Beschluss vom 28.06.2011 -
BVerwG 1 WB 16.11ECLI:DE:BVerwG:2011:280611B1WB16.11.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 28.06.2011 - 1 WB 16.11 - [ECLI:DE:BVerwG:2011:280611B1WB16.11.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 16.11

  • BMVg - 01.03.2011 - AZ: PSZ I 7 25-05-12 316/11

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberfeldarzt Schulz und
den ehrenamtlichen Richter Oberfeldwebel Anderssohn
am 28. Juni 2011 beschlossen:

  1. Die Verfahren BVerwG 1 WB 16.11 und BVerwG 1 WB 25.11 werden zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden.
  2. Die Anträge werden zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller begehrt die Verlängerung seiner Verwendungszeit im Ausland auf dem Dienstposten eines Jägerfeldwebels/Stabsdienstsachbearbeiters Streitkräfte beim …, USA, bis zum 31. Dezember 2012 (Verfahren BVerwG 1 WB 16.11 ).
Außerdem wendet er sich gegen seine von der Stammdienststelle der Bundeswehr zum 1. Juli 2011 angeordnete Wegversetzung von diesem Dienstposten auf den Dienstposten eines Stabsdienstfeldwebels Streitkräfte bei der Unteroffizierschule des Heeres in … (Verfahren BVerwG 1 WB 25.11 ).

2 Der 1960 geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit Ablauf des 28. Februar 2015 enden. Er wurde mit Wirkung vom 19. Dezember 2003 zum Oberstabsfeldwebel ernannt. Der Antragsteller ist verheiratet und hat einen 1988 geborenen Sohn sowie eine am 19. Februar 1991 geborene Tochter.

3 Mit Verfügung vom 27. April 2006 (in der Fassung der 1. Korrektur vom 16. Oktober 2006) ordnete die damalige Stammdienststelle des Heeres zum 1. März 2007 - unter vorangehender Kommandierung vom 8. Januar 2007 bis zum 28. Februar 2007 - die Versetzung des Antragstellers auf den oben genannten Dienstposten beim …, USA, an. Als voraussichtliche Verwendungsdauer wurde der 30. Juni 2011 angegeben.

4 Mit Schreiben vom 11. Juni 2009 beantragte der Antragsteller erstmals die Verlängerung seiner Stehzeit auf diesem Dienstposten bis zum 30. Juni 2012. Den Antrag lehnte die Stammdienststelle der Bundeswehr mit bestandskräftigem Bescheid vom 17. Juni 2009 mit der Begründung ab, die Verwendungsdauer auf Dienstposten im integrierten Bereich sei grundsätzlich auf drei Jahre zu beschränken. Ausnahmen bedürften eines erheblichen dienstlichen Interesses. Den Dienstposten des Antragstellers werde die Stammdienststelle zeitgerecht und qualifiziert nachbesetzen können. Ein dienstliches Interesse sei deshalb nicht gegeben. Darüber hinaus stehe der vom Antragsteller innegehabte Dienstposten unter dem Vorbehalt, künftig möglicherweise nicht mehr nach Besoldungsgruppe A9 mZ bewertet zu werden. Allein aus diesem Grund sei die Verlängerung der Verwendungsdauer abzulehnen.

5 Der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - hat mitgeteilt, daraufhin habe der Leiter des … USA mit Schreiben vom 23. September 2010 die Verlängerung der Stehzeit des Antragstellers in den USA beantragt. Diesen Antrag hätten der Kommandeur des Bundeswehrkommandos USA und Kanada am 7. Oktober 2010 und die Stammdienststelle der Bundeswehr mit Schreiben vom 3. November 2010 abgelehnt. Die Stammdienststelle habe auf die Herabdotierung des Dienstpostens zum 1. Juli 2011 verwiesen und erklärt, dieser Sachverhalt sei bereits ausschlaggebend für die Ablehnung des ersten Verlängerungsantrags vom 11. Juni 2009 gewesen; er könne nicht im Rahmen einer Ausnahmegenehmigung umgangen werden.

6 Mit Schreiben vom 22. November 2010 beantragte der Antragsteller erneut die Verlängerung seiner Auslandsverwendung - nunmehr bis zum 31. Dezember 2012 - und bezog sich zur Begründung auf Probleme bei der Schulausbildung seiner Tochter. Er führte aus, mit Beginn seiner Auslandsverwendung sei seine Tochter F. an der Deutschen Schule Washington in Potomac als Realschülerin eingeschult worden. Ziel sei es gewesen, nach der 10. Klasse in das Gymnasium zu wechseln, um das Abitur zu erhalten. Mit dem Realschulabschluss 2009 sei ihm mitgeteilt wurden, dass ab diesem Jahrgang die Kinder in das einstufige Gymnasium wechseln und somit die 10. Klasse wiederholen müssten. Das habe zum damaligen Zeitpunkt - angesichts seiner Restdienstzeit in den USA bis 2011 - nicht für den Abschluss gereicht. Nach Rücksprache mit der Zeugnisanerkennungsstelle habe er entschieden, F. auf eine amerikanische Schule wechseln zu lassen, um das Abitur über diesen Bildungsweg zu erhalten. Seine Tochter habe bis 2010 die Freedom High School besucht. Leider habe sie den geforderten Notendurchschnitt nicht erreicht; in Folge von Mängeln im Fach Mathematik sei ihr das High School Diploma nicht zuerkannt worden. Damit seien die Voraussetzungen der Zeugnisanerkennungsstelle für die einjährige Collegeausbildung nicht erfüllt worden. Nach Vorlage der Noten sei ihm mitgeteilt worden, dass F. den zweijährigen Ausbildungsweg durchlaufen müsse, um das Abitur zu erhalten. Das High School Diploma habe F. durch den Besuch einer „Summer School“ mit Prüfung am 17. Dezember 2010 absolviert. Sie habe alle Aufnahmeprüfungen und Eingangstests auf dem Northern Virginia Community College bestanden und sei für die geforderte zweijährige Collegeausbildung in den festgelegten Fächern eingeschrieben. Falls F. diese Schulausbildung nicht abschließen könne, entstünden ihr unzumutbare Nachteile für ihre Zukunft. Das Verbleiben eines 19-jährigen Mädchens allein ohne Familie in den Vereinigten Staaten sei nicht vorstellbar und könne auf Grund der dann entstehenden hohen Kosten auch nicht finanziert werden.

7 Diesen Verlängerungsantrag lehnte die Stammdienststelle der Bundeswehr mit dem angefochtenen Bescheid vom 29. Dezember 2010 ab. Die Beschwerde des Antragstellers vom 13. Januar 2011 wies der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit Beschwerdebescheid vom 1. März 2011 zurück.

8 Dagegen hat der Antragsteller mit Schreiben vom 22. März 2011 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt und zugleich den Bundesminister der Verteidigung um den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 3 Abs. 2 WBO gebeten. Der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - hat mit Bescheid vom 28. März 2011 diesen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt und den Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit seiner Stellungnahme vom 28. März 2011 dem Senat vorgelegt (Verfahren BVerwG 1 WB 16.11 ).

9 Der Antragsteller begründet sein Rechtsschutzbegehren im Wesentlichen mit den Gesichtspunkten, die er mit seinem Verlängerungsantrag vom 22. November 2010 geltend gemacht hat. Ergänzend trägt er vor, seine Tochter sei besonders betreuungs- und schutzbedürftig, weil sie in den USA ihre Schulausbildung abschließen müsse; anderenfalls habe sie im Hinblick auf das Abitur enorme Nachteile zu erwarten. Außerdem müsse sich seine Tochter um ihr im Februar 2011 geborenes Kind kümmern. Insoweit benötige sie seine, des Antragstellers, Unterstützung. Diese Unterstützung könne er nur höchstpersönlich leisten. Die Stammdienststelle habe überdies nicht berücksichtigt, dass seinem weiteren Verbleib auf dem Dienstposten in den USA keine dienstlichen Gründe entgegenstünden. Ferner rüge er seine Ungleichbehandlung im Verhältnis zu anderen Kameraden. Er habe erfahren, dass die Stammdienststelle in ähnlich gelagerten Fällen Feldwebel in der Heeresverbindungsorganisation auf den Dienstposten S 3-Feldwebel / S 1-Feldwebel frage, ob sie nicht länger auf ihren gegenwärtigen Dienstposten in den USA bleiben wollten, weil es zur Zeit keine Möglichkeiten der Einplanung in Deutschland gebe.

10 Der Antragsteller beantragt im Verfahren BVerwG 1 WB 16.11 ,
den Bescheid der Stammdienststelle der Bundeswehr vom 29. Dezember 2010 in der Gestalt des Beschwerdebescheids des Bundesministers der Verteidigung vom 1. März 2011 aufzuheben und den Bundesminister der Verteidigung zu verpflichten, die Verlängerung der Auslandsverwendung bis zum 31. Dezember 2012 zu verfügen,
hilfsweise,
den Bundesminister der Verteidigung zu verpflichten, über den Antrag auf Verlängerung der Auslandsverwendung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

11 In einem bereits am 12. Januar 2011 geführten Personalgespräch waren dem Antragsteller die ab 1. Juli 2011 in Deutschland vorgesehenen Verwendungsmöglichkeiten eröffnet worden. Er entschied sich für eine Versetzung zur Unteroffizierschule des Heeres in D.

12 Mit der angefochtenen Verfügung Nr. 1100054026 vom 1. Februar 2011 ordnete die Stammdienststelle der Bundeswehr die Versetzung des Antragstellers auf den Dienstposten Stabsdienstfeldwebel Streitkräfte bei der Unteroffizierschule des Heeres zum 1. Juli 2011 mit einer voraussichtlichen Verwendungsdauer bis zum Ende der Dienstzeit des Antragstellers an.

13 Gegen diese ihm am 25. Februar 2011 eröffnete Entscheidung legte der Antragsteller mit Schreiben vom 22. März 2011 Beschwerde ein und beantragte zugleich die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 3 Abs. 2 WBO. Der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 10. Mai 2011 ab und wies die Beschwerde mit Beschwerdebescheid vom 10. Mai 2011 zurück.

14 Gegen den Beschwerdebescheid, der dem Antragsteller vorab per E-Mail übermittelt wurde, hat dieser - noch vor der am 20. Mai 2011 erfolgten förmlichen Zustellung des Bescheids - durch seine Bevollmächtigten am 17. Mai 2011 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Den Antrag hat der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit seiner Stellungnahme vom 18. Mai 2011 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt (Verfahren BVerwG 1 WB 25.11).

15 Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens beruft sich der Antragsteller im Wesentlichen auf sein Vorbringen im Verfahren BVerwG 1 WB 16.11 .

16 Der Antragsteller beantragt im Verfahren BVerwG 1 WB 25.11 ,
die Versetzungsverfügung der Stammdienststelle der Bundeswehr vom 1. Februar 2011 in der Gestalt des Beschwerdebescheids des Bundesministers der Verteidigung vom 10. Mai 2011 aufzuheben.

17 Der Bundesminister der Verteidigung beantragt jeweils,
die Anträge zurückzuweisen.

18 Er trägt vor, die Versetzungsverfügung vom 1. Februar 2011 sei rechtmäßig und verletze den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Für die Wegversetzung von dem Dienstposten beim … USA … bestehe ein dienstliches Bedürfnis, weil dieser Dienstposten durch Entscheidung des Heeresamtes IV 2 (3) - Az.: 10-30-00 - vom 24. Januar 2011 mit Wirkung vom 1. August 2011 von der Besoldungsgruppe A9 mZ auf Besoldungsgruppe A7/A9 herabdotiert worden sei. Darüber hinaus habe der Antragsteller das festgelegte Ende seiner „Tour of Duty“ erreicht; die Verlängerung seiner Auslandsverwendung sei von der Stammdienststelle ohne Rechtsfehler abgelehnt worden. Zwar liege ein „schwerwiegender persönlicher Grund“ im Sinne der Nr. 6 Buchst. b der Versetzungsrichtlinien vor, weil die Tochter des Antragstellers eine über das Ausbildungsziel der Hauptschule hinausführende allgemeinbil- dende Schule am bisherigen Wohnort in den USA nicht oder nur unter großen Schwierigkeiten erreichen könne. Dem Verbleib des Antragstellers auf seinem gegenwärtigen Dienstposten stünden jedoch vorrangige dienstliche Belange in Gestalt der Herabdotierung des Dienstpostens entgegen. Deshalb sei sein Verlängerungsantrag im Verfahren BVerwG 1 WB 16.11 auch auf eine rechtlich unmögliche Leistung gerichtet. Die Geburt und Betreuung des Enkels des Antragstellers könne nicht unter Nr. 6, sondern allenfalls unter Nr. 7 der Versetzungsrichtlinien subsumiert werden. Auch insofern sei ein Verbleib des Antragstellers auf seinem jetzigen Dienstposten nicht mit dienstlichen Belangen in Einklang zu bringen, zumal kein Grund dafür ersichtlich sei, warum die Betreuung seines Enkels ausschließlich in den USA erfolgen müsse. Die militärische Expertise des Antragstellers auf seinem gegenwärtigen Dienstposten in den USA schließe es nicht aus, dass die Stammdienststelle einem anderen Soldaten die Gelegenheit zu einer ähnlichen Bewährung gebe. Die vom Antragsteller dargelegten Gesichtspunkte stellten keine „zwingenden persönlichen Gründe“ für die Verlängerung seiner Stehzeit im Sinne des Erlasses über die „Verwendung von Soldaten im Ausland und bei integrierten Stäben im Inland“ vom 25. November 1999 dar. Für die Zuversetzung des Antragstellers zur Unteroffizierschule des Heeres in … bestehe ein dienstliches Bedürfnis, weil der dortige Dienstposten eines Stabsdienstfeldwebels Streitkräfte frei und zu besetzen sei. Die Verwendungsdauer eines Soldaten im Ausland sei grundsätzlich auf die Dauer einer „Tour of Duty“ beschränkt. Die Verlängerungsanträge des Antragstellers seien in den letzten Jahren wiederholt abgelehnt worden. Deshalb sei er wie jeder andere Soldat verpflichtet gewesen, seine persönlichen Lebensumstände auf das festgelegte Ende seiner „Tour of Duty“ abzustimmen.

19 Der Senat hat den Antrag des Antragstellers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Versetzungsverfügung der Stammdienststelle der Bundeswehr vom 1. Februar 2011 mit Beschluss vom 26. Mai 2011 - BVerwG 1 WDS-VR 4.11 - abgelehnt.

20 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakten des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - …, … und … -, die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis D, sowie die Gerichtsakte BVerwG 1 WDS-VR 4.11 haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

21 Die Anträge werden wegen des sachlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden (§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 93 Satz 1 VwGO).

22 1. Der Antrag im Verfahren BVerwG 1 WB 16.11 ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.

23 Der Bescheid der Stammdienststelle der Bundeswehr vom 29. Dezember 2010 und der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - vom 1. März 2011 sind rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Verlängerung seiner Verwendungszeit auf dem strittigen Dienstposten in den USA oder auf Neubescheidung seines Verlängerungsantrags.

24 Nach ständiger Rechtsprechung des Senats hat ein Soldat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte fachliche oder örtliche Verwendung oder auf Verwendung auf einem bestimmten Dienstposten. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Vielmehr entscheidet der zuständige Vorgesetzte (hier: die personalbearbeitende Dienststelle) über die Verwendung eines Soldaten, sofern hierfür ein dienstliches Bedürfnis besteht, nach seinem pflichtgemäßen Ermessen (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 25. September 2002 - BVerwG 1 WB 30.02 - <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 30> und vom 10. Oktober 2002 - BVerwG 1 WB 40.02 - jeweils m.w.N.). Diese Ermessensentscheidung kann vom Wehrdienstgericht nur darauf überprüft werden, ob der Vorgesetzte den Soldaten durch Überschreiten oder Missbrauch dienstlicher Befugnisse in seinen Rechten verletzt (§ 17 Abs. 3 Satz 2 WBO) bzw. die gesetzlichen Grenzen des ihm insoweit zustehenden Ermessens überschritten oder von diesem in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (§ 23a Abs. 2 WBO i.V.m. § 114 VwGO; Beschluss vom 24. März 2009 - BVerwG 1 WB 46.08 - Rn. 29). Die gerichtliche Überprüfung richtet sich auch darauf, ob die vom Bundesministerium der Verteidigung im Wege der Selbstbindung in Erlassen und Richtlinien festgelegten Maßgaben und Verfahrensvorschriften eingehalten sind (vgl. Beschluss vom 27. Februar 2003 - BVerwG 1 WB 57.02 - BVerwGE 118, 25 <27> = Buchholz 252 § 23 SBG Nr. 2 <insoweit nicht veröffentlicht in NZWehrr 2003, 212>). Hinsichtlich der Verwendung von Soldaten im Ausland hat der Bundesminister der Verteidigung sein Ermessen in dem Erlass über die „Verwendung von Soldaten im Ausland und bei integrierten Stäben im Inland“ (im Folgenden: Erlass) vom 25. November 1999 (VMBl 2000 S. 7) gebunden. Eine an Verwaltungsvorschriften - wie an diesem Erlass - orientierte ständige Verwaltungspraxis verpflichtet zur Gleichbehandlung gleichgelagerter Fälle (Art. 3 Abs. 1 GG); andererseits kann ein Soldat auch nur (und nicht mehr als) eine Behandlung entsprechend der gleichmäßig vollzogenen Verwaltungsvorschriften beanspruchen (Beschlüsse vom 28. Mai 2008 - BVerwG 1 WB 19.07 - Buchholz 449 § 3 SG Nr. 44 Rn. 23 und vom 24. März 2009 - BVerwG 1 WB 35.08 - Rn. 20).

25 Nach Nr. 1.1 des Erlasses sind Verwendungszeiten im Ausland und bei integrierten Stäben im Inland grundsätzlich zu befristen. Nach Nr. 1.2 des Erlasses beträgt die normale Verwendungszeit („Tour of Duty“) drei Jahre. Dass diese Bestimmungen, die in Bezug auf Auslandsverwendungen oder Verwendungen bei integrierten Stäben im Inland zeitliche Grenzen festlegen, rechtlich nicht zu beanstanden sind, hat der Senat bereits mehrfach entschieden (Beschlüsse vom 22. Juli 1997 - BVerwG 1 WB 9.97 -, vom 26. September 2000 - BVerwG 1 WB 50.00 -, vom 25. Juni 2002 - BVerwG 1 WB 19.02 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 28 -, vom 17. Dezember 2003 - BVerwG 1 WB 36.03 - und vom 24. März 2009 - BVerwG 1 WB 35.08 - Rn. 22). Es stellt nach gefestigter Rechtsprechung des Senats ein berechtigtes Anliegen der Personalführung dar, möglichst vielen hierfür geeigneten Soldaten eine entsprechende Verwendung zu ermöglichen, was für den Einzelnen notwendigerweise deren zeitliche Befristung zur Folge hat (Beschlüsse vom 30. Januar 2001 - BVerwG 1 WB 114.00 - und vom 25. Juni 2002 - BVerwG 1 WB 19.02 - a.a.O.).

26 Im Fall des Antragstellers ist die normale Verwendungszeit von drei Jahren durch die Festsetzung seiner Verwendungszeit im Ausland vom 1. März 2007 bis zum 30. Juni 2011 bereits um ein Jahr und vier Monate überschritten worden.

27 Die Voraussetzungen, unter denen die personalbearbeitende Stelle eine (noch) längere Verwendungszeit im Ausland festlegen kann, sind im Fall des Antrag-stellers nicht erfüllt. Nach Nr. 1.5 des Erlasses kann, sofern keine Einschränkungen durch Verträge, Abmachungen oder festliegende Organisationsmaßnahmen bestehen, die Verwendungsdauer nach dienstlichen Erfordernissen und unter Berücksichtigung zwingender persönlicher Gründe im Ausnahmefall bis zu sechs Jahre verlängert werden. Eine Verlängerung kommt mithin nicht schon dann in Betracht, wenn einer längeren Verwendungszeit im Ausland dienstliche Belange nicht entgegen stehen, sondern erst und nur dann, wenn - positiv - aus Sicht der personalbeabeitenden Stelle ein dienstliches Erfordernis für die Erweiterung der Befristung besteht. Die Stammdienststelle und der Bundesminister der Verteidigung haben ohne Rechts- oder Ermessensfehler das dienstliche Erfordernis für eine weitere Verlängerung der Auslandsverwendung des Antragstellers verneint.

28 Dabei kann offen bleiben, ob Nr. 1.5 des Erlasses die Berücksichtigung „zwingender“ persönlicher Gründe allein auf die Person des im Ausland verwendeten Soldaten beschränkt oder auch auf dessen nächste Angehörige im Sinne der Nr. 6 der Richtlinien zur Versetzung, zum Dienstpostenwechsel und zur Kommandierung von Soldaten (vom 3. März 1988 <VMBl S. 76> in der zuletzt am 9. Juni 2009 <VMBl S. 86> geänderten Fassung) erstreckt; sollte diese erweiterte Interpretation einer ständigen Verwaltungspraxis im Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung entsprechen, kann auch offen bleiben, ob die eingetretene schulische Situation der Tochter des Antragstellers als „zwingender“ persönlicher Grund im Sinne der Nr. 1.5 des Erlasses zu qualifizieren ist. Jedenfalls ist die Einschätzung der Stammdienststelle - und des Bundesministers der Verteidigung im Beschwerdebescheid - rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Herabdotierung des strittigen Dienstpostens in den USA von vornherein das dienstliche Erfordernis für eine Verlängerung der Stehzeit auf diesem Dienstposten ausschließt. Infolge dieser Entscheidung, die als haushalterische Organisationsmaßnahme nicht der inhaltlichen Überprüfung durch die Wehrdienstgerichte unterliegt, kann der Dienstposten nicht mehr mit einem Soldaten im Dienstgrad und in der Besoldungsgruppe des Antragstellers (weiter-)besetzt werden. Mit der Erwägung, dass die militärische Expertise des Antragstellers dessen Verbleib auf dem Dienstposten in den USA lediglich als wünschenswert erscheinen lasse, nicht aber die (zwingende) Legitimation einer lediglich im Ausnahmefall zu bewilligenden Verlängerung der Verwendungszeit darstelle, hat der Bundesminister der Verteidigung auch dem Ermessensgesichtspunkt Rechnung getragen, dass das dienstliche Interesse an der Beendigung einer befristeten Auslandsverwendung grundsätzlich erhebliches Gewicht hat (vgl. Beschluss vom 26. September 2000 - BVerwG 1 WB 50.00 -).

29 Ohne Erfolg bezieht sich der Antragsteller auf Berufungsfälle, in denen die Stammdienststelle der Bundeswehr anderen Soldaten den Verbleib auf ausländischen Dienstposten über die Dauer der „Tour of Duty“ hinaus in Ermangelung eines Dienstpostens in Deutschland angeboten haben soll. Diese Fälle sind mit der Situation des Antragstellers nicht zu vergleichen, weil für ihn an der Unteroffizierschule des Heeres in … ein freier und zu besetzender Dienstposten im Inland zur Verfügung steht. Daher bestehen keine Anhaltspunkte für eine von Art. 3 Abs. 1 GG nicht gedeckte, sachlich ungleichmäßige Verwaltungspraxis der Stammdienststelle bei ihren Entscheidungen über die Verlängerung der „Tour of Duty“.

30 2. Der Antrag im Verfahren BVerwG 1 WB 25.11 hat ebenfalls keinen Erfolg.

31 a) Zwar ist der Antrag zulässig (geworden).

32 Nach § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO (hier i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) ist ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen einen zurückweisenden Beschwerdebescheid erst nach dessen Zustellung zulässig. Der Antragsteller hat durch seine Bevollmächtigten am 17. Mai 2011 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gegen den Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung vom 10. Mai 2011 beantragt, obwohl ihm dieser Bescheid bis dahin noch nicht zugestellt, sondern im Hinblick auf eine zeitnahe Sachinformation nur per Email übermittelt worden war. Der mithin verfrüht gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist aber mit der Zustellung des Beschwerdebescheids nach Maßgabe des § 12 Abs. 1 Satz 3 WBO am 20. Mai 2011 zulässig geworden.

33 Nach der Rechtsprechung des Senats (unter anderem in den Beschlüssen vom 6. Februar 1979 - BVerwG 1 WB 228.77 - BVerwGE 63, 187 <188> und vom 18. Juli 1995 - BVerwG 1 WB 13.95 -) wird ein vorzeitig gestellter Antrag auf gerichtliche Entscheidung nachträglich zulässig, wenn die angekündigte und angefochtene belastende Maßnahme dem betroffenen Soldaten förmlich bekanntgegeben wird. An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Obwohl in den zitierten Entscheidungen teilweise auf die „tatsächliche Verfügung“ bzw. auf den „Erlass“ der Maßnahme als maßgeblichen Zeitpunkt für die Zulässigkeit des Antrags nach § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO abgestellt wird, ergibt sich aus den Angaben der maßgeblichen Daten in den Entscheidungsgründen unmissverständlich, dass der Antrag auf gerichtliche Entscheidung erst mit der förmlichen Bekanntgabe - hier also mit der förmlichen Zustellung - des belastenden Bescheids zulässig werden kann. Denn erst in diesem Zeitpunkt liegt eine wirk-same Maßnahme im Sinne des § 17 Abs. 3 WBO vor, die eine Beschwer des betroffenen Soldaten begründet. Der bereits zuvor gestellte Antrag nach

34 § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO erfasst dann ohne Weiteres die Maßnahme; der Antragsteller ist unter dem Aspekt der Prozessökonomie nicht genötigt, die Anfechtung der Maßnahme bzw. des Bescheids zu wiederholen. Bei dieser Kon-stellation „wächst“ der vorzeitig gestellte Antrag auf gerichtliche Entscheidung unabhängig davon „in die Zulässigkeit hinein“, ob die förmliche Bekanntgabe des belastenden Bescheids zeitlich vor oder nach der Vorlage des Verfahrens an den Senat (§ 21 Abs. 3 Satz 1 WBO) erfolgt ist. Da die Vorlage durch den Bundesminister der Verteidigung außerhalb der Einflusssphäre des Antragstellers liegt, entfaltet sie im hier gegebenen Zusammenhang keine Auswirkungen auf die Erfüllung der notwendigen Sachentscheidungsvoraussetzungen durch den Antragsteller.

35 b) Der Antrag ist aber in der Sache unbegründet.

36 Die Versetzungsverfügung der Stammdienststelle der Bundeswehr vom 1. Februar 2011 und der sie bestätigende Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung vom 10. Mai 2011 sind rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten.

37 Das hat der Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in dem Beschluss vom 26. Mai 2011 (BVerwG 1 WDS-VR 4.11 ), der den Beteiligten bekannt ist, im Einzelnen dargelegt. Nach erneuter Prüfung hält der Senat an seinen Ausführungen in diesem Beschluss fest und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Entscheidungsgründe des Beschlusses Bezug.