Beschluss vom 29.05.2002 -
BVerwG 3 B 18.02ECLI:DE:BVerwG:2002:290502B3B18.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 29.05.2002 - 3 B 18.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:290502B3B18.02.0]

Beschluss

BVerwG 3 B 18.02

  • VG Halle - 18.10.2001 - AZ: VG 4 A 249/99 HAL

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 29. Mai 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Dr. B o r g s - M a c i e j e w s k i
und Dr. B r u n n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Halle vom 18. Oktober 2001 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und der Verfahrensfehlerhaftigkeit (§ 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt erfolglos.
1. In dem angefochtenen Urteil ist das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass an dem streitbefangenen Hallengebäude selbständiges Gebäudeeigentum zu Gunsten der Beigeladenen bzw. ihrer Rechtsvorgängerin - der LPG Halle-Saale-Gemüse - entstanden ist. Die Urteilsbegründung besteht in ihrem überwiegenden Teil aus einer Auseinandersetzung mit - und schließlichen Verneinung - der Frage, ob das kraft Gesetzes entstandene Gebäudeeigentum der LPG später auf die BHI GmbH übergegangen sei. Dementsprechend kreisen auch die Fragen und Rügen der Beschwerde primär um die Bestimmung des "richtigen" Gebäudeeigentümers. Soweit dies der Fall ist, kann die Beschwerde keinen Erfolg haben, weil nach der Rechtsprechung des beschließenden Senats die jeweiligen Grundstückseigentümer durch eine eventuell unrichtige Entscheidung, wer Gebäudeeigentümer ist, nicht in ihren Rechten verletzt sein können (Urteil vom 5. April 2001 - BVerwG 3 C 24.00 - Buchholz 115 Nr. 37).
2. Soweit die Fragen und Rügen der Beschwerdeführer auf der Annahme beruhen, die Kläger könnten das Gebäudeeigentum seinerzeit eventuell gutgläubig (mit-)erworben haben, ist ihnen von der Beklagten zu Recht entgegengehalten worden, dass ein gutgläubiger Erwerb von sozialistischem Eigentum - zu dem auch das genossenschaftliche gehörte - kraft Gesetzes ausgeschlossen war (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 3 Grundstücksdokumentationsordnung vom 6. November 1975, GBl DDR I S. 697).
3. Auch soweit die von der Beschwerde erhobenen Verfahrensrügen andere Punkte betreffen, sind sie unbegründet.
Ein Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ist nur dann "bezeichnet" (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substantiiert dargetan wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. November 1992 - BVerwG 3 B 52.92 - Buchholz 303 § 314 ZPO Nr. 5; Weyreuther, Revisionszulassung und Nichtzulassungsbeschwerde in der Rechtsprechung der obersten Bundesgerichte, 1971, Rn. 222 m.w.N.). Das setzt voraus, dass die zur Begründung vorgetragenen Tatsachen, ihre Richtigkeit unterstellt, die Mängel ergeben (Beschluss vom 18. März 1982 - BVerwG 9 CB 1076.81 - Buchholz 310 § 133 Nr. 35). Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht hinreichend gerecht.
a) Die Beschwerde rügt als Verfahrensfehler u.a., dass sich das Verwaltungsgericht zum Nachweis der Errichtung des Hallengebäudes durch die LPG Halle-Saale-Gemüse auf einen End-Prüfbescheid bezogen hat, der anscheinend ein anderes Grundstück betraf. Ob der Vorwurf gerechtfertigt ist, das Gericht sei insoweit von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen, kann aber dahingestellt bleiben. Die Beschwerde lässt nämlich nicht erkennen, inwiefern das ergangene Urteil auf diesem Umstand maßgeblich beruhen könnte. Es gehört aber zur Begründungspflicht, die Entscheidungserheblichkeit eines Verfahrensmangels schlüssig darzulegen.
Als Rechtsgrundlage für die Entstehung selbständigen Gebäudeeigentums hat das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall § 13 Abs. 2 LPG-Gesetz vom 3. Juni 1959 (GBl DDR I S. 557) angenommen. Die Bestimmung sieht keinerlei Einschränkungen in Hinblick auf die Einhaltung bauordnungsrechtlicher Vorschriften vor. Die Beschwerde hätte also darzulegen gehabt, inwiefern es hier für die Entstehung von Gebäudeeigentum gleichwohl auf einen zutreffenden End-Prüfbescheid angekommen sein könnte.
b) Das Verwaltungsgericht hat den Verträgen vom 8. September 1980 und 1. Juni 1981 die Einräumung eines Nutzungsrechts zu Gunsten der LPG Halle-Saale-Gemüse entnommen, wobei es, wie die Darlegungen im Tatbestand des angefochtenen Urteils belegen, davon ausgegangen ist, dass bereits der frühere Miteigentümer, der Vater der Klägerin, als Genossenschaftsmitglied eine genossenschaftliche Nutzung gestattet hatte. Die hiergegen geführten Angriffe der Beschwerde, mit denen eine vermeintlich unzulängliche Sachverhaltsaufklärung gerügt wird, scheitern jedoch schon aus formalen Gründen:
Mit dem Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt nicht in der durch § 86 Abs. 1 VwGO gebotenen Weise aufgeklärt, bleibt die Beschwerde hinter den prozessrechtlichen Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO zurück. Danach muss der Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, hinreichend bezeichnet werden. Das setzt bei einer Aufklärungsrüge die Darlegung voraus,
- welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-
rechtlichen Auffassung der Vorinstanz ermittlungs-
bedürftig gewesen wären,
- welche Beweismittel zu welchen Beweisthemen zur
Verfügung gestanden hätten,
- aufgrund welcher Anhaltspunkte sich die unter-
bliebene Beweisaufnahme der Vorinstanz hätte auf-
drängen müssen,
- welches Ergebnis diese Beweisaufnahme voraussicht-
lich erbracht hätte,
- inwiefern die angefochtene Entscheidung unter
Zugrundelegung der materiellrechtlichen Auffassung
der Vorinstanz auf der unterbliebenen Sachauf-
klärung beruhen kann und
- dass die Nichterhebung der Beweise vor dem Tat-
sachengericht rechzeitig gerügt worden ist (vgl.
u.a. Beschluss vom 2. Januar 1997 - BVerwG 8 B
240.96 -).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. In Wirklichkeit streben die Kläger nur eine ihnen günstigere Beweiswürdigung an. Hierzu ist die Aufklärungsrüge nicht das geeignete Mittel. Im Übrigen braucht ein Tatsachengericht nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts keine Beweiserhebung durchzuführen, die eine anwaltlich vertretene Partei nicht beantragt und sich auch nicht aus anderen Gründen aufgedrängt hat. Die Rüge, der Sachverhalt sei nicht von Amts wegen erschöpfend aufgeklärt worden, kann nicht dazu dienen, Beweisanträge zu ersetzen, die eine Partei selbst zumutbarerweise stellen konnte, aber zu stellen unterlassen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 6 Abs. 3 Satz 2 VZOG i.V.m. Art. 233 § 2 b Abs. 3 Satz 2 EGBGB.