Beschluss vom 28.04.2009 -
BVerwG 1 WB 20.09ECLI:DE:BVerwG:2009:280409B1WB20.09.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 28.04.2009 - 1 WB 20.09 - [ECLI:DE:BVerwG:2009:280409B1WB20.09.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 20.09

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant Kraft und
den ehrenamtlichen Richter Hauptmann Brand
am 28. April 2009 beschlossen:

Der Antrag wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller wendet sich gegen die Zuerkennung der individuellen Förderperspektive A 12.

2 Der 1956 geborene Antragsteller ist Berufssoldat; seine Dienstzeit endet voraussichtlich mit Ablauf des 31. Juli 2010. Zum Hauptmann wurde er am 1. Dezember 1995 ernannt und mit Wirkung vom 1. Mai 2004 in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 12 eingewiesen. Derzeit wird er als System-/Nutzerbetreuer IT Logistik beim S...kommando verwendet.

3 Mit Schreiben vom 14. November 2008, ausgehändigt am 11. Dezember 2008, teilte das Personalamt der Bundeswehr dem Antragsteller mit, dass ihm in der Perspektivkonferenz der Offiziere des militärfachlichen Dienstes für das Jahr 2008 im Eignungs-, Befähigungs- und Leistungsvergleich und unter Berücksichtigung der strukturellen Rahmenbedingungen die individuelle Förderperspektive A 12 zuerkannt worden sei.

4 Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 18. Dezember 2008 Beschwerde ein. Zur Begründung verwies er auf seine Ausführungen in den (damals noch laufenden) Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der Zuerkennung der individuellen Förderperspektive A 12 in der Perspektivkonferenz 2006. In diesen Verfahren hat der Senat inzwischen die Anträge des Antragstellers mit Beschluss vom 20. Januar 2009 - BVerwG 1 WB 69.08 und 1 WB 74.08 - als unzulässig verworfen.

5 Mit Schreiben vom 9. Februar 2009 erhob der Antragsteller weitere Beschwerde, weil er auf seine Beschwerde noch keinen Bescheid erhalten habe. Der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - wertete die weitere Beschwerde als Antrag auf gerichtliche Entscheidung und legte diesen mit seiner Stellungnahme vom 24. Februar 2009 dem Senat vor. Der Antrag wurde unter dem Aktenzeichen BVerwG 1 WB 16.09 geführt.

6 Mit einem - noch in Unkenntnis der weiteren Beschwerde verfassten - Bescheid vom 16. Februar 2009 wies der Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - die Beschwerde des Antragstellers vom 18. Dezember 2008 zurück. Die Beschwerde sei unzulässig, weil die Ergebnisse der Beratungen von Personalkonferenzen als Elemente innerdienstlicher Willens- und Meinungsbildung im Rahmen der Vorbereitung von Personalentscheidungen nicht unmittelbar die Rechte eines Soldaten berührten und daher keine anfechtbaren Maßnahmen darstellten.

7 Hiergegen beantragte der Antragsteller mit Schriftsatz seiner Bevollmächtigten vom 17. März 2009 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Dieser - hier verfahrensgegenständliche - Antrag wurde vom Bundesminister der Verteidigung - PSZ I 7 - zusammen mit seiner Stellungnahme vom 24. März 2009 dem Senat vorgelegt.

8 Mit Schriftsatz vom 8. April 2009 teilte die Bevollmächtigte des Antragstellers mit, dass der Antragsteller mit der weiteren Beschwerde vom 9. Februar 2009 keine gerichtliche Entscheidung beantragt habe und er eine gerichtliche Entscheidung im Verfahren BVerwG 1 WB 16.09 auch nicht wünsche. Dieses Verfahren wurde daraufhin mit Verfügung vom 16. April 2009 beendet.

9 Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens im vorliegenden Verfahren trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Er sei persönlich beschwert. Die Mitteilung, dass ihm nur die individuelle Förderperspektive A 12 zuerkannt worden sei, bedeute für ihn, nicht befördert zu werden. Eine weitere Personalentscheidung gehe ihm nicht zu, sodass ihm auch das Rechtsschutzbedürfnis zuzubilligen sei, gegen die Entscheidung der Perspektivkonferenz vorzugehen. Eine Verwendungsentscheidung zugunsten eines Konkurrenten sei ihm während seiner gesamten Dienstzeit nicht bekannt gegeben worden; eine solche Verwendungsentscheidung komme in der Praxis des Antragsgegners nicht vor. Er habe somit nur die Möglichkeit, das Ergebnis der Perspektivkonferenz anzugreifen. Die Beschwerde sei auch begründet. Wie aus den Parallelverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht bekannt sei, sei als Ergebnis der Perspektivkonferenz 2008 nicht er, der Antragsteller, sondern Hauptmann H. ausgewählt worden, zum 1. Oktober 2008 einen Dienstposten der Dotierungshöhe A 13 G zu besetzen. Er, der Antragsteller, bestreite, dass lediglich Hauptmann H. ausgewählt worden sei.

10 Der Bundesminister der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

11 Der Antrag sei gemäß den Darlegungen im Beschwerdebescheid unzulässig. Die Ergebnisse der Beratungen von Perspektivkonferenzen und die Zuerkennung einer individuellen Förderperspektive berührten als Elemente innerdienstlicher Willensbildung nicht unmittelbar die Rechte eines Soldaten.

12 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakten des Bundesministers der Verteidigung - PSZ I 7 - Az.: 169/09 und 293/09 - und die Akten der abgeschlossenen Verfahren des Antragstellers BVerwG 1 WB 69.08 , 1 WB 74.08 , 1 WB 80.08 und 1 WB 16.09 haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

13 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung, mit der sich der Antragsteller gegen die Zuerkennung der individuellen Förderperspektive A 12 in der Perspektivkonferenz der Offiziere des militärfachlichen Dienstes für das Jahr 2008 (Mitteilung des Personalamts der Bundeswehr vom 14. November 2008) wendet, ist unzulässig, weil er keine gemäß § 17 Abs. 1, Abs. 3 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO anfechtbare Maßnahme betrifft. Die gleiche Entscheidung hat der Senat auch bereits in dem früheren Verfahren des Antragstellers hinsichtlich der Zuerkennung der individuellen Förderperspektive A 12 in der Perspektivkonferenz für das Jahr 2006 getroffen (Beschluss vom 20. Januar 2009 - BVerwG 1 WB 69.08 und 1 WB 74.08 -), auf die der Antragsteller hingewiesen worden ist.

14 Die Ergebnisse der Beratungen von Perspektivkonferenzen und die Zuerkennung einer individuellen Förderperspektive sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats keine - gerichtlich isoliert angreifbaren - Maßnahmen im Sinne des § 17 Abs. 3 WBO, weil sie als Elemente innerdienstlicher Willens- und Meinungsbildung im Rahmen der Vorbereitung von Personalentscheidungen noch nicht unmittelbar die Rechte eines Soldaten berühren (Beschlüsse vom 9. November 2005 - BVerwG 1 WB 34.05 - Buchholz 311 § 17 WBO Nr. 59 = NZWehrr 2006, 209, vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB 31.06 - <insoweit nicht veröffentlicht in BVerwGE 128, 329 und in Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41> sowie zuletzt vom 30. April 2008 - BVerwG 1 WB 44.07 - juris Rn. 18 bis 24).

15 Nach der Richtlinie für die Perspektivbestimmung und die langfristige Verwendungsplanung der Offiziere des militärfachlichen Dienstes (R 5/05) des Bundesministeriums der Verteidigung (PSZ I 1 <40> - Az.: 16-30-01/5) vom 21. Juli 2005 ist die Entscheidung über die individuelle Förderperspektive eines Offiziers des militärfachlichen Dienstes das Ergebnis einer Bestenauslese auf der Grundlage eines Eignungs-, Befähigungs- und Leistungsvergleiches im Rahmen regelmäßig stattfindender Perspektivkonferenzen; aus den Konferenzentscheidungen ergibt sich jedoch kein Rechtsanspruch, die jeweils festgelegte Förderperspektive zu erreichen (Nr. 4.1.1 der Richtlinie). Die in der Perspektivkonferenz festgestellte individuelle Förderperspektive bildet nach Nr. 4.2 der Richtlinie die Basis für die Verwendungsentscheidungen, begründet jedoch weder einen Anspruch auf noch die Einbeziehung in Entscheidungen über bestimmte Verwendungen. Bei den Ergebnissen einer Perspektivkonferenz handelt es sich somit lediglich um Vorbereitungshandlungen, die noch keine Entscheidungen über die konkrete Verwendung oder über die Besetzung eines konkreten Dienstpostens beinhalten und auch sonst keine unmittelbaren Wirkungen für die Rechtssphäre eines Soldaten haben.

16 Gleiches ergibt sich aus der Teilkonzeption Personalmanagement der Bundeswehr (TK PersMgmtBw) des Bundesministeriums der Verteidigung (PSZ I 1 - Az.: 09-10-10/8) vom 2. April 2004 (Nr. 2.4.4.3, Seite 25 f.). Danach ist die individuelle Förderperspektive, die bei Berufssoldatinnen und Berufssoldaten in regelmäßig stattfindenden Perspektivkonferenzen festgelegt wird und das Ergebnis eines umfassenden ganzheitlichen Eignungs- und Leistungsvergleichs darstellt, so frühzeitig und differenziert zu bestimmen, dass „zeitgerecht die Planung und Einsteuerung in die verschiedenen Dotierungshöhen und entsprechende Verwendungen erfolgen kann“. Die „so festgestellte individuelle Förderperspektive ist die Grundlage für die individuelle Verwendungsplanung“. Sie bildet damit „regelmäßig die Basis, ist jedoch kein Präjudiz für Verwendungsentscheidungen“. Sie begründet überdies „weder einen Anspruch auf entsprechende Verwendungen noch ergibt sich daraus ein genereller Ausschluss von zukünftigen entsprechenden Verwendungen“.

17 Der Einwand des Antragstellers, er habe, um eine förderliche Verwendung (als Voraussetzung für eine daran anschließende Beförderung) zu erlangen, nur die Möglichkeit, das Ergebnis der Perspektivkonferenz anzufechten, weshalb ein entsprechender Rechtsbehelf auch zulässig sein müsse, geht fehl. Der Antragsteller hat zum einen die Möglichkeit, eine Verwendungsentscheidung zugunsten eines Konkurrenten anzufechten, wenn er der Auffassung ist, er sei geeigneter (im Sinne von § 3 Abs. 1 SG) als der ausgewählte Soldat; wird die Auswahlentscheidung zugunsten eines Konkurrenten dem Antragsteller nicht bekannt gegeben, betrifft dies lediglich die Frage des Beginns der Beschwerdefrist (§ 6 Abs. 1 WBO), nicht aber die Zulässigkeit der Beschwerde im Übrigen. Der Antragsteller kann sich zum anderen um die förderliche Verwendung auf einem von ihm benannten konkreten, freien oder frei werdenden Dienstposten, für den er sich geeignet hält, bewerben; eine ablehnende Entscheidung, die in der Regel durch einen förmlichen Bescheid erfolgen wird, stellt eine beschwerdefähige Maßnahme im Sinne von § 17 Abs. 1 und 3 WBO dar. In beiden Fällen kann - im Rahmen der Prüfung der Verwendungsentscheidung - gegebenenfalls auch überprüft werden, ob die Zuerkennung der individuellen Förderperspektive, soweit sie für die Entscheidung erheblich gewesen sein sollte, rechtmäßig war.

18 Von der Belastung des Antragstellers mit Verfahrenskosten sieht der Senat ab, weil er die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO (offensichtliche Unzulässigkeit des Antrags) zwar für gegeben erachtet, der Antrag aber nicht mutwillig erscheint.