Beschluss vom 25.06.2008 -
BVerwG 1 WB 23.07ECLI:DE:BVerwG:2008:250608B1WB23.07.0

Leitsätze:

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Zu dem Erfordernis, den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen bestimmte konkrete Maßnahmen zu richten (hier im Zusammenhang mit Mobbingvorwürfen).

Beschluss

BVerwG 1 WB 23.07

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant Schäfer und
den ehrenamtlichen Richter Hauptfeldwebel Kanert
am 25. Juni 2008 beschlossen:

Der Antrag wird als unzulässig verworfen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller wendet sich gegen die Art und Weise der Bearbeitung seiner Beschwerden durch den Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis.

2 Der Antragsteller ist Berufssoldat im Dienstgrad eines Stabsfeldwebels. In der Zeit vom 1. November 2001 bis 30. April 2005 war er Angehöriger des Militärattachéstabes an der Deutschen Botschaft in B. (T.). Seit Dezember 2002 war er außerdem als Soldatenvertreter Mitglied des Personalrats der Deutschen Botschaft. Derzeit wird der Antragsteller beim Zentrum für Nachwuchsgewinnung ... in I. verwendet.

3 Den Hintergrund der von dem Antragsteller erhobenen Beschwerden bilden sich über längere Zeit hinweg entwickelnde Spannungen an der Deutschen Botschaft in B. In diesem Zusammenhang wurden im Jahre 2002 disziplinare Ermittlungen gegen den damaligen stellvertretenden Verteidigungsattaché Oberstleutnant H. und anschließend auch gegen den damaligen Verteidigungsattaché Oberst i.G. T. geführt. Der Antragsteller war aufgrund des engen Zusammenlebens in dem kleinen - aus dem Verteidigungsattaché, dessen Vertreter und einem Feldwebeldienstgrad (dem Antragsteller) bestehenden - Militärattachéstab weit entfernt von Deutschland bereits kurz nach seinem Dienstantritt in dieses Geschehen und die sich zwangsläufig bildenden Parteiungen einbezogen. Er wurde auch in beiden Disziplinarverfahren als Zeuge angehört. Wegen weiterer Einzelheiten der Vorgeschichte wird auf die (teilweise divergierenden) Darstellungen in dem Vorlageschreiben des Inspekteurs der Streitkräftebasis vom 15. Juni 2007 und in dem Schriftsatz des Bevollmächtigten des Antragstellers vom 31. Juli 2007 verwiesen.

4 In der weiteren Folge dieser Geschehnisse entwickelten sich ab Mitte 2004 die hier streitgegenständlichen Spannungen zwischen dem Antragsteller und dem Nachfolger von Oberst i.G. T. als Verteidigungsattaché, Oberst i.G. I. Eine detaillierte Aufstellung einzelner Vorfälle im Zeitraum vom 16. Oktober 2004 bis 10. März 2005 hat der Antragsteller - aus seiner Sicht - in einer „Chronologischen Abfolge der Ereignisse“ vom 10. März 2005 niedergelegt.

