Beschluss vom 25.02.2016 -
BVerwG 1 WB 33.15ECLI:DE:BVerwG:2016:250216B1WB33.15.0

Leitsatz:

Für Streitigkeiten über die Festsetzung des Beginns der Schutzzeit im Sinne des § 4 Einsatz-Weiterverwendungsgesetz ist der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten eröffnet.

  • Rechtsquellen
    EinsatzWVG § 4
    WBO § 17 Abs. 1 Satz 1

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 25.02.2016 - 1 WB 33.15 - [ECLI:DE:BVerwG:2016:250216B1WB33.15.0]

Beschluss

BVerwG 1 WB 33.15

In dem Wehrbeschwerdeverfahren hat der 1. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts durch
die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Frentz,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Langer,
den ehrenamtlichen Richter Oberstleutnant i.G. Schelm und
den ehrenamtlichen Richter Hauptmann Bickel
am 25. Februar 2016 beschlossen:

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Gründe

I

1 Der Antragsteller begehrt die Verpflichtung des Bundesministeriums der Verteidigung, die für ihn nach § 4 des Gesetzes zur Regelung der Weiterverwendung nach Einsatzunfällen (Einsatz-Weiterverwendungsgesetz - EinsatzWVG) geltende Schutzzeit rückwirkend auf einen vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes liegenden Zeitpunkt neu festzusetzen.

2 Der 19.. geborene Antragsteller ist Berufssoldat in der Laufbahn der Offiziere des militärfachlichen Dienstes. Seine Dienstzeit wird voraussichtlich mit Ablauf des 28. Februar 20.. enden. Er wurde am 12. September 20.. zum Hauptmann ernannt. Seit dem 1. Oktober 2013 wird er als Stabsdienstoffizier im ... in N. verwendet.

3 Vom 16. September 20.. bis zum 12. November 20.. nahm der Antragsteller an einer besonderen Auslandsverwendung ..., teil. Dort erlitt er eine Gesundheitsschädigung. In Ausführung eines vor dem Sozialgericht ... geschlossenen Vergleichs teilte die Wehrbereichsverwaltung ... dem Antragsteller mit Bescheid vom 8. Mai 2013 mit, dass die bei ihm festgestellten Gesundheitsstörungen "Posttraumatische Belastungsstörung und im zeitlichen Verlauf Störung durch Extrembelastung DESNOS" als Folgen einer Wehrdienstbeschädigung, hervorgerufen durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 81 SVG, anerkannt würden. Für diese Gesundheitsstörungen wurde dem Antragsteller ab 1. November 20.. Ausgleich nach § 85 SVG nach einem Grad der Schädigungsfolgen von 40 gewährt.

4 Das Bundesministerium der Verteidigung - P ... - legte dem Antragsteller mit Schreiben vom 26. April 2013 dar, dass er aufgrund einer nicht nur geringfügigen gesundheitlichen Schädigung, die er infolge seiner Teilnahme an einer besonderen Auslandsverwendung erlitten habe, unter die gesetzlichen Regelungen des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes falle. Demgemäß fänden auf ihn die in § 4 EinsatzWVG festgelegten gesetzlichen Regelungen zur Schutzzeit Anwendung.

5 Mit Schreiben vom 8. Juli 2013 beantragte der Antragsteller unter Hinweis auf die vorgenannten Bescheide der Wehrbereichsverwaltung West und des Bundesministeriums der Verteidigung - P ... - die Nachzeichnung seines militärischen Werdeganges und die Aufhebung seiner planmäßigen Beurteilungen aus den Jahren 2006, 2011 und 2012. Er wies darauf hin, dass nach dem Handbuch zum Einsatz-Weiterverwendungsgesetz während der Schutzzeit planmäßige Beurteilungen unterbleiben müssten.

6 Mit Bescheid vom 26. Juni 2014, dem Antragsteller am 14. Juli 2014 eröffnet, teilte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr (im Folgenden: Bundesamt für das Personalmanagement) dem Antragsteller mit, dass man seinem Antrag nicht vollumfänglich entsprechen könne. Für ihn beginne gemäß Feststellung des Bundesministeriums der Verteidigung - P ... - vom 24. Juni 2014 die Schutzzeit mit dem Inkrafttreten des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes am 18. Dezember 2007. Demnach seien die nach diesem Datum erstellten Beurteilungen vom 20. Januar 2011 und vom 31. März 2012 aufzuheben. Hierüber ergehe eine gesonderte Aufhebungsverfügung. Auf der Basis der planmäßigen Beurteilung vom 1. Februar 2006 werde eine Nachzeichnung des militärischen Werdeganges des Antragstellers erfolgen.

