Beschluss vom 26.03.2008 -
BVerwG 9 B 11.08ECLI:DE:BVerwG:2008:260308B9B11.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 26.03.2008 - 9 B 11.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:260308B9B11.08.0]

Beschluss

BVerwG 9 B 11.08

  • Sächsisches OVG - 02.10.2007 - AZ: OVG 5 B 178/07

In der Verwaltungsstreitsache hat der 9. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. März 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Storost
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel und Dr. Nolte
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 2. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 809,17 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf die Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (Verfahrensmangel) und des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (grundsätzliche Bedeutung) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 1. Als Verfahrensmangel macht die Beschwerde geltend, das Oberverwaltungsgericht habe aufgrund seiner unzutreffenden Auslegung des Vertrages vom 6. Oktober 1994 zwischen Beklagter und Beigeladenem der Entscheidung einen Sachverhalt zugrunde gelegt, der auf einem Rechtsirrtum beruhe bzw. einen Verstoß gegen allgemeine Auslegungsregeln erkennen lasse. Dieses Vorbringen lässt einen Zulassungsgrund nicht erkennen (vgl. § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Abgesehen davon, dass die Beschwerde keine Verfahrensnorm benennt, die insoweit verletzt sein könnte, zeigt sie mit den genannten Kriterien lediglich die Grenzen der Bindung des Revisionsgerichts an Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz, nicht jedoch Gründe auf, die die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels rechtfertigen können (Beschluss vom 5. Oktober 1990 - BVerwG 4 B 249.89 - NVwZ-RR 1991, 118 <119>). Ohnehin setzt sie der Vertragsauslegung durch das Oberverwaltungsgericht lediglich eine andere rechtliche Sichtweise entgegen, was das Vorliegen eines Rechtsirrtums oder eines Verstoßes gegen allgemeine Auslegungsregeln allein nicht zu begründen vermag.

3 Unabhängig davon fehlt es an der Entscheidungserheblichkeit des geltend gemachten Mangels. Denn das Oberverwaltungsgerichts hat einen Grund für den Rückgewähranspruch der Kläger wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen nicht nur in dem fehlenden Hinweis der Beklagten auf die zwischen Beklagter und Beigeladenem vereinbarte Nichterhebung von Vorausleistungen gesehen, sondern auch darin, dass die Beklagte nicht berechtigt gewesen war, beim Abschluss des Vertrages anstelle des Beigeladenen zu handeln. Hierbei handelt es sich entgegen der Auffassung der Beklagten nicht um ein obiter dictum, sondern um eine selbständig tragende Begründung („darüber hinaus“, UA S. 12) für eine Pflichtverletzung der Beklagten, deren schuldhafte Begehung das Oberverwaltungsgericht im Folgenden ebenfalls selbständig prüft und unter Hinweis darauf, dass die Beklagte die für sie geltenden Zuständigkeits- und Vertretungsvorschriften besser als die Kläger kennen musste, bejaht (UA S. 13). Die Revision gegen ein Urteil, das nebeneinander auf mehrere, je selbständig tragende Begründungen gestützt ist, kann aber nur dann zugelassen werden, wenn im Hinblick auf jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht wird und vorliegt (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 S. 15 m.w.N.). Das ist hier im Hinblick auf die zuletzt genannte Begründung nicht der Fall.

4 2. Als grundsätzlich bedeutsam wirft die Beschwerde die Frage auf,
„ob zwischen einem Zweckverband und dessen Verbandsmitglied ein Erschließungsvertrag nach § 124 Abs. 1 BauGB geschlossen werden darf, infolge dessen das Verbandsmitglied als Dritter i.S.d. § 124 Abs. 1 BauGB privatrechtliche Entgelte von den Grundstückserwerbern des Erschließungsvertragsgebietes verlangen kann, auch wenn das Verbandsmitglied dem Zweckverband die Aufgabe der öffentlichen Wasserversorgung übertragen und der Zweckverband das Verhältnis zu den Benutzern seiner Einrichtung der öffentlichen Wasserversorgung öffentlich-rechtlich ausgestaltet hat.“

5 Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht, weil sie in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich wäre (vgl. zu dieser Anforderung Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O S. 14). Zu Unrecht sieht die Beschwerde die Entscheidungserheblichkeit dieser Frage darin, dass „deren Beantwortung Auswirkungen auf die Beurteilung der Bestimmungen in Ziff. 7.3 des Kaufvertrages zwischen den Klägern und der Beklagten hat“. Denn - wie bereits dargelegt - hat das Oberverwaltungsgericht diese Vorschrift mit selbständig tragender und von der Beschwerde nicht angegriffener Begründung deswegen für unwirksam angesehen, weil die Beklagte mangels Bevollmächtigung bzw. Genehmigung nicht berechtigt gewesen sei, beim Abschluss der als öffentlichrechtlich qualifizierten Regelung der Ziff. 7.3 anstelle des Beigeladenen zu handeln. Dass der aufgeworfenen Frage insoweit Bedeutung zukommen könnte, zeigt die Beschwerde nicht auf (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).

6 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 GKG.