5 Im Zeitraum von Dezember 2004 bis Februar 2005 wandte sich der Antragsteller mit insgesamt fünf Beschwerden gegen seinen damaligen Disziplinarvorgesetzten, Oberst i.G. I., an den Amtschef des Streitkräfteamts. Mit einer Beschwerde vom 7. Dezember 2004 machte der Antragsteller geltend, dass er sich wegen der Ausübung seines Amts als Vertrauensperson Repressalien und massiven „Mobbingattacken“ ausgesetzt sehe, und begründete dies mit einer Schilderung zahlreicher Ereignisse. Mit Schreiben vom 23. Dezember 2004 erhob der Antragsteller erneut Beschwerde wegen weiterer Repressalien und „Mobbingattacken“ durch seinen Disziplinarvorgesetzten; insbesondere wandte er sich gegen zwölf schriftliche Abmahnungen, die Oberst i.G. I. ihm erteilt hatte. Mit Schreiben vom 18. Januar 2005 erhob der Antragsteller eine dritte Beschwerde, in deren Begründung er weitere „Mobbingattacken“ und böswillige Diensterschwernisse durch seinen Disziplinarvorgesetzten im Zeitraum vom 4. Januar bis 11. Januar 2005 anführte. Mit einer vierten Beschwerde vom 14. Februar 2005 machte der Antragsteller ein böswilliges Erschweren des Dienstes, die Schädigung seiner persönlichen Ehre durch Disziplinierung vor Unbeteiligten, den Versuch der Einschränkung von Rechten und die Vernachlässigung der Fürsorgepflichten eines Vorgesetzten durch Oberst i.G. I. geltend; die einzelnen Vorwürfe unterlegte der Antragsteller jeweils mit Beispielen. Mit Schreiben vom 28. Februar 2005 beschwerte sich der Antragsteller schließlich nochmals über Oberst i.G. I. wegen unwahrer Äußerungen gegenüber seiner, des Antragstellers, Ehefrau und des Versuchs der Einschüchterung seiner Person, wegen der Förderung einer rechtswidrigen Strafverfolgung durch Weitergabe von Unwahrheiten an Dritte, wegen des Herbeiführens von Vorgängen mit Beurteilungscharakter ohne vorherige Anhörung, obwohl diese Vorgänge ungünstige Behauptungen enthielten, sowie wegen des böswilligen Erschwerens des Dienstes und wegen übler Nachrede. Für alle Einzelheiten der fünf Beschwerden (mit Anlagen) wird auf die Beschwerdeakte des Streitkräfteamts - Az.: 037/04 -, die mehr als 600 Blatt in zwei Aktenordnern umfasst, verwiesen.

6 Der Rechtsberater beim Streitkräfteamt gab dem Betroffenen jeweils Gelegenheit zur Stellungnahme zu den Vorwürfen des Antragstellers. Oberst i.G. I. äußerte sich hierzu im Zeitraum von Februar bis April 2005 mit mehreren ausführlichen Schreiben.

7 Mit Schreiben vom 21. April 2005 an den Inspekteur der Streitkräftebasis erhob der Antragsteller Untätigkeitsbeschwerde, weil er auf seine fünf Beschwerden bis dahin keinen Bescheid erhalten habe. Unter dem 11. November 2005 legte das Streitkräfteamt daraufhin den Vorgang zusammen mit einer vorläufigen Bewertung des Beschwerdevorbringens dem Inspekteur der Streitkräftebasis vor. Am 11. Januar 2006 fand eine persönliche Anhörung des Antragstellers gemeinsam mit seinem Bevollmächtigten beim Rechtsberater des Führungsstabes der Streitkräfte ... statt. In der Folgezeit wurde der Abschluss eines Strafverfahrens abgewartet, von dessen Ergebnissen zugleich Erkenntnisse für die Beurteilung der Beschwerden des Antragstellers erhofft wurden.

8 Mit Bescheid vom 29. März 2007 verband der Inspekteur der Streitkräftebasis die Beschwerden des Antragstellers zur gemeinsamen Entscheidung und wies die Beschwerden zurück. Die Beschwerden seien jedenfalls nachträglich wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses unzulässig geworden. Nach der Versetzung des Antragstellers zum Zentrum für Nachwuchsgewinnung ... und der Aufhebung der Beurteilerzuständigkeit von Oberst i.G. I. bestünden keinerlei dienstliche Berührungspunkte des Antragstellers mehr zu seinem früheren Disziplinarvorgesetzten. Auch wenn seine, des Antragstellers, persönliche tiefste Betroffenheit durchaus detailreich und nachvollziehbar dargelegt sei, sei nicht erkennbar, welche juristisch relevanten Folgen er heute noch für eine Verbesserung seiner Rechtsposition aus den begehrten Beschwerdeentscheidungen ableiten könne.

