Beschluss vom 23.02.2004 -
BVerwG 7 B 121.03ECLI:DE:BVerwG:2004:230204B7B121.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 23.02.2004 - 7 B 121.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:230204B7B121.03.0]

Beschluss

BVerwG 7 B 121.03

  • VG Dresden - 16.09.2003 - AZ: VG 11 K 464/00

In der Verwaltungsstreitsache hat der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. Februar 2004
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht G ö d e l , K l e y
und H e r b e r t
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Dresden vom 16. September 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 36 919,60 € festgesetzt.

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung eines Ablösebetrages in Höhe von 72 208,48 DM, den die Beklagte gegen sie nach § 18 Abs. 1 des Vermögensgesetzes - VermG - festgesetzt hat. Das Verwaltungsgericht hat ihrer Klage stattgegeben, weil die Aufbauhypothek, für die der Ablösebetrag gefordert werde, nicht bei Überführung des betroffenen Grundstücks im Volkseigentum untergegangen sei; vielmehr sei die Hypothek erst am 16. Januar 1989 in das Grundbuch eingetragen worden und somit erst entstanden, nachdem das Grundstück mit Wirkung vom 1. April 1988 Volkseigentum geworden sei.
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache hat weder die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.), noch weicht das Urteil des Verwaltungsgerichts nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab (2.). Schließlich ist auch der gerügte Verfahrensmangel im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht feststellbar (3.).
1. Die Beklagte ist der Auffassung, das Urteil des Verwaltungsgerichts verfehle die Grundkonzeption des Vermögensgesetzes, nach der Wiedergutmachung grundsätzlich nur in der Weise gewährt werde, dass der Berechtigte in die zum Zeitpunkt der Schädigung innegehabte Rechtsposition wieder eingesetzt werde. Da hier seinerzeit bereits der Kreditvertrag einschließlich der Verpflichtung des Kreditnehmers, eine entsprechende Aufbauhypothek zu beantragen, abgeschlossen gewesen sei, müsse durch eine diese Verbindlichkeiten berücksichtigende Auslegung des § 18 Abs. 1 Satz 1 VermG sichergestellt werden, dass die Grundkonzeption des Vermögensgesetzes gewahrt bleibe; denn dem Vermögensgesetz könne keinesfalls das Anliegen entnommen werden, Ablösebeträge nur dann festzusetzen, wenn dingliche Rechte eingetragen gewesen seien, und Forderungen, bei denen eine dingliche Sicherung unterblieben sei, vollständig in Wegfall geraten zu lassen.
Einen grundsätzlichen Klärungsbedarf, der die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigen könnte, zeigt die Beklagte mit diesem Vortrag nicht auf. In § 18 Abs. 1 Satz 1 VermG ist unzweideutig geregelt, dass die Festsetzung von Ablösebeträgen nur für dingliche Rechte in Betracht kommt, die bei Überführung des Grundstücks in Volkseigentum untergegangen sind, und daher keine Grundpfandrechte erfassen kann, die zu diesem Zeitpunkt nicht auf dem Grundstück lasteten. Insoweit gibt es ausgehend von der Grundkonzeption des Vermögensgesetzes auch keine Regelungslücke, die durch eine entsprechende Anwendung des Gesetzes auf damals zwar schon vereinbarte, aber noch nicht eingetragene Belastungen geschlossen werden müsste. Vielmehr stünde eine solche ergänzende Auslegung geradezu im Widerspruch zu dieser Grundkonzeption. Da der Berechtigte oder sein Rechtsnachfolger den Vermögenswert einschließlich der auf ihm lastenden Verbindlichkeiten so zurückerhalten soll, wie er sich zum Zeitpunkt der Schädigung dargestellt hat, darf ihm kein Ablösebetrag für eine Belastung abgefordert werden, die damals gar nicht bestanden hat. Soweit bereits Kreditverpflichtungen eingegangen waren, müssen diese im Restitutionsfall nach den dafür einschlägigen vermögensrechtlichen Vorschriften behandelt werden (zum Streitstand: Plesse, in: Fieberg/ Reichenbach/Messerschmidt/Neuhaus, VermG, Rn. 7 f. zu § 16 m.w.N.). Die Vorstellung der Beklagten, Forderungen, bei denen dingliche Sicherungen unterblieben seien, fielen grundsätzlich ersatzlos weg, geht zumindest an den Wertausgleichsvorschriften des § 7 VermG vorbei. Die Beklagte übersieht auch, dass die von ihr gewünschte Auslegung des § 18 Abs. 1 Satz 1 VermG ein - wenn auch später - entstandenes Grundpfandrecht als notwendigen Anknüpfungspunkt für den festzusetzenden Ablösebetrag voraussetzt, ein solches Grundpfandrecht hier aber trotz seiner Eintragung in das Grundbuch von vornherein nicht wirksam entstehen konnte, weil die Belastung von Volkseigentum gegen ein gesetzliches Verbot verstieß (vgl. § 20 Abs. 3 Satz 2 ZGB).
2. Die von der Beklagten in demselben Zusammenhang erhobene Abweichungsrüge ist ebenfalls nicht begründet. Der Rechtssatz, ein Ablösebetrag sei auch für nicht eingetragene Grundpfandrechte festzusetzen, lässt sich dem von der Beklagten herangezogenen Urteil des Senats vom 29. April 1999 - BVerwG 7 C 18.98 - (Buchholz 428 § 1 Abs. 4 VermG Nr. 3) nicht entnehmen. Es ist dort keineswegs von "bestellten" Grundpfandrechten im Gegensatz zu "eingetragenen" Grundpfandrechten die Rede. Die Art der "Bestellung" der Pfandrechte war in der dortigen Entscheidung deswegen maßgeblich, weil für die Berechnung der Ablösebeträge danach zu differenzieren war, auf wen die Eintragung der Belastungen zurückzuführen war (vgl. § 18 Abs. 2 VermG).
Soweit die Beklagte daneben auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 6. Oktober 1998 (BGHZ 139, 357 ff.) verweist, fehlt es bereits an den Voraussetzungen für eine Abweichungsrüge nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO, weil der Bundesgerichtshof nicht zu den dort aufgeführten Divergenzgerichten gehört. Auch eine Umdeutung der Rüge in eine Grundsatzrüge kommt nicht in Betracht; denn das Urteil des Bundesgerichtshofs verhält sich nicht zu der von der Beklagten aufgeworfenen Frage.
3. Schließlich ist auch der Vorwurf der Beklagten, das Urteil leide an einem formalen Begründungsmangel, nicht berechtigt. Diesen Mangel sieht sie darin, dass das Verwaltungsgericht sich nicht mit der Frage einer entsprechenden Anwendung des § 18 VermG auseinander gesetzt habe.
Ein Fehlen von Entscheidungsgründen im Sinne des § 138 Nr. 6 VwGO ist insoweit nicht feststellbar. Dabei mag dahingestellt bleiben, ob der auf ein einziges Begründungselement zielende Vortrag der Beklagten zur Darlegung eines solchen Mangels geeignet ist. Die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verdeutlichen jedenfalls hinreichend, dass es sich aufgrund des klaren Wortlauts der Vorschrift nicht in der Lage gesehen hat, der von der Beklagten gewünschten Auslegung des § 18 Abs. 1 Satz 1 VermG zu folgen. Insoweit ist auch der Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs nach § 108 Abs. 2 VwGO und Art. 103 Abs. 1 GG gewahrt worden; denn die Ausführungen des Verwaltungsgerichts lassen erkennen, dass es ihren Vortrag zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG.