Urteil vom 23.09.2008 -
BVerwG 2 WD 18.07ECLI:DE:BVerwG:2008:230908U2WD18.07.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 23.09.2008 - 2 WD 18.07 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:230908U2WD18.07.0]

Urteil

BVerwG 2 WD 18.07

  • Truppendienstgericht Nord 7. Kammer - 17.04.2007 - AZ: N 7 VL 7/07

In dem gerichtlichen Disziplinarverfahren hat der 2. Wehrdienstsenat des Bundesverwaltungsgerichts in der nichtöffentlichen Hauptverhandlung am 23. September 2008, an der teilgenommen haben:
Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht Golze,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Müller,
Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Deiseroth,
ehrenamtliche Richterin Oberfeldarzt Dr. Jung und
ehrenamtlicher Richter Hauptfeldwebel Brühl
sowie
...
als Vertreter des Bundeswehrdisziplinaranwalts,
...
als Verteidiger,
Geschäftsstellenverwalterin ...
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,
für Recht erkannt:

  1. Die Berufung des Soldaten gegen das Urteil der 7. Kammer des Truppendienstgerichts Nord vom 17. April 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Soldaten auferlegt.

Gründe

I

1 Der jetzt 31 Jahre alte Soldat, der nach seinem Realschulabschluss erfolgreich eine Ausbildung zum Gas- und Wasserinstallateur absolviert hatte, war am 1. Juli 1998 als Wehrpflichtiger in die Bundeswehr eingetreten. Aufgrund seiner Verpflichtungserklärung wurde er am 26. Oktober 1998 in das Dienstverhältnis eines Soldaten auf Zeit berufen. Seine antragsgemäß wiederholt verlängerte Dienstzeit beträgt letztlich insgesamt 12 Jahre und wird voraussichtlich mit Ablauf des 30. Juni 2010 enden. Anträge des Soldaten auf Übernahme in das Dienstverhältnis eines Berufssoldaten waren im Juli 2004 und Juli 2006 abgelehnt worden.

2 Der regelmäßig, zuletzt am 15. September 2003 zum Oberfeldwebel, beförderte Soldat durchlief die für einen Portepeeunteroffizier der Panzerflugabwehrtruppe typische Ausbildung. Ab dem 1. Oktober 2002 war er zur 5./...bataillon ... in L. versetzt worden, wo er als Flugabwehrkanonenfeldwebel und Gruppenführer, sowie nach Bestehen des entsprechenden Verwendungslehrgangs im September 2004 auch als Kraftfahrfeldwebel verwendet wurde. Im November 2005 wechselte er innerhalb der Batterie den Dienstposten als Flak-Feldwebel am Waffensystem GEPARD und wurde nun als Erkundungsgruppenführer eingesetzt. Wegen der Vorwürfe, die Gegenstand des vorliegenden Disziplinarverfahrens sind, wurde der Soldat für die Zeit vom 16. Oktober 2006 bis 31. März 2007 zur 2./...bataillon ... in H. kommandiert, wo er als Gruppenführer in der Allgemeinen Grundausbildung zum Einsatz kam. Vom 1. April 2007 an war der zum 1. Juli 2007 zur 4./...bataillon ... versetzte Soldat durchgängig zum Ausbildungszentrum ...truppe, ...zentrum, in P. kommandiert, wo er als Flak-Feldwebel im Gerätezug I eingesetzt wurde. Seit dem 1. Juli 2008 ist er im Rahmen des Berufsförderungsdienstes für eine Berufsausbildung - Umschulung zum Kfz-Mechatroniker (Zweirad) - vollständig vom militärischen Dienst freigestellt.

3 Die im Juni 2004 geschlossene und kinderlos gebliebene Ehe des Soldaten ist eigenen Angaben zufolge seit 26. Juli 2007 geschieden. In der Berufungshauptverhandlung hat der Soldat ergänzend erklärt, nach Übernahme der Schulden aus der Ehe beliefen sich seine Kreditverpflichtungen derzeit auf etwa 40 000 €; Zahlungen würden zurzeit nicht erbracht. Seit dem 31. März 2008 sei er wieder verheiratet. Seine Ehefrau, die aus ihrer ersten Ehe vier Kinder zwischen drei und elf Jahren in die neue Ehe mitgebracht habe, könne wegen der Kinder einer Berufstätigkeit derzeit nicht nachgehen.

II

4 1. In dem durch Verfügung vom 8. November 2006, dem Soldaten ausgehändigt am 15. November 2006, ordnungsgemäß eingeleiteten gerichtlichen Disziplinarverfahren hat die Wehrdisziplinaranwaltschaft für den Bereich des Heerestruppenkommandos dem Soldaten mit Anschuldigungsschrift vom 22. Februar 2007 folgende Sachverhalte als schuldhafte Verletzungen seiner Dienstpflichten gemäß §§ 7, 10 Abs. 3, § 12 Satz 2, § 17 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 und § 17 Abs. 2 Satz 2 Alt. 2 i.V.m. § 10 Abs. 1 SG zur Last gelegt:
„1. Der Soldat hat am Abend des 21. Dezember 2004 auf der Verabschiedungsfeier seines ehemaligen Batteriechefs, Hauptmann T. K., in dessen Wohnung in der B...straße 1 in ... R., die Fotokamera von Hauptmann K., Typ CANON EOS 300 V, entwendet und bis zu deren polizeilicher Sicherstellung am 05. September 2006 in seiner Stube in der Sch...-Kaserne in ... L. behalten.
2. Er hat in der Nacht vom 06. Juli 2006 zum 07. Juli 2006 im Eingangsbereich von Block 3 der S...-Kaserne in ... L. das dort auf dem Tisch liegende Mobiltelefon, Typ Sony-Ericsson, eines Kameraden seiner Einheit, Stabsunteroffizier M. Z., entwendet und bis zu dessen polizeilicher Sicherstellung am 05. September 2006 in seiner Stube in der Sch...-Kaserne in ... L. behalten.
3. Er hat am Abend des 29. August 2006 beim Umzug seiner Kameradin Stabsunteroffizier (w) B., und deren Lebensgefährten, Stabsunteroffizier S. S., in deren Wohnung am A...markt 1 - 3 in ... .... das Mobiltelefon von Stabsunteroffizier S., Typ Motorola RAZR, entwendet und bis zu dessen polizeilicher Sicherstellung am 05. September 2006 in seiner Stube in der Sch...-Kaserne in ... ... behalten.“

5 2. In dem sachgleichen Strafverfahren war gegen den Soldaten zuvor wegen Diebstahls in drei Fällen durch rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts K. vom 22. September 2006 eine Gesamtgeldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 40 € verhängt worden.

6 3. Die 7. Kammer des Truppendienstgerichts Nord hat durch Urteil vom 17. April 2007 entschieden, dass der Soldat in den Dienstgrad eines Kanoniers herabgesetzt wird. Sie hat den angeschuldigten Sachverhalt, dessen Richtigkeit der Soldat eingeräumt habe, als erwiesen angesehen. Durch sein Verhalten habe er vorsätzlich die ihm obliegenden Pflichten zu treuem Dienen, Kameradschaft und Wohlverhalten im dienstlichen Bereich (§§ 7, 12, 17 Abs. 2 Satz 1 SG) verletzt und dadurch ein schwerwiegendes Dienstvergehen begangen. Den Soldaten belaste vor allem, dass er nicht nur einmal, sondern in drei Fällen Kameraden bestohlen habe. Hinzu komme, dass er in zwei Fällen im sozialen Nahbereich - der Wohnung seiner Gastgeber - das ihm u.a. durch eine Einladung entgegengebrachte gesteigerte Vertrauen missbraucht habe. Mildernden Umständen in der Person des Soldaten - Alkoholisierung unterhalb der Schwelle des § 21 StGB und Anspannungen im ehelichen Bereich - komme schon deshalb kein Gewicht zu, weil der Soldat bei „nüchternem Kopf“ die sich ihm wiederholt gebotenen Möglichkeiten der unauffälligen Rückgabe der gestohlenen Gegenstände nicht genutzt habe. Im Ergebnis habe es die Truppendienstkammer nur um „Haaresbreite“ bei einer Degradierung in den untersten Mannschaftsdienstgrad belassen.

7 4. Gegen das ihm am 3. Mai 2007 zugestellte Urteil hat der Soldat durch seinen Verteidiger am Montag, dem 4. Juni 2007 Berufung eingelegt, mit der er den Ausspruch einer milderen Disziplinarmaßnahme begehrt. Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend:

8 Unter Berücksichtigung des Grundsatzes „in dubio pro reo“ hätte die Vorinstanz nicht zu dem Ergebnis kommen dürfen, dass die Wegnahmehandlungen mit Zueignungsabsicht erfolgt seien. Er habe die drei Gegenstände weder benutzt noch veräußert oder weitergegeben. Die Wegnahmehandlungen seien unter besonderen Umständen, nämlich in Lebenskrisen unter Alkoholeinfluss erfolgt, ohne dass die Absicht bestanden habe, sich die fremden Sachen zuzueignen. Auslöser seiner ersten Tat sei ein schwerer ehelicher Vertrauensbruch gewesen. Bei seiner vorzeitigen Rückkehr vom Dienst habe er seine Frau mit seinem besten Freund im Bett angetroffen. Er, der Soldat, sei „total am Boden zerstört“ und zu keiner angemessenen Reaktion fähig gewesen; er habe hilflos reagiert und einfach abgewartet, dass sich alles wieder einrenke. Bis zu diesem Zeitpunkt sei er im Kameradenkreis als „Soldat mit Leib und Seele“ angesehen worden, der sein Privatleben dem Dienst absolut untergeordnet habe.

9 Danach sei er zwar äußerlich derselbe, den ihm gestellten Aufgaben aber nicht (mehr) gewachsen gewesen, sodass es einen deutlichen Leistungseinbruch gegeben habe, wie auch im Urteil festgestellt worden sei. Das Gericht habe diese Umstände und ihre Ursachen aber nicht erkannt und zu Unrecht unberücksichtigt gelassen: Er, der vorbildliche und geschätzte Soldat, habe sich in seinem privaten Bereich ganz anders, nämlich als ohnmächtig und hilflos erwiesen; er habe nicht mehr gewusst, wie er Ordnung in sein Leben bringen könne und habe doch ein starkes Bedürfnis nach Regeln, Struktur und Hilfe gehabt. Die Wegnahmehandlungen ohne Zueignungsabsicht stellten sich in Wahrheit als solche „Hilferufe“ dar, die durch den enthemmenden und die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit herabsetzenden Alkoholkonsum ausgelöst worden seien. Dies müsse angemessen berücksichtigt werden.

III

10 Die Berufung des Soldaten hat keinen Erfolg.

11 1. Die gemäß § 115 Abs. 1, § 116 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 WDO form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig.

12 2. Das Rechtsmittel ist in vollem Umfang eingelegt worden. Mit der Berufungsbegründung werden sowohl die erstinstanzliche Schuldfeststellung zum subjektiven Disziplinartatbestand als auch die Maßnahmebemessung angegriffen. Der Senat hat deshalb im Rahmen der Anschuldigung (§ 107 Abs. 1 i.V.m. § 123 Satz 3 WDO) eigene Tat- und Schuldfeststellungen zu treffen, diese rechtlich zu würdigen und unter Berücksichtigung des Verschlechterungsverbotes (§ 331 Abs. 1 StPO i.V.m. § 91 Abs. 1 Satz 1, § 123 Satz 3 WDO) gegebenenfalls über die angemessene Disziplinarmaßnahme zu befinden.

13 3. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Die Entscheidung der Truppendienstkammer, den Soldaten in den Dienstgrad eines Kanoniers herabzusetzen, ist nicht zu beanstanden. Der Soldat hat durch die festgestellten „Kameradendiebstähle“ in drei Fällen seine Dienstpflichten schuldhaft verletzt und dadurch ein schwerwiegendes Dienstvergehen begangen.

14 a) Tatsächliche Feststellungen
Dem Soldaten wird in allen drei Anschuldigungspunkten zur Last gelegt, dadurch schuldhaft gegen seine Dienstpflichten verstoßen zu haben, dass er Kameraden bestohlen hat. Nach § 242 Abs. 1 StGB begeht einen Diebstahl, wer eine fremde bewegliche Sache in Zueignungsabsicht wegnimmt; erforderlich ist danach neben dem Bruch fremden und der Begründung neuen Gewahrsams die nach außen erkennbare Manifestation der Zueignungsabsicht (vgl. z.B. Urteil vom 5. Dezember 2000 - BVerwG 2 WD 38.00 - Buchholz 236.1 § 7 SG Nr. 39). Auf bindende strafgerichtliche Feststellungen im Sinne des § 84 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 123 Satz 3 WDO kann sich der Senat in diesem Zusammenhang nicht stützen, da den Feststellungen im rechtskräftigen Strafbefehl vom 22. September 2006 keine Bindungswirkung zukommt (stRspr, z.B. Urteil vom 1. Juli 2003 - BVerwG 2 WD 34.02 - BVerwGE 118, 262 <267> = Buchholz 235.01 § 108 WDO 2002 Nr. 2 = NZWehrr 2004, 36 m.w.N.); sie können allerdings Indizwirkung für das Tatgeschehen haben (vgl. z.B. Beschluss vom 1. Dezember 1987 - BVerwG 2 WD 66.87 - BVerwGE 83, 373 <374>).

15 aa) Nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Hauptverhandlung steht aufgrund der geständigen Einlassungen des Soldaten zur Wegnahme der drei für ihn fremden Gegenstände und deren Gewahrsamserlangung - soweit den Einlassungen gefolgt werden kann -, der Anhörung des Sach- und Leumundszeugen Hauptmann P., Batteriechef und Disziplinarvorgesetzter des Soldaten in der Zeit vom 23. Dezember 2004 bis zu dessen Wegkommandierung nach H., sowie der zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Urkunden zur Überzeugung des Senats in den drei Anschuldigungspunkten folgender objektiver Geschehensablauf fest:

16 Zu Anschuldigungspunkt 1:
Auf Einladung des damaligen Batteriechefs der 5./...bataillon ..., Hauptmann K., fand aus Anlass seiner Verabschiedung in seiner Privatwohnung in R. am Abend des 21. Dezember 2004 eine Feier statt, an der die Portepeeunteroffiziere der Einheit, einschließlich des Soldaten etwa 20 Personen, teilnahmen. Beim Weggehen nahm der angetrunkene Soldat, angeblich hatte er mehrere Bier und mehrere Bacardi, d.h. Rum bzw. rumhaltige Mixgetränke getrunken, die dem Gastgeber gehörende Spiegelreflexkamera Typ CANON EOS 300 V an sich und behielt sie.

17 Zu Anschuldigungspunkt 2:
In der Nacht vom 6. auf den 7. Juli 2006 feierten die Unteroffiziere der Einheit des Soldaten in Block 3 der Sch...-Kaserne in L. den Abschluss des sogenannten Unteroffizierstages. Zu später Stunde legte der geschädigte Stabsunteroffizier Z. auf einen Tisch im Eingangsbereich des Gebäudes sein Mobiltelefon, Typ Sony-Ericsson, neben das von Oberfeldwebel Ba., um zwischen diesen Daten zu übertragen. Während Oberfeldwebel Ba. am Ende der Feier sein Handy wieder einsteckte, ließ Stabsunteroffizier Z. sein Mobiltelefon zumindest für kurze Zeit unbeaufsichtigt liegen, was der wiederum angetrunkene Soldat nutzte, um es an sich zu nehmen; angeblich hatte er zuvor eine größere Menge selbstgemachter, alkoholhaltiger Bowle konsumiert. Als am nächsten Morgen Stabsunteroffizier Z. alle am Abend anwesenden Kameraden befragte, ob sie wüssten, wo sein Handy sei, meldete sich der Soldat nicht und behielt das Mobiltelefon für sich.

18 Da sich das Handy nicht einfand und von einem „Kameradendiebstahl“ ausgegangen werden musste, machte sich in der Einheit Unruhe und ein gewisses Misstrauen breit, was den damaligen Batteriechef, den Zeugen P., veranlasste, Ermittlungen aufzunehmen. An deren Ende konnte der Kreis der Tatverdächtigen auf sechs Personen, darunter den Soldaten, eingegrenzt werden. Der Zeuge versuchte zu Beginn der jeweiligen Vernehmungen der sechs Soldaten, diesen „goldene Brücken“ dahingehend zu bauen, dass sich durch eine anonyme Rückgabe des Handys die Angelegenheit möglicherweise bereinigen ließe, wozu es jedoch nicht kam.

19 Zu Anschuldigungspunkt 3:
Am 29. August 2006 half der Soldat zusammen mit etwa fünf oder sechs anderen Kameraden seiner Kameradin, Frau Stabsunteroffizier B., und deren Lebensgefährten, Stabsunteroffizier S., beim Umzug in deren Privatwohnung in der Stadt L. Nach Abschluss der Umzugsarbeiten wurde gegessen und getrunken; eigenen Angaben zufolge nahm der Soldat während und nach dem Umzug jeweils mehrere Bier zu sich. Als sich der angetrunkene Soldat auf den Heimweg machte, nahm er das offen herumliegende Mobiltelefon, Typ Motorola RAZR, von Stabsunteroffizier S. an sich und behielt es.

20 Als die Lebensgefährtin des Geschädigten am nächsten Morgen in der Batterie eine Verlustmeldung abgegeben hatte, ließ Hauptmann P. alle Kameraden, die beim Umzug geholfen hatten, als Zeugen vernehmen. Da die Vernehmungen erfolglos blieben, entstand erneut Unruhe in der Einheit.

21 Anlässlich einer Inspizierung des Kasernengebäudes durch den Batteriefeldwebel Anfang September 2006 entdeckte dieser die gesuchten drei Gegenstände in der vom Soldaten allein bewohnten Stube. Sie lagen dort auf einem Aktenbock, der - von der Tür aus gesehen - an einer Seitenwand hinter dem Spind stand. Die Fotokamera und die Mobiltelefone waren daher für einen Fremden von der Stubentür aus nicht ohne Weiteres sichtbar. Dies hatte der Soldat bereits in der Hauptverhandlung vor dem Truppendienstgericht eingeräumt, allerdings mit dem Hinweis auf eine „davorstehende Fahne“. Bei einer polizeilichen Durchsuchung der Stube des Soldaten am Morgen des 5. September 2006 wurden die Gegenstände sichergestellt.

22 bb) Der Senat ist nach dem Ergebnis der von ihm durchgeführten Hauptverhandlung aufgrund der Einlassungen des Soldaten, soweit ihnen gefolgt werden kann, der Anhörung des Zeugen P. sowie der zum Gegenstand der Hauptverhandlung gemachten Urkunden auch davon überzeugt, dass der Soldat die Fotokamera und beide Handys schuldhaft weggenommen hat, um sie sich zumindest vorübergehend rechtswidrig anzueignen.