9 Im dienstaufsichtlichen Teil des Beschwerdebescheids führte der Inspekteur der Streitkräftebasis aus, dass er ebenso wie der Amtschef des Streitkräfteamts der Sache im Wege der Dienstaufsicht nachgegangen sei und auch weiterhin ein besonderes Augenmerk auf die vom Antragsteller vorgetragenen Umstände haben werde. Allerdings würden die vom Antragsteller als gezieltes „Gesamtmobbing“ gewerteten Vorgänge von Oberst i.G. I. gegenteilig dargestellt. Es könne sicherlich festgestellt werden, dass die internen Spannungen im Militärattachéstab B. sich um die Jahreswende 2004/2005 auf ein unerträgliches Maß gesteigert hätten. Ein solcher Vorgang entwickle dann ein Eigenleben, in dem sich die Spannung hochschaukle. Als ursprünglicher Auslöser komme abstrakt die ganze Bandbreite von Zufällen und von bestem Willen getragenen Missverständnissen einerseits bis hin zu menschenverachtendem gezieltem vorsätzlichem Handeln andererseits in Betracht; die Erfahrung lehre, dass in aller Regel ein irgendwie geartetes Gemisch von Ursachen vorliege. Ein abschließendes Urteil habe er, der Inspekteur, sich bei der komplexen Sachlage aus weiter örtlicher Ferne nicht bilden können. Für jeden ihm unterstellten Soldaten - nicht nur für den Antragsteller, sondern auch zu Gunsten von Oberst i.G. I. - gelte, dass bis zu dem in einem fairen Verfahren festgestellten Nachweis des Gegenteils nicht von schuldhaftem Fehlverhalten ausgegangen werden könne. Bereits seit langem habe die realistische Befürchtung bestanden, dass sich die Spannungen in B. und ihre Ursachen nie bis ins letzte Detail aufklären lassen würden. Die letzte im Raum stehende Möglichkeit, mit objektivierbaren Beweismitteln zu einem eindeutig nachweisbaren Sachverhalt zu gelangen, sei ein staatsanwaltlich angefordertes Schriftgutachten in dem genannten Strafverfahren gewesen. Dieses habe jedoch nicht die erhoffte eindeutige Klärung gebracht.

10 Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 11. April 2007 - nach Zustellung des Beschwerdebescheids an den Antragsteller am 17. April 2007 wiederholt mit Schriftsatz vom 24. April 2007 - beantragte der Antragsteller die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts. Der Antrag wurde vom Inspekteur der Streitkräftebasis zusammen mit seiner Stellungnahme vom 15. Juni 2007 dem Senat vorgelegt.

11 Zur Begründung seines Antrags trägt der Antragsteller insbesondere vor:
Er mache geltend, dass die Unterlassung der Bearbeitung seiner Beschwerden rechtswidrig sei. Das Bundesministerium der Verteidigung verweigere die Bearbeitung seiner Beschwerden vom 7. Dezember 2004, 23. Dezember 2004, 18. Januar 2005, 14. Februar 2005 und 28. Februar 2005. Ignoriert würden weitere Beschwerden in Form von Untätigkeitsbeschwerden. Die Einmaligkeit des Falles liege darin, dass trotz der Zulässigkeit und Begründetheit der Beschwerden das Rechtsschutzinteresse entfallen sein solle, ohne dass den Einzelbeschwerden nachgegangen worden sei, was mit der Entfernung aus der Botschaft in B. begründet werde. Selbst die Untätigkeitsbeschwerden, die vor einer verzögerlichen Sachbearbeitung durch den Vorgesetzten schützen sollten, hätten in ihrem Rechtsschutz versagt. Durch die Art und Weise, wie die Beschwerdeangelegenheiten betrieben worden seien, sei massiv zu seinen, des Antragstellers, Lasten gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen worden. Sein Persönlichkeitsrecht sei mehrfach verletzt. Er müsse die ihm entgehende Beförderung durch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen kompensieren. Er sei auch dadurch beschwert, dass die gegen ihn handelnden Vorgesetzten von den zur Rechtspflege Verpflichteten in unverständlicher und vorschriftswidriger Weise, wie es dieses Verfahren beweise, unterstützt worden seien. Die beanstandete Entscheidung über seine Beschwerden belaste ihn erheblich, weil seine Rechtsstellung beeinträchtigende Feststellungen getroffen worden seien und über seine Beschwerden rechtsvernichtend ohne jegliche Aufklärung entschieden worden sei. Mit Schriftsatz vom 31. Juli 2007 hat der Bevollmächtigte des Antragstellers außerdem eine Stellungnahme des Antragstellers übermittelt, mit dem sich dieser Punkt für Punkt mit dem Vorlageschreiben des Inspekteurs der Streitkräftebasis auseinandersetzt und als Zeugen zu den streitgegenständlichen Vorfällen die folgenden Personen benennt: Oberstleutnant i.G. K. (ehemaliger stellvertretender Verteidigungsattaché in B.), Stabsfeldwebel Ku. (derzeitiger Büroleiter beim Verteidigungsattaché in B.), Herr F. (Leiter selten gelehrter Sprachen am Bundessprachenamt ...), Oberstabsarzt Dr. B. und Oberstabsarzt Dr. W. (ehemalige, zur Tropenausbildung nach B. kommandierte Ärzte), Herr N. (Oberst a.D. und Interimsattaché in der Übergangszeit Oberst i.G. T. - Oberst i.G. I.), Frau Ö. (Fremdsprachenassistentin des Verteidigungsattachés in B.), Frau Ka. (ehemalige stellvertretende Leiterin der Wirtschaftsabteilung der Botschaft in B.), Herr M. (ehemaliger stellvertretender Botschafter und Leiter der Wirtschaftsabteilung der Botschaft in B.), Herr St. (Kanzler der Botschaft in B.), Herr Kr. (ehemaliger Zahlstellenverwalter der Botschaft in B.), Herr Ti. (ehemaliger Leiter der Visa-Abteilung der Botschaft in B.), Herr H. (ehemaliger Kanzler der Botschaft in B.) und Herr Dr. (Firmenvertreter von R. in B.). Keine dieser Personen sei befragt oder um eine Aussage gebeten worden.

