.04.2008 -
BVerwG 4 B 29.08ECLI:DE:BVerwG:2008:300408B4B29.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 30.04.2008 - 4 B 29.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:300408B4B29.08.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 29.08

  • Bayerischer VGH München - 30.01.2008 - AZ: VGH 14 B 05.661

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. April 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rojahn und Gatz
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 30. Januar 2008 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldnerinnen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 30 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO gestützte Beschwerde bleibt erfolglos. Die gerügten Verfahrensmängel liegen nicht vor.

2 1. Die Klägerinnen sehen sich in ihrem Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt. Sie machen geltend, das Berufungsgericht habe die Tatsache, dass gerade der Mittelgang (Transportflur) der Lagerhalle „über Jahrzehnte hinweg ununterbrochen zum Abstellen von LKW genutzt worden war, auch während der Nutzung der Fensterlagerboxen durch die Firma D.“, nicht zur Kenntnis genommen. Hinsichtlich der Nutzung des Mittelganges der Halle zum Abstellen von LKW sei keine Nutzungsänderung eingetreten. Hinsichtlich dieser Nutzung bestehe daher passiver Bestandsschutz. Die angefochtene Nutzungsuntersagung sei jedenfalls insoweit rechtswidrig.

3 Der gerügte Verfahrensfehler besteht nicht. Ein Tatsachengericht verletzt zwar den grundrechtlich verbürgten Anspruch auf rechtliches Gehör, wenn es über entscheidungserhebliches Parteivorbringen hinweggeht, ohne darzulegen, aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Erwägungen es keine Auseinandersetzung mit diesem Vorbringen und keiner Sachaufklärung bedarf (Urteil vom 15. April 1997 - BVerwG 8 C 20.96 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 274). Ein Gericht ist jedoch nicht verpflichtet, jedes rechtliche Vorbringen der Beteiligten in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden. Auf Tatsachenvortrag eines Beteiligten, der nach Ansicht des Gerichts aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts nicht entscheidungserheblich ist, braucht das Gericht nicht näher einzugehen. So liegt es hier.

4 Nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin zu 1 u.a. die Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzung der „Fensterlagerhalle“ als „LKW-Garage“ beantragt. Dieses Begehren haben die Klägerinnen im Klage- und im Berufungsverfahren weiter verfolgt. Das Berufungsgericht hat in seinen Entscheidungsgründen hierzu ausgeführt, dass allein die an der nördlichen Gebäudeseite vorhandenen LKW-Garagen baurechtlich genehmigt worden seien. Diese Garagen seien von der Lagerhalle, die zur Lagerung von Kohle und zeitweilig auch von Fenstern genutzt worden sei, räumlich abgegrenzt (Beschlussabschrift S. 8). Nach diesen Feststellungen ist davon auszugehen, dass der Mittelgang (Transportflur) der Lagerhalle nicht als LKW-Garage genehmigt worden ist. Hieraus folgt ohne Weiteres, dass hinsichtlich des zum Abstellen von LKW genutzten Mittelganges der Lagerhalle ein baurechtlicher Bestandsschutz, der der angegriffenen Nutzungsuntersagung hätte entgegengehalten werden können, nicht besteht. Das Berufungsgericht weist ferner ausdrücklich darauf hin, dass die angegriffene Nutzungsuntersagung die an der nördlichen Gebäudeseite der Lagerhalle vorhandenen und genehmigten LKW-Garagen nicht berühre. Aus dieser materiellrechtlichen Sicht und auf der Grundlage des - nach den vorinstanzlichen Feststellungen - bis zum Abschluss des Berufungsverfahrens unverändert aufrechterhaltenen Baugenehmigungsantrag der Klägerin zu 1 hatte das Berufungsgericht keinen Anlass, in den Gründen seines Beschlusses gesondert auf die Nutzung des Mittelganges der Lagerhalle als Abstellplatz für LKW näher einzugehen.

5 2. Die Beschwerde macht ferner geltend, das Berufungsgericht habe die von den Klägerinnen in ihrem Schriftsatz vom 20. Januar 2008 hilfsweise gestellten Klageanträge außer Acht gelassen und deshalb einen Verfahrensfehler begangen. Diese Rüge geht fehl.

6 Im Schriftsatz vom 20. Januar 2008 werden die folgenden Hilfsanträge gestellt:
„5. Für die Nutzungsänderung von Fensterlagerhalle zur LKW-Garage im Bereich der LKW-Garagen und des Mittelganges der Halle auf dem Grundstück Fl. Nr. ... der Gemarkung K. wird eine Baugenehmigung erteilt.
6. Es wird eine Baugenehmigung für einen LKW-Waschplatz auf dem Grundstück Fl. Nr. ... der Gemarkung K. erteilt.“

7 Bei wörtlicher Auslegung handelt es sich hierbei um Anträge auf Erteilung einer Baugenehmigung, die bei der zuständigen Genehmigungsbehörde der beklagten Stadt zu stellen wären, nicht aber in der Gestalt von Hilfsanträgen im Rahmen eines verwaltungsgerichtlichen Berufungsverfahrens. Sollten die beiden Hilfsanträge prozessrechtlich als Anträge zu verstehen sein, die darauf gerichtet sind, die Beklagte zur Erteilung entsprechender Genehmigungen zu verpflichten, wären sie bereits in dem umfassenderen Klageantrag enthalten, den die Klägerinnen im Berufungsverfahren (vgl. Beschlussabschrift S. 4) verfolgt haben und der in der Sache insgesamt erfolglos geblieben ist. Bei dieser Sach- und Rechtslage war das Berufungsgericht nicht verpflichtet, die vorgenannten Hilfsanträge zu 5. und 6., die den Hauptantrag teilweise wiederholen, für sich betrachtet zum Gegenstand einer selbständigen Entscheidung zu machen.

8 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 159 Satz 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.