Beschluss vom 28.06.2002 -
BVerwG 1 B 106.02ECLI:DE:BVerwG:2002:280602B1B106.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 28.06.2002 - 1 B 106.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:280602B1B106.02.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 106.02

  • Bayerischer VGH München - 13.12.2001 - AZ: VGH 9 BA 96.33268

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. Juni 2002
durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht
E c k e r t z - H ö f e r und die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n und
Dr. E i c h b e r g e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 13. Dezember 2001 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die auf Divergenz und Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 2, 3 VwGO) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Die Beschwerde rügt als verfahrensfehlerhaft, das Berufungsgericht habe die Behauptung des Klägers als wahr unterstellt, dass die Narben an seinen beiden Armen von Verletzungen herrührten, die ihm durch Sicherheitskräfte der EPRDF bei der Demonstration am 20. September 1994 beigebracht worden seien und dass er anschließend in dem Gefängnis der Kebele 13 inhaftiert worden sei und von dort habe fliehen können. Diese Tatsachen habe das Berufungsgericht in der Urteilsbegründung dann jedoch übergangen. Damit macht die Beschwerde der Sache nach geltend, das Berufungsgericht habe die Wahrunterstellung nicht durchgehalten. Es bedarf keiner Entscheidung, welches Verfahrensrecht des Klägers dadurch verletzt wäre, denn der Vorwurf der Beschwerde ist unberechtigt. Das Berufungsgericht hat ungeachtet erheblicher Zweifel an der Wahrheit des klägerischen Vorbringens diese Tatsachen ausdrücklich als wahr unterstellt und so auch seiner Entscheidung durchgängig zugrunde gelegt (UA S. 7). Eine Vorverfolgung hat es gleichwohl nicht bejaht, weil es nach seiner Auffassung jedenfalls an anderen Voraussetzungen für die Annahme einer politischen Verfolgung gefehlt hat (vgl. dazu im Einzelnen S. 7 f. der Urteilsbegründung).
Auch die Verfahrensrügen, mit denen sich die Beschwerde dagegen wendet, dass das Berufungsgericht den in der mündlichen Verhandlung vom Kläger gestellten Beweisanträgen nicht nachgekommen ist, bleiben ohne Erfolg. Die unter Beweis gestellte Tatsache, dass die Sicherheitskräfte der äthiopischen Regierung in München über zahlreiche Informanten verfügten, die insbesondere die Führungsriege des Hilfskomitees für Prof. Asrat beobachteten, hat das Berufungsgericht als wahr unterstellt und damit der Sache nach als nicht entscheidungserheblich behandelt. Gestützt hierauf durfte es ohne Verstoß gegen Verfahrensrecht den Beweisantrag ablehnen. Diese Wahrunterstellung hat das Berufungsgericht in seiner Urteilsbegründung im Folgenden auch eingehalten (vgl. UA S. 9 und auch S. 15). Dass es hieraus nicht auf eine beachtlich wahrscheinliche Gefahr der politischen Verfolgung für den Kläger im Falle seiner Rückkehr geschlossen hat, verstößt - entgegen der Auffassung der Beschwerde - auch nicht gegen die Grundsätze der Logik.
Auch den Antrag auf Vernehmung des Bruders des Klägers als Zeugen zum Beweis des behaupteten Vorfluchtgeschehens durfte das Berufungsgericht verfahrensfehlerfrei ablehnen, da es das Vorbringen des Klägers hierzu - wie bereits oben ausgeführt - in rechtlich nicht zu beanstandender Weise als wahr unterstellt hat.
Soweit die Beschwerde es als verfahrensfehlerhaft beanstandet, dass das Berufungsgericht den Antrag des Klägers auf Einholung von Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache abgelehnt hat, dass der Kläger im Falle seiner Rückkehr nach Äthiopien keine "Unbedenklichkeitsbescheinigung" von der Kebele 13 erlangen, deswegen keine Arbeit und Wohnung erhalten und deshalb weiter bei Kontrollen binnen kürzester Zeit in der Illegalität bzw. im Gefängnis landen werde, genügt diese Verfahrensrüge schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Das Berufungsgericht hat sich auf den Seiten 17 ff. der Urteilsgründe im Einzelnen mit den in diesem Zusammenhang vom Kläger unter Beweis gestellten Tatsachen befasst und begründet, weshalb es auf der Grundlage der vorhandenen Erkenntnismittel ohne Einholung weiterer Sachverständigengutachten selbst über die Tatsachenbehauptungen des Klägers entscheiden konnte. Hiermit hat sich die Beschwerde nicht näher auseinander gesetzt. Insbesondere hat sie nicht dargelegt, weshalb und inwieweit die vom Kläger genannten Auskunftsquellen über bessere und weitergehende Erkenntnisse verfügen sollten. Die Beschwerde trägt hierzu lediglich pauschal vor, die vom Kläger behaupteten Tatsachen hätten nicht nach den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Auskünften und Berichten beurteilt werden können, auch habe das Berufungsgericht sein "eigenes Expertenwissen" insoweit nicht dargelegt. Der gerügte Verfahrensrechtsverstoß ist damit nicht ausreichend aufgezeigt. Schließlich setzt sich die Beschwerde auch nicht mit der Erwägung des Berufungsgerichts auseinander, dass der Kläger nichts dagegen vorgetragen habe und auch nichts dagegen ersichtlich sei, weshalb er nicht auch außerhalb der Kebele 13 seinen Aufenthalt werde nehmen und dort die angeblich erforderliche "Unbedenklichkeitsbescheinigung" erlangen könne.
Auch die weitere Rüge der Beschwerde, das angefochtene Urteil sei willkürlich und verletze so das rechtliche Gehör des Klägers (Art. 103 Abs. 1 GG), weil es eine Aussage aus dem Bericht der EHRCO vom 16. Dezember 1999 "sinnentstellend falsch" wiedergebe (Beschwerdebegründung S. 3), genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Abgesehen davon, dass die von der Beschwerde hierzu wiedergegebene Urteilspassage durch den vergleichenden Hinweis auf den Bericht der EHRCO bereits selbst nicht behauptet, insoweit deren Auffassung wiederzugeben, lässt die Rüge, die Aussage des EHRCO beinhalte "genau das Gegenteil" weder den Inhalt dieser gegenteiligen Aussage erkennen, noch zeigt sie auf, inwiefern das angeblich "sinnentstellend falsch(e)" Zitat für die Entscheidung des Berufungsgerichts erheblich gewesen sein kann.
Insgesamt wendet sich die Beschwerde mit ihren Einwendungen im Kern gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Berufungsgerichts zur Einschätzung der Rückkehrgefährdung exilpolitisch aktiver AAPO-Mitglieder. Die Zulassung der Revision kann sie damit grundsätzlich - und so auch hier - nicht erreichen.
Von einer weiteren Begründung - insbesondere zu der nicht ausreichend dargelegten Divergenz zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Beschwerdebegründung S. 3) - sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 83 b Abs. 2 AsylVfG n.F.