7 Mit Bescheid vom 13. August 2014, dem Antragsteller am 3. September 2014 eröffnet, wiederholte das Bundesamt für das Personalmanagement die Mitteilung, dass der Antragsteller unter die gesetzliche Regelung des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes gestellt werde und die in § 4 EinsatzWVG festgelegte Schutzzeit auf ihn Anwendung finde. Die Schutzzeit beginne, wie ihm bereits bekannt gegeben sei, frühestens mit dem Inkrafttreten des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes am 18. Dezember 2007. Hinsichtlich seiner Förderung werde der Antragsteller nunmehr in einer Referenzgruppe betrachtet, die außer ihm nach Jahrgang, Werdegang, Kompetenzbereich, Verwendungsbereich und Eignungs-, Befähigungs- und Leistungsbild vergleichbare Soldaten umfasse. Erreiche die Anzahl der Beförderungen bzw. Einweisungen oder Auswahlentscheidungen für höher dotierte Dienstposten von Angehörigen dieser Referenzgruppe den Rangplatz des Antragstellers innerhalb der Referenzgruppe, so sei dieser zu befördern bzw. einzuweisen oder fiktiv auf einen höher dotierten Dienstposten zu versetzen. Der Abteilungsleiter ... des Bundesamtes für das Personalmanagement habe am 3. Juli 2014 die maßgebliche Referenzgruppe gebilligt, in der der Antragsteller den 7. Platz belege.

8 Mit Schreiben an das Bundesamt für das Personalmanagement vom 4. September 2014 bat der Antragsteller um weitergehende Erläuterungen zu seiner Förderung und um Beteiligung der Bezirksschwerbehindertenvertretung ... Diese Auskünfte erteilte das Bundesamt für das Personalmanagement dem Antragsteller mit dem angefochtenen Bescheid vom 27. November 2014. Darin heißt es unter anderem:
"Mit Schreiben vom 26.06.2014 (Bezug 3.) wurde Ihnen mitgeteilt, dass aufgrund der durch die Wehrbereichsverwaltung ... rückwirkend zum 01.11.20.. festgestellten einsatzbedingten Gesundheitsstörung als Folge einer Wehrdienstbeschädigung Sie unter die Schutzzeit des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes gestellt wurden. Gemäß Feststellung BMVg P ... vom 24.06.2014 beginnt die Schutzzeit mit Inkrafttreten des Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes am 18.12.2007. Danach waren die nach diesem Datum erstellten Beurteilungen vom 20.01.2010 und 31.03 .2012 aufzuheben."

9 Gegen diesen ihm am 17. Dezember 2014 eröffneten Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 14. Januar 2015 Beschwerde ein. Im Begründungsschriftsatz vom 24. März 2015 machte er im Wesentlichen geltend, dass die Schutzzeit in dem Zeitpunkt einsetze, in dem der Einsatzgeschädigte mit der medizinischen Behandlung seiner durch den Einsatz bedingten Gesundheitsstörung beginne. Dies erschließe sich auch aus dem Rechtsgedanken des § 22 Abs. 1 EinsatzWVG, wonach ab 1. Juli 1992 erlittene gesundheitliche Schädigungen, die mit den bei einem Einsatzunfall erlittenen Schädigungen vergleichbar seien, zu einer entsprechenden Anwendung dieses Gesetzes führten. Damit greife das Einsatz-Weiterverwendungsgesetz bis zum Jahr 1992 zurück. Deshalb beantrage er die Festsetzung der Schutzzeit auf den Beginn seiner einsatzbedingten medizinischen Behandlung (im Jahr 20..) sowie - unter Berücksichtigung der abgeänderten Schutzzeit -seine erneute Betrachtung nach den Richtlinien für die Förderung von Soldatinnen und Soldaten, die vom Dienst freigestellt seien.

10 Die Beschwerde wies das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - mit Bescheid vom 29. Juni 2015 als verspätet zurück. Es führte aus, dass die Mitteilung über den Beginn der Schutzzeit bereits im Schreiben des Bundesamtes für das Personalmanagement vom 26. Juni 2014 enthalten gewesen sei. Nach dessen Eröffnung am 14. Juli 2014 habe der Antragsteller die bis zum 14. August 2014 laufende Beschwerdefrist beachten müssen. Seine Beschwerde datiere vom 14. Januar 2015 und sei erst am 30. März 2015 beim Bundesministerium der Verteidigung eingegangen. Der Bescheid vom 27. November 2014 stelle lediglich eine wiederholende Verfügung dar, die keine erneute Beschwerdefrist eröffnet habe.

11 Gegen diesen ihm am 8. Juli 2015 eröffneten Bescheid hat der Antragsteller am 31. Juli 2015 die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts beantragt. Den Antrag hat das Bundesministerium der Verteidigung - R II 2 - mit seiner Stellungnahme vom 6. August 2015 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

12 Zur Begründung seines Rechtsschutzbegehrens wiederholt und vertieft der Antragsteller sein Beschwerdevorbringen. Er macht geltend, dass der Bescheid des Bundesamtes für das Personalmanagement vom 27. November 2014 in der Sache als eigenständig anfechtbarer Zweitbescheid zu werten sei.

13 Der Antragsteller beantragt zuletzt,
den Beginn der Schutzzeit nach § 4 EinsatzWVG für ihn auf den 1. November 20.. festzusetzen.

14 Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.

15 Es verteidigt den Inhalt seines Beschwerdebescheids.

16 Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung - R II 2 - 919/15 - und die Personalgrundakte des Antragstellers, Hauptteile A - D, haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.

II

17 Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat keinen Erfolg.

18 1. Zwar ist der Antrag statthaft und zulässig.

19 a) Für das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers ist gemäß § 17 Abs. 1 WBO der Rechtsweg zu den Wehrdienstgerichten - hier nach § 21 Abs. 1 WBO zum Bundesverwaltungsgericht - eröffnet.

20 Die Wehrdienstgerichte sind unter anderem für Streitigkeiten sachlich zuständig, die Entscheidungen über die dienstliche Verwendung eines Soldaten betreffen (stRspr, z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 27. Januar 2010 - 1 WB 38.09 - Buchholz 232.2 § 7 AZV Nr. 2 Rn. 20 und vom 26. Oktober 2012 - 1 WDS-VR 6.12 und 1 WDS-VR 7.12 - BVerwGE 145, 24, Rn. 23 ff. jeweils m.w.N.). Truppendienstliche Verwendungsentscheidungen sind solche Maßnahmen oder Entscheidungen, die sich nicht auf den dienstrechtlichen Status des Soldaten (z.B. Begründung, Änderung und Dauer des Wehrdienstverhältnisses), sondern auf die Gestaltung des militärischen Dienstbetriebs beziehen und durch die der zuständige militärische Vorgesetzte oder die zuständige Dienststelle der Bundeswehr festlegt, wann, wo und wie - d.h. zu welchen Zeiten, an welchem Ort, mit welchem Inhalt und unter welchen fachlichen und/oder persönlichen Voraussetzungen - der Soldat seinen Dienst zu verrichten hat (BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 2010 - 1 WB 38.09 - Buchholz 232.2 § 7 AZV Nr. 2 Rn. 20). Die hier strittige Festsetzung des Beginns der Schutzzeit im Sinne des § 4 des Gesetzes zur Regelung der Weiterverwendung nach Einsatzunfällen (Einsatz-Weiterverwendungsgesetz - EinsatzWVG) vom 12. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2861, zuletzt geändert durch Art. 12 GKV-Finanzstruktur- und Qualitäts-Weiterentwicklungsgesetz vom 21. Juli 2014 <BGBl. I S. 1133>) stellt hiernach für Soldaten eine Verwendungsentscheidung dar. Mit ihr wird der Zeitpunkt fixiert, von dem an die dienstliche (Weiter-)Verwendung eines einsatzgeschädigten Soldaten (§ 1 Nr. 1 EinsatzWVG) ohne Veränderung seines Soldatenstatus unter bestimmten, vom Einsatz-Weiterverwendungsgesetz konkretisierten persönlichen und/oder fachlichen Voraussetzungen erfolgt.

