Beschluss vom 27.08.2007 -
BVerwG 9 BN 3.07ECLI:DE:BVerwG:2007:270807B9BN3.07.0

Beschluss

BVerwG 9 BN 3.07

  • Bayerischer VGH München - 22.06.2007 - AZ: VGH 4 N 05.3049

In der Normenkontrollsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. August 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Vallendar und Prof. Dr. Rubel
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 22. Juni 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor (1.). Der Rechtssache kommt auch nicht die grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu, die ihr von der Beschwerde beigemessen wird (2.).

2 1. Eine Zulassung der Revision wegen der von der Beschwerde geltend gemachten Verletzung der aus dem Untersuchungsgrundsatz (vgl. § 86 Abs. 1 VwGO) resultierenden Aufklärungspflicht kommt nicht in Betracht. Aus dem Beschwerdevorbringen ergibt sich dieser Verfahrensfehler nicht (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

3 Die Frage, ob das vorinstanzliche Verfahren an einem Mangel leidet, beurteilt sich nach dem materiellrechtlichen Standpunkt der Tatsacheninstanz, selbst wenn dieser Standpunkt Bedenken unterliegen sollte (vgl. z.B. Beschluss vom 23. Januar 1996 - BVerwG 11 B 150.95 - Buchholz 424.5 GrdstVG Nr. 1 S. 1). Die Beschwerde übersieht dies, wenn sie nach Art einer Rechtsmittelschrift an der Rechtsanwendung der Vorinstanz in verschiedener Hinsicht Kritik übt und die in deren Urteil vertretene Rechtsauffassung angreift, die beklagte Stadt sei unter dem 10. Dezember 1970 als heilklimatischer Kurort „anerkannt“ worden und sie habe dieses Prädikat, das nach Inkrafttreten des Bayerischen Kommunalabgabengesetzes (KAG) unter dem 14. April 1974 bestätigt worden sei, nach dem einschlägigen Landesrecht bis heute nicht verloren (UA S. 4 ff.). Auf der Grundlage der Rechtsauffassung der Vorinstanz konnte es nicht entscheidungserheblich darauf ankommen, ob infolge des zwischenzeitlich gestiegenen Verkehrsaufkommens der von der B 307 ausgehende Verkehrslärm und die verschlechterte Lufthygiene einer Anerkennung als heilklimatischer Kurort entgegenstehen würden. Eine Sachaufklärung hinsichtlich des vom Antragsteller behaupteten Verkehrslärms und der lufthygienischen Probleme durfte die Vorinstanz somit als entbehrlich ansehen.

4 Entsprechendes gilt für die Aufklärungsrüge, mit der sich die Beschwerde gegen die Ablehnung des in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrags wendet. Sie kann nicht mit dem - gegen den materiellrechtlichen Standpunkt der Vorinstanz gerichteten - Einwand durchdringen, die Zuordnung der im angefochtenen Urteil (UA S. 6) aufgezählten Einrichtungen zum kurbeitragsfähigen Aufwand sei mit § 7 Abs. 1 KAG nicht vereinbar, weil diese Einrichtungen in jedem besseren Fremdenverkehrsort vorzufinden seien. Auch die Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) ist in diesem Zusammenhang nicht ordnungsmäßig dargelegt. Der Beweisantrag ist von der Vorinstanz mit der Begründung abgelehnt worden, das pauschale, auch nicht ansatzweise begründete Bestreiten eines Aufwands für derartige Einrichtungen löse keine Aufklärungspflicht des Gerichts aus. Der Sache nach hat die Vorinstanz den Antrag abgelehnt, weil er auf einen Ausforschungsbeweis „gleichsam ins Blaue hinein“ hinausläuft. Die Beschwerde setzt sich nicht damit auseinander, dass dies zulässig ist (vgl. z.B. Beschluss vom 27. März 2000 - BVerwG 9 B 518.99 - Buchholz 310 § 98 VwGO Nr. 60 S. 6 m.w.N.).

5 2. Die Zulassung der Revision ist auch nicht mit der von der Beschwerde als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichneten Frage
nach den Voraussetzungen, unter denen sich eine Stadt als heilklimatischer Kurort bezeichnen kann und wann sie dieses zur Erhebung von Kurbeiträgen ermächtigende Prädikat wieder verliert,
oder nach der angeblichen „Unanfechtbarkeit“ einer ministeriellen Feststellung bzw. Anerkennung trotz wesentlicher Veränderungen der tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen in einem Zeitraum von über 30 Jahren
zu rechtfertigen. Zur Darlegung des Zulassungsgrundes des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wäre es erforderlich, dass die Beschwerde eine bestimmte, höchstrichterlich noch ungeklärte und für die angestrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts formuliert und außerdem angibt, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der Sache bestehen soll (vgl. z.B. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 14). Einwendungen gegen die sachliche Richtigkeit des angefochtenen Urteils reichen ebenso wenig aus, um diese Voraussetzung zu erfüllen, wie der bloße Hinweis darauf, der streitige Sachverhalt und damit zusammenhängende Rechtsfragen seien bisher nicht Gegenstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung geworden. Dies gilt hier umso mehr, als die Vorinstanz den Fortbestand der Anerkennung als heilklimatischer Kurort ausschließlich aus Normen des Landesrechts hergeleitet hat, deren Auslegung und Anwendung vom Revisionsgericht nicht nachgeprüft wird (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO). Die Beschwerde zeigt einen Bezug zum revisiblen Bundesrecht nur auf, wenn sie meint, die von der Vorinstanz angenommene „Unanfechtbarkeit“ der Anerkennung verstoße gegen die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG und gegen das durch Art. 20 Abs. 3 GG geschützte Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Insoweit fehlt es aber an einer Darlegung (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), dass der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den bundesrechtlichen Normen, deren Verletzung geltend gemacht wird, bisher keine Aussagen zu entnehmen sind, die eine bundesrechtskonforme Auslegung und Anwendung des Landesrechts gewährleisten (vgl. z.B. Beschluss vom 23. März 1992 - BVerwG 5 B 174.91 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 306). Allein mit der Rüge einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung des Bundesrechts kann die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht begründet werden.

6 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.