Beschluss vom 24.10.2003 -
BVerwG 1 B 12.03ECLI:DE:BVerwG:2003:241003B1B12.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 24.10.2003 - 1 B 12.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:241003B1B12.03.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 12.03

  • OVG für das Land Nordrhein-Westfalen - 23.10.2002 - AZ: OVG 9 A 604/02.A

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. Oktober 2003
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht H u n d und R i c h t e r
beschlossen:

  1. Der Antrag der Kläger, ihnen Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
  2. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. Oktober 2002 wird verworfen.
  3. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Den Klägern kann die beantragte Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolgt hat (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
Die ausschließlich auf Verfahrensfehler durch Verletzung der Aufklärungspflicht (§ 132 Abs. 2 Nr. 3, § 86 Abs. 1 VwGO) gestützte Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht den Anforderungen an die Darlegung des geltend gemachten Zulassungsgrundes aus § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
Die Beschwerde rügt zunächst, dem Berufungsgericht hätte sich eine weitere Sachaufklärung dazu aufdrängen müssen, ob den Klägern bei einer Rückkehr in den Zentralirak "aufgrund der Asylantragstellung und/oder des illegalen Verlassens des Landes und/oder des längeren Auslandsaufenthaltes" politische Verfolgung drohe (Beschwerdebegründung S. 1 f.). Es lägen nämlich keine Referenzfälle vor und eine "Vielzahl von Gutachtern wie auch die Mehrheit der Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte" nehme - entgegen der vom Berufungsgericht "allein aufgrund der neueren Lageberichte des Auswärtigen Amtes und singulärer Auskünfte des Deutschen Orientinstitutes" vertretenen Auffassung - eine Verfolgungsgefahr bei Rückkehr an. Aufgrund der widersprüchlichen Gutachten und insgesamt unsicheren Auskunftslage hätten sich die Einholung neuer Gutachten und gleichzeitig eine Befragung derjenigen Gutachter in einer mündlichen Verhandlung aufgedrängt, die unverändert aktuell von einer Rückkehrgefährdung ausgingen.
Mit diesem Vortrag wird eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht des Berufungsgerichts nicht schlüssig dargelegt. So führt die Beschwerde weder aus, welches für den Kläger günstige Ergebnis die unterlassene Beweisaufnahme gehabt hätte, noch trägt sie vor, dass der anwaltlich vertretene Kläger durch das Stellen von Beweisanträgen auf die nunmehr als unterlassen gerügte weitere Aufklärung des Sachverhalts hingewirkt hätte. Unter diesen Umständen verletzt das Tatsachengericht seine Pflicht zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts regelmäßig nicht, wenn es nach seinem tatrichterlichen Ermessen von einer weiteren Aufklärung absieht und - wie hier angesichts der Vielzahl der in das Verfahren eingeführten Erkenntnismittel - unter Würdigung auch widersprüchlicher Stellungnahmen und Auskünfte eine eigenständige Sachverhaltsfeststellung und Gefahrenprognose trifft. Der Beschwerde lässt sich auch nicht etwa entnehmen, dass die vom Berufungsgericht für seine Prognose maßgeblich herangezogenen Auskünfte - namentlich die verwerteten Stellungnahmen des Auswärtigen Amtes und des Deutschen Orientinstituts - Mängel aufgewiesen hätten; mit der Beschwerde wird auch nicht dargelegt, dass die von ihm beantragten neuen Gutachten aufgrund besserer oder weitergehender Erkenntnismöglichkeiten zu einer anderen Beurteilung geführt hätten.
Die weitere Aufklärungsrüge dazu, ob "den Klägern in den kurdischen Autonomiegebieten eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung steht, weil aufgrund der Versorgung durch die Vereinten Nationen auch ohne familiäre und sonstige soziale Bindungen das Existenzminimum gesichert" sei (Beschwerdebegründung S. 3 f.), ist schon deshalb nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen, weil das angefochtene Urteil auf der Bejahung einer internen Fluchtalternative im Nordirak nicht beruhen kann. Das Oberverwaltungsgericht hat das Bestehen einer inländischen Fluchtalternative im Rahmen der Prüfung eines Anspruchs auf asylrechtlichen Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG nämlich nur hilfsweise bejaht. Die angefochtene Entscheidung wird durch die in erster Linie gegebene Begründung, dass Verfolgungsgefahren wegen Asylantragstellung und Aufenthalt im Ausland nicht bestünden, selbständig getragen, nachdem insoweit durchgreifende Revisionsgründe nicht geltend gemacht sind. Das gilt auch, soweit die Beschwerde auf die besondere Situation hinweist, die für die Klägerin zu 1 und ihre Kinder, die Kläger zu 2 bis 8, bei einer Rückkehr bestünde; abgesehen davon macht die Beschwerde auch hierzu nicht geltend, dass die Kläger insoweit eine weitere - von der Beschwerde jetzt auch im Hinblick auf die eingeführten und angeblich für die besonderen Lebensumstände einer Frau mit minderjährigen Kindern nicht aussagekräftigen Erkenntnismittel als unabdingbar gerügte - Aufklärung selbst beantragt haben. Im Übrigen legt die Beschwerde auch nicht - wie erforderlich unter Auseinandersetzung mit der Begründung der berufungsgerichtlichen Entscheidung im Einzelnen - schlüssig dar, dass sich dem Berufungsgericht eine weitere Beweiserhebung zum wirtschaftlichen Existenzminimum in den Flüchtlingslagern im Nordirak hätte aufdrängen müssen; aus dem zu einer ganz anders begründeten Entscheidung eines anderen Oberverwaltungsgerichts ergangenen Beschluss des Senats vom 31. Juli 2002 - BVerwG 1 B 128.02 - (Buchholz § 310, § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 326 = InfAuslR 2002, 455) kann die Beschwerde insoweit nichts herleiten. Einen Aufklärungsmangel, wie ihn der Senat in jenem Verfahren festgestellt hat, legt die Beschwerde in Bezug auf die hier angegriffene Entscheidung des Berufungsgerichts nicht dar; er lässt sich anhand der Entscheidungsgründe des angegriffenen Beschlusses auch nicht erkennen.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben; der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.