21 Ziel und Schutzzweck des am 18. Dezember 2007 in Kraft getretenen Einsatz-Weiterverwendungsgesetzes ist es, einsatzgeschädigten Soldatinnen und Soldaten grundsätzlich die Herstellung der Dienstfähigkeit für die Wiederaufnahme der bisherigen beruflichen Tätigkeit, für eine Weiterverwendung beim Bund oder für eine sonstige Eingliederung in das Arbeitsleben sowie die hierfür erforderliche berufliche Qualifizierung im Soldatenstatus zu ermöglichen (Gesetzentwurf der Bundesregierung, Abschnitt A "Problem und Ziel", BT-Drs. 16/6564 vom 4. Oktober 2007, S. 1). Das Einsatz-Weiterverwendungsgesetz richtet sich also - wie bereits die Gesetzesbezeichnung belegt - vorrangig auf die Weiterverwendung der einsatzgeschädigten Soldaten, ohne zunächst in ihre statusrechtliche Position einzugreifen. Die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für die angestrebte Weiterverwendung haben einerseits fachliche Komponenten (vornehmlich die berufliche Qualifizierung nach Maßgabe des § 3 EinsatzWVG), andererseits persönliche Komponenten (insbesondere die medizinische Behandlung der gesundheitlichen Schädigung); sie prägen die angestrebte Weiterverwendung als inhaltliche Modifikation der dienstlichen Verwendung des Betroffenen und sind gleichzeitig die gesetzlichen Kriterien für die Definition der Schutzzeit im Sinne des § 4 EinsatzWVG. Schutzzeit ist danach die Zeit, in der Einsatzgeschädigte entweder medizinische Leistungen zur Behandlung der gesundheitlichen Schädigung oder Leistungen zur beruflichen Qualifizierung nach § 3 EinsatzWVG oder anderen Gesetzen benötigen, um die Aufnahme der bisherigen beruflichen Tätigkeit, eine Weiterverwendung nach dem Einsatz-Weiterverwendungsgesetz oder eine sonstige Eingliederung in das Arbeitsleben zu erreichen. Aus den Einschränkungen bzw. Verboten einer Entlassung oder Kündigung in § 4 EinsatzWVG sowie aus den Regelungen zum Ende der Schutzzeit in § 4 Abs. 3 EinsatzWVG ergibt sich, dass die Festsetzung des Beginns der Schutzzeit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine Vorentscheidung oder Teilregelung zum Status des einsatzgeschädigten Soldaten enthält. Sie konzentriert und beschränkt ihren Regelungsgehalt vielmehr auf einen verwendungsbezogenen Gesichtspunkt, nämlich auf den Zeitpunkt, ab dem die dienstliche (Weiter-)Verwendung des einsatzgeschädigten Soldaten eine fachliche und/oder persönliche Modifikation erfährt. Insoweit kann offenbleiben, ob die Zuständigkeitsvorschrift in § 4 Abs. 4 EinsatzWVG (für die Stellen, die über Statusänderungen zu entscheiden haben) im Fall des Antragstellers Auswirkungen auf den Rechtsweg hat. Denn diese Bestimmung betrifft allein die Zuständigkeit für die hier nicht in Rede stehende Entscheidung über das Ende der Schutzzeit gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 und Satz 3 EinsatzWVG.

22 b) Die Entscheidung über den Beginn der Schutzzeit ist keine Vor- oder Zwischenentscheidung über die dienstliche Verwendung des einsatzgeschädigten Soldaten, die nach ständiger Rechtsprechung des Senats einer isolierten Überprüfung durch die Wehrdienstgerichte nicht zugänglich ist (stRspr, z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 23. Oktober 2012 - 1 WB 59.11 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 84 Rn. 26 und vom 25. September 2014 - 1 WB 49.13 - Rn. 21). Vielmehr wird durch sie mit unmittelbarer Bindungswirkung für die Personalführung und Personalverwaltung festgelegt, ab wann die Verwendung eines einsatzgeschädigten Soldaten den dargestellten inhaltlichen Modifikationen unterliegt.

23 c) Der Antragsteller ist für die von ihm gewünschte Verpflichtung des Bundesministeriums der Verteidigung zur Neufestsetzung des Beginns seiner Schutzzeit antragsbefugt.

