Beschluss vom 22.07.2003 -
BVerwG 3 B 67.03ECLI:DE:BVerwG:2003:220703B3B67.03.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 22.07.2003 - 3 B 67.03 - [ECLI:DE:BVerwG:2003:220703B3B67.03.0]

Beschluss

BVerwG 3 B 67.03

  • VG Berlin - 25.02.2003 - AZ: VG 9 A 103.02

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. Juli 2003
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. B o r g s - M a c i e j e w s k i ,
Dr. B r u n n und L i e b l e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 25. Februar 2003 wird zurückgewiesen.
  2. Die Kläger tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 4 000 € festgesetzt.

Die Beschwerde ist unbegründet. Das Beschwerdevorbringen führt weder auf den Zulassungsgrund der Grundsatzbedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch auf einen dem angefochtenen Urteil anhaftenden Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
1. Die für die Entscheidung des Streitfalls erheblichen Fragen des revisiblen Bundesrechts sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Das Beschwerdevorbringen nötigt nicht zu einer Fortentwicklung oder Modifizierung der entwickelten Maßstäbe. Da sich das Verwaltungsgericht auch innerhalb dieses gesteckten Rahmens bewegt hat, trifft auch die im Beschwerdevorbringen enthaltene Annahme nicht zu, das Verwaltungsgericht sei im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO abgewichen.
a) Was zunächst die auf Seite 5 des Begründungsschriftsatzes vom 30. April 2003 aufgeworfenen Fragestellungen anlangt, so gehen diese - von anderen Einwänden ganz abgesehen - hinsichtlich der tragenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils von Voraussetzungen aus, die nicht vorliegen. Das Verwaltungsgericht ist auf Seite 6 ff. des Urteilsumdrucks davon ausgegangen, dass eine Sequestrierung auf besatzungshoheitlicher Grundlage (zum Zwecke möglicherweise späterer Enteignung) auch tatsächlich erfolgt sein muss, um eine Grundlage dafür zu bieten, dass eine nach Gründung der DDR im Jahre 1949 erfolgte Enteignung gleichwohl noch auf besatzungshoheitlicher Grundlage erfolgt ist, wie es im Urteil vom 13. Februar 1995 - BVerwG 7 C 53.94 - (BVerwGE 98, 1 <10>) entschieden worden ist. Eine solche Beschlagnahme sei zu bejahen, wenn sie aufgrund des SMAD-Befehls 124 erfolgt sei. Hiervon sei auszugehen, wenn sowjetische oder deutsche Stellen bestätigt hätten, dass der Vermögenswert dem sachlichen Anwendungsbereich dieses Befehls unterfiel (Urteilsumdruck S. 6 f.). Von einer "Regelvermutung" einer Sequestrierung kann mithin keine Rede sein, und es versteht sich von selbst, dass die zuständigen Behörden die Darlegungs- und gegebenenfalls Beweislast dafür haben, dass ein Vermögensgegenstand entsprechend dem Befehl Nr. 124 sequestriert worden ist, wenn feststeht, dass die Enteignung nach Gründung der DDR erfolgt ist. Ebenso versteht es sich von selbst, dass die entsprechende Überzeugungsbildung des Gerichts nach dem Maßstab des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO zu erfolgen hat. Dies schließt es aus, sie von Umständen wie vorliegenden Sequesterbeschlüssen bzw. Sequesterunterlagen oder von konkreten zeitlichen Gegebenheiten abhängig zu machen.