12 Der Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

13 Der Antrag sei wegen Fehlens eines andauernden Rechtsschutzinteresses unzulässig. Soweit der Antragsteller nach dem Wegfall der dienstlichen Unterstellung unter Oberst i.G. I. eine förmliche Beschwerde nunmehr unter dem Gesichtspunkt der Kameradenbeschwerde gewertet haben wolle, sei der Bescheid schon deshalb nicht weiter anfechtbar, weil die Kameradenbeschwerde ihren Ursprung nicht in einem Über-/Unterordnungsverhältnis habe. Hilfsweise werde geltend gemacht, dass der Antrag unbegründet sei. Hierzu führt der Inspekteur der Streitkräftebasis im Wesentlichen diejenigen Feststellungen an, die er im dienstaufsichtlichen Teil des Beschwerdebescheids getroffen hat. Da der Sachverhalt von dem Antragsteller einerseits und Oberst i.G. I. andererseits in allen Punkten gegenteilig dargestellt werde und ein abschließendes Urteil über die komplexe Sachlage nicht gefällt werden könne, könne der Beschwerde des Antragstellers nicht zu Lasten von Oberst i.G. I. stattgegeben werden.

14 Wegen des Vorbringens im Einzelnen wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten sowie der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakten des Streitkräfteamts - Az.: 037/04 - und des Führungsstabes der Streitkräfte - Az.: 25-05-11/8.05, 9.05, 10.05, 11.05 und 13.05 -, eine Kopie der Strafakte der Staatsanwaltschaft Bonn - Az.: 338 Js 58/06 -, die Akte des Führungsstabes der Streitkräfte - Az.: 25-01-24/AR 85.05 - betreffend eine Strafanzeige gegen den Antragsteller sowie die den Antrag auf gerichtliche Entscheidung betreffende Verfahrensakte des Führungsstabes der Streitkräfte - Az.: 25-05-11/6.07 - haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

15 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist unzulässig.

16 1. Der Antragsteller hat mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 11. April 2007 „gegen den Beschwerdebescheid des Stellvertreters des Generalinspekteurs der Bundeswehr und Inspekteur der Streitkräftebasis vom 29.03.2007“ die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt und macht hierzu „geltend, dass die Unterlassung der Bearbeitung (seiner Beschwerden) rechtswidrig“ sei. Der Antragsteller rügt vor allem Verzögerungen und mangelnde Sachaufklärung bei der Bearbeitung seiner weiteren (Untätigkeits-) Beschwerde vom 21. April 2005 durch den Inspekteur der Streitkräftebasis.

