Beschluss vom 28.05.2013 -
BVerwG 1 WB 31.12ECLI:DE:BVerwG:2013:280513B1WB31.12.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 28.05.2013 - 1 WB 31.12 - [ECLI:DE:BVerwG:2013:280513B1WB31.12.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 31.12

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Eppelt,
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant Kuhnke und
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant Ortenstein
am 28. Mai 2013 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller wendet sich gegen die Feststellung eines Sicherheitsrisikos in seiner einfachen Sicherheitsüberprüfung (Ü 1/Sabotageschutz) und seiner erweiterten Sicherheitsüberprüfung (Ü 2/W 2).

2 Der 1978 geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit endet voraussichtlich am 30. November 2034. Zum Major wurde er am 22. November 2011 befördert. Der Antragsteller war seit dem 1. April 2010 als Logistikstabsoffizier und Staffelchef bei der ... eingesetzt. Zum 1. September 2012 wurde er auf einen Dienstposten als Organisationsstabsoffizier beim ... in K. versetzt.

3 Für den Antragsteller war zuletzt am 15. Januar 2008 eine Aktualisierung seiner erweiterten Sicherheitsüberprüfung (Ü 2/A 2) mit folgenden Auflagen, Einschränkungen und personenbezogenen Hinweisen abgeschlossen worden:
„1. Dem Sicherheitsbeauftragten wird aufgegeben, den Betroffenen über folgende Punkte schriftlich und aktenkundig (mit Unterschrift des Betroffenen) zu belehren:
- Solange die Ehefrau des Betroffenen (einzubeziehende Person, ezP) die ukrainische Staatsangehörigkeit besitzt, haben Reisen des Betroffenen und der ezP in die Ukraine grundsätzlich zur Folge, dass hierdurch seine sicherheitsempfindliche Verwendbarkeit in Frage gestellt wird.
- Sofern der Betroffene und/oder die ezP gleichwohl in die Ukraine reisen wollen, ist dies rechtzeitig vor Antritt der Reise dem Sicherheitsbeauftragten schriftlich zu melden.
- Besonderheiten/Auffälligkeiten während der Reise sind dem Sicherheitsbeauftragten nach Rückkehr zu melden.
- Der Betroffene hat die Entlassung seiner Ehefrau aus der ukrainischen Staatsangehörigkeit zu melden. Eventuell anfallende Kosten oder Gebühren werden nicht erstattet.
- Der Betroffene hat über Kontakte von/zu Behörden von/nach der Ukraine (auch zu diplomatischen Vertretungen in der Bundesrepublik Deutschland) sowie über Veränderungen in den persönlichen Beziehungen in/nach der Ukraine zu berichten.
2. Der Sicherheitsbeauftragte unterrichtet den MAD über diesbezügliche Meldungen des Betroffenen.
3. Ein Einsatz in sicherheitsempfindlicher Tätigkeit in der Ukraine ist nicht zulässig.
4. Nach Ablauf von drei Jahren ist eine Wiederholungsüberprüfung einzuleiten, sofern der Betroffene dann noch in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit eingesetzt/eingeplant wird.“

4 Der Auflagenentscheidung lag zugrunde, dass die Ehefrau des Antragstellers ukrainische Staatsangehörige war, sie nahe Angehörige sowie Eigentum und Erbansprüche in der Ukraine hatte und der Antragsteller und seine Ehefrau Reisen in die Ukraine durchführten und weitere Reisen dorthin beabsichtigten.

5 Am 12. April 2010 beauftragte der Sicherheitsbeauftragte des ... den Militärischen Abschirmdienst mit der Durchführung einer einfachen Sicherheitsüberprüfung (Ü 1/Sabotageschutz) und am 9. Februar 2011 wiederum mit einer einfachen Sicherheitsüberprüfung sowie einer Wiederholungsüberprüfung zur erweiterten Sicherheitsüberprüfung (Ü 2/W 2). Der Antragsteller gab hierzu unter dem 7. April 2010 und dem 7. Februar 2011 Sicherheitserklärungen ab. Im Rahmen der Sicherheitsüberprüfungen wurde der Antragsteller am 30. Juni und 20. Juli 2010, seine Ehefrau am 4. August 2010 durch den Militärischen Abschirmdienst befragt.

6 Unter dem 11. Mai 2011 teilte die Geheimschutzbeauftragte beim Streitkräfteamt dem Antragsteller mit, dass sie beabsichtige, die Sicherheitsüberprüfungen mit der Feststellung eines Sicherheitsrisikos abzuschließen. Zur Begründung führte sie aus, dass sich seit der Auflagenentscheidung vom 15. Januar 2008 neue sicherheitserhebliche Erkenntnisse ergeben hätten. Die Geheimschutzbeauftragte verwies hierzu insbesondere auf Erbansprüche und engere emotionale Bindungen der Ehefrau des Antragstellers an ihr Heimatland, berufliche Reisen und Kontakte der Ehefrau in die Russische Förderation, mangelnde Mitarbeit und mangelndes Sicherheitsbewusstsein der Ehefrau sowie regelmäßige private Reisen in die Ukraine durch den Antragsteller und seine Ehefrau.

7 Mit Schreiben vom 4. Juni 2011 nahm der Antragsteller zu dem Anhörungsschreiben in ausführlicher Form Stellung und trat den Vorhaltungen Punkt für Punkt entgegen. Insbesondere wies er darauf hin, dass er zwar unter Nr. 8.2 der Sicherheitserklärung fahrlässigerweise nur die privaten und nicht auch die beruflichen Reisen seiner Ehefrau nach Russland angegeben habe, diese jedoch in den Gesprächen mit dem Militärischen Abschirmdienst offengelegt habe; es fehle daher lediglich an der Eintragung im Formblatt, nicht aber an der Erklärung gegenüber dem Militärischen Abschirmdienst.

