Beschluss vom 24.10.2008 -
BVerwG 8 B 48.08ECLI:DE:BVerwG:2008:241008B8B48.08.0

Beschluss

BVerwG 8 B 48.08

  • VG Frankfurt/Oder - 24.10.2007 - AZ: VG 3 K 2070/04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. Oktober 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Postier
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 24. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 32 707,85 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf vermeintliche Abweichungen und Verfahrensfehler gestützte Beschwerde der Kläger hat keinen Erfolg.

2 1. Die Divergenzrügen sind unbegründet. Eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) in den Urteilen vom 5. März 1998 - BVerwG 7 C 8.97 - (Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 140), vom 28. Oktober 1999 - BVerwG 7 C 38.98 - (Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 6) und vom 21. Juni 2007 - BVerwG 8 C 1.07 - (Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 48) liegt nicht vor. Entgegen der Auffassung der Kläger hat das Verwaltungsgericht in seiner angefochtenen Entscheidung keinen Rechtssatz aufgestellt, der einem Rechtssatz entgegensteht, den das Bundesverwaltungsgericht in den genannten Urteilen formuliert hat.

3 Im Urteil vom 5. März 1998 - BVerwG 7 C 8.97 - heißt es:
„Voraussetzung einer Enteignung nach dem Aufbaugesetz war jedenfalls, dass die Durchführung von Baumaßnahmen konkret geplant war. Dass nach der Enteignung irgendwelche Baumaßnahmen zur Sicherung der Instandsetzung, der Modernisierung, des Um- oder Ausbaus oder Abrisses des Mühlengebäudes vorgenommen wurden, geht aus den Akten nicht hervor." (Rn. 17).

4 Davon ist das Verwaltungsgericht nicht abgewichen. Es hat vielmehr festgestellt, dass Zweck der Enteignung die Errichtung von fünf Eigenheimen (zwei Doppelhäusern und einem Einzelhaus) war. Anhand der Begründung zum Antrag des Rates des Kreises Strausberg vom 14. Dezember 1983 und den beim Rat des Bezirkes eingereichten Planunterlagen lasse sich eine konkrete Bebauungsplanung ermitteln (UA S. 22). Damit hat das Verwaltungsgericht bei seiner Schlussfolgerung, dass die Inanspruchnahme des streitbefangenen Grundstücks nicht willkürlich war, auf keinen abweichenden Rechtssatz abgehoben. Auch nach der von den Klägern angeführten Entscheidung vom 21. Juni 2007 - BVerwG 8 C 1.07 - ist bei der Frage, ob eine unlautere Machenschaft vorliegt, auf den Enteignungszweck abzustellen. Wenn das Verwaltungsgericht an einer Stelle seines Urteils von „Zielsetzung“ spricht (UA S. 17), ist nach Sinn und Bedeutung nichts anderes gemeint.

5 Soweit nach dem Urteil vom 28. Oktober 1999 - BVerwG 7 C 38.98 - ein Eigentumszugriff auf einen nicht benötigten Teil einer Grundfläche, die noch eigenständig nutzbar war, als unlauter angesehen wird (Rn. 20), stellt das Verwaltungsgericht keinen davon abweichenden Rechtssatz auf. Es hat vielmehr wegen der geplanten Bebauung die Inanspruchnahme des gesamten Grundstücks für gerechtfertigt gehalten und ist daher von einer anderen Sachverhaltskonstellation ausgegangen.

6 Eine Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt auch nicht in der Feststellung des Verwaltungsgerichts, dass „für diese Zeit generell von bestehendem Bedarf an Grundstücken für den Eigenheimbau“ ausgegangen werden könne (UA S. 20). Es trifft zwar zu, dass die Prüfung des Schädigungstatbestandes von § 1 Abs. 3 VermG „grundsätzlich eine an den Einzelumständen orientierte Beurteilung“ erfordert (vgl. u.a. Urteil vom 28. Oktober 1999 - BVerwG 7 C 38.98 - a.a.O. S. 28). Dieser Grundsatz schließt es aber nicht aus, gerichtskundige Tatsachen der Rechtsfindung im Vermögensrecht zugrunde zulegen. Davon abgesehen hat das Verwaltungsgericht den in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Rechtssatz ausdrücklich betont (UA S. 16) und eine an den Einzelumständen orientierte Prüfung vorgenommen.

7 2. Die Verfahrensrügen sind nicht im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO begründet.

8 Soweit es die Kläger vermissen, dass das Verwaltungsgericht zur Ermittlung des Nutzungsrechts der Beigeladenen nicht Einsicht in das Grundbuch genommen hat, ist dem zunächst entgegenzuhalten, dass ein entsprechender Beweisantrag nicht gestellt worden ist. Zum weiteren ist nicht ersichtlich, weshalb es darauf hätte ankommen können; denn nach der nicht mit Verfahrensrügen angefochtenen Feststellung des Verwaltungsgerichts beinhaltete die Nutzungsrechtsurkunde lediglich ein auf die „Grundfläche des Gebäudes“ begrenztes Recht und hatte eine faktische Nutzung des gesamten Grundstücks auch nicht stattgefunden (UA S. 18).

9 Ein erheblicher Verfahrensfehler ergibt sich schließlich nicht aus der Auseinandersetzung der Kläger mit der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass es im Streitfall nicht zur Anwendung des Geheimbeschlusses des Ministerrats der DDR vom 23. Dezember 1976 gekommen sei. Der Vorwurf der Kläger, das Verwaltungsgericht hätte die Verwaltungsvorgänge berücksichtigen müssen, verfängt schon deshalb nicht, weil die Kläger - mit Ausnahme einer für den Inanspruchnahmezweck allein nicht aussagekräftigen Objektliste - auf keinen Beleg aus den Verwaltungsakten verwiesen haben, der für eine Umsetzung der Anordnung des Ministerrats hätte sprechen können.

10 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 GKG.

Beschluss vom 10.12.2009 -
BVerwG 8 B 89.09ECLI:DE:BVerwG:2009:101209B8B89.09.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 10.12.2009 - 8 B 89.09 - [ECLI:DE:BVerwG:2009:101209B8B89.09.0]

Beschluss

BVerwG 8 B 89.09

  • VG Frankfurt/Oder - 24.10.2007 - AZ: VG 3 K 2070/04

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. Dezember 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Gödel,
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg und
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth
beschlossen:

  1. Die Anhörungsrüge der Kläger gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Oktober 2008 - BVerwG 8 B 48.08 - wird verworfen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Gründe

1 Die Anhörungsrüge ist unzulässig. Sie ist verfristet (§ 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO) und genügt nicht den Darlegungsanforderungen des § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO.

2 Gemäß § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO ist die Anhörungsrüge innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis von der Verletzung des rechtlichen Gehörs zu erheben und der Zeitpunkt der Kenntniserlangung glaubhaft zu machen. Die Kläger tragen vor, sie hätten bei einer von den Klägern W. und E. C. am 24. Juli 2009 vorgenommenen Akteneinsicht neue Erkenntnisse erlangt und von diesem Termin an binnen zwei Wochen die Anhörungsrüge erhoben.

3 Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Kenntnis von der Rechtsverletzung positive Kenntnis und nicht bloßes Kennenmüssen voraussetzt (vgl. dazu Happ, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 152a Rn. 15; Rudisile, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand: Oktober 2008, § 152a Rn. 22), fehlt es an der Glaubhaftmachung des Zeitpunkts der Kenntniserlangung. Weder aus der Begründung der Anhörungsrüge mit Schriftsatz vom 7. August 2009 noch aus den nachgereichten Anlagen ergibt sich ein Beleg für die Behauptung der Kläger.

4 Soweit die Kläger als neue Erkenntnis aus der Akteneinsicht des Klägers W. C. vom 24. Juli 2009 auf das Vorlageschreiben des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) an das Bundesverwaltungsgericht vom 20. Mai 2008 verweisen, ist die Frist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht gewahrt. Dass die Akten des Verfahrens zusammen mit dem Beschluss über die Nichtabhilfe der Nichtzulassungsbeschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt wurden, war dem Prozessbevollmächtigten der Kläger bereits mit Schreiben des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 21. Mai 2008 mitgeteilt worden. Diese Kenntnis müssen sich die Kläger zurechnen lassen.

5 Die Anhörungsrüge genügt darüber hinaus nicht den Anforderungen des § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO, demzufolge die Rüge darlegen muss, dass das Gericht den Anspruch der Kläger auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Soweit die Rügebegründung darauf hinweist, dass sich bei einer datumsmäßig nicht bezeichneten, dem Gesamtzusammenhang nach aber vor dem 24. Juli 2009 erfolgten Akteneinsicht des Klägers W. C. auf der Geschäftsstelle der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) der „Beweis der Versagung rechtlichen Gehörs“ ergeben habe, weil der Berichterstatter in dem Verfahren 3 K 862/99 am 23. November 2005 das Urteil verkündet habe, obwohl sich nach Aktenlage neben den ehrenamtlichen Richtern auch die Berufsrichterkollegen nicht mit einem nachgelassenen Schriftsatz der Kläger befasst hätten, ist dies nicht geeignet, einen Gehörsverstoß im Beschwerdeverfahren des Bundesverwaltungsgerichts darzulegen. Denn das Urteil zum Verfahren 3 K 862/99 ist nicht Gegenstand des hier angegriffenen Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts gewesen. Diesem lag das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) vom 24. Oktober 2007 (3 K 2070/04) zu Grunde.

6 Soweit der Rügebegründung zu entnehmen sein sollte, der Berichterstatter im erstinstanzlichen Verfahren habe das rechtliche Gehör der Kläger verletzt, kann dies nicht mit einer Gehörsrüge gegenüber dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts geltend gemacht werden.

7 Nicht ersichtlich ist, was sich aus dem nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist des § 152a Abs. 2 VwGO in Ablichtung nachgereichten Schriftverkehr zwischen dem Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) und dem Amtsgericht Strausberg wegen der Anforderung und Rücksendung von Grundbuchakten hinsichtlich der Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör ergeben soll. Einer weiteren Aufklärung bedarf es insoweit aber nicht, weil die Kläger nach den Ausführungen der Rügebegründung von diesem Schriftverkehr bereits vor dem 24. Juli 2009 Kenntnis genommen hatten und insoweit die Anhörungsrüge verspätet wäre.

8 Soweit die Rügebegründung sich gegen die rechtliche Würdigung des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Beschluss vom 24. Oktober 2008 wendet, ist dies nicht geeignet, die Voraussetzungen eine Anhörungsrüge darzulegen.

9 Eventueller neuer Sachvortrag aus dem Schriftsatz der Kläger vom 22. Oktober 2009 kann nicht berücksichtigt werden, weil der Schriftsatz nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist des § 152a Abs. 2 Satz 1 VwGO eingegangen ist.

10 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da sich die Gerichtsgebühr unmittelbar aus Nr. 5400 der Anlage 1 zum GKG ergibt.