Beschluss vom 26.11.2002 -
BVerwG 7 B 114.02ECLI:DE:BVerwG:2002:261102B7B114.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 26.11.2002 - 7 B 114.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2002:261102B7B114.02.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 114.02

  • VG Leipzig - 05.07.2002 - AZ: VG 1 K 509/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. November 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
S a i l e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
G ö d e l und K l e y
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 5. Juli 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 168 471 € festgesetzt.

Der Kläger wendet sich gegen die Rückübertragung des mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks G.straße 14 in Leipzig nach dem Vermögensgesetz (VermG) an den Beigeladenen. Der Beigeladene und sein Bruder, die beide von den Nationalsozialisten aus rassischen Gründen verfolgt worden waren, veräußerten das Grundstück im Juni 1939. Von den Erben der Käuferin erwarb der Kläger das Grundstück durch Kaufvertrag vom 7. Mai 1990; am 27. Juni 1990 wurde er als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Rückübertragung gemäß § 4 Abs. 2 Satz 2 VermG nicht durch redlichen Erwerb des Klägers ausgeschlossen sei und der Rückübertragung auch § 3 Abs. 4 Satz 3 VermG nicht entgegenstehe. Die Revision hat es nicht zugelassen.
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist nicht begründet. Die als Zulassungsgrund allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt der Rechtssache nicht zu.
1. Dies gilt für die von dem Kläger als klärungsbedürftig angesehene Frage, ob § 4 Abs. 2 Satz 2 VermG mit Art. 14 Abs. 1 und 3 sowie Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist. Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, weil sie in der Rechtsprechung geklärt ist. Das Bundesverfassungsgericht hat mit Urteil vom 23. November 1999 - 1 BvF 1/94 - (BVerfGE 101, 239 <261 ff.>) entschieden, dass der Gesetzgeber zur Sicherung des Vorrangs der Restitution einen Stichtag festlegen konnte, bis zu dem der Vertrauensschutz Vorrang genießt und ab dem die Restitution zugunsten des früheren Eigentümers oder seines Rechtsnachfolgers zum Zuge kommt. Es hat festgestellt, dass die Regelung des § 4 Abs. 2 VermG auch in den Fällen, in denen sie - wie im Fall des Klägers - ausnahmsweise zu einer echten Rückwirkung führt, verfassungsgemäß ist. Wörtlich ist hierzu in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts ausgeführt:
"Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn ein in das Grundbuch eingetragener Käufer nach den Bestimmungen der § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 2 VermG dem früheren Eigentümer oder dessen Rechtsnachfolger das bereits erworbene Eigentumsrecht zurück übertragen muss. Dies ist der Fall, wenn der Käufer entweder unredlich erworben hat oder wenn der Kaufvertrag erst nach dem 18. Oktober 1989 angebahnt und abgeschlossen worden ist. In beiden Fällen durfte der Gesetzgeber eine Regelung mit echter Rückwirkung treffen" (BVerfGE 101, 239 [265 f.]; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 24. Mai 1995 - BVerwG 7 B 51.94 - Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 17; Beschluss vom 22. Februar 1996 - BVerwG 7 B 36.96 - Buchholz 428 § 4 VermG Nr. 27).
2. Die weitere von dem Kläger aufgeworfene Frage, "ob ein Gesetz, das ab dem Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens und damit für die Zukunft gilt, ohne ausdrückliche gesetzgeberische Anordnung seiner Rückwirkung allein durch die Jurisdiktion im Rahmen der Rechtsprechung rückwirkend angewandt werden kann oder solches ... gegen das strikte verfassungsrechtliche Grundprinzip der Gewaltenteilung und Rechtsstaatlichkeit" verstößt, rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Revision. Der Kläger verkennt, dass von dem In-Kraft-Treten eines Gesetzes oder bestimmter Rechtsvorschriften grundsätzlich die Frage zu unterscheiden ist, ob der Gesetzgeber einer Norm Rückwirkung zugemessen hat. Soweit der Wortlaut der Vorschrift insoweit nicht eindeutig ist, ist dies von der Rechtsprechung im Wege der Auslegung zu ermitteln. Entgegen der Auffassung des Klägers kann der Gesetzgeber bestimmten Regelungen eines Gesetzes, wie es beim Vermögensgesetz der Fall ist, Rückwirkung beilegen, anderen Vorschriften des Gesetzes dagegen nicht. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 zweiter Halbsatz VwGO ab.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.