Verfahrensinformation

Das Bundesministerium des Innern verbot mit Verfügung vom 8. Dezember 2001 die durch den türkischen Staatsangehörigen Metin Kaplan vertretene Vereinigung „Kalifatsstaat“ (Hilafet Devleti) einschließlich ihrer Teilorganisationen sowie die Stiftung „Stichting Dienaar aan Islam“. Die Verfügung stützt sich auf das Vereinsgesetz in der Fassung nach Streichung des sog. Religionsprivilegs und ist damit begründet, dass sich die verbotenen Vereinigungen kämpferisch-aggressiv gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung richteten sowie die innere Sicherheit und sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdeten. Für die Klage der genannten Vereinigungen dagegen, dass sie als Teilorganisationen in das Verbot einbezogen worden sind, ist das Bundesverwaltungsgericht in erster und letzter Instanz zuständig.


Verfahrensinformation

Das Bundesministerium des Innern verbot mit Verfügung vom 8. Dezember 2001 die durch den türkischen Staatsangehörigen Metin Kaplan vertretene Vereinigung „Kalifatsstaat“ (Hilafet Devleti) einschließlich ihrer Teilorganisationen sowie die Stiftung „Stichting Dienaar aan Islam“. Die Verfügung stützt sich auf das Vereinsgesetz in der Fassung nach Streichung des sog. Religionsprivilegs und ist damit begründet, dass sich die verbotenen Vereinigungen kämpferisch-aggressiv gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung richteten sowie die innere Sicherheit und sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdeten. Für die Klage der genannten Vereinigungen dagegen, dass sie als Teilorganisationen in das Verbot einbezogen worden sind, ist das Bundesverwaltungsgericht in erster und letzter Instanz zuständig.


Pressemitteilung Nr. 44/2002 vom 27.11.2002

Bundesverwaltungsgericht bestätigt Verbot des Vereins „Kalifatsstaat“

Das Bundesministerium des Innern stellte durch Verfügung vom 8. Dezember 2001 fest, dass sich der unter Führung von Metin Kaplan stehende „Kalifatsstaat“ gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung richtet sowie die innere Sicherheit und sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet. Die Vereinigung wurde verboten und aufgelöst. Das Verbot wurde auf eine Reihe von Vereinigungen als Teilorganisationen des „Kalifatsstaats“ erstreckt.


Das Bundesverwaltungsgericht hat das Verbot in erster und letzter Instanz bestätigt. Religionsgemeinschaften können jedenfalls dann verboten werden, wenn sie sich in kämpferisch-aggressiver Weise gegen die Demokratie, den Rechtsstaat oder die Verbürgung der Menschenwürde als Grundelemente der verfassungsmäßigen Ordnung richten. Der „Kalifatsstaat“ ist danach zu Recht verboten worden. Er versteht sich als real existierender Staat mit eigener Staatsgewalt unter der Führung des Kalifen, dessen Grundlage ausschließlich der Wille Allahs ist und der als solcher mit der demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar ist. Der „Kalifatsstaat“ beansprucht für sich - im Unterschied zu anderen Religionsgemeinschaften - das Recht zu legitimer Gewaltanwendung auch in Deutschland. Dies ergibt sich aus Verlautbarungen des „Kalifatsstaats“ und wird insbesondere durch die vom Oberlandesgericht Düsseldorf im November 2000 als öffentliche Aufforderung zu Straftaten abgeurteilten Tötungsaufrufe der Führung des "Kalifatsstaats" gegen einen „falschen Kalifen“ bestätigt. In die gleiche Richtung weisen diffamierende Äußerungen etwa über türkische Politiker und Juden, die überdies von einer mit der Würde des Menschen unvereinbaren Intoleranz geprägt sind. Der Befürchtung, dass Mitglieder des „Kalifatsstaats“, gestützt auf dessen Selbstverständnis, ihre Vorstellungen mit Gewalt und auch im Widerstand zur deutschen Staatsgewalt durchsetzen, konnte nicht mit milderen Mittel als dem Verbot der Vereinigung begegnet werden.


