Beschluss vom 27.06.2007 -
BVerwG 2 B 62.06ECLI:DE:BVerwG:2007:270607B2B62.06.0

Beschluss

BVerwG 2 B 62.06

  • Bayerischer VGH München - 19.07.2006 - AZ: VGH 3 BV 03.1356

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. Juni 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Albers
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dawin und Dr. Kugele
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 19. Juli 2006 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unbegründet.
A.

2 1. Die im Rahmen der Grundsatzrüge nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO aufgeworfene Frage,
„ob das Kommunalunternehmen als selbständige Anstalt des öffentlichen Rechts grundsätzlich nicht - also auch bei entgegenstehenden gesetzlichen Regelungen - Dienstherr der ihm auf Dauer zugewiesenen Beamten sein kann“,
lässt sich unmittelbar aus dem Gesetz beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.

3 Gemäß § 2 Abs. 1 BRRG steht der Beamte zu seinem Dienstherrn in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis, dem Beamtenverhältnis. Diese Vorschrift ist in Art. 2 BayBG nachgezeichnet. Gemäß Art. 1 Abs. 1 BayBG gilt diese Regelung auch für Beamte der Gemeindeverbände und der sonstigen unter der Aufsicht des Staates stehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Das Verhältnis zwischen dem Dienstherrn und dem Beamten ist öffentlich-rechtlicher Natur und wird nicht durch Vertrag, sondern durch einen mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt begründet. Die sich aus dem Beamtenverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz oder lassen sich auf ein Gesetz zurückführen. Das Beamtenverhältnis darf weder durch Vereinbarung noch durch sonstige Regelungen vom Gesetz abweichen. Auch in diesem Sinne müssen auch einzelne Rechtspositionen innerhalb des Beamtenverhältnisses zwingend durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt sein. Daher kann eine juristische Person des öffentlichen Rechts im Sinne des Art. 1 Abs. 1 BayBG nur aufgrund eines Gesetzes Dienstherrneigenschaft besitzen.

4 2. Die weitere vermeintlich rechtsgrundsätzliche Frage,
„ob das Kommunalunternehmen als Anstalt des öffentlichen Rechts, wenn es denn nicht Dienstherr der zugewiesenen Beamten ist, dennoch selbst Entscheidungen über die amtsangemessene Beschäftigung dieser Beamten treffen kann und diese Entscheidungen dann nicht ausschließlich vom Dienstherrn selbst zu treffen sind“,
würde sich in einem Revisionsverfahren nicht stellen. Denn nach dem zutreffenden Ergebnis der Auslegung und Anwendung bayerischen Rechts, gegen die keine Revisionsrügen erhoben worden sind, ist der Kläger dem Beklagten gemäß § 123a BRRG, Art. 90 Abs. 5 GO, Art. 26 Abs. 1 Satz 1 KommZG bestandskräftig zugewiesen worden, nachdem er sein ursprüngliches Klagebegehren auf Aufhebung des Zuweisungsbescheids vom 28. Februar 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 25. April 2000 zurückgenommen hatte. Teil dieser rechtlichen Würdigung ist auch, dass der Kläger entsprechend der Regelung in § 8 der Satzung des Beigeladenen in dem zu diesem begründeten Beamtenverhältnis verblieben ist. Deshalb bestimmen sich die Rechte und Pflichten aus dem Beamtenverhältnis des Klägers ausschließlich nach seinen Rechtsbeziehungen mit dem Beigeladenen. Dazu gehört auch die Frage der amtsgemäßen Beschäftigung.

5 3. Auf dieselbe Weise beantwortet sich die Frage,
„ob der Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung gegen den Dienstherrn von den zugewiesenen Beamten zusätzlich auch unmittelbar gegen das Kommunalunternehmen als Anstalt des öffentlichen Rechts geltend gemacht werden kann".

6 4. Auf die Frage,
„ob der Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung der nach § 123a Abs. 2 BRRG auf Dauer zugewiesenen Beamten unter dem Gesichtspunkt der ‚praktischen Konkordanz’ nach den Interessen und zugunsten des Kommunalunternehmens auf eine unterwertige Beschäftigung gegen den Willen der zugewiesenen Beamten reduziert werden kann“,
käme es nicht an, weil die angefochtene Entscheidung allein auf der fehlenden Passivlegitimation des Beklagten beruht.
B.

7 Mit der nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO erhobenen Divergenzrüge macht der Kläger geltend, das angefochtene Urteil weiche von den Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts ab. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. März 2005 - BVerwG 2 C 11.04 - (BVerwGE 123, 107 ff.) greife die unterwertige - nicht amtsgemäße - Tätigkeit eines privatisierten Beamten in dessen Rechtsstellung ein, die gemäß Art. 143a Abs. 1 Satz 3 GG, Art. 2 § 12 Abs. 4 Satz 1 ENeuOG zu wahren sei. Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - (BVerwGE 126, 182) sei die Versetzung eines Beamten zu einer Personalservice-Agentur ohne Übertragung eines amtsgemäßen Aufgabenbereichs rechtswidrig. Das Problem der amtsgemäßen Verwendung eines Beamten stelle sich auch in den Fällen der nach Art. 143b, Art. 87f Abs. 2 GG privatisierten Beamten. Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 3. Juli 1985 - 2 BvL 16/82 - (BVerfGE 70, 251) habe der Inhaber eines statusrechtlichen Amtes gemäß Art. 33 Abs. 5 GG auf Lebenszeit einen Anspruch auf ein amtsangemessenes konkret-funktionelles Amt.

8 Diese Rüge ist schon deshalb unbegründet, weil die angefochtene Entscheidung nicht auf den in Bezug genommenen Rechtssätzen beruht. Das Berufungsurteil ist ausschließlich darauf gestützt, dass der Beklagte nicht passivlegitimiert ist.
C.

9 Aus diesem Grunde muss auch die Verfahrensrüge gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erfolglos bleiben. Mit ihr macht der Kläger geltend, die Berufungsentscheidung sei eine Überraschungsentscheidung und verstoße gegen § 86 Abs. 3 und § 104 Abs. 1 VwGO. Denn das Gericht habe nach dem Widerruf des in der mündlichen Verhandlung vom 2. November 2005 geschlossenen Vergleichs ohne einen erneuten richterlichen Hinweis seine Rechtsauffassung geändert und die Rechtskonstruktion der „praktischen Konkordanz“ zugunsten des Beigeladenen seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Das Urteil ist allein auf die fehlende Passivlegitimation des Beklagten gestützt. Der vom Kläger angesprochene Grundsatz der praktischen Konkordanz spielt in der angefochtenen Entscheidung keine Rolle.

10 Die Rüge der Verletzung der Hinweispflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO ließe sich auch nicht darauf stützen, dass das Berufungsgericht auf den Gesichtspunkt der fehlenden Passivlegitimation im Anschluss an den Widerruf des Vergleichs nicht erneut hingewiesen hat. Denn der Kläger hatte auf das Schreiben der Berichterstatterin vom 25. April 2005, das sich mit der Frage der Passivlegitimation beschäftigt hat, Gelegenheit zur Äußerung gehabt und diese auch mit dem Schriftsatz vom 3. Juni 2005 genutzt.

11 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über den Streitwert ergibt sich aus § 52 Abs. 2 GKG.