Beschluss vom 23.01.2003 -
BVerwG 3 B 174.02ECLI:DE:BVerwG:2003:230103B3B174.02.0

Beschluss

BVerwG 3 B 174.02

  • Bayerischer VGH München - 10.09.2002 - AZ: VGH 11 B 02.937

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. Januar 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Prof. Dr. D r i e h a u s sowie die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht van S c h e w i c k und
Dr. B r u n n
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 10. September 2002 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 8 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde ist unbegründet. Mit dem Streitverfahren verbinden sich keine Fragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Die Beschwerde will sinngemäß als rechtsgrundsätzlich geklärt wissen, ob wegen einer mit drei Punkten im Verkehrszentralregister eingetragenen Verkehrsordnungswidrigkeit eine auf zwei Jahre befristete Verlängerung der Fahrerlaubnis (Klassen D 1, D 1 E, D und DE) zulässig ist. Dem liegt zugrunde, dass der Beklagte mit tatsachengerichtlicher Billigung dem Antrag auf Verlängerung der Fahrerlaubnis des Klägers nur eingeschränkt stattgegeben hat; anstelle einer Regelbefristung im Sinne des § 24 Abs. 1 i.V.m. § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 FeV (längstens fünf Jahre) hat der Beklagte eine Verkehrsordnungswidrigkeit des Klägers (ungenügender Sicherheitsabstand bei einer Geschwindigkeit von 106 km/h auf einer Autobahn; 150 DM Geldbuße, drei Punkte) zum Anlass genommen, die Fahrerlaubnis lediglich für weitere zwei Jahre zu verlängern.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa Beschluss vom 19. Januar 1981 - BVerwG 8 B 25.81 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 193 m.w.N.) weist eine Sache dann keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung auf, wenn die sich stellenden Rechtsfragen keiner fallübergreifenden, sondern äußerstenfalls einer einzelfallbezogenen Beantwortung zugänglich sind. So liegt es im Streitfall. Die Beschwerde anerkennt, dass durch die Verwendung des Wortes "längstens" in § 23 Abs. 1 Satz 2 FeV auch in den Fällen des § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 FeV unterschiedliche Verlängerungsfristen normativ vorgesehen sind, so dass sich im Allgemeinen und im Streitfall nur die Frage stellt, unter welchen Voraussetzungen von der längsten zulässigen Verlängerungsfrist von fünf Jahren und unter welchen von kürzeren Verlängerungsfristen Gebrauch gemacht werden darf. Aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und des Verhältnismäßigkeitsgebots liegt es in diesem Zusammenhang zunächst nahe anzunehmen, dass eine Verlängerung um fünf Jahre keinen Ausnahme-, sondern den Regelfall darstellt, sofern keine auf die Fahreignung bezogenen Besonderheiten sichtbar sind. Was sodann die Frage kürzerer Verlängerungsfristen anlangt, so gibt gerade für die in § 23 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 FeV und im Streitfall in Rede stehenden Klassen D und D 1 die Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 4 FeV einen maßgeblichen Anhalt; hiernach müssen Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D 1 "auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden". Es versteht sich nämlich von selbst und bedarf deshalb keiner vertieften Begründung, dass die zu den "Voraussetzungen für die Erteilung einer Fahrerlaubnis" zu zählende Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 4 FeV auch in den Zusammenhängen der Vorschriften der §§ 23 und 24 FeV Geltung beansprucht, welche zu den Vorschriften über das "Verfahren bei der Erteilung einer Fahrerlaubnis" zu rechnen sind.
Vor diesem Hintergrund kann im rechtlichen Ansatz nicht zweifelhaft sein, dass begangene Verkehrsverstöße, die zwar noch nicht die Annahme rechtfertigen, der Betreffende sei zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet, aber gleichwohl berechtigterweise gewisse Zweifel an der Eignung aufkommen lassen, von den zuständigen Behörden zum Anlass genommen werden dürfen, Fahrerlaubnisse mit Fristen von weniger als fünf Jahren zu versehen; dies gilt nach dem Vorstehenden auch und gerade für Fahrerlaubnisse, die zur Personenbeförderung befähigen. Ebenfalls von selbst versteht es sich und bedarf keiner weiteren Begründung, dass eine nach den vorstehenden Darlegungen normativ vorgeprägte Verwaltungspraxis dem Verhältnismäßigkeitsgebot genügen muss und nicht willkürlich sein darf. Weitere verallgemeinerungsfähige Erkenntnisse könnten auch in dem von der Beschwerde angestrebten Revisionsverfahren nicht gewonnen werden, denn dass ein zu dichtes Auffahren eines Busses bei einer Geschwindigkeit von über 100 km/h, welches mit drei Punkten bewertet worden ist, nicht zu den von vornherein zu vernachlässigenden Verkehrsordnungswidrigkeiten zu zählen ist, ist eine Erkenntnis, zu deren Gewinnung es nicht erst eines Revisionsverfahrens bedarf.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Bei der Streitwertfestsetzung folgt der beschließende Senat der berufungsgerichtlichen Festsetzung.