Die Klagen islamischer Vereinigungen in Blumberg, Bad Kreuznach und Braunschweig gegen ihre Einbeziehung in das Verbot des „Kalifatsstaats“ sind ohne Erfolg geblieben. Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hat gezeigt, dass das Bundesministerium des Innern diese Vereinigungen zu Recht als Teilorganisationen des „Kalifatsstaats“ angesehen hat.


BVerwG 6 A 1.02 - Urteil vom 27. November 2002

BVerwG 6 A 3.02 - Urteil vom 27. November 2002

BVerwG 6 A 4.02 - Urteil vom 27. November 2002

BVerwG 6 A 9.02 - Urteil vom 27. November 2002


Urteil vom 27.11.2002 -
BVerwG 6 A 3.02ECLI:DE:BVerwG:2002:271102U6A3.02.0

Urteil

BVerwG 6 A 3.02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung am 27. November 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Dr. H a h n , Dr. G e r h a r d t ,
Dr. G r a u l i c h und V o r m e i e r
für Recht erkannt:

  1. Die Klage wird abgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

I


Das Bundesministerium des Innern stellte durch Verfügung vom 8. Dezember 2001 fest, dass sich der "Kalifatsstaat" (Hilafet Devleti), der unter der Bezeichnung "Verband der islamischen Vereine und Gemeinden" ("Islami Cemaatleri ve Cemiyetleri Birligi" - ICCB) im Vereinsregister eingetragen sei, einschließlich bestimmter Teilorganisationen, sowie die "Stichting Dienaar aan Islam" gegen die verfassungsmäßige Ordnung und den Gedanken der Völkerverständigung richteten und die innere Sicherheit sowie sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdeten. Die genannten Organisationen wurden verboten und aufgelöst. Ferner wurden die Verwendung von Kennzeichen des "Kalifatsstaats" und die Bildung von Ersatzorganisationen verboten und das Vermögen der verbotenen Organisationen beschlagnahmt und eingezogen.
Mit Bescheid vom 14. Dezember 2001 erstreckte das Bundesministerium des Innern die Verfügung vom 8. Dezember 2001 auf den Kläger als Teilorganisation des "Kalifatsstaats". Zur Begründung wurde ausgeführt, das in den Räumen des Klägers vorgefundene Propagandamaterial des "Kalifatsstaats" lasse darauf schließen, dass der Kläger über seine bloße Funktion in dessen Gesamtorganisation hinaus auch als regionaler Propagandastützpunkt angesehen werden müsse.
Der Kläger tritt mit seiner Klage der Einbeziehung in die Verbotsverfügung entgegen und stellt in Abrede, eine Teilorganisation des "Kalifatsstaats" zu sein.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Bundesministeriums des Innern vom 14. Dezember 2001 einschließlich der Bezugsverfügung vom 8. Dezember 2001, soweit sie den Kläger betrifft, aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie tritt dem Klagevortrag entgegen und trägt ergänzende Erkenntnisse vor.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsvorgänge, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind, Bezug genommen.

