Beschluss vom 22.04.2005 -
BVerwG 6 B 26.05ECLI:DE:BVerwG:2005:220405B6B26.05.0

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Beschluss vom 22.04.2005 - 6 B 26.05 - [ECLI:DE:BVerwG:2005:220405B6B26.05.0]

Beschluss

BVerwG 6 B 26.05

  • Bayerischer VGH München - 24.01.2005 - AZ: VGH 7 B 1392

In der Verwaltungsstreitsache hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 22. April 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. G r a u l i c h und V o r m e i e r
beschlossen:

  1. Die Beschwerde der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 24. Januar 2005 wird zurückgewiesen.
  2. Die Klägerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
  3. Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 413 720,89 € festgesetzt.

Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (1.) und des Vorliegens eines Verfahrensmangels (2.) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.
Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO <n.F.> Nr. 26 S. 14). Daran gemessen hat die Beschwerde keinen Erfolg.
Die Klägerinnen möchten folgende Frage geklärt wissen: "Ist in einem Prozess über die Vermögensauseinandersetzung eines öffentlich-rechtlichen Schulverbandes nach Auflösung dieses Schulverbandes, wenn der Zweckverband nur noch aus einem Mitglied besteht, dieses letzte verbleibende Mitglied als richtiger Beklagter passivlegitimiert, oder ist eine Klage gegen den lediglich zum Zwecke der Vermögensauseinandersetzung fiktiv als fortbestehend geltenden Schulverband selbst zu richten, ist also ausnahmsweise ein rechtlich und tatsächlich bereits erloschener, nur fiktiv zum Zwecke der Vermögensauseinandersetzung als fortbestehend geltender Schulverband passivlegitimiert?" Es ist bereits fraglich, ob damit eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dargetan ist. Jedenfalls bezieht sich die Frage nicht auf eine für eine Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts. Sie betrifft die das Berufungsurteil tragende Erwägung des Verwaltungsgerichtshofs, der Beklagte sei nicht passivlegitimiert, weil die geltend gemachten Ansprüche der Klägerinnen gegen den für seine Vermögensauseinandersetzung fortbestehenden Schulverband Bechhofen zu richten wären. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass für die von den Klägerinnen erhobene Klage derjenige passivlegitimiert sei, der nach materiellem Recht zu der von den Klägerinnen beanspruchten Leistung im Falle der Berechtigung des Anspruchs verpflichtet wäre. Der Verwaltungsgerichtshof ist weiter davon ausgegangen, dass sich aus Art. 9 Abs. 11 des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes (BaySchFG) in der Fassung der Bekanntmachung von 7. Juli 1994 (BayGVBl S. 728) ergebe, dass die Klage gegen den Schulverband Bechhofen zu richten sei. Mithin hat sich die Frage der Passivlegitimation für den Verwaltungsgerichtshof allein unter dem Gesichtspunkt von Landesrecht gestellt, so dass auch die von den Klägerinnen als rechtsgrundsätzlich angesehene Frage irrevisibles Recht betrifft. Bundesrecht war für das Berufungsgericht im Zusammenhang mit der Frage der Passivlegitimation Bundesrecht ohne Bedeutung.
2. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einem Verfahrensmangel im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
Die Klägerinnen halten dem Berufungsgericht als Verfahrensfehler vor, sein Urteil sei eine unzulässige Überraschungsentscheidung, weil vor Ergehen des Urteils vom Gericht nicht darauf hingewiesen worden sei, dass entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung die Klage mangels Passivlegitimation unbegründet sei. Die Rüge hat keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat den Klägerinnen nicht durch den Erlass eines Überraschungsurteils das rechtliche Gehör versagt. Ein Überraschungsurteil liegt vor, wenn das Gericht einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage seiner Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens nicht zu rechnen war (vgl. Beschluss vom 25. Mai 2001 - BVerwG 4 B 81.00 - Buchholz 310 § 108 Abs. 2 VwGO Nr. 34 S. 20 f.; Beschluss vom 25. August 2003 - BVerwG 6 B 43.03 - Buchholz 451.45 § 101 HwO Nr. 2). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Frage der Passivlegitimation war unter anderem Gegenstand der Begründung des Antrags des Beklagten auf Zulassung der Berufung und der Berufungsbegründung. Die Klägerinnen haben sowohl im Rahmen der Begründung ihres Antrags auf Zurückweisung des Antrags auf Zulassung der Berufung als auch im Rahmen ihrer Berufungserwiderung zu der Frage der Passivlegitimation Stellung genommen. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof hat das Gericht darauf hingewiesen, es könnte nahe liegen, den Schulverband bis zum Ende der Auseinandersetzung als fortbestehend anzusehen. Diese Erwägung betraf die Frage der Passivlegitimation. Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, warum die Voraussetzungen eines Überraschungsurteils vorliegen könnten.
3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.