Im Übrigen ist streng genommen noch nicht einmal die Entscheidungserheblichkeit der aufgeworfenen Frage dargetan. Denn selbst wenn es zutreffend wäre, dass im Streitfall eine Sequestrierung nach dem SMAD-Befehl Nr. 124 nicht erfolgte bzw. das Gericht zu Unrecht von einer solchen Sequestrierung ausging, so stünde gleichwohl § 1 Abs. 1 Satz 2 VwRehaG einem Klageerfolg entgegen. Die Enteignung des Jahres 1949 wäre dann zwar nach den Maßstäben des vorerwähnten Urteils vom 13. Februar 1995 - BVerwG 7 C 53.09 - (a.a.O.) nicht auf besatzungshoheitlicher Grundlage erfolgt, aber gleichwohl auch und gerade im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 VwRehaG "vom Vermögensgesetz ... erfasst". Unbeschadet des Umstands, dass das vermögensrechtliche Verfahren nach dem Tatbestand des angefochtenen Urteils erfolglos war, folgte hieraus und dem Mangel jeglicher Anhaltspunkte dafür, dass die Vermögensentziehung die damaligen Eigentümer als Unrechtsmaßnahme getroffen haben könnte, die durch grob rechtsstaatswidrige Eingriffe in die Persönlichkeitssphäre des Geschädigten geprägt waren (stRspr seit dem Urteil vom 26. September 1996 - BVerwG 7 C 61.94 - BVerwGE 102, 89 <93>), dass auch dann das Rehabilitierungsverfahren zu Ungunsten der Kläger ausgehen müsste.
b) Nicht auf das Vorliegen der Voraussetzung des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO führt auch die aufgeworfene Frage, ob § 1 Abs. 1 Satz 3 VwRehaG in der Auslegung, die ihm das Bundesverwaltungsgericht durch das Urteil vom 21. Februar 2002 - BVerwG 3 C 16.01 - (Buchholz 428.6 § 1 VwRehaG Nr. 4) gegeben hat, mit der Verfassung vereinbar ist. Offenbar will die Beschwerde die entscheidungserhebliche Aussage dieses Urteils angreifen, wonach Ansprüche auf Rehabilitierung wegen eines auf besatzungsrechtlicher oder -hoheitlicher Grundlage erfolgten Eingriffs in Vermögenswerte durch § 1 Abs. 1 Satz 3 VwRehaG auch dann ausgeschlossen sind, wenn der Eingriff vorrangig gegen die Person und nicht das Vermögen des Geschädigten gerichtet war (vgl. Leitsatz 1 dieses Urteils). Indessen begegnet die Verfassungsgemäßheit der Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 3 VwRehaG auch bei dieser Fallkonstellation keinen durchgreifenden Zweifeln. Der Senat hat das Urteil vom 21. Februar 2002 (selbstverständlich) nach intensiver Prüfung der Verfassungsgemäßheit der herangezogenen Vorschriften gefällt, auch wenn dies in den Urteilsgründen keinen breiten Raum einnimmt. An der damaligen verfassungsrechtlichen Einschätzung hält der beschließende Senat fest; ergänzend kann auf die diesbezüglichen Gründe des angefochtenen Urteils (S. 9 f. des Urteilsumdrucks) verwiesen werden. Die von der Beschwerde vorgetragenen Gründe geben zu einer anderen Beurteilung keinen Anlass; namentlich ist die Behauptung der Beschwerde nicht nachzuvollziehen, die Liste 3 - Enteignungen seien durch einen Verstoß gegen die Menschenwürde der Enteigneten gekennzeichnet.
2. Dem angefochtenen Urteil haftet auch kein Verfahrensmangel an, wie die Beschwerde ab Seite 40 der Beschwerdeschrift behauptet. Zunächst verkennt die Beschwerde, dass die Sachverhalts- und Beweiswürdigung durch ein Tatsachengericht regelmäßig dem sachlichen Recht (und nicht dem gerichtlichen Verfahrensrecht) zuzurechnen ist. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht nach seinen Urteilsgründen die Augen nicht vor Zweifeln verschlossen, ob der später enteignete Vermögensgegenstand zuvor tatsächlich entsprechend dem SMAD-Befehl Nr. 124 sequestriert worden war; es ist diesen Zweifeln nachgegangen und hat sich gleichwohl anhand von tatsächlichen Gegebenheiten eine Überzeugungsgewissheit verschafft, ohne dass ihm dabei Verstöße gegen die Denkgesetze unterlaufen wären. Es hat das gegenteilige Vorbringen der Kläger zur Kenntnis genommen, aber anders gewürdigt als diese; darin liegt kein Gehörsverstoß und auch kein sonstiger verfahrensrechtlich beachtlicher Verstoß. Damit stellen sich die ab Seite 45 ff. der Beschwerdebegründung gestellten Fragen nicht.
Von einer weiteren Begründung sieht der beschließende Senat gemäß § 133 Abs. 5 Satz 2 VwGO ab.
Die Kostenentscheidung beruht auf §154 Abs. 2 VwGO; bei der Streitwertfestsetzung hat der beschließende Senat den Regelstreitwert für angemessen angesehen.