II


Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtene Verfügung findet in § 3 Abs. 3, § 14 Abs. 1 Satz 1 VereinsG ihre rechtliche Grundlage und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Gemäß § 3 Abs. 3 VereinsG, der auch für Ausländervereine gilt, erstreckt sich das Verbot eines Vereins grundsätzlich auf alle Organisationen, die dem Verein derart eingegliedert sind, dass sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse als Gliederung dieses Vereins erscheinen (Teilorganisationen). Auf nichtgebietliche Teilorganisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit erstreckt sich das Verbot nur, wenn sie in der Verbotsverfügung ausdrücklich benannt sind.
a) Voraussetzung für das Vorliegen einer Teilorganisation ist eine Identität zwischen dem Verein als Ganzem und seiner Gliederung. Die Gliederung muss tatsächlich in die Gesamtorganisation eingebunden sein und im Wesentlichen von ihr beherrscht werden, auch wenn eine totale organisatorische Eingliederung nicht notwendig ist. Indizien dafür können sich etwa aus der personellen Zusammensetzung, den Zielen, der Tätigkeit, der Finanzierung, aus Verflechtungen bei der Willensbildung und aus Weisungsgegebenheiten ergeben (vgl. zusammenfassend Urteil vom 28. Januar 1997 - BVerwG 1 A 13.93 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 26 S. 98 f. = NVwZ 1998, 174).
Auch Religionsgemeinschaften, die seit In-Kraft-Treten des Ersten Gesetzes zur Änderung des Vereinsgesetzes vom 4. Dezember 2001 (BGBl I S. 3319) am 8. Dezember 2001 dem Vereinsgesetz unterfallen, können Teilorganisationen aufweisen. Der Zweck eines Vereins und seine geistigen Grundlagen - die gemeinsamen Überzeugungen seiner Mitglieder - sind für die Beurteilung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 3 Satz 1 VereinsG nicht unmittelbar von Bedeutung. Allerdings können sich Menschen gemeinsamen Glaubens oder religiösen Bekenntnisses - eher als etwa Vereinigungen mit vergleichbar umfassender Zielsetzung wie etwa politische Parteien - in Gemeinden zusammenfinden, die gegenüber einer gemeinsamen übergemeindlichen Organisation ein gewisses Maß an Autonomie aufweisen. Daher wird bei Religionsgemeinschaften der tatsächlichen Frage besonderes Augenmerk zu widmen sein, ob die Gesamtorganisation als bloßer Dachverband anzusehen ist, dem die Mitgliedsorganisationen mehr oder weniger locker angeschlossen sind (vgl. näher dazu Beschluss vom 6. Juli 1994 - BVerwG 1 VR 20.93 - Buchholz 402.45 VereinsG Nr. 18, S. 17), oder ob ein Gesamtverband vorliegt, dem die Gemeinden als Teilorganisationen eingegliedert sind. Letzteres setzt voraus, dass über die geistliche Führung durch eine übergemeindliche Institution hinaus eine hierarchische Verbandsstruktur mit einer Organisation vorliegt, die der Umsetzung der Entscheidungen des Zentralverbandes auf der Ebene der Gemeinden dient.
b) Teilorganisationen werden aufgrund ihrer Identität mit dem Gesamtverein ohne weiteres von dessen Verbot erfasst. Sie müssen nicht selbst einen Verbotsgrund erfüllen und können die Verbotsverfügung auch nur mit der Begründung anfechten, keine Teilorganisation zu sein (stRspr; vgl. etwa Beschluss vom 6. Juli 1994, a.a.O., S. 14, 17 sowie Urteil vom 28. Januar 1997, a.a.O.). Dies ist auch in dem Fall verfassungsrechtlich unbedenklich, in dem es sich bei der Teilorganisation um eine Religionsgemeinschaft handelt, die die religiöse Vereinigungsfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 1 und 2 sowie Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 2 WRV für sich beanspruchen kann (vgl. BVerfGE 83, 341, 354 f.). Erweist sich das Verbot des Gesamtvereins, bei dem es sich um eine Religionsgemeinschaft handelt, wie hier auch mit Blick auf die religiöse Vereinigungsfreiheit als gerechtfertigt, gilt für die entsprechende Teilorganisation nichts anderes.