8 Am 9. September 2011 erhielt die Ehefrau des Antragstellers die deutsche Staatsangehörigkeit, nachdem sie zuvor aus der ukrainischen Staatsangehörigkeit entlassen worden war.

9 Mit Schreiben vom 12. September 2011 teilte die Geheimschutzbeauftragte dem Antragsteller mit, dass sie ihn von dem Vorwurf unwahrer Angaben gegenüber dem Militärischen Abschirmdienst freistelle. Nicht ausgeräumt seien allerdings ihre Bedenken bezüglich einer nachrichtendienstlichen Gefährdung. Die Geheimschutzbeauftragte bat deshalb um Mitteilung, ob die Ehefrau zu einem Verzicht auf berufliche Reisen in Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken und der Antragsteller und seine Ehefrau zu einem Verzicht auf private Reisen in die Ukraine bereit seien.

10 Mit Schreiben vom 6. Oktober 2011 teilte der Antragsteller mit, dass er und seine Ehefrau nicht zu einer Reiseverzichtserklärung bereit seien. Der Arbeitgeber seiner Ehefrau (...) sei sowohl in der Ukraine als auch in Russland tätig. Reisen seiner Ehefrau in diese Länder seien zwar derzeit nicht zu erwarten, könnten aber auch nicht ausgeschlossen werden; eine eingeschränkte Einsetzbarkeit hätte berufliche Nachteile für seine Ehefrau zur Folge. Auch auf die privaten Reisen nach Jalta/Krim (Ukraine) zu der dort lebenden Mutter der Ehefrau, ihrer einzigen nahen Angehörigen, wolle man nicht verzichten. In der Zeit zwischen 2006 und 2011 seien er und seine Ehefrau insgesamt viermal dorthin gereist. Die Möglichkeiten eines Reiseverzichts wurden am 7. Oktober 2011 nochmals in einem Telefonat zwischen der Geheimschutzbeauftragten und dem Antragsteller ohne Ergebnis erörtert.

11 Mit formularmäßigem Bescheid vom 7. Oktober 2011 stellte die Geheimschutzbeauftragte beim Streitkräfteamt fest, dass die einfache Sicherheitsüberprüfung (Ü 1/Sabotageschutz) und die erweiterte Sicherheitsüberprüfung (Ü 2/W 2) Umstände ergeben hätten, die im Hinblick auf eine sicherheitsempfindliche Tätigkeit ein Sicherheitsrisiko darstellten. Die Entscheidung umfasse auch die Verwendung in einer sicherheitsempfindlichen Tätigkeit der Überprüfungsart Ü 1 (Verschlusssachenschutz). Die sicherheitsmäßige Bewertung durch die Geheimschutzbeauftragte in den Entscheidungsgründen lautet dabei wie folgt:
„Seit meiner Auflagenentscheidung vom 15.01.2008 haben sich neue sicherheitserhebliche Erkenntnisse ergeben, die zu einer Neubewertung der Situation des Betroffenen führen.
- Erbansprüche/engere emotionale Bindungen seiner Ehefrau an ihr Heimatland
- Berufliche Reisen und Kontakte seiner Ehefrau in Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken (Russland)
- Mangelndes Sicherheitsbewusstsein·bei seiner Ehefrau
- Regelmäßige private Reisen in die Ukraine zur Schwiegermutter des Betroffenen
Die zuständige Fachabteilung des MAD-Amts kommt zu dem Ergebnis, dass die nachrichtendienstliche Gefährdung des Betroffenen aufgrund der vielfältigen persönlichen und beruflichen Kontakte, der ausgeprägten emotionalen Bindung seiner Ehefrau an die Ukraine und der möglichen Erbansprüche als hoch einzustufen ist. Daran ändert auch die zwischenzeitliche Entlassung aus der ukrainischen Staatsangehörigkeit nichts, da die Ehefrau des Betroffenen schon beim russischen FSB bekannt ist. Sofern der Betroffene hierzu vorträgt, dass seine Ehefrau lediglich an einem Abendessen teilgenommen habe, welches mutmaßlich von Personen gesponsert wurde, welche dem nachrichtendienstlichen Bereich nahegestanden hätten, und er daraus keine nachrichtendienstliche Gefährdung erkennen könne, vermag dies an meiner Bewertung nichts zu ändern. Für die Feststellung eines Sicherheitsrisikos gemäß ZDv 2/30 Nr. 2414 (2) ist kein Nachweis eines konkreten Kontaktes zu einem fremden Nachrichtendienst erforderlich. Denn aus Fürsorgegründen ist der Dienstherr gehalten, bei tatsächlichen Anhaltspunkten einer nachrichtendienstlichen Gefährdung diese bereits im Vorfeld auszuschließen, um den Betroffenen zu schützen.
Für eine Reduzierung der nachrichtendienstlichen Gefährdung ist eine Reiseverzichtserklärung des Betroffenen und seiner Ehefrau in die Ukraine und nach Russland unverzichtbar. Hierzu sind jedoch weder der Betroffene noch dessen Ehefrau bereit.
Die Ukraine und Russland gehören zu den Staaten, die durch das Bundesministerium des lnnern als Nationale Sicherheitsbehörde der Bundesrepublik ... (Textteile fehlen).
Das intensive nachrichtendienstliche Interesse der Ukraine und Russlands an der Bundesrepublik Deutschland und der Bundeswehr ist konkret belegt.
Es besteht die Besorgnis, dass der Betroffene oder seine Ehefrau über ihre noch in der Ukraine lebenden nahen Angehörigen, über mögliche spätere Erbansprüche sowie aufgrund der Tatsache, dass seine Ehefrau im Rahmen von beruflichen Reisen nach Russland bereits Kontakte zum FSB hatte, durch einen ukrainischen oder russischen Nachrichtendienst unter Druck gesetzt werden könnten, um den Betroffenen auf diese Weise zu einer nachrichtendienstlichen Mitarbeit zu erpressen. Hieran ändert auch die zwischenzeitlich erfolgte Entlassung aus der ukrainischen Staatsangehörigkeit nichts, da die Ehefrau des Betroffenen nach wie vor starke emotionale Bindungen an die Ukraine hat. Dadurch ist sie einer höheren nachrichtendienstlichen Gefährdung ausgesetzt. Auch das mangelnde Sicherheitsbewusstsein seiner Ehefrau, welches sie in den Befragungen durch den MAD gezeigt hat, trägt zu einem unkalkulierbaren Risiko im Hinblick auf mögliche Erpressungen durch ausländische Nachrichtendienste bei. Das mangelnde Sicherheitsbewusstsein seiner Ehefrau zeigte sich vor allem in ihren Äußerungen, dass sie bei den Sicherheitsüberprüfungen Einsparpotential bei der Bundeswehr sehe und mit dem MAD nur negative Erfahrungen gemacht habe. Derart zu erwartende Gefahrensituationen hat der Dienstherr im Interesse der militärischen Sicherheit, aber auch im Interesse des Betroffenen und dem Interesse seiner Familie möglichst auszuschließen.
Im Interesse der militärischen Sicherheit ist deshalb ein Sicherheitsrisiko gemäß ZDv 2/30 Ziffer 2414 (2) festzustellen.
Die positive Stellungnahme des Disziplinarvorgesetzten vermag auch unter Berücksichtigung von Fürsorgeaspekten an meiner Bewertung nichts zu ändern, da sie die hier im Fokus stehende nachrichtendienstliche Gefährdung des Betroffenen nicht kompensieren kann.“

12 Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 21. Oktober 2011 erhob der Antragsteller Beschwerde gegen die Entscheidung der Geheimschutzbeauftragten, die der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - mit Bescheid vom 27. Januar 2012 zurückwies.

13 Mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 29. Februar 2012 beantragte der Antragsteller hiergegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Antrag wurde vom Bundesminister der Verteidigung - R II 2 - mit seiner Stellungnahme vom 11. Mai 2012 dem Senat vorgelegt.

14 Zur Begründung trägt der Antragsteller ergänzend insbesondere vor:
Die Tatsache, dass seine Ehefrau ukrainische Staatsbürgerin gewesen sei und Kontakte zu ihrer in der Ukraine lebenden Mutter pflege, genüge nicht für die Feststellung eines Sicherheitsrisikos. Der Beschwerdebescheid räume selbst ein, dass sich die Situation seiner Ehefrau durch die Annahme der deutschen Staatsangehörigkeit gegenüber der Auflagenentscheidung vom 15. Januar 2008 sogar verbessert habe. Neue sicherheitserhebliche Umstände könnten weder in den Dienstreisen in die Russische Förderation noch in einem mangelnden Sicherheitsbewusstsein seiner Ehefrau gesehen werden. Häufige Dienstreisen seien bisher nicht unternommen worden und auch in Zukunft nicht geplant. Seine Ehefrau sei lediglich grundsätzlich durch ihr Arbeitsverhältnis beim ... verpflichtet, wegen ihrer Sprachkenntnisse eventuell in einen Staat mit besonderen Sicherheitsrisiken zu reisen. Im Übrigen besuchten er, der Antragsteller, und seine Ehefrau lediglich etwa alle zwei Jahre deren Mutter. Seine Ehefrau sei im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses beim ... für die bauliche Sicherheit von Atomkraftwerken zuständig. Ihre Zuverlässigkeit sei deshalb bereits gemäß § 12b des Atomgesetzes i.V.m. der Atomrechtlichen Zuverlässigkeitsüberprüfungs-Verordnung überprüft worden. Bei dieser Prüfung gehe es nicht nur um den Schutz vor unbefugten Handlungen, die zur Entwendung oder Freisetzung radioaktiver Stoffe führen könnten; vielmehr würden auch Auskünfte aus dem nachrichtendienstlichen Informationssystem bei der zuständigen Verfassungsschutzbehörde eingeholt. Angesichts dessen verhalte sich die Geheimschutzbeauftragte widersprüchlich, wenn sie bei seiner Ehefrau ein Sicherheitsrisiko oder mangelndes Sicherheitsempfinden sehe. Bestritten werde ebenfalls die mangelnde Bereitschaft zur Mitarbeit seitens seiner Ehefrau. Sie habe jederzeit alles offengelegt. Eine Reiseverzichtserklärung ihrerseits sei nicht erforderlich und zumutbar.

15 Der Antragsteller beantragt,
den Bescheid der Geheimschutzbeauftragten beim Streitkräfteamt vom 7. Oktober 2011 in Gestalt des Beschwerdebescheids des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - vom 27. Januar 2012 aufzuheben.

16 Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

17 Er verweist darauf, dass in dem Anhörungsschreiben vom 11. Mai 2011 sechs Dienstreisen der Ehefrau des Antragstellers nach Moskau, St. Petersburg und Murmansk im Zeitraum von April 2008 bis Oktober 2009 aufgeführt worden seien; der Antragsteller habe diese nicht bestritten. Im Übrigen sei bei der Feststellung des Sicherheitsrisikos nicht davon ausgegangen worden, dass weitere Dienstreisen in Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken konkret geplant seien, sondern dass diese in Zukunft nicht auszuschließen seien. Der Antragsteller habe ferner für sich und seine Ehefrau mit Schreiben vom 6. Oktober 2011 sowie in dem Telefonat am 7. Oktober 2011 erklärt, dass ein Reiseverzicht nicht in Betracht komme. Dies sei auch erfolgt, nachdem ihm für den Fall einer Reiseverzichtserklärung eine erneute Auflagenentscheidung in Aussicht gestellt und außerdem klargestellt worden sei, dass sich der Reiseverzicht für private Reisen nicht auf familiäre Notfälle beziehe. Der Antragsteller habe vielmehr erklärt, dass er beabsichtige, spätestens übernächstes Jahr wieder den Urlaub in der Ukraine verbringen zu wollen.
Das mangelnde Sicherheitsbewusstsein der Ehefrau des Antragstellers zeige sich unter anderem in ihrer Äußerung gegenüber dem Militärischen Abschirmdienst, dass sie bei den Sicherheitsüberprüfungen „Einsparpotenzial“ sehe. Auch lasse ihre Bemerkung, „was sie denn schon zu verraten hätte“, erkennen, dass sie sich der Gefährdung durch fremde Nachrichtendienste, der sie durch ihre Reisen und ihre persönliche Situation ausgesetzt sei, nicht bewusst sei. Gleiches gelte für ihr Misstrauen gegenüber dem Militärischen Abschirmdienst und ihre Aussage, dass sie bisher negative Erfahrungen nur mit dem Militärischen Abschirmdienst, nicht aber mit ausländischen Nachrichtendiensten gemacht habe. Unabhängig von den Umständen, unter denen diese Aussagen gemacht worden seien, zeigten sie, dass es bei der Ehefrau des Antragstellers an der erforderlichen Vorsicht und Aufmerksamkeit gegenüber einer möglichen Kontaktaufnahme durch fremde Nachrichtendienste fehle.
Die atomrechtliche Zuverlässigkeitsprüfung diene ausschließlich dem vorbeugenden Sabotageschutz im Sinne der Entwendung oder Freisetzung von radioaktiven Stoffen, während das Sicherheitsüberprüfungsgesetz speziell auch dem Schutz von Verschlusssachen diene. Die Sicherheitsüberprüfung nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz gehe deshalb über die atomrechtliche Zuverlässigkeitsüberprüfung hinaus, weil hier auch die Frage nach dem Bestehen einer besonderen Gefährdungslage durch Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste zu prüfen und hierzu weitergehende Überprüfungsakte als nach dem Atomrecht vorgesehen seien. Insgesamt seien deshalb die bis dahin verfügten Auflagen nicht mehr ausreichend gewesen, um der nachrichtendienstlichen Gefährdung des Antragstellers zu begegnen.

18 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministers der Verteidigung - R II 2 - Az.: ... - und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A bis D, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

19 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

20 1. Der Antrag ist zwar zulässig.

21 Die Feststellung eines Sicherheitsrisikos gemäß § 14 Abs. 3 SÜG kann nach ständiger Rechtsprechung des Senats durch einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung vor den Wehrdienstgerichten mit dem Ziel der Aufhebung des entsprechenden Bescheids angefochten werden. Die aus § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO (hier i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) folgende Zuständigkeit der Wehrdienstgerichte für Streitigkeiten, die die dienstliche Verwendung eines Soldaten betreffen, erstreckt sich auch auf die Überprüfung sicherheitsrechtlicher Bescheide im Sinne des § 14 Abs. 3 SÜG, weil mit der Feststellung des Geheimschutzbeauftragten über die Frage des Bestehens eines Sicherheitsrisikos im Kern über die sicherheitsrechtliche Eignung eines Soldaten für eine bestimmte dienstliche Verwendung entschieden wird (vgl. zum Ganzen Beschluss vom 20. November 2012 - BVerwG 1 WB 21.12 und 1 WB 22.12 - juris Rn. 24 m.w.N.).

22 2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.

23 Der Bescheid der Geheimschutzbeauftragten beim Streitkräfteamt vom 7. Oktober 2011 und der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung vom 27. Januar 2012 sind rechtmäßig und verletzen den Antragsteller nicht in seinen Rechten.

24 Die Überprüfung von Angehörigen der Bundeswehr auf Sicherheitsbedenken ist eine vorbeugende Maßnahme, die Sicherheitsrisiken nach Möglichkeit ausschließen soll (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 11. März 2008 - BVerwG 1 WB 37.07 - BVerwGE 130, 291 = Buchholz 402.8 § 14 SÜG Nr. 14 <jeweils Rn. 23> m.w.N.). Dabei obliegt es der zuständigen Stelle - hier: der Geheimschutzbeauftragten beim Streitkräfteamt (Nr. 2416 ZDv 2/30) -, aufgrund einer an diesem Zweck der Sicherheitsüberprüfung orientierten Gesamtwürdigung des Einzelfalls die ihr übermittelten Erkenntnisse im Hinblick auf die vorgesehene Tätigkeit zu bewerten (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 14 Abs. 3 Satz 1 und 2 SÜG).

25 Der Geheimschutzbeauftragten steht bei der Entscheidung, ob in der Person eines Soldaten ein Sicherheitsrisiko festzustellen ist, ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich darauf, ob die Geheimschutzbeauftragte von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (stRspr, vgl. Beschluss vom 21. Juli 2011 - BVerwG 1 WB 12.11 - BVerwGE 140, 384 = Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 25 <jeweils Rn. 24 ff.> m.w.N.; ferner Urteile vom 15. Februar 1989 - BVerwG 6 A 2.87 - BVerwGE 81, 258 <264> = Buchholz 236.1 § 59 SG Nr. 2 S. 7und vom 15. Juli 2004 - BVerwG 3 C 33.03 - BVerwGE 121, 257 <262> = Buchholz 442.40 § 29d LuftVG Nr. 1 S. 4 f.; Beschluss vom 1. Oktober 2009 - BVerwG 2 VR 6.09 - juris Rn. 15).

26 Wegen der präventiven Funktion der Sicherheitsüberprüfung und wegen des hohen Ranges der zu schützenden Rechtsgüter liegt ein Sicherheitsrisiko bereits dann vor, wenn tatsächliche Anhaltspunkte - wie hier in Rede stehend - eine besondere Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste, insbesondere die Besorgnis der Erpressbarkeit, begründen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SÜG, Nr. 2414 Satz 1 Nr. 2 ZDv 2/30). Dabei hat im Zweifel das Sicherheitsinteresse Vorrang vor anderen Belangen (§ 14 Abs. 3 Satz 3 SÜG). Die Feststellung eines Sicherheitsrisikos, die zugleich eine Prognose über die künftige Zuverlässigkeit und Integrität des Soldaten darstellt, darf sich nicht auf eine vage Vermutung oder eine rein abstrakte Besorgnis stützen. Dabei gibt es keine „Beweislast”, weder für den Soldaten dahingehend, dass er die Sicherheitsinteressen der Bundeswehr bisher gewahrt hat und künftig wahren wird, noch für die zuständige Stelle, dass der Soldat diesen Erwartungen nicht gerecht geworden ist oder ihnen künftig nicht gerecht werden wird (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 18. Oktober 2001 - BVerwG 1 WB 54.01 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 11 S. 17, vom 8. März 2007 - BVerwG 1 WB 63.06 - Rn. 22 und vom 22. Juli 2009 - BVerwG 1 WB 53.08 - Rn. 24; vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1975 - 2 BvL 13/73 - BVerfGE 39, 334 <353>).

27 Die Feststellung in dem Bescheid vom 7. Oktober 2011, dass wegen der persönlichen und beruflichen Kontakte und Bindungen des Antragstellers und insbesondere seiner Ehefrau in Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken (Ukraine, Russland) ein Sicherheitsrisiko vorliegt, hält die Grenzen des vorbezeichneten Beurteilungsspielraums ein.

28 a) Gemäß § 2 Abs. 2 Satz 1 SÜG soll in die erweiterte Sicherheitsüberprüfung (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SÜG) u.a. der volljährige Ehegatte des Antragstellers einbezogen werden. Es sind keine Umstände ersichtlich, nach denen - abweichend von der Soll-Vorschrift - die Einbeziehung der Ehefrau des Antragstellers ausnahmsweise hätte unterbleiben können (vgl. hierzu Beschluss vom 26. Juni 2007 - BVerwG 1 WB 37.06 - Rn. 34 m.w.N.). Für die Einschätzung, ob ein Sicherheitsrisiko vorliegt, konnten deshalb nicht nur den Antragsteller unmittelbar betreffende Erkenntnisse, sondern auch tatsächliche Anhaltspunkte zur Person seiner Ehefrau herangezogen werden (§ 5 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 SÜG).

29 b) Die Geheimschutzbeauftragte ist nicht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen.

30 Die Geheimschutzbeauftragte hat als - gegenüber der Auflagenentscheidung vom 15. Januar 2008 - neue sicherheitserhebliche Erkenntnisse, die sie zu einer Neubewertung der Situation bewogen haben, Erbansprüche und engere emotionale Bindungen der Ehefrau des Antragstellers an ihr Heimatland (Ukraine), berufliche Reisen und Kontakte der Ehefrau in Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken (Russische Förderation), mangelndes Sicherheitsbewusstsein der Ehefrau sowie regelmäßige private Reisen (des Antragstellers und seiner Ehefrau) in die Ukraine zur Mutter der Ehefrau angeführt. Diese Punkte hat die Geheimschutzbeauftragte mit konkreten Umständen und Ereignissen unterlegt, die ganz überwiegend von dem Antragsteller oder seiner Ehefrau selbst vorgetragen wurden oder als solche nicht strittig sind.

31 Hierzu zählen insbesondere das Wohnungseigentum der Ehefrau und ihrer Mutter in der Ukraine (Entscheidungsgründe vom 7. Oktober 2011, S. 3; Schreiben des Antragstellers vom 4. Juni 2011 unter Nr. 11), sechs Dienstreisen der Ehefrau für deren früheren Arbeitgeber (...) in den Jahren 2008 und 2009 nach Moskau, St. Petersburg und Murmansk einschließlich damit verbundener Kontakte zu russischen Verantwortlichen und Politikern (Entscheidungsgründe, S. 4 und 5; Schreiben vom 4. Juni 2011 unter Nr. 7 und 16 ff.) sowie drei jeweils mehrwöchige Besuchs- und Urlaubsreisen der Ehefrau, überwiegend gemeinsam mit dem Antragsteller, nach Jalta/Krim (Ukraine) in den Jahren 2006, 2007 und 2009 (Entscheidungsgründe, S. 6; Schreiben des Antragstellers vom 4. Juni 2011 unter Nr. 24 ff.); ein weiterer dreiwöchiger Urlaub in Jalta fand im Sommer 2011 statt (Meldung des Antragstellers vom 9. September 2011). Hinsichtlich künftiger Dienstreisen in Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 17 SÜG) für den derzeitigen Arbeitgeber der Ehefrau (...) hat die Geheimschutzbeauftragte nicht angenommen, dass solche Reisen geplant seien, wohl aber - übereinstimmend mit der Erklärung des Antragstellers (Schreiben vom 6. Oktober 2011 unter Nr. 1 und 2; Antragsschrift vom 29. Februar 2012, S. 4 unten) -, dass solche Reisen nicht ausgeschlossen werden könnten und die Ehefrau sich insoweit in einer arbeitsvertraglichen Pflicht sehe. Hinsichtlich künftiger privater Reisen in Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken hat der Antragsteller ausdrücklich erklärt, dass er aus familiären Gründen weiterhin mit seiner Ehefrau und seiner Tochter zum Besuch und Urlaub bei der Mutter der Ehefrau auf die Krim fahren wolle und werde; zu einer Meldung im Vorfeld und einer Nachbereitung sei er bereit, nicht jedoch zu einem Reiseverzicht (Schreiben vom 6. Oktober 2011 unter Nr. 3). Die Geheimschutzbeauftragte hat ferner zur Kenntnis genommen und berücksichtigt, dass die Ehefrau während des Sicherheitsüberprüfungsverfahrens aus der ukrainischen Staatsangehörigkeit entlassen und die deutsche Staatsangehörigkeit erworben hat (Entscheidungsgründe, S. 8 und 9; Beschwerdebescheid vom 27. Januar 2012, S. 7); sie hat jedoch gleichzeitig die fortbestehende starke emotionale Bindung der Ehefrau an die Ukraine betont. Den Vorwurf eines mangelnden Sicherheitsbewusstseins der Ehefrau stützt die Geheimschutzbeauftragte vor allem auf das Verhalten der Ehefrau in den Befragungen durch den Militärischen Abschirmdienst, in denen sie sich negativ über den Sinn der Sicherheitsüberprüfung geäußert und fehlende Sensibilität für die Gefährdungslage gezeigt habe (siehe im Einzelnen Entscheidungsgründe, S. 6 und 9; Beschwerdebescheid, S. 8). Der Antragsteller hat die diesbezüglichen Äußerungen als solche nicht grundsätzlich in Abrede gestellt; er hat jedoch erklärt, dass seine Ehefrau in den Befragungen eingeschüchtert und provoziert worden sei und ihre Äußerungen einseitig und verfälschend herausgegriffen worden seien (insb. Schreiben vom 4. Juni 2011 unter Nr. 27).

32 Insgesamt sind damit keine Fehler bei der Ermittlung des für die abschließende Entscheidung bedeutsamen Sachverhalts ersichtlich. Vereinzelte, auf das Ganze gesehen geringfügige Differenzen zwischen der Geheimschutzbeauftragten und dem Antragsteller, etwa hinsichtlich des Einflusses der Umstände der Befragung durch den Militärischen Abschirmdienst auf die dortigen Äußerungen der Ehefrau oder hinsichtlich der Begriffswahl (z.B. Bezeichnung von vier Reisen in 2006, 2007, 2009 und 2011 als „regelmäßige private Reisen in die Ukraine“), bewegen sich schwerpunktmäßig bereits im wertenden Bereich.

33 c) Es ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Geheimschutzbeauftragte in dem dargelegten Sachverhalt tatsächliche Anhaltspunkte für eine besondere Gefährdung durch Anbahnungs- und Werbungsversuche fremder Nachrichtendienste erkannt und deswegen das Vorliegen eines Sicherheitsrisikos angenommen hat (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SÜG, Nr. 2414 Satz 1 Nr. 2 ZDv 2/30). Mit dieser Einschätzung hat die Geheimschutzbeauftragte weder den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt noch allgemeingültige Wertmaßstäbe missachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt.

34 Die Geheimschutzbeauftragte hat das Vorliegen eines Sicherheitsrisikos mit der Besorgnis begründet (Entscheidungsgründe, S. 8 und 9), dass der Antragsteller oder seine Ehefrau über deren noch in der Ukraine lebende nahe Angehörige, über mögliche Erbansprüche sowie aufgrund der Tatsache, dass die Ehefrau im Rahmen von beruflichen Reisen nach Russland bereits Kontakte zum russischen Inlandsgeheimdienst (FSB) gehabt habe, durch einen ukrainischen oder russischen Nachrichtendienst unter Druck gesetzt werden könnten, um den Antragsteller zu einer nachrichtendienstlichen Mitarbeit zu erpressen. Hieran ändere auch die zwischenzeitlich erfolgte Entlassung aus der ukrainischen Staatsangehörigkeit nichts, weil die Ehefrau nach wie vor starke emotionale Bindungen an die Ukraine habe und dadurch einer erhöhten nachrichtendienstlichen Gefährdung ausgesetzt sei. Auch das mangelnde Sicherheitsbewusstsein der Ehefrau, das sie in den Befragungen durch den Militärischen Abschirmdienst gezeigt habe, trage zu einem unkalkulierbaren Risiko im Hinblick auf mögliche Erpressungen durch ausländische Nachrichtendienste bei.

35 Mit dieser wertenden Einschätzung hat die Geheimschutzbeauftragte nicht den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum überschritten. Sie steht im Einklang mit den Erläuterungen/Hinweisen Nr. 10 zu Nr. 2414 (2) (Anlage C 18/4 zur ZDv 2/30), wonach nach langjährigen Erfahrungen aus der Spionageabwehr fremde Nachrichtendienste als Druckmittel u.a. verwandtschaftliche Beziehungen in Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken nutzen und häufige Reisen in diese Staaten den Betroffenen einer besonderen Gefährdung durch fremde Nachrichtendienste aussetzen. Die Russische Föderation und die Ukraine gehören in diesem Sinne zu den Staaten, in denen nach Feststellung des Bundesministeriums des Innern als Nationaler Sicherheitsbehörde besondere Sicherheitsrisiken für die mit sicherheitsempfindlicher Tätigkeit befassten Personen zu besorgen sind (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 17 SÜG i.V.m. der Staatenliste, Anlage C 2 Beilage 1/6 zur ZDv 2/30). Zutreffend ist auch die Erklärung der Geheimschutzbeauftragten, dass es für die Feststellung eines Sicherheitsrisikos nicht auf den Nachweis eines konkreten Kontakts zu einem fremden Nachrichtendienst ankomme. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist für die Annahme eines Sicherheitsrisikos nicht erforderlich, dass die Gefährdung durch konkrete Anbahnungsversuche bereits realisiert wurde; vielmehr soll dies gerade vermieden werden (vgl. Beschluss vom 31. Juli 2002 - BVerwG 1 WB 21.02 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 13 S. 22 f. = NZWehrr 2003, 34).

36 Nicht zu beanstanden ist ferner, dass die Geheimschutzbeauftragte die Äußerungen der Ehefrau des Antragstellers in den Befragungen durch den Militärischen Abschirmdienst („Einsparpotenzial bei den Sicherheitsüberprüfungen“, „nur negative Erfahrungen mit dem MAD“, „veraltetes Material bei der Bundeswehr“, „Was könnte sie schon verraten?“, etc.) als Ausdruck eines mangelnden Sicherheitsbewusstseins gewertet hat. Dies gilt auch dann, wenn man - mit dem Antragsteller - davon ausgeht, dass sich seine Ehefrau erst durch Provokationen des Befragers zu ihren negativen Äußerungen hat hinreißen lassen, weil - gerade unter dem Blickwinkel einer möglichen nachrichtendienstlichen Gefährdung - auch Äußerungen in einer unangenehmen Gesprächssituation Aussagewert haben können. Dafür, dass gegenüber seiner Ehefrau etwa unzulässige Befragungsmethoden angewandt worden seien, hat der Antragsteller keinerlei greifbare Anhaltspunkte vorgetragen.

37 d) Die Geheimschutzbeauftragte war an der Feststellung eines Sicherheitsrisikos auch nicht dadurch gehindert, dass die Ehefrau des Antragstellers für ihre berufliche Tätigkeit beim ... über eine positive Zuverlässigkeitsüberprüfung nach § 12b des Atomgesetzes (AtG) i.V.m. der Verordnung über die Überprüfung der Zuverlässigkeit zum Schutz gegen Entwendung oder erhebliche Freisetzung radioaktiver Stoffe nach dem Atomgesetz (Atomrechtliche Zuverlässigkeitsüberprüfungs-Verordnung - AtZüV) vom 1. Juli 1999 (BGBl I 1525), und zwar gemäß § 2 Nr. 1, § 3 AtZüV in der höchsten Stufe (umfassende Zuverlässigkeitsüberprüfung, Kategorie 1), verfügt (Bescheid des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Gesundheit vom 19. April 2011).

38 Die atomrechtliche Zuverlässigkeitsüberprüfung ist in ihrer Stufung nach Kategorien (§ 2 AtZüV) und den dabei vorgeschriebenen Maßnahmen (§ 5 AtZüV) zwar ähnlich aufgebaut wie die Überprüfung nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz (§ 7 Abs. 1, § 12 SÜG). Gleichwohl stehen die Entscheidungen der zuständigen Behörde nach der Atomrechtlichen Zuverlässigkeitsüberprüfungs-Verordnung einerseits und der Geheimschutzbeauftragten nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz - mit dem ihr dabei zugewiesenen Beurteilungsspielraum - andererseits selbstständig nebeneinander. Sie unterscheiden sich zudem in ihrer Ausrichtung. Zweck der atomrechtlichen Zuverlässigkeitsüberprüfung ist (ausschließlich) der Schutz gegen unbefugte Handlungen, die zu einer Entwendung oder einer erheblichen Freisetzung von radioaktiven Stoffen führen können (siehe § 12b Abs. 1 Satz 1 AtG; § 1 Abs. 1 Satz 1, § 7 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 AtZüV; vgl. auch BR-Drucks 185/99, S. 16, 18, 35 f.; Junker, in: Danner/Theobald, Energierecht, Stand Dezember 2012, B 11 Rn. 11 f.). Die Überprüfung nach dem Sicherheitsüberprüfungsgesetz bezieht sich hingegen im Kern auf den Verschlusssachen- und Geheimschutz (§ 1 Abs. 2 SÜG) und soll Sicherheitsrisiken ausschließen, die nicht nur - wie bei der atomrechtlichen Überprüfung - auf Zweifeln an der Zuverlässigkeit, sondern auch - wie hier - auf einer unabhängig von Zuverlässigkeitsbedenken bestehenden besonderen nachrichtendienstlichen Gefährdung (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SÜG) beruhen können. Hinzu kommt die übergreifende Orientierung der Sicherheitsüberprüfung an der Gewährleistung der militärischen Sicherheit (Nr. 101 und Nr. 2401 Abs. 1 ZDv 2/30), die sich in der - im atomrechtlichen Verfahren nicht vorgesehenen - Beteiligung des Militärischen Abschirmdienstes als mitwirkender Behörde (§ 3 Abs. 2 SÜG und § 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a und b MADG) widerspiegelt.