23 Soweit der Soldat seine Zueignungsabsicht in Zweifel gezogen hat, wird er durch die vom Senat getroffenen Feststellungen widerlegt. Nach Entdeckung seines Fehlverhaltens hatte sich der Soldat am 5. und 6. September 2006 sowie am 31. Januar 2007 im Wesentlichen dahin eingelassen, er wisse selbst nicht, warum er die Sachen weggenommen habe. Jeweils am Folgetag sei ihm bewusst geworden, was er gemacht habe. Er habe jedoch aus Angst vor den Konsequenzen nicht den Mut aufgebracht, die Sachen zurückzugeben. Nach der Trennung von seiner Frau habe er viel Alkohol getrunken, sei aber nicht alkoholkrank. Seit Entdeckung der Taten (etwa Mitte September 2006) habe er nichts mehr getrunken. Er habe noch nie etwas gestohlen und habe selbst mehrere Handys und eine Kamera. Es sei nie seine Absicht gewesen, die Sachen zu verkaufen. Bei Stabsunteroffizier (w) B. und dem gesamten Unteroffizierskorps habe er sich entschuldigt. Hauptmann K. und Stabsunteroffizier Z. seien versetzt worden, sodass er noch keine Gelegenheit gehabt habe, sich bei ihnen zu entschuldigen.

24 In der Hauptverhandlung vor dem Truppendienstgericht am 17. April 2007 hat der Soldat, zum Teil durch seine Verteidiger, ergänzend bekundet, vor dem ersten Vorfall sei er - am 10. oder 11. Dezember 2004 - vom Dienst früher nach Hause zurückgekehrt und habe seine Frau mit seinem besten Freund im Bett vorgefunden. Dies habe ihn innerlich „zertrümmert“. Er habe an der Beziehung festhalten wollen und versucht, sie wieder aufzubauen. Bei den anderen Vorfällen sei es so gewesen, dass nur wenige Tage zuvor ein Schreiben eines Rechtsanwalts mit dem Scheidungsbegehren seiner Frau (30. Juni 2006) bzw. ein anwaltliches Schreiben zum Versorgungsausgleich eingetroffen sei. Aus letzterem sei hervorgegangen, dass er den Kredit allein tragen müsse. Dies habe ihn wieder völlig in die Tiefe gezogen. Mehr Alkohol trinke er nur hin und wieder, insbesondere bei Feiern und Geburtstagen. Im Durchschnitt sei er einmal im Monat „ordentlich stramm“. Er sei aber immer voll orientiert gewesen und habe den Weg nach Hause gefunden. Wenn er etwas trinke, dann nicht so viel, dass er nicht mehr „durchblicke“. An die Möglichkeit einer unauffälligen, anonymen Rückgabe der Gegenstände habe er in seiner „Kopflosigkeit“ nicht gedacht. Bei Frau B. und Herrn Z. habe er sich entschuldigt, bei Herrn K. noch nicht, ohne dass er erklären könne „warum“, vielleicht wegen seines schlechten Gewissens und aus Angst.

25 Mit seiner Berufung macht der Soldat durch seinen Verteidiger im Wesentlichen geltend, die Wegnahmehandlungen seien ohne Zueignungsabsicht erfolgt. Er habe die drei Gegenstände weder benutzt noch veräußert oder weitergegeben. Die Wegnahmehandlungen seien unter besonderen Umständen, nämlich in Ehekrisen unter Alkoholeinfluss geschehen, ohne dass die Absicht bestanden habe, sich die fremden Sachen zuzueignen. In Wahrheit handele es sich bei seinen Tathandlungen um „Hilferufe“ an seine Umgebung.

26 In der Berufungshauptverhandlung hat der Soldat seine bisherigen Einlassungen im Wesentlichen wiederholt. Er wisse immer noch nicht, warum er die Sachen mitgenommen habe. An den Folgetagen habe er jeweils normalen Dienst geleistet.

27 Die Annahme des subjektiven Diebstahlstatbestandes muss sich auf die volle Gewissheit des Senats stützen, die dieser aufgrund freier Beweiswürdigung aus dem Inbegriff der Verhandlung gewonnen hat. Erforderlich ist ein nach der Lebenserfahrung ausreichendes Maß an Sicherheit, demgegenüber vernünftige Zweifel nicht mehr aufkommen. Zur Überführung des angeschuldigten Soldaten ist keine „mathematische Gewissheit“ von dessen Schuld erforderlich. Der Beweis muss jedoch mit lückenlosen, nachvollziehbaren und logischen Argumenten geführt sein. Die Beweiswürdigung muss auf einer tragfähigen, verstandesmäßig einsichtigen Tatsachengrundlage beruhen und erschöpfend sein. Der Senat ist als Tatsacheninstanz gehalten, sich mit den von ihm festgestellten Tatsachen und allen für die Entscheidung wesentlichen Gesichtspunkten auseinanderzusetzen und seine Beweiswürdigung in den Urteilsgründen darzulegen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. Oktober 2007 - 2 BvR 1461/06 - EuGRZ 2007, 730 <731>; BVerwG, Urteil vom 19. Juli 2006 - BVerwG 2 WD 13.05 - Buchholz 450.2 § 58 WDO 2002 Nr. 2 = NZWehrr 2007, 35, jeweils m.w.N.). Dementsprechend muss der Senat mit dem nach der Lebenserfahrung gebotenen - aber auch ausreichenden - Maß an Sicherheit davon überzeugt sein, dass der Soldat jeweils mit Zueignungsabsicht gehandelt hat und zur jeweiligen Tatzeit nicht schuldunfähig im Sinne des § 20 StGB war. Beide Voraussetzungen liegen in den drei Anschuldigungspunkten zur Überzeugung des Senates vor.

28 (1) Der Soldat hat die Fotokamera und beide Mobiltelefone mit Zueignungsabsicht und mit Vorsatz weggenommen. Ein wichtiges Indiz für die Richtigkeit dieser Feststellung ist zunächst der rechtskräftige Strafbefehl. Auch wenn die Tatsache, dass der im Strafverfahren nicht durch einen Verteidiger vertretene Soldat den Strafbefehl akzeptiert hat, nicht als Schuldeingeständnis gewertet werden kann (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 6. Dezember 1995 - 2 BvR 1732/95 - NStZ-RR 1996, 168 zur rechtlichen Würdigung einer Zustimmung zur Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 153a StPO), so ist der Soldat immerhin wegen Diebstahls in drei Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 1 200 € verurteilt worden, ein Geldbetrag, der ihn bei seinen finanziell angespannten Verhältnissen sehr belastet; dies hat er bei seiner Anhörung am 31. Januar 2007 auch zu erkennen gegeben. Es ist kaum nachvollziehbar, dass ein unschuldiger Soldat freiwillig eine solche Strafe auf sich nimmt, zumal er jetzt auch „vorbestraft“ ist und das festgestellte strafbare Verhalten für ihn schwerwiegende dienstliche Auswirkungen hat.

29 Diese erhebliche Indizwirkung für die Richtigkeit der Feststellung, mit Zueignungsabsicht gehandelt zu haben, wird durch weitere, den Soldaten belastende Umstände gestützt:

30 Schon die Gewahrsamsverhältnisse der drei weggenommenen Gegenstände sprechen dafür, dass der Soldat sie endgültig behalten wollte. So hatte er die Fotokamera bis zur Sicherstellung durch die Polizei bereits eindreiviertel Jahre in Besitz. Hätte der Batteriefeldwebel die Stube des Soldaten nicht zufällig Anfang September 2006 inspiziert, wären alle drei Sachen weiter im Besitz des Soldaten geblieben; es gibt keine Anhaltspunkte dafür - und ist von ihm auch in der Berufungshauptverhandlung nicht geltend gemacht worden -, dass er ernsthaft und glaubhaft bereit war, wenigstens die beiden Mobiltelefone den Eigentümern unverzüglich freiwillig zurückzugeben, und dass ihm die Polizei am 5. September 2006 nur zuvorgekommen war. Der Soldat hatte die drei Gegenstände in der von ihm allein bewohnten Stube nicht nur so aufbewahrt, dass er sie jederzeit mit „schlechtem Gewissen“ ansehen konnte, wie er vor dem Truppendienstgericht - nach Vorhalt in der Berufungshauptverhandlung unwidersprochen - ausgesagt hat - ein „Vergessen“ scheidet damit aus -, sondern hatte sie auch so gelagert, dass sie von Fremden nicht ohne Weiteres entdeckt werden konnten. Zudem hatte er zwischen dem 21. Dezember 2004 (erste Tat) und der Sicherstellung der Gegenstände am 5. September 2006 mindestens einmal seine Kasernenstube gewechselt und dabei die Fotokamera mitgenommen, wie er in der Berufungshauptverhandlung eingeräumt hat. Dies spricht ebenfalls für einen Zueignungswillen.

31 Der Soldat hat auch noch nach Entdeckung seiner Taten den angeblich rechtmäßigen Besitz an den drei Gegenständen verteidigt. So hat der Zeuge P. vor dem Truppendienstgericht und vor dem Senat unwidersprochen und glaubhaft ausgesagt, der Soldat habe im Verlauf seiner ersten Vernehmung am 5. September 2006 bis zuletzt bestritten, dass dies die entwendeten Gegenstände seien. Die CANON-Fotokamera sei ihm von seinen Großeltern geschenkt worden. Erst als eine Nachfrage bei der Ehefrau des Geschädigten zur Seriennummer der Kamera ergeben habe, dass es sich um die gestohlene Kamera handelte, habe der Soldat sein Leugnen aufgegeben und erklärt, er wisse nicht, was er dazu sagen solle.

32 Auch die wiederholten Behauptungen des Soldaten, er habe die Sachen eigentlich wieder zurückgeben wollen, stellen Schutzbehauptungen dar; sie werden durch das tatsächliche anschließende Verhalten des Soldaten widerlegt, das ihn belastet. Es gibt, wie erwähnt, keine Anhaltspunkte dafür, dass der Soldat vor dem 5. September 2006 ernsthaft bereit war, wenigstens die beiden Mobiltelefone den Eigentümern freiwillig zurückzugeben. Falls er sich wirklich die drei Gegenstände nicht hätte zueignen wollen und deshalb willens gewesen wäre, sie unverzüglich den Eigentümern zukommen zu lassen, hätte er auch ohne die Gefahr einer Selbstbelastung die Möglichkeit gehabt, sich von den Sachen anonym zu trennen, z.B. anonym den Geschädigten zuzuschicken oder - entsprechend dem Hinweis des Zeugen P. in der Berufungshauptverhandlung - im Kummerkasten der Batterie einen anonymen Hinweis zu hinterlassen. Der Zeuge P. hat sowohl vor dem Truppendienstgericht als auch vor dem Senat unwidersprochen und glaubhaft ausgesagt, er habe im Fall 2 bei der Vernehmung der Verdächtigen - einschließlich des Soldaten - alle darauf hingewiesen, dass es gut wäre, wenn das Handy anonym zurückgegeben würde. Der Soldat wusste also von dieser Möglichkeit, ohne dass er aber davon Gebrauch gemacht hat. Eine Erklärung konnte er dafür nicht geben. Soweit sein Verteidiger noch vor dem Truppendienstgericht zur Möglichkeit anonymer Rückgabe der Gegenstände erklärt hatte, der Soldat sei „kopflos“ und sich alternativer Handlungsmöglichkeiten wohl nicht bewusst gewesen, hat er in der Berufungshauptverhandlung Entsprechendes nicht mehr vorgebracht. Es wäre auch nicht überzeugend: Der Soldat war ausdrücklich auf die Möglichkeit der anonymen Rückgabe hingewiesen worden. Nach Aussage des Zeugen P. ist es gerade ein Wesenszug des Soldaten, dass er „unter Last den Überblick behält“. Zudem kann der Soldat im Hinblick auf die erste Wegnahmehandlung nicht eindreiviertel Jahre „kopflos“ gewesen sein. Schließlich hat der Soldat vor dem Senat auch seine Einlassung vor dem Truppendienstgericht zur zweiten Wegnahmehandlung nicht wiederholt, er habe das Handy von Stabsunteroffizier Z. nur deshalb mitgenommen, damit es nicht unbeaufsichtigt im Eingangsbereich des Kasernengebäudes liegen geblieben wäre. Denn auch insoweit handelte es sich um eine Schutzbehauptung. Hätte die Einlassung dem wahren Willen des Soldaten entsprochen, hätte er das Mobiltelefon mit dieser Erklärung ohne Weiteres Stabsunteroffizier Z. am nächsten Morgen zurückgeben können, zumal dieser in der Einheit nach dem Verbleib seines Handy gefragt hatte. Dies hat der Soldat aber nicht getan, was dafür spricht, dass er es für sich behalten wollte. Als ihm in der Berufungshauptverhandlung diese Rückgabemöglichkeit vorgehalten wurde, konnte er dazu keine Erklärung abgeben.

33 Die erstmals vor dem Truppendienstgericht geäußerten Deutungsversuche des Verteidigers, die Wegnahmehandlungen des Soldaten stellten mangels der Fähigkeit, offen mit Dritten über seine Sorgen zu sprechen, „Hilferufe“ an seine Umgebung dar, sind ebenfalls nicht geeignet, die Überzeugung vom damaligen Zueignungswillen des Soldaten zu entkräften. Selbst wenn dem Soldaten nicht widerlegt werden kann, dass es ihm kaum möglich sei, sich mit seinen Problemen nahen Angehörigen oder gar seinen Disziplinarvorgesetzten anzuvertrauen, nimmt ihm der Senat nicht ab, dass er Wegnahmehandlungen begehen musste, um seine dienstliche Umgebung auf sich und seine Probleme aufmerksam zu machen. Dies passt nicht zum Verhaltensmuster des Soldaten in schwierigen Lagen, wie es sich insbesondere aufgrund der bis etwa Herbst 2005 guten dienstlichen Beurteilungen seiner damaligen Disziplinarvorgesetzten darstellt. In der planmäßigen Beurteilung vom 18. September 2003 hatte der nächsthöhere Vorgesetzte, Oberstleutnant und Bataillonskommandeur Kü., u.a. ausgeführt, der Soldat sei auch in kritischen Situationen durchsetzungsfähig. Wie bereits erwähnt, ist es nach Aussage des Zeugen P. gerade ein Wesenszug des Soldaten, dass er „unter Last den Überblick behält“. Als Praktiker (bis November 2005) habe er ein großes Fachwissen vorweisen können, welches verbunden mit großer Tatkraft, Flexibilität und Entscheidungsfreude zu sehr erfreulichen Ergebnissen geführt habe, gerade auch unter Belastung, etwa während Übungen. Auch im privaten Bereich ist der Soldat durchaus in der Lage, Probleme zu lösen. So hat er in der Berufungshauptverhandlung angegeben, in seiner neuen Ehe habe es mit dem ersten Ehemann seiner Frau Ärger wegen der Kinder gegeben. Diese Probleme habe er jedoch zusammen mit seiner neuen Frau regeln können. Die Familie sei deshalb von L. nach S. bei Hu. umgezogen, wo sie jetzt wohnten. Im Übrigen wäre der Deutungsversuch der Wegnahmehandlungen als „Hilferufe“ auch nur dann - ansatzweise - nachvollziehbar, wenn der Soldat wenigstens anlässlich der Anhörungen am Folgetag der Vorfälle im Anschuldigungspunkt 2 und 3 die Gelegenheit genutzt hätte, verbal auf seine Lage aufmerksam zu machen. Dies hat der Soldat aber unterlassen. Die Wegnahmehandlungen waren für sich gesehen kein erkennbares Indiz für private, insbesondere eheliche Probleme. Deshalb hat auch niemand in seiner dienstlichen Umgebung die angeblichen „Hilferufe“ erkannt.

34 Bei der nach alledem eindeutigen Beweislage, die vernünftige Zweifel an der Überzeugung von der in allen drei Fällen vorhanden gewesenen Zueignungsabsicht des Soldaten nicht mehr aufkommen lässt, kann dieser sich nicht mit Erfolg auf die angebliche „Unsinnigkeit seines Verhaltens“ berufen. Ein Handeln mit Zueignungsabsicht entfällt nicht bereits deshalb, weil der Täter schon vergleichbare Gegenstände wie das Diebesgut - hier eine Fotokamera und Mobiltelefone - besitzt. Es ist auch nicht erforderlich, dass der Senat für seine Überzeugungsbildung positiv feststellen muss, zu welchem Zweck und aus welchem Motiv der Soldat die Sachen, die durchaus wertvoll und funktionsfähig waren, an sich genommen hat. Entscheidend ist, dass dieser die Gegenstände weggenommen hat, um sie sich - zumindest vorübergehend - rechtswidrig zuzueignen. Das war hier der Fall.

35 (2) Nach der Überzeugung des Senats gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Soldat zur jeweiligen Tatzeit in Folge Alkoholmissbrauchs schuldunfähig im Sinne des § 20 StGB war.

36 Nach dieser Vorschrift handelt ohne Schuld, wer bei Begehung der Tat u.a. wegen einer krankhaften seelischen Störung oder tiefgreifenden Bewusstseinsstörung - hier jeweils aufgrund starken Alkoholkonsums - unfähig war, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln. Entsprechend seiner eigenen Einlassungen, zuletzt in der Berufungshauptverhandlung, hat der Soldat häufig Mittwoch abends - in Gesellschaft - mehr Alkohol als sonst zu sich genommen, sei aber nicht alkoholkrank. Er sei nicht der Einzige gewesen, so der Zeuge P. vor dem Truppendienstgericht und in der Berufungshauptverhandlung, der auf Partys und beim Disko-Besuch am Mittwoch viel getrunken habe; er habe aber nie ein Alkoholproblem zu erkennen gegeben, weshalb der Truppenarzt nicht eingeschaltet worden sei. Schließlich hat auch der in der Berufungshauptverhandlung als Leumundszeuge angehörte Oberstleutnant Zi. vom Ausbildungszentrum ...truppe, ...zentrum, in P. - früherer Disziplinarvorgesetzter des Soldaten - ausgesagt, dieser sei nicht alkoholauffällig gewesen.

37 Selbst wenn - zugunsten des Soldaten - unterstellt würde, dass dieser an krankhafter Alkoholsucht litte, ist in der Disziplinarrechtsprechung unter Hinweis auf die einschlägige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. dazu z.B. für das Beamtendisziplinarrecht Urteil vom 11. Dezember 2002 - BVerwG 1 D 15.02 - m.w.N.) anerkannt, dass eine solche Abhängigkeit, auch wenn sie pathologischer Natur ist, für sich allein nicht Schuldunfähigkeit des Betroffenen bezüglich der in diesem Zustand begangenen Eigentums- oder Vermögensdelikte zur Folge hat. Schuldunfähigkeit kommt nur dann in Betracht, wenn die Erkrankung zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen geführt, der Betroffene Beschaffungstaten unter starken Entzugserscheinungen oder die Tat im Zustand eines akuten Rausches verübt hat.

