Beschluss vom 27.06.2002 -
BVerwG 4 VR 1.02ECLI:DE:BVerwG:2002:270602B4VR1.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 27.06.2002 - 4 VR 1.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:270602B4VR1.02.0]

Beschluss

BVerwG 4 VR 1.02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 27. Juni 2002
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. Dr. B e r k e m a n n , H a l a m a und
G a t z
beschlossen:

  1. Der Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 14. Dezember 2001 anzuordnen, wird abgelehnt.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Anordnungsverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Anordnungsverfahren auf 25 000 € festgesetzt.

1. Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist unbegründet, soweit er sich auf den mit der Klage verfolgten Hauptantrag bezieht, den Planfeststellungsbeschluss vom 14. Dezember 2001 aufzuheben. Eine summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass der Planfeststellungsbeschluss rechtmäßig ist und die Klage deshalb keinen Erfolg haben wird. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Planfeststellungsbeschlusses überwiegt daher das Interesse der Klägerin, bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens von Vollzugsmaßnahmen verschont zu bleiben.
a) Der Planfeststellungsbeschluss hält zunächst der überschlägigen rechtlichen Prüfung stand, soweit er das Überführungsbauwerk 187/1A zum Gegenstand hat. Er gibt weder aus formellen noch aus materiellen Gründen zu durchgreifenden Bedenken Anlass.
Die nunmehr beanstandete Verlegung des Überführungsbauwerks 187/1A von Bau-km 3 + 245,00 zum Bau-km 420.00 während des Planaufstellungsverfahrens geht auf die Initiative der Klägerin als Betreiberin des L.-Centers zurück, die gegen die ursprüngliche Planung Einwendungen erhoben und u.a. beanstandet hatte, dass die Rampe zur südlichen Anbindung des Überführungsbauwerks an das öffentliche Wegenetz über ihr Betriebsgrundstück verlaufen sollte. Im Anschluss an den Erörterungstermin am 17. Oktober 2000, in dem die Einwendungen aufrechterhalten wurden, kam es zu einem Schriftwechsel zwischen der Vertreterin der Klägerin, der Firma G., und dem Autobahnamt ..., in dessen Verlauf die Firma G. mit Schreiben vom 13. März 2001 den Vorschlag wiederholte, das Überführungsbauwerk in der Nähe der jetzigen Unterführung, d.h. bei Bau-km 3 + 420.00, einzuplanen, falls ihre primären Forderungen zur Ausführung des Bauwerks nicht erfüllt werden könnten. Das Autobahnamt erklärte sich in seinem Antwortschreiben vom 19. März 2001 mit dem Vorschlag einverstanden. Dem Schreiben war ein Lageplanausschnitt beigefügt, in dem das Überführungsbauwerk einschließlich einer mehrfach gewendelten Rampe zur Anbindung an die Umfahrung des L.-Centers eingezeichnet ist. Nachdem die Firma G. unter dem 29. März 2001 erwidert hatte, "dass die dargestellte Situierung des Überführungsbauwerks den Vorstellungen" der Klägerin "entspricht", wurde der Plan entsprechend geändert.
Wegen weiterer Änderungen gegenüber der Ursprungsplanung leitete die Anhörungsbehörde ... durch Schreiben an die "neu oder anders Betroffenen" vom 8. Juni 2001 ein vereinfachtes Änderungsverfahren nach § 73 Abs. 8 Satz 1 ThürVwVfG ein, legte die Änderungsunterlagen vom 11. bis 22. Juni 2001 aus und setzte eine Frist zur Stellungnahme bis zum 27. Juni 2001. Entgegen ihrer Ansicht brauchte die Klägerin an diesem Verfahren nicht beteiligt zu werden, weil mit der Planänderung, soweit sie das Überführungsbauwerk 187/1A angeht, ihren Vorstellungen uneingeschränkt Rechnung getragen worden ist. Eine erstmalige oder stärkere Berührung ihrer Belange durch die geänderte Planung, wie sie § 73 Abs. 8 Satz 1 ThürVwVfG voraussetzt, kann die Klägerin nicht mit dem Vortrag begründen, sie habe sich im Schreiben vom 29. März 2001 nur generell mit der Verschiebung des Überführungsbauwerks einverstanden erklärt, nicht jedoch mit der Inanspruchnahme von Teilen ihres Grundeigentums für die Anlegung der Rampe. Die Klägerin kommt nicht daran vorbei, dass der Lageplan, der dem Schreiben des Autobahnamts ... vom 19. März 2001 beigefügt war, den Standort des Bauwerks einschließlich der Rampe nicht nur ungefähr, sondern exakt festlegt. Aus dem Plan ergibt sich zweifelsfrei, dass für die Rampe Teile des ihr gehörenden Flurstücks ... benötigt werden. Einer Beifügung des Grunderwerbsplans bedurfte es nicht, um ihr die nunmehr ins Feld geführte Betroffenheit ihres Grundeigentums vor Augen zu führen. Die Einverständniserklärung lässt sich auch nicht einschränkend dahingehend verstehen, sie erfasse nur den Teil des Überführungsbauwerks über der BAB ..., nicht jedoch den Standort der Rampe. Aus der maßgeblichen Sicht des Empfängers enthält das Schreiben der Firma G. vom 29. März 2001 eine solche Beschränkung nicht. Die in dem Schreiben enthaltene Mitteilung, das Schreiben des Autobahnamts vom 19. März 2001 und die "beiliegende Planung" sei mit der Klägerin besprochen und die "dargestellte" Situierung des Überführungsbauwerks entspreche deren Vorstellungen, nimmt die gesamte zeichnerische Darstellung im Lageplan in Bezug. Zudem betrafen die Verhandlungen zwischen dem Autobahnamt und der Firma G. mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung gerade nur die Frage der Verbindung des Brückenbauwerks mit dem öffentlichen Wegenetz.
Zu Unrecht rügt die Klägerin einen Abwägungsfehler zu ihren Lasten. Es versteht sich von selbst, dass ein Betroffener einer Planung, der er zugestimmt hat, später nicht entgegenhalten kann, seine Belange seien nicht erkannt, fehlgewichtet oder in unvertretbarer Weise hintangestellt worden.
b) Der Planfeststellungsbeschluss wird im Klageverfahren voraussichtlich auch als rechtmäßig bestätigt werden, soweit er in Abänderung der Ursprungsplanung die Verlegung der Feuerwehrzufahrt zum L.-Center von der L ... vorsieht. Dabei kann offen bleiben, ob die Klägerin hierzu hätte gehört werden müssen; denn der Beklagte hat nicht verkannt, dass die Erreichbarkeit des L.-Centers für die Feuerwehr dauerhaft gesichert sein muss. Seine Entscheidung, die neue Zufahrt zum Betriebsgelände der Firma R. auch als Feuerwehrzufahrt für den westlichen Bereich des L.-Centers vorzusehen, steht zwar unter dem Vorbehalt der Eintragung einer entsprechenden Grunddienstbarkeit im Grundbuch. Ausweislich des Planfeststellungsbeschlusses hat sich die Firma R. mit der Bewilligung der Grunddienstbarkeit jedoch grundsätzlich einverstanden erklärt. Anhaltspunkte dafür, dass es zu der Bewilligung nicht kommen werde, weil die damit verbundene, seinerzeit noch offene Frage des Erwerbs zusätzlicher Grundflächen für eine Betriebserweiterung nicht geklärt werden könne, hat die Klägerin nicht aufgezeigt. Inzwischen ist die Bewilligung auch erteilt, wie die Vertreterin des Beklagten im Erörterungstermin, den der Berichterstatter am 18. Juni 2002 zum Klageverfahren durchgeführt hat, mitgeteilt hat. Bis zur Eintragung der Grunddienstbarkeit bleibt die derzeitige Feuerwehrzufahrt über einen der Stadt J. gehörenden Weg bestehen. Dies lässt sich dem Schreiben der Stadtverwaltung vom 23. April 2002 entnehmen, das der Beklagte im Klageverfahren vorgelegt und die Klägerin in Ablichtung erhalten hat. Deren Sorge um die zukünftige Erreichbarkeit ihrer Liegenschaft für die Feuerwehr erweist sich daher als unbegründet.
2. In Bezug auf die mit der Klage hilfsweise gestellten Verpflichtungsanträge ist der Eilantrag unzulässig, weil § 80 VwGO dem vorläufigen Rechtsschutz nur im Fall der Anfechtungsklage dient. Auch nach einer Umdeutung in einen Antrag nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO hätte er keinen Erfolg, weil der Planfeststellungsbeschluss aus den dargelegten Gründen rechtmäßig sein dürfte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO und die Festsetzung des Streitwerts auf § 13 Abs. 1 Satz 1, § 20
Abs. 3 GKG.