39 Die Tatsache, dass das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit unter dem Blickwinkel einer möglichen Entwendung oder Freisetzung von radioaktiven Stoffen keine Bedenken gegen eine berufliche Tätigkeit der Ehefrau in Atomanlagen sieht, hat deshalb keine präjudizierende oder vorprägende Bedeutung für die von der Geheimschutzbeauftragten innerhalb des ihr zugewiesenen Beurteilungsspielraums selbstständig zu treffende Entscheidung, ob aufgrund der bestehenden persönlichen und beruflichen Beziehungen der Ehefrau des Antragstellers in Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken das Risiko besteht, dass diese von fremden Nachrichtendiensten durch Druck oder Erpressung benutzt werden, um den Antragsteller - direkt oder mittelbar über die Ehefrau - zu einem Geheimnisverrat zu bewegen.

40 e) Die Entscheidung der Geheimschutzbeauftragten ist auch nicht deshalb fehlerhaft, weil sie nicht - wie bei ihrer Entscheidung vom 15. Januar 2008 - erneut eine (positive) Entscheidung unter Auflagen, Einschränkungen oder personenbezogenen Sicherheitshinweisen (Nr. 2705 Abs. 1 ZDv 2/30) getroffen hat.

41 Auf der Grundlage der Annahme eines Sicherheitsrisikos kommt nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (Grundsatz des milderen Mittels) und unter Beachtung des Grundsatzes, dass im Zweifel das Sicherheitsinteresse Vorrang vor anderen Belangen hat (§ 14 Abs. 3 Satz 2 SÜG), ein gleichwohl positiver Abschluss des Sicherheitsüberprüfungsverfahrens unter Auflagen, Einschränkungen oder personenbezogenen Sicherheitshinweisen nur dann in Betracht, wenn diese geeignet sind, die tatsächlichen Gründe für die nachrichtendienstliche Gefährdung auszuräumen. Kommt die Geheimschutzbeauftragte aufgrund ihrer - nicht zu beanstandenden - Einschätzung zu dem Ergebnis, dass die nachrichtendienstliche Gefährdung vor allem bei den Aufenthalten des Antragstellers (privat) und seiner Ehefrau (beruflich und privat) in der Ukraine und der Russischen Föderation besteht, so stellen bloße Melde- und Berichtspflichten, wie sie in der Auflagenentscheidung vom 15. Januar 2008 vorgesehen waren, kein ausreichendes und damit kein gleich geeignetes Mittel zur Reduzierung des Gefährdungspotenzials mehr dar. Die Geheimschutzbeauftragte durfte deshalb unter dem Blickwinkel einer möglichen Auflagenentscheidung eine Reiseverzichtserklärung des Antragstellers und seiner Ehefrau für Reisen in die Ukraine und nach Russland für erforderlich halten. Nachdem der Antragsteller und seine Ehefrau nicht bereit waren, eine solche Erklärung abzugeben (Schreiben vom 6. Oktober 2011, S. 3 am Ende), musste auch eine Auflagenentscheidung nicht mehr in Betracht gezogen werden.

42 f) Im Ergebnis nicht zu beanstanden ist ferner die prognostische Einschätzung, zu der sich allerdings erst der Beschwerdebescheid des Bundesministers der Verteidigung (S. 9 unten) ausdrücklich äußert (vgl. zum prognostischen Element in der Feststellung eines Sicherheitsrisikos Beschluss vom 11. März 2008 - BVerwG 1 WB 37.07 - BVerwGE 130, 291 = Buchholz 402.8 § 14 SÜG Nr. 14 <jeweils Rn. 31 ff.>). Die dortige - der Sache nach auch in der Entscheidung der Geheimschutzbeauftragten enthaltene - Aussage, dass sich an den persönlichen Verhältnissen des Antragstellers und seiner Ehefrau und damit an den für die Feststellung eines Sicherheitsrisikos maßgeblichen Umständen in den nächsten Jahren nichts ändern werde, rechtfertigt die negative prognostische Bewertung.

43 g) Schließlich liegt auch der geltend gemachte Verfahrensfehler nicht vor. Der Antragsteller und seine Ehefrau hatten hinreichende Gelegenheit, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen sowie speziell zur Abgabe einer Reiseverzichtserklärung zu äußern. Das Schreiben vom 12. September 2011, mit dem die Geheimschutzbeauftragte nochmals die Problematik beruflicher und privater Reisen in die Ukraine und nach Russland darlegte, war zwar nur an den Antragsteller adressiert. Das Schreiben wandte sich in der Sache jedoch sowohl an den Antragsteller als auch an seine Ehefrau, was auch an den beigefügten separaten, inhaltlich unterschiedlichen Formularen einer Reiseverzichtserklärung ersichtlich ist. Dementsprechend nahm der Antragsteller mit seinem Antwortschreiben vom 6. Oktober 2011 zu den angesprochenen Punkten nicht nur für sich, sondern auch für seine Ehefrau Stellung und erklärte, dass die angebotenen Reiseverzichte für seine Ehefrau und ihn inakzeptabel seien.