Beschluss vom 22.11.2004 -
BVerwG 1 B 37.04ECLI:DE:BVerwG:2004:221104B1B37.04.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 22.11.2004 - 1 B 37.04 - [ECLI:DE:BVerwG:2004:221104B1B37.04.0]

Beschluss

BVerwG 1 B 37.04

  • Hamburgisches OVG - 14.11.2003 - AZ: OVG 1 Bf 421/01.A

In der Verwaltungsstreitsache hat der 1. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. November 2004
durch die Vizepräsidentin des Bundesverwaltungsgerichts E c k e r t z - H ö f e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. M a l l m a n n und
die Richterin am Bundesverwaltungsgericht B e c k
beschlossen:

  1. Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
  2. Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 14. November 2003 wird verworfen.
  3. Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Klägerin kann die beantragte Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren nicht gewährt werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO).
Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Sie legt die geltend gemachten Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 VwGO) nicht in einer Weise dar, die den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt.
Die Beschwerde hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, "ob ein Urteil, welches von einem überzeugten und tiefreligiösen Christen erwartet, von einer Ausübung der christlichen Religion und der Befolgung des christlichen Missionsbefehls außerhalb des häuslich-privaten Bereichs abzusehen, nicht grundgesetzlich verbriefte Grundfreiheiten verletzt und damit gegen geltendes (Verfassungs-)Recht verstößt". Sie legt aber nicht dar, inwiefern diese Frage aus Anlass des Falles der Klägerin klärungsbedürftig sein soll. Es geht der Beschwerde nicht um die durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG geschützte Freiheit der Religionsausübung im Geltungsbereich des Grundgesetzes, sondern um die Frage, ob Beschränkungen der Religionsausübung bei einer Rückkehr in den Iran, insbesondere das Verbot missionierender Betätigung für Christen, als politische Verfolgung im Sinne des Art. 16 a Abs. 1 GG und des § 51 Abs. 1 AuslG anzusehen sind. Diese Frage ist indes in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts bereits dahingehend geklärt, dass staatliche Verbote, die die Ausübung der Religion beeinträchtigen, nur dann eine politische Verfolgung in diesem Sinne darstellen, wenn sie in das sog. religiöse Existenzminimum eingreifen, d.h. wenn sie die Religionsausübung abseits der Öffentlichkeit und in persönlicher Gemeinschaft mit anderen Gläubigen dort, wo man sich nach Treu und Glauben unter sich wissen darf, betreffen (BVerfGE 76, 143 ff. m.w.N.; BVerwG, zuletzt Urteil vom 20. Januar 2004 - BVerwG 1 C 9.03 - DVBl 2004, 902 = AuAS 2004, 125, zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung BVerwGE vorgesehen, m.w.N.). Glaubensbetätigungen in der Öffentlichkeit einschließlich der Missionierung gehören danach nicht zum asylrechtlich geschützten Existenzminimum (vgl. Urteil vom 20. Januar 2004, a.a.O.; Beschlüsse vom 28. November 2003 - BVerwG 1 B 65.03 - und vom 25. Juni 2004 - BVerwG 1 B 282.03 ). Staatliche Beschränkungen und Verbote in die Öffentlichkeit hineinwirkender Formen religiöser Betätigung, wie etwa der Missionierung, stellen allein noch keine asylrechtlich erhebliche Verfolgung dar, unabhängig davon, ob sie nach dem Selbstverständnis der Glaubensgemeinschaft zum unverzichtbaren Inhalt der Religionsausübung gehören (vgl. Urteile vom 20. Januar 2004 a.a.O. und vom 18. Februar 1986 - BVerwG 9 C 16.85 - BVerwGE 74, 31 <40>). Daraus folgt, dass auch die von der Beschwerde aufgeworfene weitere Frage, ob das vom Bundesverfassungsgericht aufgestellte Kriterium des sog. religiösen Existenzminimums tatsächlich verlangt, dass sich die Religionsausübung auf den häuslich-privaten Bereich beschränkt und nicht - jedenfalls bei missionarisch besonders aktiven Glaubensgemeinschaften - auch die missionarische Betätigung umfasst, höchstrichterlich bereits entschieden ist. Einen neuen oder weitergehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde auch mit ihrem weiteren Vorbringen zur Auskunftsklage und zur Rechtsprechung der Tatsachengerichte nicht auf.
Soweit die Beschwerde geltend macht, die Berufungsentscheidung weiche von dem bereits zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Januar 2004 ab, weil sie keine Feststellungen zur Möglichkeit von Gottesdienstbesuchen abseits der Öffentlichkeit im Iran getroffen habe, wird eine Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO damit nicht aufgezeigt. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Beschluss des Senats vom 28. Juli 2004 - BVerwG 1 B 22.04 - zu einer entsprechenden Rüge des Prozessbevollmächtigten der Klägerin verwiesen.
Weitere Zulassungsgründe macht die Beschwerde nicht geltend.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83 b Abs. 1 AsylVfG a.F. (= § 83 b AsylVfG i.d.F. des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5. Mai 2004, BGBl I S. 718) nicht erhoben; der Gegenstandswert ergibt sich aus § 83 b Abs. 2 AsylVfG a.F. (vgl. § 60 RVG).