Urteil vom 27.08.2003 -
BVerwG 2 WD 39.02ECLI:DE:BVerwG:2003:270803U2WD39.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 27.08.2003 - 2 WD 39.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:270803U2WD39.02.0]

Urteil

BVerwG 2 WD 39.02

In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 27. August 2003, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Pietzner,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Widmaier,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
sowie
Oberstleutnant Claus Habermann,
Oberfeldwebel Antje Wusseng
als ehrenamtliche Richter,
Leitender Regierungsdirektor Mühlbächer
als Vertreter des Bundeswehrdisziplinaranwalts,
Rechtsanwalt Rust, Rheine,
als Pflichtverteidiger,
Justizangestellte Kairies
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

  1. Unter Zurückweisung der Berufung des Soldaten wird auf die Berufung des Wehrdisziplinaranwalts das Urteil der ... Kammer des Truppendienstgerichts Nord vom 16. April 2002 im Ausspruch über die Disziplinarmaßnahme geändert.
  2. Der Soldat wird in den Dienstgrad eines Obergefreiten herabgesetzt.
  3. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Soldaten auferlegt.

Gründe

I

Der 30 Jahre alte Soldat erlangte am 15. Juni 1992 die allgemeine Hochschulreife. Danach absolvierte er erfolgreich eine Ausbildung zum Sozialversicherungsfachangestellen und war ab 28. Juni 1995 im erlernten Beruf tätig.

Zum 3. Juli 1995 wurde er als Grundwehrdienstleistender zur .../Luftwaffenaus-bildungsregiment ... nach B./N. einberufen. Sein auf zehn Monate verkürzter Grundwehrdienst endete am 30. April 1996. Anschließend war er wieder in seinem erlernten Beruf tätig.

Aufgrund seiner Bewerbung und Verpflichtung für den freiwilligen Dienst in der Bundeswehr wurde er zum 1. Juli 1997 erneut zur Bundeswehr einberufen und am 30. Oktober 1997 in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. Seine Dienstzeit wurde zunächst auf vier Monate, sodann auf fünf und zwölf Jahre festgesetzt. Auf seinen Antrag wurde seine Dienstzeit auf sieben Jahre verkürzt, sodass sie mit Ablauf des 31. August 2003 endet.

Der Soldat wurde mit Wirkung vom 1. November 1997 zum Stabsunteroffizier und am 1. Oktober 1999 zum Feldwebel befördert.

Nach seinem Dienstantritt beim Stab Fliegende Gruppe/Jagdgeschwader ... „W” in R., wo er zunächst als Stabsdienstsoldat, später als Stabsdienstfeldwebel verwendet wurde, nahm er in der Zeit vom 7. April bis 24. Juni 1998 am Unteroffizierlehrgang bei der .../Unteroffizierschule der Luftwaffe in A. und vom 20. Oktober bis 10. Dezember 1998 am Feldwebellehrgang bei der .../Unteroffizierschule der Luftwaffe teil, den er mit der Abschlussnote „befriedigend” bestand. Zum 1. Mai 1999 wurde er zur .../Jagdgeschwader .. in H. als Innendienstbearbeiter und ab Januar 2002 zur Ausbildungsstaffel/Fluglehrzentrum ... in R. versetzt. Vom 2. September 2002 bis 9. Juni 2003 wurde er beim Stab Fliegerhorstgruppe Jagdbombergeschwaders ... im C. eingesetzt und zuletzt am 10. Juni 2003 zum Stab Radarführungsregiment... in G. versetzt.

In seiner dienstlichen Beurteilung vom 26. Januar 2001 wurden die Leistungen des Soldaten in den Einzelmerkmalen zweimal mit „6”, zehnmal mit „5” und dreimal mit „4” bewertet. Bei der Beurteilung seiner Eignung und Befähigung wurde ihm für „Befähigung zur Einsatz- und Betriebsführung” die Wertung „D”, für „Geistige Befähigung” die Wertung „C”, für „Verantwortungsbewusstsein” und „Eignung zur Menschenführung/Teambefähigung” die Wertung „B” zuerkannt.

Unter „Herausragende charakterliche Merkmale, Kameradschaft, berufliches Selbstverständnis, Bewährung im Einsatz und ergänzende Aussagen” wurde über den Soldaten ausgeführt:

„Feldwebel ... ist ein engagierter und leistungswilliger Unteroffizier, der höflich auftritt und verbindliche Umgangsformen besitzt. Er identifiziert sich voll und ganz mit seinem Beruf als Soldat und zeigt dieses auch mit Stolz.

Zur Zufriedenheit seiner Vorgesetzten erledigt Fw ... die ihm übertragenen Aufgaben äußerst gewissenhaft.

Im Kreise seiner Kameraden ist Fw ... aufgrund seiner fachlichen Expertise, sowie seiner ruhigen und sachlichen Art ein geschätzter Ansprechpartner.

