Beschluss vom 24.06.2003 -
BVerwG 3 B 169.02ECLI:DE:BVerwG:2003:240603B3B169.02.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 24.06.2003 - 3 B 169.02 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:240603B3B169.02.0]

Beschluss

BVerwG 3 B 169.02

  • OVG Rheinland-Pfalz - 29.08.2002 - AZ: OVG 12 A 10774/02.OVG

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. Juni 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht van S c h e w i c k und Dr. B r u n n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. August 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO liegen nicht vor.
1. Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Beschwerde beigelegte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Grundsätzlich bedeutsam ist eine Sache nur, wenn sie eine klärungsfähige und klärungsbedürftige Frage des revisiblen Rechts aufwirft, deren Beantwortung zur Wahrung der Rechtseinheit oder zur Fortentwicklung des Rechts in einem Revisionsverfahren notwendig ist. Daran fehlt es hier.
Soweit die Beschwerde die Auslegung des § 7 AGFlHG durch das Berufungsgericht überprüft wissen will, handelt es sich nicht um eine Frage des revisiblen Rechts. Die genannte Bestimmung gehört zum Landesrecht. Auf seine Verletzung kann nach § 137 Abs. 1 VwGO eine Revision nicht gestützt werden.
Die darüber hinaus aufgeworfene Frage, ob die Auslegung des § 7 AGFlHG durch das Berufungsgericht verfassungsgemäß ist oder gegen das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG und das Prinzip der Gewaltenteilung des Art. 20 Abs. 2 GG verstößt, genügt nicht dem Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Danach ist in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache darzulegen. Dazu gehört die substantiierte Erörterung, in welcher Beziehung und warum die aufgeworfene Frage für grundsätzlich und klärungsbedürftig gehalten wird. Dem wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht einmal ansatzweise gerecht. Sie benennt schlagwortartig zwei Verfassungsprinzipien, ohne aufzuzeigen, unter welchem Aspekt diese Prinzipien hier verletzt sein sollen und inwiefern sich dabei angesichts der vorhandenen sehr umfangreichen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts noch bislang ungeklärte Fragen auftun. Was die Auslegung des § 7 AGFlHG beispielsweise mit dem Grundsatz der Gewaltentrennung zu tun haben soll, ist gänzlich unerfindlich.
2. Das angefochtene Urteil weicht auch nicht im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von den in der Beschwerde bezeichneten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts ab.
2.1. Es liegt keine Durchbrechung der Rechtskraft der zum ursprünglichen Gebührenbescheid ergangenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidung vor. Diese Entscheidung beschränkte sich auf die Aussage, dass zum maßgeblichen Zeitpunkt keine Rechtsgrundlage für die Erhebung von höheren als den gemeinschaftsrechtlich vorgegebenen Pauschalgebühren vorhanden war. Nachdem der Gesetzgeber nachträglich rückwirkend eine solche Rechtsgrundlage geschaffen hatte, lag eine neue Situation vor, die die Verwaltung zum erneuten Tätigwerden berechtigte. Zu der Frage, ob beim Erlass der neuen Bescheide die erforderliche Rechtsgrundlage vorhanden war, verhielt sich das erste Urteil nicht. Insbesondere konnte es den Gesetzgeber nicht an der nachträglichen Schaffung der erforderlichen Rechtsgrundlage hindern.
2.2. Das angefochtene Urteil weicht auch nicht von dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. Dezember 1961 - 2 BvL 6/59 - BVerfGE 13, 261, 273 ab, indem es einen Vertrauensschutz der Beigeladenen auf den Fortbestand der durch das erste verwaltungsgerichtliche Urteil festgestellten Rechtslage verneint. In der genannten Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht unter anderem ausgesprochen, der Staatsbürger könne auf das geltende Recht bei seinem Planen dann nicht vertrauen, wenn es unklar und verworren ist; in solchen Fällen müsse es dem Gesetzgeber erlaubt sein, die Rechtslage rückwirkend zu klären (a.a.O. S. 272). Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 18. Oktober 2001 - BVerwG 3 C 1.01 - (Buchholz 316 § 60 VwVfG Nr. 6, S. 11 = NVwZ 2002, 486 <489> = DVBl 2002, 843 <848>) unter Bezugnahme auf vorangegangene Entscheidungen ausgeführt, dass wegen der Verflechtung des nationalen Rechts mit dem Gemeinschaftsrecht im Bereich der Fleischhygieneuntersuchungsgebühren eine unklare Rechtslage entstanden war, die der Bereinigung bedurfte. Dabei war zumindest seit In-Kraft-Treten der EG-Richtlinie 93/118 klar, dass das Gemeinschaftsrecht die Erhebung kostendeckender Gebühren ermöglichen wollte. Auch wenn die ursprünglichen landesrechtlichen Regelungen dies aus unterschiedlichen Gründen nicht rechtswirksam erreichten, mussten die Betroffenen damit rechnen, dass die zuständigen Normgeber versuchen würden, zu tragfähigen Rechtsgrundlagen zu kommen.
2.3. Auf einem offenkundigen Missverständnis beruht schließlich die Annahme der Beschwerde, das Berufungsurteil weiche in der Beurteilung der Rechtsqualität der Richtlinie 85/73/EWG vom Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 8. April 1987 - 2 BvR 687/85 - NJW 1988 S. 1459 ab. Als Rechtsgrundlage der im vorliegenden Rechtsstreit zu beurteilenden Bescheide hat das Berufungsgericht ausschließlich das Ausführungsgesetz zum Fleischhygienegesetz herangezogen. Lediglich bei der Auslegung des § 7 dieses Gesetzes hat es angenommen, dass die Bestimmung, bestandskräftige Bescheide blieben erhalten, sich nicht auf Bescheide beziehe, die Gebühren lediglich in Höhe der gemeinschaftsrechtlichen Pauschalgebühren festgesetzt hatten oder jedenfalls in dieser Höhe von den Gerichten bestätigt worden waren. Darin war ersichtlich nicht die Aussage enthalten, dass insoweit die Richtlinie selbst und allein unmittelbare Grundlage der Gebührenerhebung gewesen sei.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 2, § 14 GKG.