38 Diese Voraussetzungen sind hier aber nicht gegeben. Unmittelbare Beschaffungstaten unter starken Entzugserscheinungen lagen nicht vor. Der Soldat hat auf eine Kamera und Mobiltelefone, d.h. nicht unmittelbar auf alkoholische Getränke zugegriffen. Anhaltspunkte für schwerste Persönlichkeitsveränderungen zu den Tatzeiten, insbesondere bereits im Dezember 2004, gibt es ebenfalls nicht. Wäre es aufgrund von Alkoholmissbrauch zu schwersten Persönlichkeitsveränderungen gekommen, hätte dies in den dienstlichen Beurteilungen nach 2004, d.h. in der planmäßigen Beurteilung vom 19. September 2005 durch den damaligen Oberleutnant und Batteriechef P., in der schriftlichen Stellungnahme von Hauptmann F., Batteriechef der 2./...bataillon ..., vom 5. April 2007 und in der Sonderbeurteilung vom 8. November 2007 durch Hauptmann J., Batteriechef der 5./...regiment ..., zum Ausdruck kommen müssen. Dies ist aber nicht der Fall. Auch der wiederholt verspätete Dienstantritt im Herbst 2005, der Soldat hatte aus diesem Grund am 19. Oktober 2005 einen strengen Verweis erhalten, und der vom Leumundszeugen P. mit dem Dienstpostenwechsel im November 2005 in Zusammenhang gebrachte „Leistungseinbruch“ des Soldaten sind keine Anzeichen für schwerste Persönlichkeitsveränderungen im Sinne der genannten Rechtsprechung. Schließlich ist auch nichts dafür ersichtlich - und wird vom Soldaten auch nicht geltend gemacht -, dass er sich jeweils zur Tatzeit in einem akuten Alkoholrausch befand. In einem solchen Zustand, in dem der Betreffende regelmäßig nicht mehr in der Lage ist, das Unrecht seiner Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln, kann sich in Folge erheblichen Alkoholgenusses allerdings auch ein Nicht-Alkoholkranker befinden. Der Soldat hat sich jedoch wiederholt, zuletzt vor dem Senat, dahin eingelassen, er sei immer voll orientiert gewesen und habe den Weg nach Hause gefunden; einen „Filmriss“ habe er nie gehabt. Wenn er etwas trinke, dann nicht so viel, dass er nicht mehr „durchblicke“.

39 b) Disziplinarrechtliche Würdigung
Kameradschaftspflicht (§ 12 Satz 2 SG):
Der Soldat hat durch die in allen drei Anschuldigungspunkten festgestellten Diebstähle von Eigentum seiner Kameraden bewusst und gewollt, d.h. vorsätzlich gegen seine Pflicht zur Kameradschaft (§ 12 Satz 2 SG) verstoßen. Danach sind alle Soldaten verpflichtet, die Würde, die Ehre und die Rechte der Kameraden zu achten. Diese Verpflichtung gilt umfassend, d.h. inner- wie außerdienstlich.

40 Fürsorgepflicht (§ 10 Abs. 3 SG):
Mit dem „Kameradendiebstahl“ im Anschuldigungspunkt 2 hat der Soldat zugleich seine Fürsorgepflicht als Vorgesetzter gemäß § 10 Abs. 3 SG vorsätzlich verletzt. Es gehört zur Pflicht eines jeden Soldaten in Vorgesetztenstellung gegenüber einem Untergebenen - hier des Soldaten im Rang eines Oberfeldwebels gegenüber Stabsunteroffizier Z. (vgl. dazu § 4 Abs. 3 VorgV) -, diesen vor Schaden zu bewahren und ihm erst Recht keinen Schaden zuzufügen. Der schuldhafte Verstoß gegen die Fürsorgepflicht steht gleichrangig neben der innerdienstlichen Verletzung der Kameradschaftspflicht (vgl. dazu Urteile vom 21. Juli 1994 - BVerwG 2 WD 6.94 - BVerwGE 103, 143 <147> und vom 7. September 1994 - BVerwG 2 WD 15.94 - <insoweit nicht veröffentlicht in NZWehrr 1995, 77>).

41 Innerdienstliche Achtungs- und Vertrauenswahrungspflicht (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG):
Darüber hinaus hat der Soldat mit seinem innerdienstlichen Diebstahl eines im Eigentum eines Kameraden stehenden Wertgegenstandes (Anschuldigungspunkt 2) auch seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten im Dienst (§ 17 Abs. 2 Satz 1 SG) vorsätzlich verletzt. Diese Vorschrift findet im Falle des gleichzeitigen Verstoßes gegen andere Dienstpflichten zwar nur dann Anwendung, wenn das Verhalten nicht nur der anderen Pflichtverletzungen wegen ansehensschädigend wirkt. Dem festgestellten Verhalten muss vielmehr unabhängig von dem anderweitigen Pflichtenverstoß bereits die Eignung zur Ansehens- der Vertrauensschädigung innewohnen. Die Vorschrift stellt allein auf diese Eignung ab. Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit eines Soldaten können durch sein Verhalten aber schon dann Schaden nehmen, wenn dieses Zweifel an seiner Redlichkeit und Zuverlässigkeit weckt oder seine Eignung für die jeweilige Verwendung in Frage stellt (vgl. z.B. Urteil vom 13. März 2008 - BVerwG 2 WD 6.07 - <zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen> m.w.N., stRspr). Letzteres ist hier der Fall. Der Soldat hat die grundrechtlich und strafrechtlich geschützte Eigentumssphäre seines Kameraden, Stabsunteroffizier Z., verletzt.

42 Außerdienstliche Achtungs- und Vertrauenswahrungspflicht (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SG):
Zugleich hat der Soldat durch das in den Anschuldigungspunkten 1 und 3 festgestellte außerdienstliche Fehlverhalten - hier in Privatwohnungen von Kameraden - seine Achtungs- und Vertrauenswahrungspflicht (§ 17 Abs. 2 Satz 2 SG) vorsätzlich verletzt.

43 Nach der genannten Vorschrift hat sich der Soldat außer Dienst und außerhalb der dienstlichen Unterkünfte so zu verhalten, dass er das Ansehen der Bundeswehr oder die Achtung und das Vertrauen, die seine dienstliche Stellung erfordert, nicht ernsthaft beeinträchtigt. Für die Feststellung eines Verstoßes gegen § 17 Abs. 2 Satz 2 SG kommt es nicht darauf an, ob eine Beeinträchtigung des Ansehens der Bundeswehr oder der Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit im konkreten Fall tatsächlich eingetreten ist. Es reicht vielmehr aus, dass das Verhalten des Soldaten geeignet war, eine solche Wirkung auszulösen. Denn die Vorschrift stellt allein auf das Verhalten des Soldaten ab, ohne dass es für das Vorliegen einer Dienstpflichtverletzung auf den konkreten Eintritt einer solchen Beeinträchtigung ankommt. Die Achtungs- und Vertrauenswürdigkeit eines Soldaten können durch sein Verhalten schon dann Schaden nehmen, wenn dieses Zweifel an seiner Redlichkeit und Zuverlässigkeit weckt oder seine Eignung für die jeweilige Verwendung infrage stellt (vgl. z.B. Urteil vom 25. September 2007 - BVerwG 2 WD 19.06 - <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 23> m.w.N., stRspr). Dies ist zweifellos dann der Fall, wenn ein Soldat - wie hier - wiederholt Diebstähle begangen hat, die mit einer Geldstrafe geahndet worden sind. Dabei ist besonders zu berücksichtigen, dass der Soldat als Oberfeldwebel Vorgesetztenfunktionen innehatte. Nach § 10 Abs. 1 SG soll der Vorgesetzte in seiner Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel geben. Diese Pflicht ist nicht auf den dienstlichen Bereich beschränkt. Ein Soldat, der Kameraden in deren Privatwohnung bestiehlt, macht sich nicht nur strafbar, sondern disqualifiziert sich auch in seiner Dienststellung als Vorgesetzter.

44 Ob dabei die tatbestandlich sehr weite Fassung des § 17 Abs. 2 Satz 2 SG unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten in jeder Hinsicht bedenkenfrei ist, bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung. Denn jedenfalls eine Dienstpflicht des Inhalts, außerhalb des Dienstes keine mit Freiheits- oder Geldstrafe bedrohte Straftat zu begehen, begegnet aus Sicht des Bestimmtheitsgebots keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl. dazu auch Urteil vom 12. Juni 2007 - BVerwG 2 WD 11.06 - Buchholz 449.7 § 27 SBG Nr. 3 = NZWehrr 2007, 256 m.w.N.).

45 Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG):
Der innerdienstliche „Kameradendiebstahl“ im Anschuldigungspunkt 2 stellt zugleich auch einen vorsätzlichen Verstoß gegen die Pflicht zum treuen Dienen (§ 7 SG) dar. Die in der genannten Vorschrift normierte allgemeine Pflicht zum „treuen Dienen“, die durch die in den §§ 8 ff. SG aufgestellten speziellen Dienstpflichten in deren Anwendungsbereich konkretisiert wird, gebietet jedem Soldaten, seine dienstlichen Aufgaben und Pflichten gewissenhaft, sorgfältig und loyal gegenüber dem Dienstherrn zu erfüllen. Das schließt ein, innerhalb und außerhalb des Dienstes mit den ihm zur Verfügung stehenden Kräften dazu beizutragen, dass die Streitkräfte der Bundeswehr ihre durch die Verfassung festgelegten Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen können, sowie alles zu unterlassen, was diese bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben in unzulässiger Weise schwächen könnte.

46 Zu der in § 7 SG normierten Pflicht zum „treuen Dienen“ gehört insbesondere die Verpflichtung zur Loyalität gegenüber der geltenden Rechtsordnung (vgl. z.B. Urteil vom 22. August 2007 - BVerwG 2 WD 27.06 - BVerwGE 129, 181 = Buchholz 449 § 11 SG Nr. 2 = NZWehrr 2008, 76 m.w.N., stRspr). Denn die Anforderungen an die insoweit von den Soldatinnen und Soldaten geforderte „Treue“ - zum Dienstherrn Bundesrepublik Deutschland - werden in der rechtsstaatlich parlamentarischen Demokratie des Grundgesetzes in erster Linie durch den vom Volk gewählten Gesetzgeber und innerhalb dieses Rahmens von der parlamentarisch verantwortlichen Exekutive festgelegt.

47 Die Vorschrift des § 7 SG kommt bei der Prüfung von Dienstpflichtverletzungen jedoch nur insoweit zur Anwendung, als die in den §§ 8 ff. SG normierten Dienstpflichten für ihren jeweiligen Anwendungsbereich ihr nicht als speziellere Vorschrift vorgehen (vgl. z.B. Urteil vom 22. August 2007 a.a.O.).

48 Der zu Anschuldigungspunkt 2 festgestellte innerdienstliche „Kameradendiebstahl“ wird in seinem Unrechtsgehalt von § 12 Satz 2 und § 17 Abs. 2 Satz 1 SG nur insoweit erfasst, als der Soldat dienstrechtlich gegen seine Kameradschaftspflicht und seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten im Dienst verstoßen hat. Darüber hinaus hat der Soldat aber auch einen Diebstahl (§ 242 Abs. 1 StGB), d.h. kriminelles Unrecht begangen, sodass insoweit noch eine vorsätzliche Verletzung von § 7 SG in Gestalt eines Verstoßes gegen die Pflicht zur Loyalität gegenüber der Rechtsordnung vorliegt.

49 Aber auch in beiden außerdienstlichen Fällen des als Straftat geahndeten „Kameradendiebstahls“ (Anschuldigungspunkte 1 und 3) hat der Soldat zugleich seine Dienstpflicht gemäß § 7 SG - Loyalitätspflicht gegenüber der Rechtsordnung - vorsätzlich verletzt. Bei den außerdienstlichen Straftaten gemäß § 242 Abs. 1 StGB handelt es sich um Rechtsverstöße von Gewicht, die im engen Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehen (vgl. dazu Urteil vom 24. April 2007 - BVerwG 2 WD 9.06 - BVerwGE 128, 319 <326> = Buchholz 449 § 10 SG Nr. 57). Der Soldat schädigte im Rahmen privater Einladungen mit dienstlichem Bezug - Verabschiedung des Batteriechefs und Umzug einer Kameradin - jeweils Bundeswehrkameraden und beeinträchtigte dadurch den Dienstbetrieb erheblich. Vor allem der zweite Vorfall löste in der Batterie des Soldaten Unruhe und gegenseitiges Misstrauen aus, sodass dieser nach Aufdeckung seiner Verfehlungen wegkommandiert werden musste. Die in den Anschuldigungspunkten 1 und 3 festgestellten außerdienstlichen Fälle von „Kameradendiebstahl“ werden in ihrem Unrechtsgehalt von § 12 Satz 2 und § 17 Abs. 2 Satz 2 SG auch nur insoweit erfasst, als der Soldat dienstrechtlich gegen seine Kameradschaftspflicht und seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten außer Dienst verstoßen hat. Darüber hinaus hat der Soldat aber auch Diebstähle (§ 242 Abs. 1 StGB), d.h. kriminelles Unrecht begangen, sodass insoweit noch vorsätzliche Verletzungen von § 7 SG in Gestalt von Verstößen gegen die Pflicht zur Loyalität gegenüber der Rechtsordnung vorliegen.

50 c) Bemessung der Disziplinarmaßnahme
Die von der Truppendienstkammer verhängte Disziplinarmaßnahme einer Herabsetzung des Soldaten in den Dienstgrad eines Kanoniers ist wegen des vorsätzlich begangenen Dienstvergehens gemäß § 23 Abs. 1 i.V.m. §§ 7, 10 Abs. 3, § 12 Satz 2, § 17 Abs. 2 Satz 1 und 2 SG, wobei der Soldat als Vorgesetzter gemäß § 10 Abs. 1 SG der verschärften Haftung unterliegt, nicht zu beanstanden. Der gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 62 Abs. 1 Satz 4 WDO zulässige Ausspruch der Maßnahme ist angemessen und geboten.

51 Bei der Maßnahmebemessung ist von der von Verfassungs wegen (Art. 20 Abs. 1, Art. 103 Abs. 3 GG) allein zulässigen Zwecksetzung des Wehrdisziplinarrechts auszugehen. Diese besteht ausschließlich darin, dazu beizutragen, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb wiederherzustellen und aufrechtzuerhalten („Wiederherstellung und Sicherung der Integrität, des Ansehens und der Disziplin in der Bundeswehr“, vgl. dazu zuletzt Urteil vom 11. Juni 2008 - BVerwG 2 WD 11.07 - <zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen> m.w.N.). Bei Art und Maß der Disziplinarmaßnahme sind nach § 58 Abs. 7 i.V.m. § 38 Abs. 1 WDO Eigenart und Schwere des Dienstvergehens und seine Auswirkungen, das Maß der Schuld, die Persönlichkeit, die bisherige Führung und die Beweggründe des Soldaten zu berücksichtigen.

52 aa) Das Dienstvergehen des Soldaten wiegt schwer. Dies ergibt sich bereits daraus, dass er kriminelles Unrecht begangen hat und gegen ihn wegen Diebstahls in drei Fällen durch Strafbefehl rechtskräftig eine Gesamtgeldstrafe in Höhe von 30 Tagessätzen zu je 40 € verhängt worden ist.

53 Wie das Truppendienstgericht zutreffend ausgeführt hat, stellt der dienstliche wie außerdienstliche Zugriff auf Eigentum und Vermögen von Kameraden oder Kameradengemeinschaften („Griff in die Kameradenkasse“) nach ständiger Rechtsprechung des Senats (z.B. Urteile vom 19. Oktober 2000 - BVerwG 2 WD 16.00 - Buchholz 236.1 § 12 SG Nr. 14, vom 28. Oktober 2003 - BVerwG 2 WD 8.03 - DokBer 2004, 178, vom 26. November 2003 - BVerwG 2 WD 7.03 - Buchholz 235.01 § 38 WDO 2002 Nr. 14 und vom 29. August 2007 - BVerwG 2 WD 14.06 - Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 22, jeweils m.w.N.) ein so schwerwiegendes Dienstvergehen dar, dass grundsätzlich die Dienstgradherabsetzung bis in einen Mannschaftsdienstgrad Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen ist und Erschwerungsgründe sogar eine Entfernung des Soldaten aus dem Dienstverhältnis gebieten können. Ein Eigentums- oder Vermögensdelikt zum Nachteil von Kameraden lässt nicht nur negative Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Soldaten zu und berührt die Möglichkeit seiner dienstlichen Verwendungen, sondern ist auch stets geeignet, das gegenseitige Vertrauen und die Bereitschaft, füreinander einzustehen, zu gefährden, sowie die Kameradschaft und den militärischen Zusammenhalt, auf dem die Bundeswehr nach § 12 Satz 1 SG beruht, zu untergraben. Ein solches Verhalten löst häufig, wie hier, neben Ermittlungen des Disziplinarvorgesetzten auch solche der Strafverfolgungsorgane aus. All dies führt regelmäßig zu gegenseitigen Verdächtigungen und Anschuldigungen und kann damit ein Klima der Unruhe und des Misstrauens schaffen, das dem Dienstbetrieb höchst abträglich ist; das war auch hier der Fall.

54 Erheblich ins Gewicht fällt ein solches Fehlverhalten bei einem Soldaten in Vorgesetztenstellung; denn dieser hat nach § 10 Abs. 1 SG in seiner Haltung und Pflichterfüllung ein Beispiel zu geben. Vergreift sich ein Soldat in Vorgesetztenstellung am Eigentum und/oder Vermögen seiner Kameraden, so disqualifiziert er sich mit diesem Verhalten grundsätzlich auch für seine weitere Verwendung als Vorgesetzter. Er untergräbt dadurch regelmäßig seine Autorität, erschüttert sein Ansehen tiefgreifend und beeinträchtigt nachhaltig das gegenseitige Vertrauen. Damit lockert er zugleich den Zusammenhalt der Truppe. Ein solcher Vorgesetzter versagt in dieser Eigenschaft und erweist sich grundsätzlich als ungeeignet zur Führung und Erziehung Untergebener (vgl. Urteil vom 19. Oktober 2000 <insoweit a.a.O. nicht veröffentlicht> m.w.N.).

55 Als weitere belastende Umstände kommen hier hinzu, dass der Soldat nicht nur innerhalb von etwa eineinhalb Jahren - in zwei Fällen innerhalb von knapp zwei Monaten - wiederholt, nämlich dreimal Kameraden bestohlen hat, sondern dass er auch zwei der drei Verfehlungen im sozialen Nahbereich - in der Privatwohnung seiner Kameraden - begangen hat. Ein Soldat, der in der Wohnung seiner Gastgeber das ihm aufgrund einer Einladung entgegengebrachte gesteigerte Vertrauen durch kriminelles Verhalten missbraucht, erweckt dadurch nicht nur tiefgreifende Zweifel an seiner charakterlichen Integrität und Zuverlässigkeit, sondern beeinträchtigt dadurch in besonderem Maße auch seine dienstliche Verwendungsfähigkeit (vgl. z.B. Urteil vom 27. November 1996 - BVerwG 2 WD 33.96 - BVerwGE 113, 40 <42> = Buchholz 235.0 § 34 WDO Nr. 23 = NZWehrr 1997, 214 und auch Urteil vom 25. Januar 1996 - BVerwG 2 WD 24.95 - BVerwGE 103, 295 <297> = Buchholz 236.1 § 12 SG Nr. 3 = NZWehrr 1996, 257). Schließlich hat der Soldat durch sein wiederholtes Fehlverhalten jeweils einen kleinen Kreis bestimmter anderer, zur Tatzeit am Tatort ebenfalls anwesender Kameraden in Diebstahlsverdacht gebracht.

56 bb) Die Auswirkungen des Dienstvergehens belasten den Soldaten in mehrfacher Hinsicht. Durch die Diebstähle war den betroffenen Kameraden - zumindest vorübergehend - ein Vermögensschaden in Höhe von insgesamt mehreren 100 € entstanden. Nach der glaubhaften Aussage des Zeugen P. vor dem Truppendienstgericht und dem Senat hatten die Vorfälle, da sie nicht sogleich aufgeklärt werden konnten, auch zu Unruhe und Misstrauen im Unteroffizierskorps der Batterie geführt. Das Vertrauen der Unteroffizierskameraden sei so tief erschüttert gewesen, dass man die spätere Entschuldigung des Soldaten nicht angenommen habe. Er sei zum „Außenseiter“ geworden, der im Unteroffizierskorps keine Daseinsberechtigung mehr gehabt habe und „raus gehöre“. Dies führte dann dazu, dass der Soldat Mitte Oktober 2006 von seiner Batterie nach H. wegkommandiert wurde. Auch diese negativen Auswirkungen seines Dienstvergehens muss sich der Soldat zurechnen lassen. Das Bekanntwerden der Verfehlungen des Soldaten bei der Polizei und den sonstigen mit der Strafverfolgung und Durchführung des Strafverfahrens befassten Personen ist ebenfalls zu seinen Lasten zu berücksichtigen (vgl. dazu Urteil vom 29. August 2007 a.a.O. m.w.N.), da die Vorfälle bei Außenstehenden ein schlechtes Licht auf den Ruf der Bundeswehr und ihrer Angehörigen geworfen hat, in deren Reihen sich der Soldat noch befindet.

57 cc) Das Maß der Schuld des Soldaten wird vor allem dadurch bestimmt, dass er vorsätzlich gehandelt hat.

58 Da dem Soldaten nicht widerlegt werden kann, in den drei Diebstahlsfällen angetrunken gewesen zu sein, geht der Senat zugunsten des Soldaten davon aus, dass dieser zur jeweiligen Tatzeit alkoholbedingt erheblich vermindert schuldfähig im Sinne des § 21 StGB war (vgl. dazu Urteil vom 7. November 2007 - BVerwG 2 WD 1.07 - BVerwGE 130, 12 = Buchholz 450.2 § 120 WDO 2002 Nr. 2 m.w.N.). Auf die Bemessung der Disziplinarmaßnahme hat dieser Umstand jedoch keinen schuldmindernden Einfluss. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. Urteil vom 2. April 2008 - BVerwG 2 WD 13.07 - <zur Veröffentlichung in Buchholz vorgesehen> m.w.N.) ist bei selbstverschuldeter Trunkenheit und dadurch bewirkter verminderter Schuldfähigkeit eine - nach dem Gesetz (§ 21 StGB analog) im Ermessen des Gerichts stehende - Maßnahmemilderung nicht geboten, weil eine solche sonst der Prämierung des Fehlverhaltens nahekäme, was mit dem legislatorischen Zweck der Milderungsvorschrift nicht vereinbar wäre. Ein Fall selbstverschuldeter Trunkenheit liegt jedenfalls dann vor, wenn der betreffende Soldat - wie hier - für Art und Umfang des Alkoholgenusses selbst verantwortlich war.

59 Milderungsgründe in den Umständen der Tat, die die Schuld des Soldaten mindern könnten, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Sie wären nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. Urteil vom 29. August 2007 - BVerwG 2 WD 14.06 - <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 450.2 § 38 WDO 2002 Nr. 22 m.w.N.) nur dann gegeben, wenn die Situation, in der der Soldat versagt hat, von so außergewöhnlichen Besonderheiten gekennzeichnet wäre, dass ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten nicht mehr erwartet und daher auch nicht vorausgesetzt werden könnte. Dazu hat der Senat in seiner gefestigten Rechtsprechung verschiedene - nicht abschließende - Fallgruppen entwickelt, z.B. ein Handeln in einer ausweglos erscheinenden, unverschuldeten wirtschaftlichen Notlage, die auf andere Weise nicht zu beheben war, ein Handeln unter schockartig ausgelöstem psychischem Zwang oder unter Umständen, die es als unbedachte, im Grunde persönlichkeitsfremde Augenblickstat eines ansonsten tadelfreien und im Dienst bewährten Soldaten erscheinen lassen, sowie ein Handeln in einer körperlichen oder psychischen Ausnahmesituation (vgl. u.a. Urteil vom 29. August 2007 a.a.O. m.w.N., stRspr).

60 Die Voraussetzungen eines solchen Milderungsgrundes haben hier zur jeweiligen Tatzeit aber nicht vorgelegen.

61 Dies gilt zunächst für ein mögliches Handeln in einer wirtschaftlichen Notlage. Dafür gibt es keine Anhaltspunkte; vom Soldaten wird insoweit auch nichts geltend gemacht. Er hat weder vorgebracht, dass er die gestohlenen Gegenstände dringend benötigt habe noch dass er sie zu Geld habe verwerten wollen; deshalb konnten sie auch polizeilich sichergestellt werden. Zwar ist der Soldat inzwischen in erheblichem Umfang verschuldet. Diese ungünstige finanzielle Situation beruht jedoch im Wesentlichen auf der scheidungsbedingten Übernahme der Schulden aus der ersten Ehe des Soldaten, wie dieser in der Berufungshauptverhandlung erklärt hat. Die Ehe wurde erst nach Begehung des Dienstvergehens geschieden.

62 Das dreimalige Bestehlen von Kameraden innerhalb eines Zeitraums von etwa eineinhalb Jahren schließt es ferner aus, von einem einmaligen persönlichkeitsfremden Versagen eines ansonsten tadelfreien und im Dienst bewährten Soldaten in einer außergewöhnlichen Lebensphase zu sprechen (vgl. dazu z.B. Urteil vom 23. Juni 1981 - BVerwG 2 WD 2.81 - BVerwGE 73, 203 <205>).

63 Dem Soldaten kann in den drei Diebstahlsfällen auch nicht der Tatmilderungsgrund des Handelns in einer psychischen Ausnahmesituation zugebilligt werden. Insbesondere vor dem Truppendienstgericht hat sich der Soldat dahin eingelassen, etwa zehn bis elf Tage vor der ersten Diebstahlshandlung habe er seine Frau mit seinem besten Freund im Bett vorgefunden; das habe ihn innerlich „zertrümmert“. Bei den anderen Vorfällen sei es so gewesen, dass nur wenige Tage zuvor ein Schreiben eines Rechtsanwalts mit dem Scheidungsbegehren seiner Frau bzw. ein anwaltliches Schreiben zum Versorgungsausgleich eingetroffen sei. Aus letzterem sei hervorgegangen, dass er den Kredit allein tragen müsse. Dies habe ihn wieder völlig in die Tiefe gezogen.

64 Zwar kann eine durch familiäre Belastung bedingte psychische Ausnahmesituation eines Soldaten im Einzelfall einen entsprechenden Tatmilderungsgrund darstellen (vgl. z.B. Urteil vom 1. September 1997 - BVerwG 2 WD 13.97 - BVerwGE 113, 128 <130 f.> = Buchholz 236.1 § 7 SG Nr. 16 = NZWehrr 1998, 83). Bei den vom Soldaten geschilderten Umständen handelt es sich jedoch nicht um so außergewöhnliche, psychisch belastende Situationen, in denen ein an normalen Maßstäben orientiertes Verhalten von ihm nicht mehr erwartet werden konnte. Ein Soldat muss auch dann das Eigentum seiner Kameraden respektieren, wenn er erhebliche eheliche Probleme hat, z.B. seine Frau „fremdgeht“ oder ihn Anwaltsschreiben seiner scheidungswilligen Ehefrau erreichen. Dies gilt umso mehr dann, wenn - wie im Anschuldigungspunkt 1 - der die angebliche psychische Ausnahmesituation auslösende Vorfall bereits etwa eineinhalb Wochen zurückliegt. Schließlich spricht gegen ein Versagen in psychischen Ausnahmesituationen auch der Umstand, dass der Soldat im unmittelbaren Anschluss an die drei Diebstahlshandlungen normalen Truppendienst geleistet hat.

65 dd) Die Beweggründe für das Fehlverhalten des Soldaten, der sich in der Hauptverhandlung vor dem Senat als relativ verschlossen gezeigt hat, sind nicht deutlich geworden. Sowohl nach Entdeckung seiner Taten als auch in der Berufungshauptverhandlung hat er sich wiederholt dahin eingelassen, er wisse immer noch nicht, warum er die Sachen mitgenommen habe. Er könne sich sein Verhalten selbst nicht erklären. Das vermag ihn nicht zu entlasten.

66 ee) Die vom Soldaten erbrachten dienstlichen Leistungen waren ausweislich der vom Senat anhand der bei den Akten befindlichen und in die Berufungshauptverhandlung eingeführten dienstlichen Beurteilungen (vom 18. September 2003 und 19. September 2005) bis etwa November 2005 („Leistungseinbruch“) zufriedenstellend und fielen dann ab; sie können deshalb insoweit nicht zu seinen Gunsten berücksichtigt werden. Nach Aussage des Leumundszeugen P. vor dem Truppendienstgericht und dem Senat lässt sich das dienstliche Bild des Soldaten in zwei Phasen aufteilen: Die Zeit von Dezember 2004 bis November 2005 (erste Phase, Einsatz als Flak-Feldwebel am Waffensystem GEPARD) und die Zeit danach (zweite Phase, Einsatz als Erkundungsgruppenführer). Während der ersten Phase habe er handwerklich sehr gute Leistungen gezeigt. Als Praktiker mit langjähriger Erfahrung habe er insoweit ein „1A-Fachwissen“ vorweisen können, welches verbunden mit großer Tatkraft, Flexibilität und Entscheidungsfreude zu sehr erfreulichen Ergebnissen geführt habe, gerade auch unter Belastung, etwa während Übungen. Unter Last behalte er den Überblick. Dies sei ein Wesenszug des Soldaten. Heikel sei allerdings sein gegenüber Mannschaften nicht zeitgemäßer, sehr autoritärer Führungsstil gewesen, was wegen seiner fachlichen Fähigkeiten über intensivere Dienstaufsicht und Ermahnungen hinaus keine weiteren Folgen gehabt habe. Ab November 2005 (zweite Phase) sei der Soldat mit dem Ziel größerer Verwendungsbreite (Antrag auf Übernahme als Berufssoldat) als Erkundungsgruppenführer eingesetzt worden, was eine Schwerpunktverlagerung in Richtung theoretische Ausbildung und Administration bedeutet habe. Hier habe er sich nicht bewährt; private Probleme hätten dafür erkennbar keine Rolle gespielt. Es habe einen Leistungseinbruch gegeben, dessen Umfang erst nach seiner Wegkommandierung deutlich geworden sei. Im Leistungsvergleich sehe er, der Zeuge, den Soldaten bezogen auf „Phase 1“ im oberen Drittel, dort aber wegen seines autoritären Führungsstils am unteren Rand. In der zweiten Phase habe er im letzten Drittel, und selbst dort noch weit hinten gelegen. In der Gesamtschau sei er als unterdurchschnittlich zu bezeichnen.

67 Dem Soldaten ist allerdings zugute zu halten, dass er nach Entdeckung seines Fehlverhaltens vom Juli 2006 und seiner im Oktober 2006 erfolgten Kommandierung nach H. wiederum ansprechende dienstliche Leistungen erbrachte (vgl. die schriftliche Stellungnahme des Hauptmanns F. vom 5. April 2007 und die Sonderbeurteilung vom 8. November 2007). Für den Soldaten spricht auch, dass er sich wenigstens bei den Geschädigten im Fall 2 und 3 entschuldigt hat. Sein „Geständnis“ kann ihn nicht entlasten. Dem Soldaten blieb nach Entdeckung der Taten in aussichtsloser Beweislage praktisch nichts anderes übrig, als sein Fehlverhalten einzuräumen. Ferner ist zu Lasten des Soldaten zu berücksichtigen, dass er - wenn auch nicht einschlägig - durch den strengen Verweis vom 19. Oktober 2005 wegen wiederholten Zuspätkommens vorbelastet ist. Dass er strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten war, ist demgegenüber für die disziplinarische Bemessungsentscheidung nicht von entlastender Bedeutung, da straffreies Verhalten von jedem Soldaten erwartet werden muss.

68 Schließlich hat der Soldat in der Berufungshauptverhandlung weder zu erkennen gegeben, dass er sich mit seinem Fehlverhalten auseinandergesetzt hat noch dass er es bedauert. Er wolle es gern rückgängig machen, so sein „letztes Wort“. Reue kommt darin nicht zum Ausdruck.

69 ff) Bei der Gesamtwürdigung aller be- und entlastender Umstände ist im Hinblick auf Eigenart und Schwere des Dienstvergehens, das Maß der Schuld sowie die Persönlichkeit und bisherige Führung des Soldaten auch nach Auffassung des Senats der Ausspruch einer Dienstgradherabsetzung bis in einen Mannschaftsdienstgrad unerlässlich. Ob sogar eine Entfernung des Soldaten aus dem Dienstverhältnis in Betracht käme, brauchte der Senat nicht zu entscheiden. Denn dem Ausspruch einer solchen Maßnahme stünde das Verschlechterungsverbot entgegen.

70 Das Gewicht des Dienstvergehens wird geprägt durch eine Reihe erheblich belastender Umstände. Der Soldat, der zur jeweiligen Tatzeit aufgrund seines Dienstgrades als Oberfeldwebel eine Vorgesetztenstellung inne hatte, hat in diesem Status nicht nur einmal versagt, sondern hat in drei Fällen „Kameradendiebstähle“ begangen, die zugleich kriminelles Unrecht darstellen. In zwei Fällen hat er, was ebenfalls schwer wiegt, unter Ausnutzung des sozialen Nahbereichs - im Anschuldigungspunkt 3 außerdem der Umzugssituation - das häusliche Vertrauen der Gastgeber und Wohnungsinhaber missbraucht. Der Soldat hatte auch wiederholt Gelegenheit, über sein pflichtwidriges Verhalten nachzudenken, das - nicht geringwertige - Diebesgut (vgl. zur Bagatellgrenze bei vermögensrechtlichen Dienstvergehen zuletzt Urteil vom 13. Februar 2008 - BVerwG 2 WD 5.07 - m.w.N.) anonym zurückzugeben, insbesondere von weiteren Verfehlungen abzusehen. Davon hat er mehr als eineinhalb Jahre keinen Gebrauch gemacht. Das Fehlverhalten des Soldaten führte zudem nicht nur zu großer Unruhe im Unteroffizierskorps der Batterie, sondern auch zu der nachvollziehbaren Reaktion der Kameraden, dass sie seine Entschuldigung nicht annahmen und der Meinung waren, „er gehöre raus“.

71 Nach den eingangs benannten Bemessungsmaßstäben ist aufgrund des erheblichen Gewichts des Dienstvergehens bei der gebotenen objektiven Betrachtungsweise (vgl. z.B. Urteil vom 14. November 2007 - BVerwG 2 WD 29.06 - <insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 450.2 § 84 WDO 2002 Nr. 4> m.w.N.) die Dienstgradherabsetzung in einen Mannschaftsdienstgrad Ausgangspunkt der Zumessungserwägungen. Der Soldat konnte nicht mehr in einem Vorgesetztendienstgrad verbleiben. Dafür spricht auch der Zweck des Wehrdisziplinarrechts, aus spezial- und generalpräventiven Gründen durch die im Gesetz vorgesehene Disziplinarmaßnahme dazu beizutragen, einen ordnungsgemäßen Dienstbetrieb wiederherzustellen und aufrechtzuerhalten. Neben spezialpräventiven Erwägungen, insbesondere im Hinblick auf seine zuletzt noch in der Berufungshauptverhandlung gezeigte Uneinsichtigkeit in sein Fehlverhalten, war eine Degradierung in einen Mannschaftsdienstgrad auch deshalb auszusprechen, weil diese Maßnahme über ihren (engeren) Zweck hinaus bekanntermaßen auch pflichtenmahnende Wirkung auf die Angehörigen der Bundeswehr im Allgemeinen hat (Generalprävention). Der Soldat hat nicht nur in der Mitte seines auf insgesamt zwölf Jahre angelegten Dienstverhältnisses dreimal schwer versagt, sondern hat insoweit auch als Vorgesetzter seinen Untergebenen wiederholt ein schlechtes Beispiel gegeben. Da sich bei dem engen Zusammenleben und -wirken der Angehörigen der Truppe vielfältige Zugriffsmöglichkeiten auf fremdes Eigentum und Vermögen nicht vermeiden lassen, ist eine strenge disziplinarische Reaktion - Zurückstufung in einen Mannschaftsdienstgrad - sowohl als angemessene Ahndung eines solchen Fehlverhaltens angezeigt als auch zur Abschreckung potenzieller Täter geboten.

72 Mangels Bedeutung und Gewicht der den Soldaten entlastenden Umstände ist die vom Truppendienstgericht ausgesprochene Herabsetzung des Soldaten in den Dienstgrad eines Kanoniers letztlich nicht zu beanstanden. Dem Soldaten stehen keine durchgreifenden Milderungsgründe zur Seite. Auch sein dienstliches Leistungsbild sowie die Tatsache, dass er nicht einschlägig vorbelastet ist, lassen es angesichts der Schwere der Verfehlungen nicht für geboten erscheinen, von einer Degradierung in den untersten Mannschaftsdienstgrad abzusehen und nur eine Zurückstufung, z.B. zum Hauptgefreiten, auszusprechen. Eine solche Entscheidung wäre allenfalls dann in Betracht gekommen, wenn in der Berufungshauptverhandlung im Hinblick auf eine günstige Zukunftsprognose erkennbar geworden wäre, dass sich der Soldat mit seinem schweren Fehlverhalten glaubhaft auseinandergesetzt und auch Reue gezeigt hat. Dies war aber nicht der Fall.

73 4. Da die Berufung des Soldaten keinen Erfolg hat, hat er gemäß § 139 Abs. 2 WDO die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die ihm darin erwachsenen notwendigen Auslagen ganz oder teilweise dem Bund aufzuerlegen, ist gemäß § 140 Abs. 5 Satz 2 WDO unzulässig.