Beschluss vom 29.08.2002 -
BVerwG 2 WDB 6.02ECLI:DE:BVerwG:2002:290802B2WDB6.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 29.08.2002 - 2 WDB 6.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:290802B2WDB6.02.0]

Beschluss

BVerwG 2 WDB 6.02

In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Pietzner,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Widmaier,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
auf die Beschwerde des Soldaten am 29. August 2002
b e s c h l o s s e n :

  1. Die Beschwerde gegen den Beschluss der .... Kammer des Truppendienstge-
  2. richts Nord vom 4. Juni 2002 wird zurückgewiesen.
  3. Die Entscheidung über die Kosten bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Gründe

I

Mit Verfügung vom 28. Januar 2002 leitete der Kommandeur der .... Panzergrenadierdivision gegen den Soldaten ein gerichtliches Disziplinarverfahren ein, in dem ihm vorgeworfen wurde, seine Dienstpflichten in folgenden Punkten schuldhaft verletzt zu haben:

"1. An einem nicht mehr feststellbaren Tag im Zeitraum Juli 2001 stellten Sie sich gegen 22.30 Uhr im Feldlager R., Bosnien, im Unterkunftsgebäude auf der Stube ... in Anwesenheit der Ihnen unterstellten HG T. R. (PK: ...-...-...) und HG V. G. (PK: ...-...-...) in Grundstellung und führten wissentlich und willentlich den sogenannten Hitlergruß gegenüber den vorgenannten Soldaten aus.

2. An einem nicht mehr feststellbaren Tag im Zeitraum Juni/Juli 2001 beschimpften Sie als Beifahrer durch das geöffnete Fenster eines Dienstfahrzeuges in Anwesenheit des Ihnen unterstellten HG St. P. (PK: 1...-...-...) andere Verkehrsteilnehmer auf der Fahrt von V. nach R. laut vernehmlich mit Worten 'ausrotten, vergasen sollte man Dich, Du Drecksau'. Des Weiteren führten Sie wissentlich und willentlich hierzu durch das geöffnete Beifahrerfenster den sogenannten Hitlergruß aus. Unmittelbar nach diesem Vorfall, noch während der oben genannten Fahrt, stachen Sie mit einem Kampfmesser wissentlich und willentlich mit der Absicht der Sachbeschädigung in den Innenbereich des Dienstfahrzeuges, so dass drei Einstiche tief in den vorderen Sitzbereich und auf dem Armaturenbereich deutlich Kratzspuren zurück blieben. Danach entluden Sie Ihre Dienstwaffe P-8 innerhalb des Dienstfahrzeuges und hielten die entladene Waffe mit dem Lauf in Ihren Mund, wobei Sie gegenüber den Ihnen untergebenen HG P. äußerten: 'So haben sie die Leute im Dritten Reich umgebracht.'

3. Im Zeitraum Juli bis Ende Oktober 2001 im Feldlager R., Bosnien, hatten Sie ein Notizbuch, rot, (110 x 80 mm) im Besitz mit von Ihnen folgenden selbst gefertigten Vermerken:

- 'Was ist ein Jude mit einer Gasflasche?

Ein Süchtiger.'

- 'Und mit 2 GF?

Ein Dealer.'

- 'Wie berechnet ein Jude seinen Fluchtweg?

Schornsteinhöhe x Windrichtung.'

- 'Was sind 4 Türken im Ford Transit?

Das A-Team aus Bochum.'

- 'Wie befruchtet man eine Türkin?

Auf den Stiefel wichsen und kräftig reintreten.'

- 'Was macht ein Judenkind auf dem Schornstein?

Es wartet auf seine Eltern.'

- 'Was ist ein Türke auf seinem Fahrrad?

Scheiße auf Rädern.'

- 'Was ist ein Türke im Müllsack?

Verschwendung, es könnten zwei hineinpassen.'

- 'Mit jedem Tritt ein Britt,

mit jedem Stoß ein Franzos,

mit jedem Schuss ein Russ.'

- 'Ich sehe Krankenschwestern mit ihren Verwundeten,

ich sehe deutsche Bauern auf ihren Äckern,

ich sehe Krankenschwestern mit ihren Verwundeten,

ich sehe junge deutsche, in ihrer Blüte stehende Soldaten an Krü- cken.

Aber was ich nicht sehe, dass sind Juden.'

- 'Heute vergleiche ich Juden mit dem Kartoffelkäfer.

So wie der Kartoffelkäfer die Kartoffel von unten untergräbt und die

Kartoffel an der Wurzel zu vernichten versucht, so versucht auch der

Jude das deutsche Volk zu untergraben und zu vernichten.'

- 'Woran erkennt man Müll

An der Hautfarbe.'

Gleichzeitig enthob die Einleitungsbehörde den Soldaten gemäß § 126 Abs. 1 WDO vorläufig des Dienstes, verbot ihm, Uniform zu tragen und ordnete nach § 126 Abs. 2 Satz 1 WDO an, dass ihm ab 1. März 2002 50 % der jeweiligen Dienstbezüge einbehalten werden.

Mit Schreiben vom 28. März 2002 beantragte der Soldat die Aufhebung dieser Anordnung. Zur Begründung machte er im Wesentlichen geltend, die Vorwürfe seien nicht berechtigt. Die gegen ihn erhobenen Beschuldigungen beruhten offenbar auf persönlichen Spannungen zu Kameraden.

Mit Bescheid vom 29. April 2002, ausgehändigt am 7. Mai 2002, wies der Kommandeur der .... Panzergrenadierdivision den Antrag zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, es bestehe ein hinreichender Grad von Wahrscheinlichkeit, dass der Soldat das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen begangen habe. Die Aussagen der Zeugen seien klar und eindeutig, Anhaltspunkte für eine falsche Verdächtigung seien nicht ersichtlich.

Mit Schreiben vom 10. Mai 2002, eingegangen am 14. Mai 2002, hat der Soldat die Entscheidung des Truppendienstgerichts beantragt. Diesen Antrag hat die ... Kammer des Truppendienstgerichts Nord mit Beschluss vom 4. Juni 2002, ausgehändigt am 13. Juni 2002, zurückgewiesen. Zur Begründung hat die Kammer ausgeführt, aufgrund der bisherigen Aussagen der Zeugen bestehe bei der gebotenen summarischen Betrachtung eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der Soldat das ihm vorgeworfene Dienstvergehen begangen habe; es sei nicht auszuschließen, dass er deshalb zur disziplinaren Höchstmaßnahme verurteilt werden könne. Milderungsgründe in der Person des Soldaten allein rechtfertigten nicht die Aufhebung der Maßnahmen.

Gegen diesen Beschluss hat der Soldat mit Schriftsatz vom 19. Juni 2002, der am 25. Juni 2002 beim Truppendienstgericht Nord eingegangen ist, Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen: Der Beschluss der Kammer zeichne sich durch eine bemerkenswerte Kürze und durch Nichtbeachtung der von ihm vorgetragenen Einwände aus. Die Vorwürfe seien nicht glaubhaft. Die Kammer habe verkannt, dass niemand als schuldig zu gelten habe, solange seine Schuld nicht bewiesen sei. Durch Beweisaufnahme werde zu klären sein, ob die erhobenen Vorwürfe berechtigt seien oder nicht. Bis dahin könnten die gegen ihn angeordneten Maßnahmen nur als diskriminierend, ungerechtfertigt und als gegen die Unschuldsvermutung verstoßend gewertet werden. Sein bisheriges Verhalten seit seinem am 1. April 1992 erfolgten Eintritt in die Bundeswehr belege, dass er während dieser Zeit niemals gegen, sondern stets aktiv für die freiheitliche demokratische Grundordnung eingetreten sei. Ein gegenteiliges Verhalten hätte seinen Vorgesetzten nicht zehn Jahre verborgen bleiben können. Die Zeugen R. und P. hätten falsche Anschuldigungen gegen ihn erhoben; dies habe die Kammer unzureichend geprüft.

Der Vorsitzende der ... Kammer des Truppendienstgerichts Nord hat der Beschwerde am 26. Juni 2002 nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Der Bundeswehrdisziplinaranwalt hat hierzu mit Schriftsatz vom 16. Juli 2002 Stellung genommen und im Wesentlichen ausgeführt, die gesetzlichen Voraussetzungen für die angeordneten Maßnahmen lägen vor. Die bisherigen guten dienstlichen Leistungen des Soldaten änderten hieran nichts.

II

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

Zu dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. dazu Beschluss vom 22. Juli 2002 - BVerwG 2 WDB ....02 -) waren die gesetzlichen Voraussetzungen für die von der Einleitungsbehörde getroffenen Anordnungen erfüllt. Denn nach § 126 Abs. 1 WDO kann die Einleitungsbehörde einen Soldaten vorläufig des Dienstes entheben, wenn - wie hier - das gerichtliche Disziplinarverfahren gegen ihn eingeleitet wird oder eingeleitet worden ist (Satz 1). Ferner kann sie gleichzeitig damit das Verbot verbinden, Uniform zu tragen (Satz 2) sowie mit der vorläufigen Dienstenthebung oder später anordnen, dass dem Soldaten ein Teil, höchstens die Hälfte der jeweiligen Dienstbezüge einbehalten wird, wenn in gerichtlichen Disziplinarverfahren voraussichtlich auf Entfernung aus dem Dienstverhältnis erkannt werden wird (§ 126 Abs. 2 Satz 1 WDO). Für die Prognose der Verhängung der disziplinaren Höchstmaßnahme genügt die Feststellung, dass der Soldat das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen mit einem hinreichenden Grad von Wahrscheinlichkeit begangen hat. Es ist nicht erforderlich, dass das Dienstvergehen im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bereits im vollen Umfang nachgewiesen ist (stRspr.: vgl. zuletzt Beschluss vom 22. Juli 2002 - BVerwG 2 WDB ....02 -). Die gerichtliche Prüfung des Sachverhalts beschränkt sich auf die Klärung der Frage, ob anhand des bisherigen Ermittlungsergebnisses unter Berücksichtigung der vorhandenen Beweismittel sowie von Rückschlüssen, die durch die allgemeine Lebenserfahrung gerechtfertigt sind, der hinreichend begründete Verdacht eines Dienstvergehens besteht, das mit ausreichendem Grad von Wahrscheinlichkeit die Verhängung der disziplinaren Höchstmaßnahme zur Folge haben wird (vgl. Beschlüsse vom 7. November 1990 - 2 WDB ....90 - <BVerwGE 86, 345 [347]> sowie vom 20. September 1993 - BVerwG 2 WDB 93, 12.93 - zu § 120 Abs. 6 Satz 3 WDO a.F. m.w.N., und vom 22. Juli 2002 - BVerwG 2 WDB ...02 -). Da sich das vorläufige Verfahren gemäß § 126 WDO nach seinem Wesen auf summarische Bewertungen und Wahrscheinlichkeitserwägungen beschränken muss, ist in ihm für eingehende Beweiserhebungen kein Raum (vgl. stRspr.: u.a. Beschlüsse vom 8. Januar 1991 - BVerwG 2 WDB ....90 - m.w.N., vom 19. Oktober 1992 - BVerwG 2 WDB ....92 -, vom 20. September 1993 - BVerwG 2 WDB ....93, ....93 - und vom 22. Juli 2002 - BVerwG 2 WDB ....02 -). Ein hinreichend begründeter Verdacht kann sich bereits durch die Erhebung der öffentlichen Anklage in einem sachgleichen Strafverfahren (§ 170 StPO) und durch die Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 203 StPO) ergeben. Fehlt es (bisher) an einer erhobenen Anklage, ist der Senat bei seiner nach § 126 Abs. 5 Satz 3, § 114 Abs. 1 Satz 1 WDO zu treffenden Entscheidung gehalten, eigenständig zu prüfen, ob der hinreichende Verdacht eines Dienstvergehens besteht, das mit ausreichendem Grad von Wahrscheinlichkeit zur Entfernung aus dem Dienstverhältnis führen wird. Das ist hier der Fall. Denn der Soldat erscheint bei der hier gebotenen summarischen Betrachtung hinreichend verdächtig, in gravierender Weise insbesondere seine Dienstpflichten zum treuen Dienen (§ 7 SG) sowie zum aktiven Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung (§ 8 SG) verletzt zu haben.

1. Tatvorwurf 1

Der Soldat bestreitet zwar den gegen ihn von der Einleitungsbehörde erhobenen Vorwurf, sich an einem nicht mehr feststellbaren Tag im Juli 2001 gegen 22.30 Uhr im Feldlager R. in Bosnien im Unterkunftsgebäude auf der Stube ... in Anwesenheit der ihm damals unterstellten Soldaten Hauptgefreiter (HptGefr) T. R. und HptGefr V. G. in Grundstellung gestellt und dabei wissentlich und willentlich den so genannten Hitlergruß ausgeführt zu haben. Dagegen sprechen jedoch - neben der inhaltlich unmissverständlichen dienstlichen Meldung des HptGefr T. R. vom 27. November 2001 - dessen Bekundungen in der am Tag darauf erfolgten Vernehmung durch Major R.. Hier führte der Zeuge aus, dass der Soldat kurz vor Verlassen der Stube ... gegen 22.50 Uhr den rechten Arm zum so genannten Hitlergruß erhoben und auf seine, des Zeugen R., Frage, was dies solle, diesen wiederholt habe. Zwar konnten die an jenem Abend in der Soldatenstube ebenfalls anwesenden Soldaten HptGefr V. G., T. P. und M. K. diese Aussage des Zeugen R. nicht bestätigen. Sie traten ihr aber auch nicht entgegen und haben sie nicht erschüttert. Der HptGefr P. hatte ausweislich seiner in der Niederschrift vom 28. November 2001 festgehaltenen Angaben die Stube ... ohnehin zum Zeitpunkt des in Rede stehenden Vorfalls bereits verlassen und konnte schon deshalb dazu keine sachdienlichen Angaben machen. Der HptGefr K. war - wie er in seiner am 28. November 2001 erfolgten Vernehmung durch Hauptmann P. ausführte - am fraglichen Abend in der Stube ... zwar anwesend; er lag jedoch im Bett und war während des Fernsehens eingeschlafen, so dass er die Unterhaltung und das weitere Verhalten seiner Kameraden nicht mehr verfolgen konnte. Demgegenüber erklärte der HptGefr G. ausweislich der Niederschrift über seine Vernehmung durch Major R. am 28. November 2001 zwar, er habe „nicht gesehen“, dass der Soldat „den rechten Arm zum Hitlergruß erhoben hat“. Auch diese Aussage kann indes nicht als Widerspruch zu den Bekundungen des Zeugen R. gewertet werden. Denn der HptGefr G. führte im Übrigen aus, er könne „nicht ausschließen, dass er es gemacht hat“, dass also der Soldat den so genannten Hitlergruß an jenem Abend ausführte. Soweit er in seiner Vernehmung zum Ausdruck brachte, er könne sich „nicht mehr genau daran erinnern“, ob der Soldat an jenem Abend überhaupt in der Stube gewesen sei, vermag auch dies die Bekundungen des Zeugen R. nicht zu erschüttern. Denn der Soldat hat in seiner von Hauptmann P. durchgeführten Vernehmung am 1. Dezember 2001 selbst bestätigt, dass er „an diesem Abend auf der Stube ... des HptGefr K. war“. Für die inhaltliche Richtigkeit der Bekundungen des Zeugen R. spricht letztlich entscheidend, dass der Soldat ausweislich der Vernehmungsniederschrift vom 1. Dezember 2001 selbst eingeräumt hat, sich „bei Verlassen der Stube“ in „aufgelockerter Form der Grundstellung“ von den anwesenden Soldaten verabschiedet und dabei „den rechten Arm hoch(genommen zu haben), wobei der Unterarm 90 Grad Richtung Decke angewinkelt war“. Soweit er mit Schriftsatz seines Verteidigers vom 20. Dezember 2001 später - in sehr pauschaler Form - zum Ausdruck gebracht hat, er habe „weder je den Hitlergruß ausgeführt noch die ihm (im Tatvorwurf 2) zur Last gelegten rechtsradikalen Äußerungen getan“, vermag dies seine vorherige Einlassung nicht zu widerlegen. Denn es ist nicht ersichtlich, aus welchem Grunde seine frühere - tatnähere - Darstellung inhaltlich unzutreffend gewesen sein sollte. Jedenfalls hat er für seine neue Version keine plausible und nachvollziehbare Begründung zu geben vermocht. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die den Soldaten belastende Meldung und die unmissverständlichen und eindeutigen Bekundungen des Zeugen R. inhaltlich unrichtig wären, sind für den Senat nicht ersichtlich. Insbesondere fehlt es an jedem Anhaltspunkt etwa für einen aus sachfremden Motiven erfolgten „Revancheakt“ des Zeugen oder gar für ein „Komplott“ aus dem Kameradenkreis zu Lasten des Soldaten. Allein der Umstand, dass die dienstliche Meldung des Zeugen R. erst am 27. November 2001, also einige Monate nach dem in Rede stehenden Vorfall, erfolgte, gibt zu einer gegenteiligen Schlussfolgerung keine Veranlassung. Denn der Zeuge R. hat hierfür eine durchaus nachvollziehbare Erklärung gegeben. Bei seiner am 28. November 2001 erfolgten Vernehmung bekundete er nämlich, dass er sich zunächst über den Vorfall und das Verhalten des Soldaten keine weiteren Gedanken gemacht habe, zumal er zu diesem an sich bis heute ein gutes Verhältnis gehabt habe. Erst durch den Hauptfeldwebel Sch., der kurz vorher von dem Vorfall durch einen anderen Soldaten Kenntnis erhalten hatte, sei er zur Meldung ermuntert worden, wobei ihm bewusst sei, dass „der Gruß eine Straftat“ sei.

Ob es, wie der Soldat durch seinen Verteidiger ohne nähere Konkretisierung und ohne Beweisangebote vorgetragen hat, in der Einheit des Soldaten „Spannungen zwischen den Aufklärern und den Grenadieren“ gegeben hat, kann hier dahinstehen. Denn es ist nicht erkennbar, dass und gegebenenfalls in welcher Weise sich solche Spannungen allgemein oder aufgrund von Kritik des Soldaten „an dem soldatischen Verhalten von Grenadieren“ oder nach einer Beschwerde seines Fahrers R. „über einen Unterführer der Grenadiere“ vorliegend ausgewirkt haben. Gleiches gilt hinsichtlich möglicher Folgen eines „Gespräch(s) über R. Freundin“ im Kameradenkreis. Nicht näher substantiierte Andeutungen des Soldaten reichen insoweit nicht aus, um die Glaubhaftigkeit der eindeutigen und widerspruchsfreien Bekundungen des Zeugen R. zu erschüttern.

Auch aus dem Umstand, dass der zunächst gegen den Soldaten erhobene anderweitige Vorwurf, er habe sich während des Auslandseinsatzes auf einem Podest fotografieren lassen, als er seinen Arm zum so genannten Hitlergruß erhoben habe, bislang nicht anhand eines Fotos verifiziert werden konnte, folgt nicht, dass die Bekundungen des Zeugen R. bezüglich des hier allein in Rede stehenden Tatvorwurfs 1 unglaubhaft sind. Denn dieses Foto, dessen (frühere) Existenz unter anderem von dem Zeugen P. bestätigt wurde, ist bislang nicht auffindbar. Das vom Soldaten herangezogene (weitere) Foto, das ihn - auf einem Podest stehend - mit angelegtem Arm oder mit der Hand am Kopf zeigen soll, bezieht sich möglicherweise auf einen anderen Vorgang. Jedenfalls ergibt sich aus dem vom Soldaten angeführten Foto nicht, dass der Zeuge R. die Unwahrheit gesagt hätte. Die bloße Nichtauffindbarkeit des Fotos, auf dem der Soldat nach den Bekundungen des Zeugen bei der Ausführung des so genannten Hitlergrußes abgebildet sein soll, beweist noch nicht, dass es nicht (oder nicht mehr) existiert. Die gegenwärtige Nichtverfügbarkeit kann zum Beispiel darauf beruhen, dass es zwischenzeitlich verloren gegangen oder beiseite geschafft worden ist. Denn immerhin hat auch der Oberfeldwebel L. bei seiner Vernehmung am 30. November 2001 bekundet, der Soldat habe ihm selbst davon erzählt, "dass solche Fotos am Podest am Antreteplatz der Kaserne in K. von ihm gemacht worden sind bzw. er machen ließ"; dies sei auch "Gesprächsgegenstand in der P. ..." gewesen.

Angesichts dieser Gesamtumstände, namentlich der eindeutigen und widerspruchsfreien Bekundungen des Zeugen R. und des (früheren) Teil-Geständnisses des Soldaten, besteht nach dem für den Senat bislang ersichtlichen Sach- und Streitstand eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für das Fehlverhalten des Soldaten.

Ein Soldat, der im Ausland im Kameradenkreis den so genannten Hitlergruß ausführt und diesen trotz Vorhaltungen eines Kameraden sogar wiederholt, verstößt, wie das Truppendienstgericht zutreffend dargelegt hat und worauf der Senat Bezug nimmt, gegen seine Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG) und zum aktiven Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung (§ 8 SG).

Das wird letztlich auch vom Soldaten nicht bestritten.

2. Tatvorwurf 2

a) Soweit dem Soldaten in der Einleitungsverfügung vorgeworfen wird, an einem nicht mehr feststellbaren Tag im Juni/Juli 2001 auf einer dienstlichen Fahrt von V. nach R. einen anderen Verkehrsteilnehmer laut vernehmlich mit den Worten "ausrotten, vergasen sollte man Dich, Du Drecksau" beschimpft sowie hierzu wissentlich und willentlich durch das geöffnete Beifahrerfenster den so genannten Hitlergruß ausgeführt zu haben, wird auch dies durch die bisherigen Ermittlungsergebnisse belegt. Denn der Zeuge HptGefr St. P. hat ausweislich der Niederschrift über seine am 28. November 2001 erfolgte Vernehmung durch Major R. sowie am 25. April 2002 diesen Vorfall unter näherer Angabe der Örtlichkeiten bestätigt. Zudem hat auch der HptGefr R. in seiner ebenfalls am 28. November 2001 erfolgten Vernehmung die Richtigkeit dieses Vorwurfs der Sache nach bezeugt.

Ein solches Verhalten verstößt hinsichtlich der Beleidigung und des Verächtlichmachens eines anderen Verkehrsteilnehmers jedenfalls gegen die Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG). Denn der wesentliche Inhalt der Dienstpflicht nach § 7 SG besteht - neben den Pflichten zu einer gewissenhaften Dienstleistung und zum sorgsamen Umgang mit dienstlich anvertrauten Sachgütern - vor allem in der Verpflichtung, sich an das geltende Recht zu halten sowie Loyalität gegenüber seinem Dienstherrn zu üben (vgl. u. a. Urteil vom 31. Juli 1996 - BVerwG 2 WD 21.96 - <BVerwGE 103, 361 [363]>). Wer in der dargelegten Weise einem anderen Menschen gegenüber unflätige Schimpfworte äußert und sinngemäß sogar zum Ausdruck bringt, dass er ihn für lebensunwert hält ("ausrotten, vergasen sollte man Dich, Du Drecksau"), verletzt nicht nur dessen Ehre und Persönlichkeitsrecht, sondern begeht kriminelles Unrecht (§ 185 und gegebenenfalls § 130 Abs. 1 Nr. 2 StGB). Das gilt auch dann, wenn die Tat im Ausland begangen wird und hierbei das deutsche Strafrecht zur Anwendung gelangt (§ 5 Nr. 12 StGB i.V.m. § 1a Abs. 2 WStG, § 7 Abs. 2 Nr. 1 StGB und gegebenenfalls § 6 Nr. 9 StGB in Verbindung mit Art. 4a des "Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung" vom 7. März 1966 <sog. Antirassismuskonvention>, dem die Bundesrepublik Deutschland mit Wirkung vom 15. Juni 1969 rechtswirksam beigetreten ist <BGBl II 1969, 961, 2211; BGBl II 1996, 282>). Das öffentliche Ausführen des so genannten Hitlergrußes verstößt zudem - wie oben im anderen Zusammenhang bereits dargelegt - gegen § 8 SG. Ein solches Fehlverhalten verletzt ferner, ohne dass dies hier näherer Darlegung bedarf, die Pflicht, dem Ansehen der Bundeswehr sowie der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Dienst erfordert (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG).