Fw ... hat gute Anlagen, sollte diese aber speziell hinsichtlich seines Führungsanspruches noch deutlicher sichtbar werden lassen. Mit wachsender Lebenserfahrung sowie Führungsverantwortung wird dieses Persönlichkeitsmerkmal sicher noch weiter ausgeprägt werden.”

Unter „Verwendungshinweise” schätzte der Beurteilende den Soldaten als „beson-ders geeignet” für Stabsverwendungen, als „gut geeignet” für Fachverwendungen und als „geeignet” für Führungsverwendungen in der Truppe und für Allgemeine Führungsverwendungen ein.

Der nächsthöhere Disziplinarvorgesetzte nahm zu der Beurteilung wie folgt Stellung:

„Freundlicher, leistungsbereiter Unteroffizier mit Portepee, der seiner verantwortungsvollen Aufgabe als Innendienstbearbeiter B zunehmend gerecht wird.

Seine Einstellung zu Aufgaben und Beruf sind tadellos und verdienen Anerkennung.”

In der Sonderbeurteilung vom 12. November 2002 wurden die Leistungen des Soldaten in den Einzelmerkmalen einmal mit „5”, fünfmal mit „4” und neunmal mit „3” bewertet. Bei der Beurteilung seiner Eignung und Befähigung wurde ihm für „Verantwortungsbewusstsein”, „Geistige Befähigung”, „Eignung zur Menschenführung/Teambefähigung” und „Befähigung zur Einsatz- und Betriebsführung” jeweils die Wertung „B” zuerkannt. Unter „Herausragende charakterliche Merkmale, Kameradschaft, berufliches Selbstverständnis, Bewährung im Einsatz und ergänzende Aussagen” wurde über ihn ausgeführt:

„Fw ... ist höflich und besitzt gute Umgangsformen. Sein Auftreten ist als unauffällig und zurückhaltend zu charakterisieren. ... ist gerne Soldat, auch wenn es Dinge im täglichen Dienstbetrieb gibt, die nicht immer seine Talente fördern. ... lässt sich dies jedoch nicht anmerken, sondern versucht immer, sein Bestes zu geben.”

In der Sonderbeurteilung vom 5. August 2003 wurden seine Leistungen in den Einzelmerkmalen neunmal mit „5”, dreimal mit „4” und dreimal mit „3” bewertet. Bei der Beurteilung seiner Eignung und Befähigung wurde ihm für „Geistige Befähigung” und „Eignung zur Menschenführung/Teambefähigung” jeweils die Wertung „C” und für „Verantwortungsbewusstsein” sowie „Befähigung zur Einsatz- und Betriebsführung” jeweils die Wertung „B” zuerkannt. Unter „Herausragende charakterliche Merkmale, Kameradschaft, berufliches Selbstverständnis, Bewährung im Einsatz und ergänzende Aussagen” wurde über ihn ausgeführt:

„Fw ... ist ein ruhiger und zurückhaltender Unteroffizier m.P., der aufgrund seiner kurzen Zugehörigkeit zu seinen jeweiligen Einheiten bei seinen Arbeitsergebnissen nicht über die Qualität der Einarbeitungsphase hinaus kommen konnte. Fw ... ist stets tadellos korrekt. Sein Verhalten ist von Rücksichtnahme bestimmt; er drängt sich nicht in den Vordergrund, ist aber stets ‚da’, wenn man ihn braucht.”

Im Dienstzeugnis des Personalstabsoffiziers des Stabes des Radarführungsregiments ... vom 4. August 2003 werden dem Soldaten für seine gezeigten Leistungen in den Streitkräften Dank und Anerkennung ausgesprochen.

Major W., Disziplinarvorgesetzter des Soldaten vom 1. Juni 2000 bis März 2002, hat als Leumundszeuge vor dem Truppendienstgericht ausgesagt, der Soldat sei fachlich ein hervorragender Mann und übernehme Verantwortung, habe seine Aufgabe gut gemacht, sei ein Einzelgänger in der Staffel gewesen, habe dort keine Freunde gehabt, sei in der Staffel nicht verwurzelt und sehr verschlossen gewesen.

Die Auszüge aus dem Zentralregister und dem Disziplinarbuch enthalten nur die Eintragung über die sachgleiche Verurteilung.

Disziplinar ist der Soldat weder positiv noch negativ in Erscheinung getreten.

Der Soldat ist ledig, hat aber eine feste Freundin. Der gemeinsame Sohn ist 16 Monate alt. Der Soldat beabsichtigt, seine Freundin zu heiraten, sobald diese geschieden ist. Er erhält Dienstbezüge nach Besoldungsgruppe A 7 in der 4. Dienstaltersstufe in Höhe von 1.882,36 € brutto, ca. 1.560 € netto.

Seine wirtschaftlichen Verhältnisse sind geordnet. Nach seinem Ausscheiden aus der Bundeswehr strebt er eine Tätigkeit in seinem erlernten Beruf bei der Techniker Krankenkasse an.

II

III