Der Erwägung, die Beklagte hätte den Muslimgemeinden, die sie als Teilorganisationen des "Kalifatsstaats" ansieht, die Möglichkeit geben müssen, sich von diesem zu distanzieren, ist nicht zu folgen. Weder war der Gesetzgeber gehalten, insoweit Übergangsregelungen zu schaffen, noch bestand Anlass zu einer entsprechenden Gestaltung des Verwaltungsverfahrens. Hat nämlich eine Muslimgemeinde die Möglichkeit, sich jederzeit von der Zentrale des "Kalifatsstaats" abzukoppeln und ohne Verlust ihrer Identität selbständig fortzubestehen, ist sie keine Teilorganisation im dargestellten Sinn. Ist hingegen die Muslimgemeinde in der Weise in den "Kalifatsstaat" eingegliedert, wie es für eine Teilorganisation zu fordern ist, fehlt es an einer solchen Möglichkeit. Die so genannte Distanzierung wäre in diesem Fall in Wahrheit die (verdeckte) Neugründung einer anderen Vereinigung unter Aufgabe der bisherigen Identität.
Entsprechendes gilt für das Vorbringen, die Aktivitäten des "Kalifatsstaats" seien in der Vergangenheit nicht verboten gewesen und deshalb könnten Muslimgemeinden, die sich ihm in gutem Glauben angeschlossen oder Vorteile aus dem Kontakt mit ihm gezogen hätten, nicht abrupt in dessen Verbot einbezogen werden. Wie der erkennende Senat im Urteil vom 27. November 2002 - BVerwG 6 A 4.02 - ausgeführt hat, konnte der "Kalifatsstaat" verfassungsrechtlich keine "Anpassungsfrist" beanspruchen. Gleiches gilt für seine Teilorganisationen. Denn diese teilen ohne weiteres das rechtliche Schicksal des Gesamtvereins, dem sie angehören.
2. Der Kläger ist eine Teilorganisation des mit Verfügung vom 8. Dezember 2001 verbotenen "Kalifatsstaats". Darauf weisen zur Überzeugung des erkennenden Senats die vorliegenden Tatsachen hin. Die schriftsätzlichen Äußerungen sowie die Erörterung mit dem Kläger in der mündlichen Verhandlung haben sie nicht entkräftet.
a) Der "Kalifatsstaat" versteht sich als Staat mit eigenem Rechtssystem (Scharia) und eigener Staatsgewalt unter der Leitung des Kalifen. Die Organisationsstrukturen sind denen eines Staates vergleichbar. Neben einer Stabsorganisation, die der Zentrale zugeordnet ist, besteht eine Gliederung nach Gebieten ("Bölge"), denen die Gemeinden angehören und die von "Gebietsemiren" geleitet werden. Die Gesamtorganisation ist hierarchisch aufgebaut und darauf ausgerichtet, den - allein maßgeblichen - Willen des Kalifen durchzusetzen. Auf die unbestrittene Darstellung der Verbandsstrukturen in der Verfügung vom 8. Dezember 2001 (S. 8 ff.) wird Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO). Das Selbstverständnis des "Kalifatsstaats" als eines real existierenden Staatswesens und der Absolutheitsanspruch der von ihm propagierten Lehren schließen es konsequenterweise praktisch aus, dass eine Muslimgemeinde, die in den Verband des "Kalifatsstaats" aufgenommen ist, eine andere Stellung als die einer Teilorganisation innehat.
b) Der "Kalifatsstaat" hat im Rahmen der Anfechtung der Verfügung vom 8. Dezember 2001 die Einordnung der Moschee in K. als seine Teilorganisation nicht nur unwidersprochen gelassen, sondern sie vielmehr in seinen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes einbezogen. Nach der Adressenliste, die in einem PC der Zentrale gefunden wurde, handelt es sich um die Moschee des Klägers und nicht etwa, wie der Kläger vorträgt, um eine andere der in B. K. bestehenden Moscheen.
Ferner ist in einem Artikel der Verbandszeitung des "Kalifatsstaats" "ÜMMET-I MUHAMMED" über einen Sommerkurs für Mädchen ausdrücklich von der "dem Kalifatsstaat angeschlossenen I.-Moschee in B. K." die Rede.
Der Kläger meint dazu, dass der "Kalifatsstaat" islamische Gemeinden und deren Leistungen zu Propagandazwecken "vereinnahmt" habe. Ferner sei es üblich, dass die islamischen Gruppierungen, die untereinander regen Kontakt pflegten, auch über besondere Glaubensleistungen anderer berichteten. Dieses Vorbringen nimmt den genannten Umständen nicht ihre Bedeutung als
Hinweise auf eine Zugehörigkeit des Klägers zum "Kalifatsstaat".
Der "Kalifatsstaat" hat ein von anderen islamischen Gruppen weitgehend isoliertes Verbandsleben geführt. Dies ist, wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, unbestritten und kommt auch in der Berichterstattung der Vereinszeitung "ÜMMET-I MUHAMMED" zum Ausdruck. Auf der anderen Seite betont der Kläger, eine kleine, gewissermaßen introvertierte Gemeinde ohne nennenswerte Außenkontakte zu sein. Es ist daher schwer verständlich, zu welchem Zweck der "Kalifatsstaat" den Kläger gegen dessen Willen für sich hätte "vereinnahmen" sollen. Dass in "ÜMMET-I MUHAMMED" über den Sommerkurs für Mädchen in B. K. berichtet worden wäre, wenn er keine organisationsinterne Veranstaltung gewesen wäre, liegt fern. Zudem spricht die Art der Darstellung in dem erwähnten Artikel ("Unterscheidung der wahren von den falschen Muslimen") nicht dafür, dass es sich um eine freundschaftlich-nachbarliche Berichterstattung gehandelt hat, wie sie in sonstigen Vereinsblättern anzutreffen sein mag.
Zumal vor dem Hintergrund des erwähnten Selbstverständnisses des "Kalifatsstaats" bilden die genannten Umstände bedeutsame Indizien für die Zugehörigkeit des Klägers zu diesem.
c) Die folgenden Umstände weisen darauf hin, dass sich der Kläger auch selbst als Teil des "Kalifatsstaats" verstanden hat.
Ein bei ihm gefundenes Anmeldeformular beginnt mit der Überschrift "Der Kalifatsstaat - Anmeldeformular für die Mitgliedschaft bei dem Verein B. K." und enthält den Satz "Ich möchte Mitglied des "Vereins B. K. des Kalifatsstaats" werden. Dass der Kläger die Verwendung dieses Formulars bestreitet, ändert nichts an seiner Existenz.
Der Vordruck eines gleichfalls beim Kläger aufgefundenen Zeugnisses stammt vom "Kalifatsstaat" und ist maschinenschriftlich u.a. um die Eingangsleiste "Korankurs für Schülerinnen der Gemeinde B. K." und um die Unterschriftsleiste "Gemeinde B. K." ergänzt. Der Kläger erklärt dies damit, dass die den Kurs durchführenden Lehrer (Hocas) jeweils selbst Formulare mitgebracht hätten. Was sie dazu veranlasst haben könnte, den Veranstaltungsort nochmals in der Unterschriftsleiste zu erwähnen, bleibt damit allerdings offen.
Der Kläger hat an prominenter Stelle des Gebetsraums zweimal die Fahne mit der Aufschrift "Hilafet Devleti" unter einem arabischen Schriftzug (Preisung Allahs und Mohammeds) aufgehängt. Ferner wurden entsprechende Tischfähnchen gefunden. Des Weiteren sind bei der Durchsuchung am 12. Dezember 2001 mehrere Plakate und plakatähnliche Anschläge des "Kalifatsstaats" in den Räumen des Klägers gut sichtbar angebracht vorgefunden worden. Der Kläger trägt vor, die Fahnen seien ihm Anfang der 90er Jahre geschenkt worden; es gebe auch solche ohne den Schriftzug "Kalifatsstaat"; diesem Schriftzug sei keine Bedeutung beigemessen worden; im Übrigen weise er nicht zwingend auf den Verband des Metin Kaplan hin, sondern auf die alte, zum Teil noch bestehende islamische Staatsform der Identität von Staat und Religion. Mit diesem - an sich bereits wenig glaubwürdigen - Vortrag wird jedenfalls die Bedeutung der Funde als Indizien nicht geschmälert, sofern sie in dieselbe Richtung wie andere weisen.
d) Auf die organisatorische Einbindung des Klägers in den "Kalifatsstaat" weist folgendes bei ihm sichergestelltes Schriftgut hin: Anmeldeformulare des "Hilafet Devleti H. Bölgesi" ("Kalifatsstaat Region H.") aus dem Jahr 1999 für einen Mädchen-Korankurs in der Moschee des Klägers; Blanko-Treueerklärungen (Huldigungsschreiben) an den "Kalifen" Metin Kaplan; Briefbögen mit dem Kopf "Hilafet Devleti H. Bölgesi" ("Kalifatsstaat Region H."); Einladung zur General-Jugendversammlung der Region H. vom 7. Mai 2000 in der Moschee des Klägers; Einladung zur Neujahrsfeier 1419 des "Kalifatsstaats" am 3. Mai 1998 in Köln , wobei als Kontaktstelle und Treffpunkt die Moschee des Klägers angegeben ist; Schreiben der Zentrale vom 4. August 1998 an die Hocas (muslimische Geistliche), die in den dem "Kalifatsstaat" angegliederten Moscheen beschäftigt sind, zu Verhaltensregeln während der Korankurse.
Der Kläger hat zu den Blanko-Treueerklärungen vorgetragen, sie hätten seit 1995 ausgelegen, seien aber kaum aufgebraucht worden; Treueerklärungen seien eine rein persönliche Glaubensangelegenheit, um die sich der Kläger nicht gekümmert habe. Im Hinblick auf den Absolutheitsanspruch des "Kalifatsstaats" erscheint dem Senat der Ausgangspunkt dieses Vorbringens, dass ein Muslim einer "neutralen" Gemeinde angehören und zugleich dem "Kalifen" Treue schwören kann, wenig plausibel. Dies kann jedoch auf sich beruhen, weil das nachstehend zu dem aufgefundenen Propagandamaterial Gesagte hier entsprechend gilt.
Soweit der Kläger zu der Einladung zu einer Jugendversammlung vom 7. Mai 2000 vorträgt, es habe sich um eine Feier ohne speziellen Bezug zum "Kalifatsstaat" gehandelt, die der Kläger in dem zwischen islamischen Vereinen üblichen Rahmen ausgerichtet habe, bleibt die Verwendung des Eingrenzungskriteriums "Region H." unerklärt, zumal B. K. nicht in H., sondern in R. liegt.
d) Die Asservate stützen ferner die Annahme, der Kläger habe als "regionaler Propagandastützpunkt" in der Gesamtorganisation fungiert.
Nach einem Bericht der Rheinzeitung hat der Kläger Texte aus "ÜMMET-I MUHAMMED" verteilt und sich durch seinen 2. Vorsitzenden zum ICCB bekannt. Beim Kläger ist ferner eine große Anzahl von Flugblättern und Druckwerken des "Kalifatsstaats" sichergestellt worden. So waren z.B. 700 Exemplare des Flugblattes "Der Kalif muss sofort freigelassen werden" vorhanden. "ÜMMET-I MUHAMMED" fand sich in mehreren Ausgaben in einer Anzahl von einem bis zu 89 Stücken. Es ist unbestritten, dass ca. vier Fünftel der Asservate vom "Kalifatsstaat" stammen.
Der Kläger trägt vor, als eher "eigenbrötlerischer" Verein nicht nach außen tätig geworden zu sein. Er habe seinen Mitgliedern ein breites Meinungsspektrum bieten wollen und deshalb neben anderen auch - ihm zugesandte - Schriften des "Kalifatsstaats" bereitgehalten. Der Umstand, dass sich bei ihm Mehrexemplare befunden hätten, zeige das geringe Interesse seiner Mitglieder am "Kalifatsstaat" und belege, dass er sie nicht verteilt habe. Dementsprechend sei der 2. Vorsitzende im Verein wegen der in der Rheinzeitung berichteten Aktivität angegriffen worden; dies habe dazu geführt, dass sich der 2. Vorsitzende vom Kläger zurückgezogen habe.
Der Senat hält das klägerische Vorbringen nicht für überzeugend. Der Kläger hat Propagandamaterial geordnet in Regalen und in einer Menge vorgehalten, die den Informationsbedarf seiner - zwischen 40 und 60 - Mitglieder deutlich übersteigt. Das Propagandamaterial weist zusammen mit der äußeren Aufmachung der Räume (Fahnen, Anschläge) und den erwähnten Blanko-Treueerklärungen schlüssig auf das Bild eines Stützpunkts des "Kalifatsstaats", der werbend tätig sein soll. Der Umstand, dass ein Fünftel der Asservate von anderer Seite stammen, spricht nicht gegen diese Einschätzung, sondern stützt sie, weil der "Kalifatsstaat" nach der Zahl seiner Mitglieder nur geringe Bedeutung im Leben der Muslime in Deutschland hat. Der öffentliche Auftritt des 2. Vorsitzenden fügt sich in dieses Bild. Dass es sich um einen vom Kläger missbilligten "Alleingang" gehandelt haben könnte, mag - für sich betrachtet - denkbar sein, liegt jedoch bei Würdigung der weiteren Umstände fern.
e) Die Buchung vom "Kalifatsstaat" angebotener Pilgerfahrten und der Kauf von Lebensmitteln beim Lebensmittelvertrieb des "Kalifatsstaats" (KAR-BIR/HAKK-BIR) belegen jeweils für sich genommen, wie der Kläger zutreffend annimmt, nicht seine Eingliederung in den "Kalifatsstaat". Gleichwohl können sie zur Abrundung und Bestätigung des anderweit gewonnen Gesamteindrucks beitragen. Nach dem bereits Gesagten musste den Mitgliedern des Klägers klar sein, dass sie mit der Inanspruchnahme der Leistungen des "Kalifatsstaats" dessen ideologischen Anspruch unterstützten und ihn auch materiell förderten.
f) Auf finanzielle Zusammenhänge des Klägers mit dem "Kalifatsstaat" weisen in der Zentrale aufgefundene Listen über aus dem Bereich des Klägers geleistete Abgaben hin. Insoweit hat der Kläger keine plausible Erklärung gegeben. Der Vortrag, es handele sich um eine Spendenliste, die nicht wiedergebe, was tatsächlich gezahlt worden sei, vielmehr handele es sich um eine von einem ehemaligen Mitglied privat erstellte Liste, in die dieses Zuwendungsversprechen von ihm angesprochener Moscheebesucher eingetragen habe, lässt sich weder mit dem Fundort der Liste noch nach der Lebenserfahrung mit dem Aufbau und dem Inhalt der Liste in Einklang bringen.
Hingegen hält der Senat die von der Beklagten zum Beleg für finanzielle Verflechtungen angeführten weiteren Umstände je für sich allein genommen kaum für aussagekräftig. Der Kläger hat hierzu plausibel dargetan, dass aus dem asservierten Spendenaufruf der Stiftung des "Kalifatsstaats" und einer einmaligen Spende vom 27. Februar 2001 in Höhe von 6 000 DM an die Zentrale ebenso wenig sichere Schlüsse gezogen werden können wie aus einer im Jahr 1985 beschlossenen, aber nicht vollzogenen Satzungsänderung, nach der das Vereinsvermögen im Fall der Vereinsauflösung an den ICCB fallen sollte.
g) Die genannten Tatsachen belegen bei der Gesamtwürdigung aller Umstände, dass es sich beim Kläger um eine Teilorganisation des "Kalifatsstaats" handelt. Zwar sind personelle Verflechtungen mit der Zentrale nicht und wirtschaftliche sowie finanzielle Beziehungen nur ansatzweise nachgewiesen. Dagegen sprechen die Äußerungen des Selbstverständnisses des Klägers und seine korrespondierende Angliederung durch den "Kalifatsstaat" deutlich für eine Teilorganisation. Zudem ist auf den dargelegten Absolutheitsanspruch des "Kalifatsstaats" und seine hierarchische Struktur zu verweisen. Wie bereits angedeutet, kann das aufgefundene Propagandamaterial in Zusammenhang mit der äußeren Gestaltung der Vereinsräume vernünftigerweise nur damit erklärt werden, dass der Kläger als Propagandastelle des "Kalifatsstaats" gedient hat. Dem kommt ausschlaggebende Bedeutung zu.
