Beschluss vom 22.05.2007 -
BVerwG 4 B 14.07ECLI:DE:BVerwG:2007:220507B4B14.07.0

Beschluss

BVerwG 4 B 14.07

  • Bayerischer VGH München - 05.02.2007 - AZ: VGH 1 BV 05.2981

In der Verwaltungsstreitsache hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. Mai 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Paetow
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Jannasch und Dr. Hofherr
beschlossen:

  1. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 5. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
  2. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 € festgesetzt.

Gründe

1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2 1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen.

3 Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist nur gegeben, wenn die Rechtssache eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheit und der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO muss die grundsätzliche Bedeutung in der Beschwerdebegründung dargelegt werden. Eine grundsätzliche Bedeutung liegt nicht vor, wenn die Beurteilung der Sache ausschlaggebend von der Würdigung der konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls abhängt und demgemäß nicht auf eine Rechtsfrage führt, die sich in verallgemeinerungsfähiger Weise beantworten lässt (vgl. Beschluss vom 13. April 1989 - BVerwG 1 B 54.89 - NVwZ-RR 1990, 220).

4 1.1 Die Beschwerde, die sich in der Art einer Berufungsbegründung mit dem angefochtenen Berufungsurteil auseinandersetzt, legt im Hinblick auf die Voraussetzungen der Anwendbarkeit des Begünstigungstatbestands des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB (vgl. zur Entstehungsgeschichte den Beschluss des Senats vom 14. März 2006 - BVerwG 4 B 10.06 - NVwZ 2006, 696) eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung nicht dar. Zentraler Streitpunkt zwischen den Beteiligten ist insoweit, ob der Umbau des ehemals landwirtschaftlichen Anwesens des Klägers dergestalt, dass der Wohnteil erhalten bleibt und der ehemalige Wirtschaftsteil durch einen ebenfalls Wohnzwecken dienenden Neubau ersetzt wird, die Voraussetzungen dieses Tatbestands erfüllt. Dies hätte zur Folge, dass dem Vorhaben - soweit hier erheblich - nicht entgegengehalten werden könnte, dass es die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt oder die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lässt.

5 Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist der Begünstigungstatbestand nicht erfüllt. Beim Vorhaben des Klägers handele sich um keine nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB begünstigte Nutzungsänderung, sondern um die Neuerrichtung eines selbständigen Gebäudeteils. Ein Vorhaben, das die vollständige Beseitigung des etwa drei Fünftel des vorhandenen Bauvolumens umfassenden Wirtschaftsteils zugunsten eines Neubaus vorsehe, diene nicht mehr einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz (§ 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a BauGB). Eine andere Beurteilung ergebe sich - obwohl auf das gesamte Gebäude abzustellen sei - aufgrund dieser Dimension des abzubrechenden und neu zu errichtenden ehemaligen Wirtschaftsteils nicht daraus, dass die Bausubstanz des Wohnteils des Anwesens vollständig erhalten werden solle. Auch die äußere Gestalt des Gebäudes bleibe nicht im Wesentlichen gewahrt (§ 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b BauGB). Hierfür reiche allein die Beibehaltung der Kubatur des ehemaligen Wirtschaftsteils nicht aus, da der Kläger dessen Außenmauern und dessen Dach vollständig neu errichten möchte. Zwar dürften mit der Nutzungsänderung erhebliche bauliche Änderungen im Gebäudeinnern verbunden sein, von den die äußere Gestalt bestimmenden Gebäudeteilen (Außenwände, Dach) müssten aber zumindest wesentliche Teile erhalten werden.

6 Diese Ausführungen des Berufungsgerichts würdigen ausschlaggebend die konkreten Gegebenheiten des Einzelfalls. Die Beschwerde zeigt hierzu keine Rechtsfragen auf, die sich in verallgemeinerungsfähiger Weise beantworten ließen.

7 1.2 Die Beschwerde macht weiter geltend, der Rechtssache komme im Hinblick auf die Zulässigkeit des Bauvorhabens nach § 35 Abs. 2 BauGB grundsätzliche Bedeutung zu. Es sei zu klären, ob dem klägerischen Vorhaben öffentliche Belange, insbesondere der Belang der Verfestigung einer Splittersiedlung und der Belang der natürlichen Eigenart der Landschaft, entgegenstehen (gemeint ist wohl, ob diese Belange durch das Vorhaben beeinträchtigt werden - vgl. § 35 Abs. 2 und 3 BauGB). Insoweit legt sie schon nicht hinreichend im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dar, weshalb der Frage über den vorliegenden Fall hinaus im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts allgemeine Bedeutung zukommen soll. Im Übrigen ist die Frage, ob durch das Vorhaben öffentliche Belange beeinträchtigt werden, insbesondere es die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt oder die Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lässt, nur unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls, und nicht in verallgemeinerungsfähiger Weise zu klären.

8 1.3 Schließlich sieht die Beschwerde als grundsätzlich zu klärende Frage an, ob dem Kläger ungeachtet der spezialgesetzlichen Vorgaben des § 35 BauGB aus Art. 14 Abs. 1 GG ein Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung unter dem eigentumsrechtlichen Gesichtspunkt des Bestandsschutzes zusteht. Auch insoweit legt sie jedoch nicht hinreichend im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dar, weshalb der Frage über den vorliegenden Fall hinaus im Interesse der Einheit und Fortbildung des Rechts allgemeine Bedeutung zukommen soll.

9 Im Übrigen knüpft die Rechtsprechung des Senats zum planungsrechtlichen Bestandsschutz nicht mehr wie früher unmittelbar an Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG an. Dies gilt auch für den Anwendungsbereich des § 35 BauGB. Mit § 35 BauGB hat der Gesetzgeber für die bauliche Nutzung des Außenbereichs eine Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG getroffen. Speziell bei § 35 Abs. 4 BauGB handelt es sich um die gesetzliche Ausgestaltung der von der Rechtsprechung für den Außenbereich entwickelten Grundsätze des Bestandsschutzes und der eigentumskräftig verfestigten Anspruchsposition. Sind die in dieser Vorschrift genannten Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt, so scheidet Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als Grundlage für einen Zulassungsanspruch von vornherein aus (Urteil des Senats vom 12. März 1998 - BVerwG 4 C 10.97 - BVerwGE 106, 228; vgl. auch Roeser, in: Berliner Kommentar zum BauGB, 3. Aufl., 7. Lief., § 35 Rn. 98 f.).

10 2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Die Beschwerde behauptet lediglich, dass das Berufungsurteil von maßgeblicher Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts abweicht, ohne dass sie die Divergenz entsprechend den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO schlüssig darlegt.

11 Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertentscheidung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.