Beschluss vom 26.05.2003 -
BVerwG 8 B 45.03ECLI:DE:BVerwG:2003:260503B8B45.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 26.05.2003 - 8 B 45.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:260503B8B45.03.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 45.03

  • VG Gera - 26.11.2002 - AZ: VG 5 K 1300/98 GE

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. Mai 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. M ü l l e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a g e n k o p f und K r a u ß
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Gera vom 26. November 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese jeweils selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 97 383,51 € festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von den Klägern geltend gemachten Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 VwGO liegen nicht vor.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die Beschwerde hat keine klärungsbedürftige Rechtsfrage von fallübergreifendem Gewicht aufgeworfen. Soweit sie indirekt eine derartige Frage mit der Formulierung stellen will:
"Bislang ist höchstrichterlich nicht entschieden, ob und in welcher Weise der Tatbestand des § 1 Abs. 3 VermG eine Beteiligung staatlicher Stellen an dem fraglichen Erwerb von Vermögensgegenständen voraussetzt",
so setzt sie sich schon nicht mit der bereits vorhandenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu dieser Thematik auseinander. Es ist zudem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass der Schädigungstatbestand des § 1 Abs. 3 VermG solche Vorgänge erfasst, bei denen im Einzelfall in manipulativer, sittlich vorwerfbarer Weise unter Verstoß gegen die Rechtsordnung der DDR auf bestimmte Vermögenswerte zugegriffen wurde, wobei auch der Vermögenszugriff unter bewusst rechtswidrigem Einsatz des Machtapparats von Staat und Partei erfolgen kann, um eine Überführung in Volkseigentum oder in das Eigentum eines Dritten zu erreichen. In diesen Fällen liegt eine unlautere Machenschaft in der Form des Machtmissbrauchs vor (vgl. hierzu nur Urteil vom 29. Februar 1996 - BVerwG 7 C 59.94 - BVerwGE 100, 310 <312 f.> m.w.N.). Soweit die Beschwerde eine Grundsatzrüge mit der Formulierung erheben will:
"Es bedarf der grundsätzlichen Klärung, welche Auslegungsgrundsätze einer notariellen Erklärung unter Geltung des ZGB-DDR zugrunde zu legen sind",
so verkennt sie schon, dass dies keine Rechtsfrage von fallübergreifendem Gewicht ist, deren zu erwartende revisionsgerichtliche Klärung der Einheit oder der Fortentwicklung des Rechts zu dienen vermag. Vielmehr greift die Beschwerde die Rechtsanwendung des Verwaltungsgerichts selbst an und kritisiert letztlich dessen Beweiswürdigung. Die Beweiswürdigung des Tatrichters ist aber aufgrund des § 137 Abs. 2 VwGO vom Revisionsgericht nur auf die Verletzung allgemein verbindlicher Beweiswürdigungsgrundsätze überprüfbar, zu denen die allgemeinen Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB), die gesetzlichen Beweisregeln, die Denkgesetze und die allgemeinen Erfahrungssätze gehören. Eine Verletzung dieser Grundsätze hat die Beschwerde aber nicht darlegen können. Insbesondere ist die Bewertung der maßgeblichen notariellen Erklärung durch das Verwaltungsgericht ohne Verstoß gegen die Denkgesetze erfolgt, da der von dem Verwaltungsgericht gezogene Schluss aus Gründen der Logik durchaus plausibel ist.
Ohne Erfolg berufen sich die Kläger schließlich auf etwaige Verfahrensmängel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Soweit die Kläger meinen, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt und damit gegen § 86 Abs. 1 VwGO verstoßen, so kann die Beschwerde auch damit nicht durchdringen. Wird nämlich eine Beschwerde auf die Verletzung der Pflicht zur Sachaufklärung gestützt, so gehört es schon zur ordnungsgemäßen Bezeichnung dieses Verfahrensmangels, dass dargelegt wird, welche Beweise angetreten worden sind, oder welche Ermittlungen sich dem Tatsachengericht hätten aufdrängen müssen, welche Beweismittel in Betracht gekommen wären, welches mutmaßliche Ergebnis die Beweisaufnahme gehabt hätte und inwiefern dieses Ergebnis zu einer für die Beschwerdeführer günstigeren Entscheidung hätte führen können. Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Die Beschwerde kann schon nicht dartun, weshalb es sich dem Verwaltungsgericht aufdrängen musste, aufzuklären, "in welcher Weise die Erbschaftsvollmacht vom 19.12.1978 zustande kam".
In ihrem Schriftsatz vom 28. Juni 2000 (Bl. 146 der Prozessakte) haben die Kläger selbst vorgetragen, dass ihre Tante, die Beigeladene zu 2, alle Formalitäten zum Verkauf des Hauses im Grenzgebiet, G. Nr. 28, übernommen hätte und dementsprechend im Besitz einer Kopie der Erbschaftsvollmacht vom 19. Dezember 1978 sei, die im Notariat Rudolstadt abgefasst wurde und deren Original im Nachlassgericht Saalfeld liegt. Die Kläger haben weiter darauf hingewiesen, dass sie auch nach kurzer Zeit anteilig den Erlös vom Verkauf erhalten hätten. Dieser Vortrag stimmt durchaus mit der in den Verwaltungsvorgängen befindlichen Kopie der Erbschaftsvollmacht vom 19. Dezember 1978 überein. Aus dieser Vollmacht geht entgegen des Vortrags der Beschwerde hervor, dass die betreffenden Erben eine umfassende Erbschaftsvollmacht erteilt haben ("in allen Angelegenheiten, die den Nachlass des am 16.02.1970 verstorbenen H.O.K.R. betreffen"), wobei die Bevollmächtigte auch insoweit mit sich selbst Rechtsgeschäfte abschließen durfte. Angesichts dieses Textes der Erbschaftsvollmacht mussten sich dem Tatsachengericht auch keine weiteren Ermittlungen aufdrängen.
Wenn die Beschwerdeschrift so zu verstehen sein sollte, dass anderweitige staatliche Stellen mit dem staatlichen Notariat Rudolstadt zusammengewirkt haben, um den Klägern Vermögenswerte in rechtswidriger Weise zu entziehen, so sind hierfür keine Anhaltspunkte ersichtlich und im Übrigen auch nicht seitens der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren vorgetragen bzw. entsprechende Beweisaufnahmen beantragt worden. Darüber hinaus ist auch nicht erkennbar, weshalb durch die Abfassung einer Erbschaftsvollmacht für eine Privatperson gerade ein staatlicher Zugriff auf die Vermögenswerte in zielgerichteter Weise vorgenommen worden sein sollte.
Unabhängig hiervon hätte es auch an den Klägern gelegen, soweit sie Ermittlungen des Verwaltungsgerichts zu ihrem Vortrag vermissen, dass nicht alle mit einem Bodenreformvermerk versehenen Grundstücke tatsächlich von der Bodenreform erfasst gewesen seien, hierzu substantiiert vorzutragen, bei welchen Grundstücken dies der Fall gewesen sein sollte. Gegebenenfalls hätten entsprechende Beweisanträge gestellt werden müssen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 14, 13 GKG.