24 Die Festsetzung des Beginns der Schutzzeit ist die wesentliche Voraussetzung für die Verwirklichung (unter anderem) der beruflichen Qualifikation, auf die ein Einsatzgeschädigter gemäß § 3 Abs. 1 EinsatzWVG einen Rechtsanspruch hat. Im Hinblick auf diese materielle Vorwirkung der angestrebten Festsetzung für ein subjektives Recht des Einsatzgeschädigten kann dieser sich unmittelbar aus dem Einsatz-Weiterverwendungsgesetz auf die mögliche Verletzung eines individuellen Rechts berufen. Überdies stellt die strittige Festsetzung eine spezifische Ausprägung der verwendungsbezogenen Fürsorgepflicht des Vorgesetzten bzw. der zuständigen personalbearbeitenden Stelle der Bundeswehr aus § 10 Abs. 3 SG dar. Der Anspruch eines Soldaten auf Wahrung dieser Pflicht gehört zu den individuellen geschützten Rechten, die er im Rahmen des § 17 Abs. 1 WBO geltend machen kann.

25 d) Das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers hat sich nicht durch Zeitablauf erledigt.

26 Die für den Antragsteller bisher festgesetzte Schutzzeit ist nach Mitteilung des Bundesministeriums der Verteidigung noch nicht beendet worden. Es gibt bisher keine Entscheidung über das Ende der Schutzzeit für den Antragsteller im Sinne des § 4 Abs. 3 und 4 EinsatzWVG.

27 Davon abgesehen erschöpft sich die Festsetzung des Beginns der Schutzzeit nicht darin, für die Zukunft verbindlich zu fixieren, ab welchem Zeitpunkt die in § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EinsatzWVG genannten Maßnahmen für die (Weiter-)Verwendung des einsatzgeschädigten Soldaten maßgeblich und die damit korrespondierenden gesetzlichen und in Erlassen festgelegten Schutzbestimmungen (z.B. in § 5 EinsatzWVG und in Nr. 222 Handbuch Einsatz-Weiterverwendungsgesetz) zu beachten sind.

28 Vielmehr soll die Festsetzung generell - unabhängig von einer verpflichtenden Wirkung - dokumentieren, ab wann im dienstlichen Werdegang eines einsatzgeschädigten Soldaten eine Modifikation seiner Verwendung nach den materiellen Kriterien des § 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EinsatzWVG stattgefunden hat. Diese weitgefasste Zwecksetzung gestattet es, auch für einen in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt den Beginn der Schutzzeit gerichtlich zu kontrollieren und gegebenenfalls dessen Neufestsetzung zu veranlassen.

29 2. Der Antrag bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg.

30 Die Festsetzung des Beginns der Schutzzeit auf den 18. Dezember 2007 ist bereits im Bescheid des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 26. Juni 2014 und erneut in dessen Bescheid vom 13. August 2014 erfolgt, die jeweils an den Antragsteller gerichtet waren. Diese Festsetzung, mit der zugleich ein früherer Beginn der Schutzzeit (schon ab 1. November 20..) abgelehnt wurde, ist bestandskräftig geworden, weil der Antragsteller gegen sie nicht fristgerecht Beschwerde eingelegt hat (dazu nachfolgend a). Der Bescheid des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 27. November 2014 stellt insoweit keinen Zweitbescheid dar, der die Beschwerdefrist neu eröffnet hätte (dazu nachfolgend b).

31 a) Nach § 6 Abs. 1 WBO darf die Beschwerde frühestens nach Ablauf einer Nacht und muss innerhalb eines Monats eingelegt werden, nachdem der Beschwerdeführer von dem Beschwerdeanlass Kenntnis erhalten hat. Kenntnis vom Beschwerdeanlass hat ein Soldat, wenn ihm die Umstände bekannt sind, aus denen sich die von ihm empfundene Beeinträchtigung ergibt (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 14. Dezember 2010 - 1 WB 26.10 - Rn. 20 und vom 29. Januar 2013 - 1 WB 5.12 - juris Rn. 27, jeweils m.w.N.). Anders als § 17 Abs. 4 Satz 1 WBO, der den Beginn der gerichtlichen Antragsfrist an die Zustellung des zurückweisenden Beschwerdebescheids knüpft, setzt § 6 Abs. 1 WBO für den Beginn der Beschwerdefrist nur die tatsächliche, positive Kenntnis vom Beschwerdeanlass voraus. Etwas anderes gilt (nur) dann, wenn für eine truppendienstliche Maßnahme eine bestimmte Art der Bekanntgabe durch eine spezielle gesetzliche Regelung oder durch eine Verwaltungsvorschrift vorgeschrieben ist oder in ständiger Verwaltungspraxis durchgeführt wird; dann beginnt die Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs erst mit dieser förmlichen Bekanntgabe zu laufen (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschluss vom 16. Juli 2013 - 1 WB 43.12 - Buchholz 450.1 § 17 WBO Nr. 87 Rn. 30).

32 Eine besondere Form der Bekanntgabe ist für die Mitteilung des Beginns der Schutzzeit im Sinne des § 4 EinsatzWVG nicht vorgeschrieben. Für den Beginn der Beschwerdefrist maßgeblich ist mithin die vom Antragsteller durch Eröffnung des Bescheids vom 26. Juni 2014 am 14. Juli 2014 erlangte positive Kenntnis, dass für ihn die Schutzzeit erst ab 18. Dezember 2007 und nicht schon ab 1. November 20.. gilt. Im Bescheid wird ausdrücklich ausgeführt, dass man dem Antrag „nicht vollumfänglich“ habe entsprechen können.

33 Begann die Monatsfrist für die Einlegung der Beschwerde gemäß § 6 Abs. 1 WBO demnach am 15. Juli 2014, so endete sie nach der im Wehrbeschwerdeverfahren entsprechend anwendbaren Regelung des § 57 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit § 222 Abs. 1 ZPO, § 188 Abs. 2, § 187 Abs. 1 BGB mit Ablauf des 14. August 2014. Innerhalb der Frist hat der Antragsteller keine Beschwerde erhoben. Die Beschwerde vom 14. Januar 2015 ist verspätet. Der Fristablauf wird auch nicht durch Umstände gehemmt, die im Sinne von § 7 Abs. 1 WBO als „unabwendbarer Zufall“ zu werten sind. Der Rechtsbehelf der Beschwerde und die dafür geltende Frist des § 6 Abs. 1 WBO können bei allen Soldaten als bekannt vorausgesetzt werden (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Januar 2009 - 1 WB 38.08 - Rn. 31 <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 450.1 § 7 WBO Nr. 5> m.w.N.). Truppendienstliche Erstmaßnahmen, gegen die - wie hier - nicht unmittelbar der Antrag auf gerichtliche Entscheidung eröffnet ist, bedürfen nach ständiger Rechtsprechung des Senats keiner Rechtsbehelfsbelehrung (§ 7 Abs. 2 WBO).

34 b) Entgegen der Auffassung des Antragstellers stellt der Bescheid des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 27. November 2014 keine neue Sachentscheidung (Zweitbescheid) über die Festsetzung des Beginns der Schutzzeit dar, sondern lediglich eine informatorische wiederholende Verfügung.

35 Unter einer wiederholenden Verfügung ist die Wiederholung einer (gegebenenfalls bereits unanfechtbaren) Entscheidung oder Maßnahme oder der Hinweis auf eine solche Entscheidung oder Maßnahme zu verstehen, ohne dass eine erneute Entscheidung ergeht. Ob ein Bescheid (ganz oder teilweise) als Zweitbescheid oder lediglich als wiederholende Verfügung anzusehen ist, bestimmt sich danach, ob und inwieweit die Behörde durch ihre Verlautbarung eine neue Sachentscheidung getroffen hat. Das ist durch Auslegung des Bescheids zu ermitteln (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, Beschlüsse vom 12. August 2014 - 1 WB 53.13 - juris Rn. 30 m.w.N. und vom 11. Dezember 2014 - 1 WB 21.14 , 1 WB 30.14 - juris Rn. 38).

36 Inhalt und Begründung des Bescheids vom 27. November 2014 dokumentieren unmissverständlich, dass das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr keine neue Sachentscheidung über den Beginn der Schutzzeit im Sinne des § 4 EinsatzWVG treffen wollte, sondern lediglich auf den bereits dem Antragsteller mit Bescheid vom 26. Juni 2014 mitgeteilten Inhalt der Festlegung des Bundesministeriums der Verteidigung - P ... - vom 24. Juni 2014 hingewiesen hat. Für eine neue Regelung zur Schutzzeit bestand auch keine Veranlassung, weil es in dem Bescheid vom 27. November 2014 lediglich um die Beantwortung von Fragen der Förderung des Antragstellers aus dessen Schreiben vom 4. September 2014 ging. In diesem Schreiben hatte der Antragsteller einen noch weiter rückwirkenden Antrag zu § 4 EinsatzWVG nicht gestellt.

37 Der Antrag war daher als unbegründet zurückzuweisen.