17 Der Antrag ist unzulässig, weil die Art und Weise der Verfahrensbehandlung - hier: bei der Bearbeitung einer weiteren Beschwerde im Sinne von § 16 Abs. 2 WBO - nicht zum Gegenstand eines selbständigen Verfahrens vor den Wehrdienstgerichten gemacht werden kann.

18 Mit dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung kann gemäß § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO (hier i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO) nur geltend gemacht werden, dass eine dienstliche Maßnahme oder die Unterlassung einer solchen Maßnahme rechtswidrig sei. Der Begriff der Maßnahme im Sinne dieser Vorschrift setzt dabei eine dem öffentlichen Recht zugehörige Handlung eines Vorgesetzten (oder einer Dienststelle der Bundeswehr) voraus, die im Verhältnis der Über- und Unterordnung getroffen oder erbeten wird; dabei kommt es nicht darauf an, ob sie auch auf die Herbeiführung von Rechtswirkungen abzielt (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 25. März 1976 - BVerwG 1 WB 105.75 - BVerwGE 53, 160 <161> und vom 12. November 1986 - BVerwG 1 WB 127.83 , 97.84 - BVerwGE 83, 242 <246>). Die Art und Weise der Verfahrensbehandlung stellt für sich genommen keinen statthaften Beschwerdegegenstand dar; sie ist nicht isoliert bzw. selbständig anfechtbar (stRspr, vgl. u.a. Beschlüsse vom 25. März 1976 a.a.O. S. 162, vom 27. November 1990 - BVerwG 1 WB 62.90 -, vom 31. Januar 2007 - BVerwG 1 WB 34.06 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 61 = NZWehrr 2007, 164 <insoweit nicht veröffentlicht>, vom 27. November 2007 - BVerwG 1 WB 58.06 , 64.06 - sowie zuletzt vom 26. Februar 2008 - BVerwG 1 WB 47.07 -). Rechtsschutz wird allein gegen die Maßnahme selbst (oder deren Unterlassung) gewährt; (nur) im Rahmen der Anfechtung einer Maßnahme kann auch eine Überprüfung auf eventuelle Verfahrensfehler erfolgen.

19 2. Der - anwaltlich vertretene - Antragsteller hat keinen gegen eine bestimmte Maßnahme gerichteten (Anfechtungs- oder Feststellungs-) Antrag gestellt.

20 Die Wehrbeschwerdeordnung sieht beim Übergang des bundeswehrinternen, innerhalb der Hierarchie der Disziplinarvorgesetzten verlaufenden Beschwerdewegs in das Antragsverfahren vor den Wehrdienstgerichten verschiedene Maßgaben vor, die das zunächst weitgefasste Beschwerderecht des Soldaten enger führen und das Verfahren auf die spezifischen Fragen des subjektiven Rechtsschutzes im truppendienstlichen Über- und Unterordnungsverhältnis konzentrieren. So kann der Soldat sich beschweren, wenn er glaubt, von Vorgesetzten oder von Dienststellen der Bundeswehr unrichtig behandelt oder durch pflichtwidriges Verhalten von Kameraden verletzt zu sein (§ 1 Abs. 1 Satz 1 WBO). Zum Gegenstand eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung kann jedoch nur eine Maßnahme (oder deren Unterlassung) in dem eben beschriebenen Sinne des § 17 Abs. 3 Satz 1 WBO gemacht werden; dies schließt sog. Kameradenbeschwerden (außerhalb des Vorgesetztenverhältnisses) von der gerichtlichen Überprüfung ebenso aus wie eine „unrichtige Behandlung“, die keine „Maßnahme“ darstellt. Das gerichtliche Verfahren dient ferner ausschließlich der - auf die Vorschriften des Zweiten Unterabschnitts des Ersten Abschnitts des Soldatengesetzes mit Ausnahme der §§ 24, 25, 30 und 31 beschränkten (§ 17 Abs. 1 Satz 1 WBO) - Rechtmäßigkeitskontrolle; Gesichtspunkte der Zweckmäßigkeit, die den zuständigen Disziplinarvorgesetzten veranlassen können, einer Beschwerde stattzugeben, spielen hierbei keine Rolle. Eine verfristete oder sonst erfolglose Beschwerde kann gleichwohl dienstaufsichtliche Überprüfungen und Feststellungen anstoßen (vgl. § 12 Abs. 3 Satz 2, § 14 WBO); auch eine solche über den subjektiven Rechtsschutz hinausführende Untersuchung wird im gerichtlichen Verfahren nicht geleistet. Schließlich zwingt der Begriff der Maßnahme zu einer präzisen Bestimmung des Antragsgegenstands; es ist im gerichtlichen Verfahren nicht möglich, wie etwa im Beschwerdebescheid vom 29. März 2007 geschehen auf die Gesamtwirkung eines einheitlichen Zusammenhangs abzustellen oder die Beschwerden pauschalierend unter dem Gesichtspunkt des „Mobbingvorwurfs“ oder eines „Gesamtmobbings“ zusammenzufassen.

21 Einen in diesem Sinne bestimmten Sachantrag, der die auf ihre Rechtmäßigkeit zu kontrollierenden Maßnahmen konkretisiert, hat der Antragsteller nicht gestellt. Der allgemeine Verweis auf die Beschwerden vom 7. Dezember 2004, 23. Dezember 2004, 18. Januar 2005, 14. Februar 2005 und 28. Februar 2005 und auf die der Antragsschrift beigefügte „Chronologische Abfolge der Ereignisse in Bezug auf Einschränkungen meiner Aufgaben im MilAttStab durch Oberst i.G. I., erhobene Vorwürfe und Veränderung seiner Arbeitsweise mir gegenüber“ vom 10. März 2005 dient zum einen nur der Erläuterung, welche Beschwerdeangelegenheiten nicht (hinreichend) bearbeitet worden seien. Zum anderen setzt sich das dortige Vorbringen des Antragstellers aus einer Vielzahl von Vorgängen und Wahrnehmungen unterschiedlichster Art zusammen. Sie reichen von Bagatellen (wie Streitigkeiten um einen Schreibstift) bis zu dienstlichen Anweisungen (wie die, keine operativen Tätigkeiten in Thailand, Singapur oder Vietnam vorzubereiten oder auszuüben) und von atmosphärischen Trübungen über Fragen des Umgangstons und der sachlichen Zweckmäßigkeit in Angelegenheiten des täglichen Betriebs bis hin zum Vorwurf rechtswidriger Befehle und Straftaten (wie den der entwürdigenden Behandlung). Sie betreffen teils den privaten Bereich, teils die dienstlichen Aufgaben des Antragstellers und teils dessen Funktion als Vertrauensperson. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, diejenigen einzelnen Maßnahmen „herauszusuchen“, die gemäß dem mutmaßlichen Willen des Antragstellers zum Gegenstand eines zulässigen Antrags gemacht werden könnten.

22 Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass das gerichtliche Antragsverfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung nur bedingt geeignet ist, Sachverhalte - wie das hier geltend gemachte Mobbing - angemessen zu würdigen, deren belastende Wirkung für den Soldaten vor allem in der Gesamtschau auf einen Zusammenhang von Verhaltensweisen hervortritt, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken und die für sich genommen nicht notwendigerweise rechtswidrig sein müssen. Durch die Aufspaltung in einzelne - isoliert betrachtete - Maßnahmen und die Beschränkung auf eine Rechtmäßigkeitskontrolle besteht die Gefahr, dass der mögliche spezifische Unwertgehalt, der sich gerade aus dem Gesamtzusammenhang dieser Verhaltensweisen ergeben kann, nur verkürzt erfasst und im ungünstigsten Fall das eigentliche Anliegen des Beschwerdeführers verfehlt wird. Schutz gegen Mobbing ist deshalb in erster Linie durch Maßnahmen der Dienstaufsicht und Personalführung zu leisten. Ein Verfahren vor dem Wehrdienstgericht kann diese nicht ersetzen oder nachholen.

23 3. Dem Antragsteller waren keine Kosten des Verfahrens aufzuerlegen, weil die Voraussetzungen des § 20 Abs. 2 i.V.m. § 21 Abs. 2 Satz 1 WBO nicht vorliegen.