b) Es besteht auch die hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der weitere gegen den Soldaten erhobene Vorwurf begründet ist, er habe während der Fahrt von V. nach R. mit einem Kampfmesser den Innenbereich des Dienstfahrzeuges erheblich beschädigt. Der HptGefr P. hat dieses Fehlverhalten des Soldaten bei seiner Vernehmung im Einzelnen geschildert. Der Soldat ist diesem Vorwurf in der Sache nicht entgegengetreten, sondern hat sich auf die Behauptung beschränkt, er könne sich angesichts seines hohen Alkoholgenusses nicht mehr an die Abläufe im Einzelnen erinnern. Damit spricht vieles dafür, dass er durch sein das Vermögen des Dienstherrn nicht unerheblich schädigendes Verhalten seine Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG) verletzt hat, wobei zu seinen Gunsten unterstellt werden kann, dass in Folge des Alkoholkonsums seine Fähigkeit, das Unrecht der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, im Sinne des § 21 StGB bei Begehung der Tat erheblich vermindert war. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des § 20 StGB vorgelegen hätten, sind bislang nicht ersichtlich.

c) Aus den Bekundungen des Zeugen P. ergibt sich nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen ferner, dass sich der Soldat während der dienstlichen Fahrt von V. nach R. den Lauf seiner entladenen Dienstpistole in den Mund hielt und sich dabei zur Tötung von Personen während des so genannten "Dritten Reichs" äußerte. Ein solches Verhalten verletzt die Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG), da diese von jedem Soldaten verlangt, im Dienst und außerhalb des Dienstes zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Bundeswehr beizutragen und alles zu unterlassen, was sie in ihrem verfassungsmäßig festgelegten Aufgabenbereich einschränken könnte (stRspr.: u. a. Beschluss vom 10. Oktober 1989 - BVerwG 2 WDB 4.89 - <BVerwGE 86, 188, [199 f.]> und Urteile vom 31. Juli 1996 - BVerwG 2 WD 21.96 - <a.a.O.> sowie vom 15. Februar 2000 - BVerwG 2 WD 30.99 - <Buchholz 236.1 § 10 Nr. 42 = NZWehrr 2001, 30>). Danach ist jeder Soldat unter anderem gehalten, sich nicht durch unsachgemäßes Hantieren mit Waffen vermeidbaren Gefährdungen seiner Gesundheit und seines Lebens auszusetzen.

Dagegen lässt sich auf der Grundlage der bisherigen Ermittlungen nicht abschließend feststellen, mit welchen Formulierungen und Worten der Soldat bei seinem Hantieren mit der Waffe auf Tötungen im NS-Regime Bezug genommen hat. Hinsichtlich der erfolgten Wortwahl bestehen Abweichungen zwischen den Bekundungen des Zeugen P. in der Vernehmung vom 28. November 2001 einerseits und in der Vernehmung vom 25. April 2002 andererseits. Auf dieser Grundlage lässt sich nicht in hinreichendem Maße klären, welche Worte der Soldat tatsächlich gebraucht hat.

3. Tatvorwurf 3

Den gegen ihn erhobenen Vorwurf, die in seinem Notizbuch aufgeschriebenen "Juden- und Ausländerwitze" in den Unterkunftsbereich bzw. den Bereich der militärischen Dienststelle eingebracht zu haben, hat der Soldat zwar der Sache nach bestätigt. Allerdings ist zumindest zweifelhaft und bedarf näherer Prüfung, ob er mit diesen privaten Aufzeichnungen gegen die Nr. 311 ZDv 10/5 verstoßen hat, wonach es einem Soldaten untersagt ist, auch nur vorübergehend "Schriften" in den Unterkunfts- oder militärischen Dienststellenbereich einzubringen, die zum Hass gegen Teile der Bevölkerung oder rassische, religiöse oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppen aufstacheln, sie beschimpfen oder böswillig verächtlich machen oder verleumden. Der Begriff der "Schriften" ist weder in Nr. 311 ZDv 10/5 noch in anderen Regelungen dieser Dienstvorschrift näher erläutert; er wird dort vorausgesetzt. Die Regelung knüpft ersichtlich an den allgemeinen juristischen Sprachgebrauch an, wonach unter "Schrift" eine Zusammenstellung von verkörperten Zeichen zu verstehen ist, die durch Augen oder Tastsinn wahrnehmbar sind und unmittelbar Worte, mittelbar Gedanken darstellen. Dabei ist es zwar bedeutungslos, ob es sich um Druckschriften, Ur- oder Abschriften oder um Einzelstücke handelt. Wer allerdings nur an und für einen einzelnen Empfänger (oder für sich selbst) schreibt, stellt keine "Schrift" her (vgl. dazu u. a. Tröndle/Fischer, StGB, 50. Aufl. 2001, § 11 RdNr. 43 m.w.N. sowie die Rechtsprechung des BGH zu § 93 StGB a.F., Urteil vom 22. Dezember 1959 - 3 StR 52/59 -, BGHSt 13, 375 [376] m.w.N.). Der Soldat hat sich bislang dahin eingelassen, er habe diese "Juden- und Ausländerwitze" vor etlichen Jahren "dem Buch einer Person (entnommen), die sich als Türke ausgegeben hat, sich mit schwarzen Haarfärbemitteln und schwarzem Schnurrbart als Türke maskiert hatte, um die Reaktion deutscher Personen zu testen". Er habe sich diese "Witze" in seinem persönlichen Notizbuch aufgeschrieben, "um - falls dieses oder ähnliches irgendwo geäußert wurde - darauf hinzuweisen, dass die Verbreitung solcher Dinge strafbar sei". Er selbst habe jedoch keinen der von ihm in seinem Notizbuch aufgeschriebenen Witze "irgend jemandem erzählt ..., auch keinem Soldaten". Soweit die Einleitungsbehörde diese Einlassung des Soldaten als Schutzbehauptung gewertet hat, liegt dies zwar nahe, ändert aber nichts daran, dass es sich bei den Aufzeichnungen des Soldaten in sein privates Notizbuch nach dem bisherigen Sach- und Streitstand nicht um eine "Schrift" im dargelegten Sinne gehandelt haben dürfte. Eine Verbreitung der im Notizbuch aufgezeichneten "Juden- und Ausländerwitze" ist dem Soldaten bislang nicht vorgeworfen worden.

Da der Soldat nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen jedenfalls seine dienstlichen Pflichten zum treuen Dienen nach § 7 SG (Tatvorwürfe 1, 2a, 2b, 2c), zum aktiven Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung nach § 8 SG (Tatvorwürfe 1 und 2a) sowie zur Ansehens-, Achtungs- und Vertrauenswahrung nach § 17 Abs. 2 Satz 1 SG (Tatvorwurf 2a) verletzt hat, ist davon auszugehen, dass er mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein schwerwiegendes Dienstvergehen gemäß § 23 Abs. 1 SG begangen hat. Besonders gravierend war dabei das wiederholte Ausführen des so genannten Hitlergrußes im Rahmen eines Auslandseinsatzes, davon einmal sogar während einer Dienstfahrt in der Öffentlichkeit. Dieses Fehlverhalten ist so gravierend, dass voraussichtlich auf die disziplinare Höchstmaßnahme erkannt werden wird. Ein Soldat, der wiederholt eine bekannte nationalsozialistische Grußformel und damit ein NS-Symbol demonstrativ benutzt, legt die Schlussfolgerung nahe, dass er sich mit der dahinter stehenden Ideologie identifiziert oder diese jedenfalls verharmlost. Er erweckt zumindest den Eindruck, dass er der Gewalt- und Willkürherrschaft des Nazi-Regimes, das eine totalitäre Gewaltherrschaft errichtete und die Menschenrechte in seinem Herrschaftsbereich in schlimmster Weise mit Füßen trat, seine Reverenz erweist, statt sich von ihr zu distanzieren. Begeht ein Soldat eine derartige Pflichtwidrigkeit, so missachtet er die fundamentalen Pflichten eines Soldaten, weil er die Grundprinzipien des demokratischen und sozialen Rechtsstaates und damit die Grundlagen, auf denen die Bundeswehr aufgebaut ist, in Frage stellt. Denn das Posieren mit NS-Grußformen durch Soldaten der Bundeswehr ist jedenfalls objektiv geeignet, wenn nicht gar darauf angelegt, die Ziele und Handlungen des verbrecherischen NS-Regimes, das zur Realisierung seiner Eroberungs-, Raub- und Ausrottungspläne mit Weltherrschaftsvisionen Angriffskriege entfesselte, in deren Verlauf Millionen Menschen Leben, Gesundheit sowie Hab und Gut verloren, zu verharmlosen sowie Symbole und Bestandteile der nationalsozialistischen Ideologie (wieder) gesellschaftsfähig zu machen. Statt für die freiheitliche demokratische Grundordnung aktiv einzutreten, unterstützte er damit Bestrebungen, die mit dieser schlechthin unvereinbar sind. Er fügte so dem durch die Verfassung vorgegebenen Selbstverständnis der Bundeswehr als Organ des dem friedlichen Zusammenleben der Völker (Präambel und Art. 26 GG) sowie den Menschenrechten verpflichteten demokratischen Rechtsstaats der Bundesrepublik Deutschland schwersten Schaden zu.

Da die in § 8 SG normierte Pflicht zu den elementarsten soldatischen Pflichten gehört, ist ihre Verletzung eine der schwersten denkbaren Pflichtwidrigkeiten (Urteile vom 24. Januar 1984 - BVerwG 2 WD 40.83 - <NZWehrr 1984, 164>, vom 28. September 1990 - BVerwG 2 WD 27.89 - <BVerwGE 86, 321 [327]>, vom 25. Januar 2000 - BVerwG 2 WD 43.99 - <BVerwGE 111, 45 = NZWehrr 2000, 55 = Buchholz 236.1 § 7 Nr. 34> und vom 7. November 2000 - BVerwG 2 WD 18.00 - <NZWehrr 2001, 168 = Buchholz 236.1 § 7 Nr. 40 = NVwZ 2001, 1413>). Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen ist daher nach der ständigen Rechtsprechung des Senats stets die Entfernung aus dem Dienstverhältnis (vgl. dazu: Urteile vom 4. September 1980 - BVerwG 2 WD 74.79 -, vom 24. Oktober 1996 - BVerwG 2 WD 22.96 - <BVerwGE 113, 13 = NZWehrr 1997, 83>, vom 25. Januar 2000 - BVerwG 2 WD 43.99 - <a.a.O.> und vom 7. November 2000 - BVerwG 2 WD 18.00 - <a.a.O.>). Nur wenn besondere Milderungsgründe in der Tat vorliegen, kann ausnahmsweise von der Höchstmaßnahme abgesehen werden. War der Soldat - wie vorliegend - zum Tatzeitpunkt bereits in der herausgehobenen Funktion eines Oberfeldwebels eingesetzt, fällt dies erschwerend ins Gewicht. Je höher ein Soldat in den Dienstgradgruppen steigt, umso mehr Achtung und Vertrauen genießt er; umso größer sind auch die Anforderungen, die an seine Zuverlässigkeit, sein Pflichtgefühl und sein Verantwortungsbewusstsein gestellt werden müssen, und umso schwerer wiegt eine Pflichtverletzung, die er sich zuschulden kommen lässt (vgl. Urteile vom 9. Juli 1991 - BVerwG 2 WD 41.90 - <BVerwGE 93, 126 [132] = NZWehrr 1994, 254> und vom 24. Juni 1992 - BVerwG 2 WD 62.91 - <BVerwGE 93, 265 = NZWehrr 1993, 76>). Von dem Soldaten, der diesen Anforderungen nicht gerecht geworden ist, hätte auf Grund seiner herausgehobenen Dienststellung als Vorgesetzter, der in Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel zu geben hat (§ 10 Abs.1 SG), und des Vertrauens, das er bei seinen Vorgesetzten genoss, erwartet werden müssen, dass er von NS-Symbolen keinesfalls Gebrauch machte und insbesondere die Verwendung von NS-Grußformeln - zumal im Ausland - strikt unterließ. Daran hat er sich nicht gehalten. Dadurch gab er ein denkbar schlechtes Beispiel. Auch die (mögliche) Ansehensschädigung der Bundeswehr wiegt sehr schwer. Denn die Bundeswehr wurde dadurch - jedenfalls potenziell - dem Vorwurf ausgesetzt, in ihr werde nationalsozialistisches Gedankengut gepflegt und praktiziert.

Milderungsgründe, die von der Verhängung der disziplinaren Höchstmaßnahme absehen ließen, sind bei der hier gebotenen summarischen Betrachtung nicht ersichtlich. Milderungsgründe in der Tat sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nur dann gegeben, wenn die Situation, in der der Soldat versagt hat, von so außergewöhnlichen Besonderheiten gekennzeichnet war, dass ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten von ihm nicht mehr erwartet und daher auch nicht vorausgesetzt werden konnte (vgl. Urteile vom 27. Januar 1987 - BVerwG 2 WD 41.86 - <BVerwGE 83, 278 [281]>, vom 26. März 1996 - BVerwG 2 WD 36.95 - und vom 18. März 1999 - BVerwG 2 WD 30.98 - <BVerwGE 113, 317 = Buchholz 236.1 § 7 Nr. 28 = NZWehrr 1999, 211>). Als solche Besonderheiten sind unter anderem ein Handeln in einer ausweglos erscheinenden, unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage, die auf andere Weise nicht zu beheben war, sowie ein Handeln unter schockartig ausgelöstem psychischen Zwang oder unter Umständen anerkannt worden, die auf eine unbedachte persönlichkeitsfremde Augenblickstat eines ansonsten tadelfreien und im Dienst bewährten Soldaten hindeuten (vgl. Urteile vom 27. Januar 1987 - BVerwG 2 WD 11.86 - <BVerwGE 83, 273 [275]> und vom 23. Oktober 1990 - BVerwG 2 WD 40.90 - <BVerwGE 86, 341 [344] = NZWehrr 1991, 79>). Hierfür fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten.

Daher ist es - auch in Ansehung der relativ guten dienstlichen Leistungen des Soldaten während seiner mehr als zehnjährigen Dienstzeit - nicht ermessensfehlerhaft, wenn die Einleitungsbehörde gemäß § 126 Abs. 2 Satz 1 WDO angeordnet hat, dass ihm 50 % der jeweiligen Dienstbezüge ab 1. März 2002 einbehalten werden. Die Entscheidung hält sich in den gesetzlichen Grenzen und ist erkennbar am Zweck der gesetzlichen Ermächtigung ausgerichtet. Sie genügt auch dem Verhältnismäßigkeitsgebot, da sie für den Soldaten wirtschaftlich tragbar erscheint und nicht außer Verhältnis zu dem ihm vorgeworfenen Fehlverhalten steht. Konkrete Anhaltspunkte, die eine andere Schlussfolgerung nahe legen könnten, sind von dem Soldaten weder vorgetragen noch sonst erkennbar geworden.

Da das gerichtliche Antragsverfahren nach § 126 Abs. 5 WDO ein Nebenbestandteil des gerichtlichen Disziplinarverfahrens ist, bleibt die Kostenentscheidung der Endentscheidung vorbehalten.