Die übrigen Einwendungen des Klägers rechtfertigen eine abweichende Beurteilung nicht. Der Vortrag, der Kläger stelle eine homogene Gruppe von 40/50 bis 60 Mitgliedern ohne nennenswerte Außenkontakte dar, die ihren Mitgliedern ein vielfältiges Angebot ohne einseitige Festlegung biete, ist mit den soeben erwähnten Umständen nicht vereinbar und enthält keinen einer Beweiserhebung zugänglichen Tatsachenkern. Ob die Behauptung, dass kein Vorstandsmitglied und auch sonst kein Mitglied eine Treueerklärung an den "Kalifen" Kaplan abgegeben habe, zutrifft - dafür könnte die erwähnte Abgabenliste sprechen -, kann dahingestellt bleiben. Denn der Kläger bringt vor, Treueerklärungen seien eine persönliche Angelegenheit. Anders als aus dem Umstand, dass der Kläger entsprechende Vordrucke vorrätig gehalten hat, können konsequenterweise weder aus der
Abgabe noch aus dem Unterbleiben von Treueerklärungen Schlüsse gezogen werden.
Soweit der Kläger Nachweise darüber vermisst, dass er seit seiner Gründung 1981 fortlaufend Teilorganisation des "Kalifatsstaats" gewesen oder in diese Stellung hineingewachsen sei, ist dem entgegenzuhalten, dass es allein auf die Gegebenheiten zum Zeitpunkt der Verbotsverfügung ankommt. Mit der Erwägung, die Belege der Beklagten seien bruchstückhaft und hätten Aussagekraft allenfalls für das Verhalten einzelner Mitglieder, diese stellten aber die Ausnahme dar und repräsentierten nicht den Verein, wird der Kläger zum einen dem Umstand nicht gerecht, dass die Voraussetzungen eines Vereinsverbotes und des Vorliegens einer Teilorganisation in der Regel nur aufgrund einer Gesamtwürdigung von Hinweistatsachen nachgewiesen werden können. Zum andern beziehen sich hier wesentliche Erkenntnisse auf den Verein als ganzen (Ausstattung der Vereinsräume, Propagandamaterial) und nicht lediglich auf das Verhalten Einzelner; im Übrigen muss sich ein Verein grundsätzlich das Verhalten seiner Repräsentanten und nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalls auch seiner Mitglieder zurechnen lassen.
3. Die angefochtene Verfügung weist auch sonst keine rechtlichen Mängel auf. Zu den Rügen des Klägers ist - ergänzend zu dem bereits Gesagten (oben 1.) - Folgendes zu bemerken:
a) Entgegen der Ansicht des Klägers hatte die Beklagte den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht gesondert mit Blick auf den Kläger zu beachten. Der Kläger macht zunächst geltend, dass der Einsatz milderer Mittel z.B. in Gestalt eines Bezugsverbots von "ÜMMET-I MUHAMMED" ausreichend gewesen wäre. Ferner beruft er sich darauf, dass er mehr als 20 Jahre bestehe und in dieser Zeit nicht auffällig geworden sei. Schließlich hält er das sofortige Verbot im Dezember 2001 angesichts des neunjährigen Bestehens des "Kalifatsstaats" für ungerechtfertigt. Wie dargelegt, teilen Teilorganisationen ohne weiteres das rechtliche Schicksal des Gesamtvereins. Aufgrund der Feststellung, dass der Kläger eine Teilorganisation des "Kalifatsstaats" ist, erübrigen sich daher die geltend gemachten Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit des Vereinsverbots gerade gegenüber dem Kläger.
b) Soweit der Kläger vorträgt, ein zum beschlagnahmten Vermögen gehörender Betrag von 206 TDM werde von ihm treuhänderisch gehalten, führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit der Beschlagnahme- und Einziehungsanordnung. Das Vereinsgesetz regelt die Rechte Dritter am Vereinsvermögen in § 12 und weist die angesprochene Frage dem Einziehungsverfahren zu.
4. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.