Beschluss vom 26.01.2004 -
BVerwG 5 B 95.03ECLI:DE:BVerwG:2004:260104B5B95.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 26.01.2004 - 5 B 95.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:260104B5B95.03.0]

Beschluss

BVerwG 5 B 95.03

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 14.07.2003 - AZ: OVG 2 A 727/02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 5. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. Januar 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. S ä c k e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht S c h m i d t und
Dr. F r a n k e
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 14. Juli 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Der Antrag der Kläger, ihnen Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten zu gewähren, wird abgelehnt.
  3. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  4. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 16 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts ist nicht begründet.
1. Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Beschwerde beigemessene grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Die Frage, "ob der Inhaber einer Funktion mit Leitungs- und Entscheidungskompetenz im Bereich der Planwirtschaft unter den Ausschlusstatbestand (des § 5 Nr. 2 Buchstabe b BVFG) fällt", lässt sich nicht unabhängig von der konkreten Funktion des Inhabers der Position beurteilen und ist deshalb insoweit eine Frage des jeweiligen Einzelfalles. Was das Grundsätzliche angeht, ist in der auch von der Beschwerde angeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass solche Funktionen unter den Ausschlusstatbestand fallen k ö n n e n ; denn der Senat hat insbesondere in seinem Urteil vom 29. März 2001 - BVerwG 5 C 15.00 - (Buchholz 412.3 § 5 BVFG Nr. 3 = DVBl 2001, 1526) klargestellt, dass Funktionen mit Entscheidungs- und Leitungskompetenz, "insbesondere soweit sie gelenkt von der KPdSU ausgeübt wurden, für die Aufrechterhaltung des kommunistischen Herrschaftssystems als bedeutsam geltend in Betracht kommen können".
Soweit die Beschwerde geltend macht, es lasse sich "nicht ... sagen, wie das Bundesverwaltungsgericht entscheiden würde bei leitenden Mitarbeitern der staatlichen Planwirtschaft", erwartet sie von einem Revisionsverfahren die Herausarbeitung einer Kasuistik zu Sachverhalten, deren Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des § 5 Nr. 2 Buchstabe b BVFG eine Würdigung der Umstände des Einzelfalles voraussetzt und deshalb nicht Aufgabe des Revisionsgerichts ist.
Soweit die Beschwerde die Rechtsprechung des Berufungsgerichts zu § 5 Nr. 2 Buchstabe b BVFG als "wenig überzeugend und in sich nicht stimmig" beanstandet, behauptet sie allenfalls eine unrichtige Anwendung der vom Bundesverwaltungsgericht zu jener Vorschrift herausgearbeiteten Grundsätze im jeweiligen Einzelfall. Ein revisionsgerichtlicher Klärungsbedarf ist auch damit nicht aufgezeigt.
2. Die behauptete Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) des Berufungsbeschlusses von dem in dem genannten Urteil des erkennenden Senats vom 29. März 2001 (a.a.O.) aufgestellten Rechtssatz, dass § 5 Nr. 2 Buchstabe b BVFG "in Bezug auf die Aufrechterhaltung des kommunistischen Herrschaftssystems maßgeblich auf eine konkret ausgeübte Funktion abstellt und nicht auf die gesamte Einrichtung, in der die Funktion ausgeübt wird", liegt ebenfalls nicht vor.
Die Beschwerde greift keine Aussage aus dem Berufungsbeschluss heraus, die jenem Rechtssatz widerspräche, sondern behauptet auch in diesem Zusammenhang der Sache nach nur eine unrichtige Subsumtion des vom Oberverwaltungsgericht beurteilten Sachverhalts unter diesen Rechtssatz. Vor allem aber geht sie darüber hinweg, dass das Berufungsgericht die Zugehörigkeit des Klägers zur Nomenklatura zwar als "starkes Indiz" für die Bedeutung einer bestimmten Stellung betrachtet (S. 5 des angefochtenen Beschlusses), letztlich entscheidungserheblich aber darauf abgestellt hat, dass "zu den wesentlichen Aufgaben des Klägers zu 1) in (seiner) Funktion (als Sowchosdirektor) auch (gehört habe), jederzeit auf die Umsetzung der politischen Vorgaben, der Ziele und des Willens der Partei in der Sowchose hinzuwirken" (S. 7 unten des Beschlusses). Damit war im konkreten Fall die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entscheidende Voraussetzung für die Annahme einer für die Aufrechterhaltung des kommunistischen Herrschaftssystems gewöhnlich als bedeutsam geltenden oder aufgrund der Umstände des Einzelfalles bedeutsamen Funktion erfüllt, nämlich die Kennzeichnung der Funktion des Klägers durch die "Aufgabe, den Willen der Partei in staatlichen, wirtschaftlichen und anderen gesellschaftlichen Einrichtungen durchzusetzen" (Urteil vom 29. März 2001, a.a.O.). Wenn die Beschwerde dieser tragenden Erwägung des Oberverwaltungsgerichts entgegenhält, der Berufungsbeschluss sei nur auf Tatsachen gestützt, "die nicht in der konkreten Funktion des Klägers begründet sind, sondern mit generellen Elementen der Herrschaft der KPdSU, die jeder beruflichen Funktion und jeder Einrichtung in der UdSSR immanent sind", so liegt auch darin allenfalls die Behauptung einer unrichtigen Würdigung des Sachverhalts bzw. die Rüge seiner fehlerhaften Subsumtion unter die nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts maßgeblichen und auch vom Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegten Kriterien.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht ist abzulehnen, weil es aus den oben genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO, §§ 114, 121 Abs. 1 ZPO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO, § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung aus § 13 Abs. 1, § 14 Abs. 1 GKG.