Verfahrensinformation

Die Beklagte wendet sich mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision gegen ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen. Mit ihm wurde sie unter Aufhebung des erstinstanzlich klageabweisenden Urteils verpflichtet, die 2001 in den Ruhestand versetzte Beamtin erneut in das Beamtenverhältnis zu berufen. Die Beklagte ist der Auffassung, dass der erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen, weil bei der Deutschen Telekom und ihren Tochtergesellschaften kein für die Klägerin geeigneter Dienstposten zur Verfügung stehe. Anders als vom Oberverwaltungsgericht angenommen, sei dieser Umstand rechtlich von Bedeutung.


Urteil vom 25.06.2009 -
BVerwG 2 C 74.08ECLI:DE:BVerwG:2009:250609U2C74.08.0

Urteil

BVerwG 2 C 74.08

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 30.07.2008 - AZ: OVG 1 A 3762/06

In der Verwaltungsstreitsache hat der 2. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 25. Juni 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Herbert,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Thomsen und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Burmeister und Petz
für Recht erkannt:

  1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 30. Juli 2008 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Gründe

I

1 Die 1960 geborene Klägerin stand zuletzt als Fernmeldeobersekretärin (Besoldungsgruppe A 7) im Dienst der Beklagten und war bei der Deutschen Bundespost eingesetzt. Von 1994 bis zu ihrer vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand im Jahre 2001 war sie wegen einer Tätigkeit bei der DeTeMobil (jetzt: T-Mobile) beurlaubt.

2 Im April 2002 beantragte die wieder dienstfähige Klägerin ihre erneute Berufung in das Beamtenverhältnis. Im März 2003 lehnte die Deutsche Telekom AG den Antrag ab. Zwar bestünden gegen die erneute Berufung der Klägerin aus gesundheitlichen Gründen keine Bedenken; jedoch stünden zwingende dienstliche Gründe ihrer erneuten Berufung entgegen. Im Bereich der Deutschen Telekom AG stünden keine freien Dienstposten zur Verfügung, auf denen die Klägerin amtsangemessen beschäftigt werden könne.

3 Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen, das Oberverwaltungsgericht der Berufung der Klägerin mit im Wesentlichen folgender Begründung stattgegeben: Weder das Fehlen einer Planstelle noch haushaltsrechtliche Erwägungen und Sparziele seien generell als zwingende dienstliche Gründe im Sinne des § 45 Abs. 2 BBG a.F. anzuerkennen. Derartige Gründe könnten nur dann zwingend entgegenstehen, wenn der Dienstherr den behaupteten Sachzwängen aus rechtlichen Gründen folgen müsse. Sei der angebliche Sachzwang dem Grunde nach steuerbar und das Ergebnis der Entscheidung insofern nicht alternativlos, habe das Reaktivierungsverlangen des Beamten grundsätzlich Vorrang. Dies gelte auch für frühere Beamte der Deutschen Bundespost, weil gesetzlich nichts anderes bestimmt sei. Was zwingende dienstliche Gründe im Sinne des § 45 Abs. 2 BBG seien, richte sich nicht ausschließlich oder vorrangig danach, welche Entscheidung das private Nachfolgeunternehmen als Eigentümer in personalpolitischer Hinsicht treffe, um seine Stellung am Markt zu behaupten oder zu verbessern. Anderes möge allenfalls dann gelten, wenn durch die erneute Ernennung des Beamten der Bestand des Unternehmens gefährdet sei. Dies sei hier jedoch fernliegend, zumal in einer derartigen Extremsituation die beim Bund verbliebene Personalverantwortung wieder unmittelbar zum Tragen komme.

4 Zumindest für bestimmte Zeiträume und Einsatzbereiche habe es als frei ausgewiesene Stellen gegeben. Dass sie gleichwohl nicht zur Verfügung gestanden hätten, sei auf Vorgaben des Vorstands der Deutschen Telekom AG zurückzuführen. Diesen Umstand könne die Beklagte aber nicht als zwingenden dienstlichen Grund ins Feld führen, weil die Deutsche Telekom AG diese Situation maßgeblich selbst zu verantworten habe und sich die bestehenden personalwirtschaftlichen Handlungsmöglichkeiten der Beklagten nicht als alternativlos darstellten. Die Beklagte sei gehalten, schlüssige Konzepte zu entwickeln und anzuwenden, welche sowohl den Beschäftigungsinteressen der aktiven Beamten Rechnung trügen als auch potenziellen Reaktivierungswilligen eine realistische Chance beließen, in den Dienst zurückzukehren. Ein schlüssiger Vortrag und der Nachweis dafür, dass es im Bereich der Deutschen Telekom AG keine für die Klägerin geeigneten Aufgaben mehr gebe, fehlten.

5 Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts rügt. Sie beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 30. Juli 2008 aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 22. August 2006 zurückzuweisen.

6 Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

II

7 Die Revision ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist mit Bundesrecht vereinbar, § 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO.

8 1. Die Klägerin hat Anspruch auf erneute Berufung in das Beamtenverhältnis. Dies folgt aus § 46 Abs. 5 BBG in der ab dem 12. Februar 2009 maßgeblichen Fassung (Art. 1, 17 Abs. 11 Satz 1 des Gesetzes zur Neuordnung und Modernisierung des Bundesdienstrechts <Dienstrechtsneuordnungsgesetz - DNeuG - vom 5. Februar 2009, BGBl I S. 160>). Diese Norm ist anzuwenden, weil bei Klagen auf Wiederberufung in das Beamtenverhältnis die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblich ist. Dabei hat das Revisionsgericht die Rechtslage zugrunde zu legen, die bei einer erneuten Entscheidung des Tatsachengerichts maßgeblich wäre (Urteile vom 29. September 1982 - BVerwG 8 C 138.81 - BVerwGE 66, 178 <179> = Buchholz 11 Art. 108 GG Nr. 1 und vom 25. Juni 2009 - BVerwG 2 C 68.08 - zur Veröffentlichung vorgesehen; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 15. Aufl. 2007, § 137 Rn. 2, 39).

9 Beantragen Beamte, die wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt worden sind, gemäß § 46 Abs. 5 BBG nach Wiederherstellung ihrer Dienstfähigkeit die erneute Berufung in das Beamtenverhältnis, ist diesem Antrag zu entsprechen, falls nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen. Die Bestimmung entspricht - mit Ausnahme der nicht übernommenen, hier gewahrten Ausschlussfrist von fünf Jahren - § 45 Abs. 2 BBG a.F. (BTDrucks 16/7076 S. 112), auf den das angefochtene Urteil gestützt ist.

10 2. Die nach § 46 Abs. 5 BBG zu treffende Entscheidung ist eine gebundene. Sie steht nicht im Ermessen des Dienstherrn. Der Dienstherr muss dem Antrag entsprechen, es sei denn, er kann ihm zwingende dienstliche Gründe entgegenhalten, für deren Vorliegen ihn die Darlegungs- und Beweislast trifft (vgl. zu § 42 Abs. 3 BBG a.F.: Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - juris Rn. 30, zur Veröffentlichung in BVerwGE bestimmt). Während § 45 Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 BBG a. F. noch vorsah, dass sowohl der wieder dienstfähig gewordene Beamte als auch der Dienstherr ihren jeweiligen Reaktivierungsanspruch innerhalb einer Frist von fünf Jahren geltend machen mussten und nach deren Ablauf die erneute Berufung nur mit Zustimmung des Beamten zulässig war bzw. im Ermessen des Dienstherrn stand, sieht die Neufassung der Bestimmung diese Frist nicht mehr vor. Die Neufassung verschärft den Grundsatz, dass dienstfähige Beamte nicht in den Genuss sachlich nicht berechtigter Versorgungsbezüge kommen sollen (BTDrucks 16/7076 S. 2, 94, 112; Urteil vom 26. März 2009 a.a.O. Rn. 20). Durch die Streichung der Antragsfrist ist das personalwirtschaftliche Interesse des Dienstherrn an Klarheit über den Kreis der für eine Reaktivierung in Betracht kommenden Ruhestandsbeamten nicht mehr gesetzlich anerkannt, während der gesetzliche Grundsatz der Weiterverwendung vor Versorgung eine weitere Verstärkung erfahren hat (vgl. Urteil vom 26. März 2009 a.a.O. m.w.N.; BTDrucks 16/7076 S. 112). Diese gesetzliche Wertung ist bei der Auslegung des § 46 Abs. 5 BBG zu beachten.

11 3. Der Anwendung des § 46 Abs. 5 BBG steht nicht entgegen, dass die wieder dienstfähige Klägerin während ihrer letzten Dienstjahre beurlaubt und im Übrigen bei der Deutschen Telekom AG und nicht in der Bundesverwaltung tätig war. Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost - PostPersRG - (vom 14. September 1994 <BGBl I S. 2325, 2353>, zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Februar 2009 <BGBl I S. 160>) finden auf die bei den Aktiengesellschaften tätigen Bundesbeamten die für Bundesbeamte allgemein geltenden Vorschriften Anwendung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Anders als von der Beklagten angenommen, fehlt es für die bei der Deutschen Telekom AG beschäftigten Bundesbeamten an einer von § 46 Abs. 5 BBG abweichenden Regelung.

12 a) Die Klägerin war Bundesbeamtin und blieb auch nach der Umwandlung der früheren Bundespost in Unternehmen privater Rechtsform, darunter die Deutsche Telekom AG, unmittelbare Bundesbeamtin.

13 Nach Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG ändert die Beschäftigung der Bundesbeamten der früheren Bundespost bei einem Postnachfolgeunternehmen nichts an der Rechtsstellung dieser Beamten, d.h. an ihren Rechten und Pflichten, und an der Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland (Bund) als Dienstherr. Der Bund bleibt Träger der Rechte und Pflichten, die durch das Beamtenverhältnis begründet werden. Die sich daraus ergebenden Ansprüche des Beamten richten sich unmittelbar gegen den Bund. Nach Art. 143b Abs. 3 Satz 2 GG üben die Postnachfolgeunternehmen die Dienstherrenbefugnisse aus. Sie werden insoweit als Beliehene im Auftrag des Bundes tätig. Demzufolge können sie die verfassungsrechtlich gewährleistete Rechtsstellung der Beamten nicht unter Berufung auf Grundrechte, etwa Art. 12 Abs. 1 GG, schmälern. Die hoheitlich für den Dienstherrn Bund auftretenden Postnachfolgeunternehmen können im Verhältnis zu den bei ihnen beschäftigten Beamten nicht Grundrechtsträger sein. Sie sind insoweit Teil des Staates, der sie mit hoheitlichen, einem Privaten ansonsten nicht zustehenden Befugnissen beliehen hat. Für eine verfassungskonforme Auslegung des § 46 Abs. 5 BBG, die eine erneute Ernennung des Beamten zusätzlich von einem entsprechenden betriebswirtschaftlichen Bedürfnis der Deutschen Telekom AG abhängig machte, ist kein Raum. Entsprechendes gilt für die Annahme der Beklagten, bei der Auslegung dieser Norm verlange der Grundsatz praktischer Konkordanz Beachtung.

14 Einfachrechtlich bestimmt denn auch § 2 Abs. 3 Satz 1 PostPersRG ausdrücklich, dass der Bund Dienstherr der Beamten bleibt und die bei den Aktiengesellschaften beschäftigten Beamten weiterhin als Bundesbeamte im Dienste des Bundes stehen. Hierauf und auf die sich daraus ergebenden Konsequenzen hat das Bundesverwaltungsgericht wiederholt hingewiesen (vgl. Urteile vom 20. August 1996 - BVerwG 1 D 80.95 - BVerwGE 103, 375 <376 ff.> = Buchholz 232 § 54 Satz 3 BBG Nr. 7, vom 22. Juni 2006 - BVerwG 2 C 26.05 - BVerwGE 126, 182 <185 ff.> = Buchholz 11 Art. 143b GG Nr. 3 und vom 18. September 2008 - BVerwG 2 C 126.07 - BVerwGE 132, 40 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 99 sowie Vorlagebeschluss vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 2 C 121.07 - Buchholz 11 Art. 143b GG Nr. 5; zur Deutschen Bahn und ihren Tochtergesellschaften vgl. Urteile vom 11. Februar 1999 - BVerwG 2 C 28.98 - BVerwGE 108, 274 <276 f.> = Buchholz 11 Art. 143a GG Nr. 1 und vom 26. März 2009 a.a.O. Rn. 31 ff.).

15 b) Das PostPersRG enthält keine speziellen Regelungen für die erneute Berufung von Ruhestandsbeamten. Insbesondere kann die Deutsche Telekom AG nicht unter Hinweis auf ihre private Rechtsform in Anspruch nehmen, die erneute Berufung in das Beamtenverhältnis aus anderen als zwingenden dienstlichen Gründen im Sinne des § 46 Abs. 5 BBG abzulehnen. Der privatrechtlichen Struktur der Postnachfolgeunternehmen trägt § 3 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 1 PostPersRG lediglich insoweit Rechnung, als diesen Unternehmen keine Beamten mehr zugewiesen werden können. Diese Einschränkung gilt ausdrücklich nicht für die erneute Berufung in das Beamtenverhältnis nach § 46 BBG, dessen Voraussetzungen auch in diesem Fall nicht geändert sind.

16 4. Zwingende dienstliche Gründe im Sinne des § 46 Abs. 5 BBG, die einer erneuten Berufung der Klägerin entgegenstehen, liegen nicht vor.

17 a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats erschließt sich der Bedeutungsgehalt unbestimmter Rechtsbegriffe wie etwa „dienstlicher Belang“, „öffentliches Interesse“ oder „dienstlicher Grund“ aus der Zweckbestimmung und Zielsetzung der jeweiligen gesetzlichen Regelung sowie aus dem systematischen Zusammenhang, in den der Begriff hineingestellt ist. Auch wenn dabei die organisatorischen und personalwirtschaftlichen Entscheidungen, die der Dienstherr in Ausübung des ihm zustehenden Organisationsrechts getroffen hat, regelmäßig zugrunde zu legen sind, handelt es sich um Rechtsbegriffe, die der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegen. Zu den dienstlichen Belangen zählt dabei das engere öffentliche, d.h. das dienstliche Interesse an der sachgemäßen und reibungslosen Aufgabenerfüllung der Verwaltung. Solche Gründe können bei der Deutschen Telekom AG, die als privatrechtlich organisiertes Unternehmen im Wettbewerb steht, naturgemäß nicht auftreten. Dienstliche Gründe im Sinne des § 46 Abs. 5 BBG können hier nur betriebswirtschaftliche Gründe sein, die sich aus den organisatorischen und personellen Strukturen des Unternehmens und deren beabsichtigter Weiterentwicklung ergeben. Dies folgt auch aus § 4 Abs. 1 PostPersRG.

18 Verlangt die maßgebliche Regelung als Versagungsgrund das Vorliegen dienstlicher Gründe dringenden Charakters, stellen die mit der Maßnahme regelmäßig und generell verbundenen Auswirkungen grundsätzlich keine Gründe dar, die eine Versagung rechtfertigten. Dies gilt erst recht dann, wenn - wie hier - dem Anspruch nur „zwingende“ Gründe entgegengehalten werden können. Dienstliche Gründe dieser höchsten Prioritätsstufe müssen von solchem Gewicht sein, dass ihre Berücksichtigung unerlässlich ist, um die sachgerechte Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben sicherzustellen. Es müssen mit großer Wahrscheinlichkeit schwerwiegende Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit drohen (Urteile vom 29. April 2004 - BVerwG 2 C 21.03 - BVerwGE 120, 382 <383 ff.> = Buchholz 237.95 § 88a SHLBG Nr. 1, vom 30. März 2006 - BVerwG 2 C 23.05 - Buchholz 236.2 § 76c DRiG Nr. 1 und vom 13. August 2008 - BVerwG 2 C 41.07 - Buchholz 237.7 § 48 NWLBG Nr. 2). Dies gilt auch für die einer Reaktivierung entgegenstehenden zwingenden dienstlichen Gründe, wie der Senat für die mit § 46 Abs. 5 BBG inhaltsgleiche Regelung des § 48 Abs. 3 Satz 1 LBG NW entschieden hat.

19 Die Versetzung in den Ruhestand lockert zwar das rechtliche Band zwischen Dienstherrn und Beamten; sie zerschneidet es jedoch nicht vollständig, wie die zahlreichen beamtenrechtlichen Vorschriften belegen, die sich an den Ruhestandsbeamten richten. Mit diesem Pflichtenkanon korrespondiert eine Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die - wenn auch abgeschwächt - über die Zeit des aktiven Beamtenverhältnisses fortwirkt. Das Bemühen des Dienstherrn, etwa durch eine Einstellungssperre die Personalkosten zu reduzieren und dadurch seinen Haushalt zu entlasten, um künftig wieder zur Erfüllung seiner Aufgaben dauerhaft in der Lage zu sein, ist demnach nicht deshalb ein zwingender dienstlicher Grund, weil mit der Wiederberufung erhöhte Personalkosten und personalwirtschaftliche Anpassungsmaßnahmen typischerweise verbunden sind. Der Gesetzgeber hat das Interesse des Beamten an einer erneuten Berufung einerseits und das Interesse des Dienstherrn an Personalplanungs- sowie Personalkostensicherheit andererseits in einer Weise austariert, dass eine Ablehnung ausnahmsweise nur noch dann in Betracht kommt, wenn durch die Wiederernennung mit großer Wahrscheinlichkeit schwerwiegende, vernünftigerweise nicht hinnehmbare Beeinträchtigungen des Dienstbetriebs zu besorgen sind. Das begründet für den Dienstherrn die Notwendigkeit, für den Fall eines Antrags auf Wiederberufung Vorsorge zu treffen, etwa durch das Ausweisen einer Leerstelle. Hat er dies versäumt, kann er auch zur Einrichtung einer entsprechenden Planstelle unter Zuweisung eines amtsangemessenen Aufgabenbereichs an den Beamten verpflichtet sein (Urteil vom 13. August 2008 a.a.O.).

20 b) Weder die mit einer erneuten Berufung der Klägerin möglicherweise verbundene Erhöhung des Personalüberhangs der Deutschen Telekom AG und ihrer Personalkosten noch der Umstand, dass bei ihr für die Klägerin kein amtsangemessener Arbeitsposten zur Verfügung gestanden haben soll, sind als Gründe anzusehen, die ihrer Reaktivierung zwingend entgegenstehen.

21 aa) Die Beklagte kann sich nicht auf den Personalüberhang an Beamten als dienstlichen Grund im Sinne von § 46 Abs. 5 BBG berufen. Denn dieser Personalüberhang steht nicht in Einklang mit der Rechtsordnung. Die sich aus Art. 143b Abs. 3 Satz 1 GG ergebende verfassungsrechtliche Pflicht, die Rechtsstellung der Beamten der früheren Bundespost zu wahren, verbietet es, sie entgegen Art. 33 Abs. 5 GG einem Personalüberhang zuzuweisen. Denn dadurch werden die Beamten auf unabsehbare Zeit in den Zustand der Beschäftigungslosigkeit versetzt. Macht ein betroffener Beamter den sich unmittelbar aus Art. 33 Abs. 5 GG ergebenden Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung geltend, muss ihm zeitnah eine auf Dauer angelegte amtsangemessene Tätigkeit übertragen werden. Aus diesem Grund kann der Personalüberhang der Reaktivierung eines wieder dienstfähigen Ruhestandsbeamten ebenso wenig entgegengehalten werden, wie er die Deutsche Telekom AG davon entbinden kann, eine anderweitige Verwendung für dienstunfähige Beamte zu suchen, um deren vorzeitige Versetzung in den Ruhestand zu vermeiden (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - juris Rn. 41, zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen; stRspr.).

22 bb) Schwerwiegende Beeinträchtigungen, die den Grad zwingender dienstlicher Gründe im Sinne von § 46 Abs. 5 BBG erreichen, liegen nicht schon dann vor, wenn für zu reaktivierende Ruhestandsbeamte nach den vorhandenen organisatorischen Strukturen kein amtsangemessener Arbeitsposten zur Verfügung steht. Vielmehr kommt es darauf an, ob es den Dienstherrn vor nicht mehr hinnehmbare Schwierigkeiten stellt, durch organisatorische Änderungen einen geeigneten Dienstposten zu schaffen. Dies wird in aller Regel nur bei Dienstherren mit einem geringen Personalbestand in Betracht kommen (Urteil vom 13. August 2008 a.a.O. Rn. 13 und vom 30. Oktober 2008 - BVerwG 2 C 48.07 - Buchholz 237.8 § 80a RhPLBG Nr. 2 Rn. 15). An die Stelle des Dienstpostens tritt bei der Deutschen Telekom AG ein angemessener Arbeitsposten (Urteil vom 18. September 2008 a.a.O. Rn. 12).

23 Nach den mit der Verfahrensrüge nicht angegriffenen und für das Revisionsgericht somit nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts sind bei der Deutschen Telekom AG Stellen vorhanden gewesen, auf denen die Klägerin amtsangemessen hätte beschäftigt werden können. Dass die Deutsche Telekom AG die Stellen aus personalwirtschaftlichen Erwägungen anderweitig besetzt hat, bleibt dabei ohne Bedeutung. Ihr personalorganisatorischer Spielraum ist nicht etwa deshalb eingeschränkt, weil sie sich nicht in der Lage glaubt, bereits gegenwärtig alle bei ihr tätigen aktiven Beamten amtsangemessen zu beschäftigen, und sie frei werdende Arbeitsposten mit Beamten besetzt, die sie der Personalagentur Vivento zugeordnet hat. Diese gleichsam hausgemachten Probleme sind rechtlich unbeachtliche Folgen einer Personalplanung, die den Bestand an Beamten und deren verfassungsrechtlich geschützten Rechtsstatus nicht hinreichend berücksichtigt hat. Dass die erneute Berufung der Klägerin in das Beamtenverhältnis nicht erwarten lässt, sie sei für die Deutsche Telekom AG wirtschaftlich nicht mehr verkraftbar, hat das Oberverwaltungsgericht ebenfalls bindend festgestellt.

24 5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.