Beschluss vom 23.04.2013 -
BVerwG 4 B 17.13ECLI:DE:BVerwG:2013:230413B4B17.13.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 23.04.2013 - 4 B 17.13 - [ECLI:DE:BVerwG:2013:230413B4B17.13.0]

Beschluss

BVerwG 4 B 17.13

  • Schleswig-Holsteinisches VG - 10.11.2011 - AZ: VG 8 A 170/09
  • Schleswig-Holsteinisches OVG - 30.11.2012 - AZ: OVG 1 LB 4/11

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. April 2013
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rubel
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Petz und Dr. Decker
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 30. November 2012 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 Euro festgesetzt.

Gründe

1 Die auf die Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

2 1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), die ihr die Beschwerde beimisst.

3 Die von der Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam aufgeworfene Frage,
ob von dem bauplanungsrechtlichen Begriff der „Wohngebäude“ bzw. allgemein der „Gebäude“ grundsätzlich nur Einzelhäuser oder auch Doppelhäuser erfasst sein können,
rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision.

4 Das Oberverwaltungsgericht hat den in den textlichen Festsetzungen Nr. 1.1 und 1.2 des Bebauungsplans verwendeten entscheidungserheblichen Begriff der „Wohngebäude“ auch unter Rückgriff auf das bauplanungsrechtliche Begriffsverständnis ausgelegt (UA Rn. 13). Entscheidungserheblichkeit kann der von der Beschwerde aufgeworfenen Frage deshalb nicht abgesprochen werden. Die Frage ist jedoch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt und deshalb nicht mehr klärungsbedürftig.

5 In seinem Urteil vom 24. Februar 2000 - BVerwG 4 C 12.98 - (BVerwGE 110, 355 <LS 1 und S. 357 f.>) hat der Senat den Begriff des Doppelhauses im Sinne des § 22 Abs. 2 BauNVO als bauliche Anlage definiert, die dadurch entsteht, dass zwei selbständig benutzbare Gebäude an der gemeinsamen Grundstücksgrenze derart zusammengebaut werden, dass sie einen Gesamtbaukörper bilden und als bauliche Einheit erscheinen. Das setzt den wechselseitigen Verzicht auf seitliche Grenzabstände an der gemeinsamen Grundstücksgrenze voraus. Darüber hinaus müssen die beiden Gebäude in verträglicher und abgestimmter Weise aneinander gebaut werden (a.a.O. LS 2 und S. 359); ein Gebäude, das gegen das andere so stark versetzt wird, dass es den Rahmen einer wechselseitigen Grenzbebauung überschreitet, ist kein Doppelhaus (a.a.O. LS 3 und S. 360). Damit ist klargestellt, dass jede Doppelhaushälfte grundsätzlich für sich genommen ein „Gebäude“ im bauplanungsrechtlichen Sinn ist. Abzustellen ist insoweit - nicht anders als nach Bauordnungsrecht - auf die selbständige Benutzbarkeit der baulichen Anlagen

6 Andererseits ist das Doppelhaus eine Hausform (zum Begriff König, in: König/Roeser/Stock, BauNVO, 2. Aufl. 2003, § 22 Rn. 14 f.), die gemäß § 22 Abs. 2 Satz 1 BauNVO in offener Bauweise unter Einhaltung seitlicher Grenzabstände errichtet wird. Anknüpfungspunkt für dieses Erfordernis ist nicht das einzelne Gebäude, sondern die bauliche Einheit; denn nur als „Gesamtanlage“ wird das Doppelhaus „mit seitlichem Grenzabstand“ errichtet. Ob die „Gesamtanlage“ aus einer oder mehreren selbständig nutzbaren Einheiten besteht, ist für das aus der Bauweise abzuleitende Abstandserfordernis demgegenüber grundsätzlich ohne Bedeutung (König, a.a.O., Rn. 6). Das hat den Senat zu der Formulierung veranlasst, dass „Gebäude im Sinne dieser Vorschrift“ das Doppelhaus als bauliche Einheit ist (Urteil vom 24. Februar 2000 a.a.O. S. 358). Im Übrigen, d.h. soweit es nicht um die Einhaltung seitlicher Grenzabstände geht, bleibt es aber dabei, dass dieses ein aus zwei selbständig nutzbaren Gebäuden zusammengefügter Baukörper ist (Urteil vom 24. Februar 2000 a.a.O. S. 359).

7 2. An dieser Begriffsbestimmung hat sich das Oberverwaltungsgericht bei der Auslegung des Begriffs der „Wohngebäude“ orientiert. Das angefochtene Urteil weicht nicht von dem Urteil des Senats vom 24. Februar 2000 (a.a.O.) ab, der von der Beschwerde geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegt folglich nicht vor.

8 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.