Beschluss vom 29.12.2008 -
BVerwG 5 B 85.08ECLI:DE:BVerwG:2008:291208B5B85.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 29.12.2008 - 5 B 85.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:291208B5B85.08.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 85.08

  • VG Dresden - 07.05.2008 - AZ: VG 6 K 1312/04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. Dezember 2008
durch den Vizepräsidenten des Bundesverwaltungsgerichts Hund
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Brunn und Dr. Störmer
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 7. Mai 2008 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 34 767,85 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet. Das Beschwerdevorbringen führt nicht auf den - allein geltend gemachten - Revisionszulassungsgrund des Verfahrensmangels im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

2 Die Beschwerde rügt in erster Linie (Beschwerdebegründung unter I., S. 2 bis 9), das Verwaltungsgericht habe die richterliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) dadurch verletzt, dass es nichts dazu aufgeklärt habe, „ob die wiedergutmachende Enteignung im Zusammenhang mit einer vom Rehabilitierungsrecht für rechtsstaatswidrig erklärten Verurteilung“ gestanden habe sowie „überhaupt zu den Umständen der strafrechtlichen Verurteilung“. Hätte das Verwaltungsgericht entsprechend aufgeklärt, so hätte es „zum Ergebnis kommen müssen, dass die Enteignung auf der Grundlage des SMAD-Befehls Nr. 64 im Zusammenhang mit der strafrechtlichen Verfolgung und Verurteilung von A. F.“ gestanden habe und dann der Klage nach § 1 Abs. 7 VermG stattgeben müssen (Beschwerdebegründung S. 4/5).

3 Mit diesem Vortrag wird der behauptete Verfahrensmangel bereits nicht in einer den Anforderungen aus § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dargelegt (vgl. hierzu etwa Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - stRspr). Die Beschwerde zeigt insbesondere nicht auf, weshalb sich dem Verwaltungsgericht weitere Ermittlungen zu den angesprochenen Fragen hätten aufdrängen müssen, zumal nicht mitgeteilt wird, ob die anwaltlich vertretene Klägerin insoweit von sich aus - namentlich durch Anbringen entsprechender Beweisanträge - auf weitere Ermittlungen in dieser Richtung hingewirkt hat (vgl. zuletzt Beschluss vom 20. September 2007 - BVerwG 4 B 38.07 - juris). Die Beschwerde scheint auch zu verkennen, dass eine Verletzung der richterlichen Aufklärungspflicht nur in Betracht kommt, wenn sich dem Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung weitere Ermittlungen des danach entscheidungserheblichen Sachverhalts hätten aufdrängen müssen. Insoweit hätte sich die Beschwerde damit auseinandersetzen müssen, dass das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, die Klägerin könne sich deshalb nicht auf § 1 Abs. 7 VermG berufen, weil die durch SMAD-Befehl Nr. 64 bestätigte Enteignung „spätestens mit der Eintragung der Enteignung des Unternehmens am 22.7.1948 im Handelsregister“ umgesetzt und nach außen erkennbar gewesen sei, die strafrechtliche Vermögensentziehung hingegen erst später rechtskräftig geworden sei (UA S. 9/10). Mit Angriffen auf diese Rechtsausführungen lässt sich ein Verfahrensmangel nicht begründen; insoweit setzt die Beschwerde letztlich nur ihre Rechtsansicht gegen diejenige des Verwaltungsgerichts, ohne einen Zulassungsgrund aufzuzeigen.

4 Davon abgesehen geht diese Verfahrensrüge auch deswegen fehl, weil die Beschwerde nicht schlüssig aufzeigt, dass die durch Strafurteil ausgesprochene Vermögensentziehung bereits vor der besatzungshoheitlichen Enteignung zu einer (vollständigen) Enteignung des Rechtsträgers hinsichtlich des Unternehmens geführt haben könnte. Wie das Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung entschieden hat, setzt eine Enteignung im Sinne des Vermögensgesetzes keine bestimmte Form der Enteignung voraus; sie ist vielmehr immer dann anzunehmen, wenn der frühere Eigentümer durch hierauf gerichtete staatliche Maßnahmen vollständig und endgültig aus seinem Eigentum verdrängt worden ist; entscheidend ist, wann die Enteignung des jeweiligen Vermögenswerts in der Rechtswirklichkeit erstmals greifbar zum Ausdruck kam (vgl. für viele: Urteil vom 13. Februar 1997 - BVerwG 7 C 50.95 - BVerwGE 104, 84 <87 f.>). Deshalb wäre die von der Beschwerde aufgezeigte Möglichkeit, dass eine besatzungshoheitliche Enteignung deswegen „ins Leere“ gegangen sein könnte, weil eine (andere) Enteignung des gleichen Geschädigten um den gleichen Vermögensgegenstand bereits zuvor auf einer anderen (strafrechtlichen) Rechtsgrundlage vollendet worden sei, nur dann in Betracht zu ziehen, wenn Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass bereits aufgrund des zunächst noch nicht rechtskräftigen strafgerichtlichen Urteils des Jahres 1947 Vollzugshandlungen einsetzten und abgeschlossen wurden, bevor im Sommer 1948 die besatzungshoheitliche Enteignung in der Rechtswirklichkeit greifbar zum Ausdruck gekommen ist. Solche Anhaltspunkte zeigt die Beschwerde nicht auf. Deswegen kann dem Verwaltungsgericht mit Blick auf dessen Erwägung in den Urteilsgründen, wonach das strafgerichtliche Urteil erst infolge des Urteils des Oberlandesgerichts Dresden vom 9. November 1948 rechtskräftig geworden ist, nicht vorgehalten werden, es habe sich unzulässig der Einsicht in die Möglichkeit verschlossen, dass der womöglich zu entschädigende Vermögensgegenstand bereits vor der besatzungshoheitlichen Enteignung dauerhaft entzogen worden sei. Denn der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf den Rechtskraftzeitpunkt ist ohne Weiteres in dem zutreffenden Verständnis zu verstehen, es seien keine Anhaltspunkte aufgezeigt oder ersichtlich dafür, dass die damals zuständigen Behörden die strafrechtlich verfügte Vermögensentziehung bereits vor deren Rechtskraft ins Werk gesetzt hätten.

5 Soweit die Beschwerde ferner (Beschwerdebegründung unter II., S. 10) ein unfaires Verfahren und eine Verletzung des rechtlichen Gehörs rügt, weil die Klägerin auf eine mündliche Verhandlung nur verzichtet habe „aus der Vorstellung heraus, in der vorliegenden Sache obsiegen zu müssen“, wird auch damit ein Verfahrensmangel schon nicht schlüssig aufgezeigt. Eine unzulässige Überraschungsentscheidung kann daraus auch nicht abgeleitet werden.

6 Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

7 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

8 Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.