Beschluss vom 24.02.2011 -
BVerwG 8 B 105.10ECLI:DE:BVerwG:2011:240211B8B105.10.0

Beschluss

BVerwG 8 B 105.10

  • Bayerischer VGH München - 16.09.2010 - AZ: VGH 22 B 10.289

In der Verwaltungsstreitsache hat der 8. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. Februar 2011
durch die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. von Heimburg,
den Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hauser
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 16. September 2010 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 Eine Rechtssache hat dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine abstrakte Rechtsfrage aufwirft, die höchstrichterlich noch nicht geklärt, klärungsfähig und klärungsbedürftig ist und deren Entscheidung für die Einheit oder die Weiterentwicklung des Rechts allgemein bedeutsam ist (vgl. Czybulka, in: Sodan/
Ziekow, VwGO, 3. Aufl. 2010, § 132 Rn. 47 mit Hinweisen auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts).

3 Die von der Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage,
ob zur Verbesserung der Lärmsituation in einem Mischgebiet, in dem sich mehrere Lokalitäten und Gaststätten befinden, das Einschreiten gegen nur einen einzigen Gaststättenbetreiber und bei Unsicherheit, ob hierdurch überhaupt eine Verbesserung der Lärmsituation eintritt, verhältnismäßig im engeren Sinne ist,
formuliert keine abstrakte Rechtsfrage, sondern betrifft die konkrete Rechtsanwendung im Einzelfall. Sie ist überdies nicht klärungsfähig, weil sie aufgrund der vom Verwaltungsgerichtshof getroffenen Feststellungen, die den Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO binden, in einem Revisionsverfahren sich so nicht stellen würden. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Lärmsituation, die von der Imbissgaststätte des Klägers ausgeht und die sich auf die nur 5 m von der Gaststätte entfernt liegende Wohnung der Beigeladenen negativ auswirkt, festgestellt, dass Gäste des Klägers durch ihre lautstarken Unterhaltungen in der fraglichen Zeit eine zusätzliche Lärmbelastung und eine Überschreitung des einschlägigen Richtwertes für Spitzenpegel von 65 dB(A) um bis zu 12 dB(A) bei der Wohnung der Beigeladenen verursachen, wobei die in der TA-Lärm festgesetzten Immissionsrichtwerte für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden in Mischgebieten nachts auf 45 dB(A) festgelegt sind. Angesichts dieser Feststellung könnte in einem Revisionsverfahren nicht von einer Unsicherheit bezüglich der Verbesserung der Lärmsituation durch die Maßnahme des Beklagten ausgegangen werden.

4 Unabhängig davon ist rechtsgrundsätzlich geklärt, unter welchen Voraussetzungen eine die Berufsfreiheit einschränkende Maßnahme als verhältnismäßig im engeren Sinne anzusehen ist. Das ist dann der Fall, wenn eine Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe ergibt, dass die Grenze des Zumutbaren gewahrt bleibt (vgl. BVerfG, Urteil vom 30. Juli 2008 - BVerfG 1 BvR 3262/07, 1 BvR 402/08, 1 BvR 906/08 - BVerfGE 121, 317 = juris Rn. 117). Unter Beachtung dieser Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof eine Gesamtabwägung vorgenommen. Er hat eine mögliche Verlagerung des Problems durch Abwanderung der Gäste des Klägers auf andere Lokale gesehen und auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung in seine Überlegungen mit einbezogen.

5 Von einer weiteren Begründung der Beschwerde sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen beizutragen, unter denen eine Revision zuzulassen ist (§ 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO).

6 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG.