Beschluss vom 22.12.2003 -
BVerwG 1 B 266.03ECLI:DE:BVerwG:2003:221203B1B266.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 22.12.2003 - 1 B 266.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:221203B1B266.03.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 266.03

  • Hessischer VGH - 15.08.2003 - AZ: VGH 3 UE 2870/99.A

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. Dezember 2003
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n und
R i c h t e r sowie die Richterin am Bundesverwaltungsgericht B e c k
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 15. August 2003 wird verworfen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die auf alle Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde ist unzulässig. Sie genügt nicht den Anforderungen, die § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO an die Darlegung der Zulassungsgründe stellt.
Die Beschwerde beanstandet, die Berufungsentscheidung weiche hinsichtlich der Frage einer extremen allgemeinen Gefahrenlage im Sinne des § 53 Abs. 6 AuslG (hier: Malaria in der Demokratischen Republik Kongo) von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Die Beschwerde nennt in diesem Zusammenhang die Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. November 1996 - BVerwG 1 C 6.95 - (BVerwGE 102, 249 ff.) und vom 12. Juli 2001 - BVerwG 1 C 5.01 - (BVerwGE 115, 1 ff.), ohne näher auf die in diesen und anderen Entscheidungen vom Bundesverwaltungsgericht entwickelten Rechtssätze einzugehen. Die Beschwerde setzt sich auch nicht damit auseinander, dass das Berufungsgericht seiner Entscheidung diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und die dort zur extremen allgemeinen Gefahrenlage entwickelten rechtlichen Maßstäbe ausdrücklich und uneingeschränkt zugrunde gelegt hat. Die Beschwerde zeigt insbesondere keinen inhaltlich bestimmten, die Berufungsentscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz auf, mit dem das Berufungsgericht einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Vorschrift widersprochen hat. Damit genügt die Beschwerde den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenzrüge nicht (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO <n.F.> Nr. 26). Im Übrigen ist - ungeachtet der unzureichenden Darlegung durch die Beschwerde - eine inhaltliche Abweichung des Berufungsgerichts von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur extremen allgemeinen Gefahrenlage nicht ersichtlich. Die Ansicht der Beschwerde, das Berufungsgericht verlange praktisch ein "Todesrisiko von 100 %", findet in den Entscheidungsgründen keinerlei Grundlage.
Unschlüssig sind auch die von der Beschwerde erhobenen Grundsatzrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dies gilt zunächst für die erste Grundsatzrüge, die sich - wie die Divergenzrüge - allgemein auf die Voraussetzungen für die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 53 Abs. 6 AuslG bei einer extremen allgemeinen Gefahrenlage bezieht. Die Beschwerde legt nicht dar, inwieweit dieser Fragenkomplex durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt ist und inwiefern der Fall der Kläger Anlass bietet, eine weitergehende höchstrichterliche Klärung herbeizuführen. Soweit die Beschwerde zusätzlich als klärungsbedürftig ansieht, ob das "Erkrankungsrisiko deshalb niedriger eingestuft werden darf, weil in der Hauptstadt noch Angehörige der Kläger leben und insoweit unterstellt werden darf, dass die Kläger eine Chance haben, nach ihrer Rückkehr wieder in Kinshasa zu leben, wo der Zugang zu medizinischer Versorgung im Krankheitsfalle um ein Vielfaches besser ist und das Erkrankungsrisiko erheblich herabgesetzt ist", spricht sie keine grundsätzliche Rechtsfrage an, sondern die den Tatsachengerichten vorbehaltene Feststellung und Würdigung der Verhältnisse in der Demokratischen Republik Kongo im Rahmen der Gefahrenprognose im Einzelfall. Die Beschwerde wendet sich insoweit in der Art einer Berufungsbegründung und im Übrigen ausschließlich mit tatsächlichem Vorbringen gegen die ihrer Ansicht nach unzureichende bzw. unzutreffende Feststellung und Würdigung des Sachverhalts durch das Berufungsgericht. Damit kann sie die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht erreichen.
Ohne Erfolg rügt die Beschwerde schließlich, das Berufungsgericht habe den Anspruch der Kläger auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, § 108 Abs. 2 VwGO i.V.m. Art. 103 Abs. 1 GG). Das Berufungsgericht habe einen Schriftsatz vom 12. Dezember 2001 offenbar nicht zur Kenntnis genommen, in dem der Prozessbevollmächtigte der Kläger neuere Aktivitäten des Klägers zu 1. im Internet - als Unterzeichner eines offenen Briefes der UDPS - beschrieben sowie eine Klage (offenbar auch) des Klägers zu 1. gegen den kongolesischen Staatspräsidenten wegen humanitärer Verbrechen an den Belgischen Schwurgerichtshof in deutscher und französischer Sprache übermittelt habe. Dieser Vorwurf geht schon deshalb fehl, weil dem Berufungsgericht ausweislich der Gerichtsakten ein Schriftsatz mit diesem Vorbringen weder unter dem angegebenen Datum noch unter einem anderen Datum vorgelegen hat. Im Übrigen legt die Beschwerde nicht dar, aus welchen Gründen im Einzelnen dem Vorbringen, das das Berufungsgericht übersehen haben soll, Entscheidungserheblichkeit zukommen kann. Die Beschwerde sagt dazu lediglich, es sei "nahe liegend", dass die Berufungsentscheidung hierauf beruhen könne. Sie geht jedoch nicht darauf ein, dass sich das Berufungsgericht in seiner Entscheidung mit ähnlichen exilpolitischen Aktivitäten des Klägers zu 1. ausführlich auseinander gesetzt hat, ohne diesen Aktivitäten asylrelevante Bedeutung zuzuerkennen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 VwGO).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG.