Beschluss vom 23.04.2008 -
BVerwG 6 PB 7.08ECLI:DE:BVerwG:2008:230408B6PB7.08.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 23.04.2008 - 6 PB 7.08 - [ECLI:DE:BVerwG:2008:230408B6PB7.08.0]

Beschluss

BVerwG 6 PB 7.08

  • OVG Koblenz - 13.12.2007 - AZ: OVG 4 A 11117/07 -
  • OVG Rheinland-Pfalz - 13.12.2007 - AZ: OVG 4 A 11117/07.OVG

In der Personalvertretungssache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. April 2008
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hahn, Büge und Vormeier
beschlossen:

Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde im Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Fachsenat für Personalvertretungssachen - Bund -) vom 13. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.

Gründe

1 Die Beschwerde des Beteiligten gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg. Die allein erhobene Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch. Die in der Beschwerdebegründung aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung.

2 Der Beteiligte will geklärt wissen, „ob die mit einem personalvertretungsrechtlichen Feststellungsbegehren vertretene Rechtsbehauptung eines auf der Grundlage von § 6 Abs. 3 BPersVG gebildeten örtlichen Personalrats, er bestehe entgegen der Rechtsauffassung des Dienststellenleiters fort, weil bestimmte organisatorische Maßnahmen nicht zur Auflösung des Dienststellenteils geführt hätten, bei dem er gebildet wurde, zur Folge hat, dass auch der nach § 55 BPersVG gebildete Gesamtpersonalrat fortbesteht, ohne dass es auf die Richtigkeit der Rechtsbehauptung des örtlichen Personalrats ankäme.“ Diese Rechtsfrage bedarf nicht der Klärung im Rechtsbeschwerdeverfahren, weil ihre Beantwortung offenkundig ist (vgl. zu diesem Maßstab bei der Beurteilung der Grundsatzrüge: BAG, Beschlüsse vom 22. März 2005 - 1 ABN 1/05 - AP Nr. 3 zu § 72a ArbGG 1979 rechtliches Gehör Bl. 26 R und vom 2. Oktober 2007 - 1 AZN 793/07 - juris Rn. 3).

3 Ebenso wie die Frage, ob ein Gesamtpersonalrat zu bilden ist (vgl. dazu Beschluss vom 20. Juni 1978 - BVerwG 6 P 5.78 - Buchholz 238.3 A § 6 BPersVG Nr. 2), kann die Frage, ob ein früher errichteter Gesamtpersonalrat fortbesteht, nach § 83 Abs. 1 Nr. 3 BPersVG zulässiger Gegenstand eines personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahrens sein. Antragsbefugt ist auch der betroffene Gesamtpersonalrat selbst, weil es um seine eigene Rechtsposition geht (vgl. Beschluss vom 23. September 2004 - BVerwG 6 P 5.04 - Buchholz 250 § 83 BPersVG Nr. 77 S. 5). Seine prozessrechtliche Beteiligungsbefugnis behält er bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens (vgl. Beschluss vom 20. Juni 1978 a.a.O. S. 12).

4 In dem Verfahren, in welchem der Gesamtpersonalrat sein Fortbestehen festgestellt wissen will, sind nach § 83 Abs. 3 ArbGG der Personalrat der Hauptdienststelle sowie alle Personalräte der zur Dienststelle zählenden Nebenstellen bzw. Dienststellenteile zu beteiligen. Denn sie werden durch die gerichtliche Entscheidung unmittelbar in ihrer personalvertretungsrechtlichen Rechtsposition berührt (vgl. dazu Beschlüsse vom 17. Dezember 2003 - BVerwG 6 P 7.03 - BVerwGE 119, 363 <367> = Buchholz 451.9 Art. 234 EG-Vertrag Nr. 2 S. 22 und vom 22. März 2006 - BVerwG 6 P 10.05 - Buchholz 251.95 § 84 MBGSH Nr. 1 Rn. 19). Wird in dem gerichtlichen Verfahren rechtskräftig festgestellt, dass der Gesamtpersonalrat nicht fortbesteht, so endet wegen § 6 Abs. 3, § 55 BPersVG auch die Existenz der genannten „örtlichen“ Personalräte (vgl. in diesem Zusammenhang zur Beteiligung der Betriebsräte im Verfahren wegen Bestehens und Befugnissen eines Gesamtbetriebsrats: BAG, Beschlüsse vom 15. August 1978 - 6 ABR 56/77 - AP Nr. 3 zu § 47 BetrVG 1972, vom 31. Januar 1989 - 1 ABR 60/87 - AP Nr. 12 zu § 81 ArbGG 1979 sowie vom 11. November 1998 - 4 ABR 40/97 - BAGE 90, 135 <142 f.>).

5 In der Sache hängt die Entscheidung davon ab, ob die Voraussetzungen des § 55 BPersVG gegeben sind, der wiederum auf § 6 Abs. 3 BPersVG verweist. Das Gericht hat somit die dort normierten formellen und materiellen Voraussetzungen zu prüfen: Nebenstellen oder Dienststellenteile, räumlich weite Entfernung von der Hauptdienststelle, Verselbständigungsbeschluss der Beschäftigten sowie dessen fortdauernde zeitliche Wirksamkeit. Es hat die dazu erforderlichen Tatsachenfeststellungen zu treffen. Für Vermutungen in der einen oder anderen Richtung ist in diesem Zusammenhang kein Raum. Dies gilt entgegen der Annahme des Oberverwaltungsgerichts auch dann, wenn die Frage nach der Existenz einer der betroffenen Außenstellenpersonalräte Gegenstand eines eigenständigen - noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen - Beschlussverfahrens vor einem anderen Gericht ist.

6 Auch in einem solchen Fall ist das Gericht, welches über das Fortbestehen des Gesamtpersonalrats zu entscheiden hat, nicht gehindert, über die Rechtswirksamkeit der Verselbständigung gerade jener Außenstelle am Maßstab von § 6 Abs. 3 BPersVG zu befinden. Geschieht dies, so erledigt sich mit der Rechtskraft der Entscheidung das andere Verfahren. Da der Personalrat der Außenstelle im Verfahren um die Existenz des Gesamtpersonalrats beteiligt war, hatte er Gelegenheit, seinen Rechtsstandpunkt in die Entscheidungsfindung des Gerichts einzubringen.

7 Das Gericht kann aber auch, soweit es nach seiner Rechtsauffassung auf die Rechtswirksamkeit der Verselbständigung derjenigen Außenstelle ankommt, um die es in dem anderen Verfahren geht, das Verfahren gemäß § 148 ZPO aussetzen. Der rechtskräftige Ausgang dieses Verfahrens hat seinerseits präjudizielle Wirkung auf dasjenige Verfahren, in welchem es um das Fortbestehen des Gesamtpersonalrats geht.

8 Bei beiden Optionen ist im Einklang mit der sachlogischen Struktur von § 6 Abs. 3 und § 55 BPersVG sichergestellt, dass einander widersprechende Entscheidungen verschiedener Gerichte ausgeschlossen werden.

9 Die beschriebenen Zusammenhänge ergeben sich ohne Weiteres aus dem Gesetz; sie liegen auf der Hand. Der Beteiligte hat sie in der Beschwerdebegründung zutreffend erkannt. Das Rechtsbeschwerdeverfahren dient nicht dazu, derartige Selbstverständlichkeiten festzuhalten.